C CONRAD FERDINAND MEYER SAEMTLICHE WERKE
C HISTORISCH- KRITISCHE AUSGABE BESORGT VON HANS ZELLER UND ALFRED ZAECH
C
C ZUR NEUEN AUFLAGE SEITE 9
1
MIT DEM STIFTE LES ICH DIESE DINGE,
AUF DER RASENBANK IM FREIEN SITZEND,
PLOETZLICH ZUCKT MIR EINER VOGELSCHWINGE
SCHATTEN DURCH DIE LETTERN FREUDIG BLITZEND.
C
WAS DA STEHT, ICH HAB ES TIEF EMPFUNDEN
UND ES BLEIBT EIN STUECK VON MEINEM LEBEN-
MEINE SEELE FLATTERT UNGEBUNDEN
UND ERGOETZT SICH DRUEBERHINZUSCHWEBEN.
C
C FUELLE SEITE 21
2
GENUG IST NICHT GENUG  GEPRIESEN WERDE
DER HERBST  KEIN AST, DER SEINER FRUCHT ENTBEHRTE
TIEF BEUGT SICH MANCHER ALLZUREICH BESCHWERTE,
DER APFEL FAELLT MIT DUMPFEM LAUT ZUR ERDE.
C
GENUG IST NICHT GENUG  ES LACHT IM LAUBE
DIE SAFTGE PFIRSCHE WINKT DEM DURSTGEN MUNDE
DIE TRUNKNEN WESPEN SUMMEN IN DIE RUNDE
)GENUG IST NICHT GENUG ) UM EINE TRAUBE.
C
GENUG IST NICHT GENUG  MIT VOLLEN ZUEGEN
SCHLUERFT DICHTERGEIST AM BORNE DES GENUSSES,
DAS HERZ, AUCH ES BEDARF DES UEBERFLUSSES,
GENUG KANN NIE UND NIMMERMEHR GENUEGEN
C
C DAS HEILIGE FEUER SEITE 22
3
AUF DAS FEUER MIT DEM GOLDNEN STRAHLE
HEFTET SICH IN TIEFER MITTERNACHT
SCHLUMMERLOS DAS AUGE DER VESTALE,
DIE DER GOETTIN EWIG LICHT BEWACHT.
C
WENN SIE SCHLUMMERTE, WENN SIE ENTSCHLIEFE,
WENN ERSTUERBE DIE VERSAEUMTE GLUT,
EINGESARGT IN GRUFT UND GRABESTIEFE
WUERDE SIE, WO STAUB UND MODER RUHT.
C
EINE FLAMME ZITTERT MIR IM BUSEN,
LODERT WARM ZU JEDER ZEIT UND FRIST,
DIE ENTZUENDET DURCH DEN HAUCH DER MUSEN
IHNEN EIN BESTAENDIG OPFER IST.
C
UND ICH HUETE SIE MIT HEILGER SCHEUE,
DASS SIE BRENNE REIN UND UNGEKRAENKT
DENN ICH WEISS, ES WIRD DER UNGETREUE
WAECHTER LEBEND IN DIE GRUFT VERSENKT.
C
C SCHILLERS BESTATTUNG SEITE 23
4
EIN AERMLICH DUESTER BRENNEND FACKELPAAR, DAS STURM
UND REGEN JEDEN AUGENBLICK ZU LOESCHEN DROHT.
EIN FLATTERND BAHRTUCH. EIN GEMEINER TANNENSARG
MIT KEINEM KRANZ, DEM KARGSTEN NICHT, UND KEIN GELEIT
ALS BRAECHTE EILIG EINEN FREVEL MAN ZU GRAB.
DIE TRAEGER HASTETEN. EIN UNBEKANNTER NUR,
VON EINES WEITEN MANTELS KUEHNEM SCHWUNG UMWEHT,
SCHRITT DIESER BAHRE NACH. DER MENSCHHEIT GENIUS WAR'S.
C
C LIEDERSEELEN SEITE 24
5
IN DER NACHT, DIE DIE BAEUME MIT BLUETEN DECKT,
WARD ICH VON SUESSEN GESPENSTERN ERSCHRECKT,
EIN REIGEN SCHWANG IM GARTEN SICH,
DEN ICH MIT LEISEM FUSS BESCHLICH
WIE ZARTER ELFEN CHOR IM RING
EIN WEISSER LEBENDIGER SCHIMMER GING.
DIE SCHEMEN HAB ICH KECK BEFRAGT
WER SEID IHR, LUFTIGE WESEN; SAGT
C
) ICH BIN EIN WOELKCHEN, GESPIEGELT IM SEE.)
) ICH BIN EINE REIHE VON STAPFEN IM SCHNEE.)
) ICH BIN EIN SEUFZER GEN HIMMEL EMPOR )
) ICH BIN EIN GEHEIMNIS, GEFLUESTERT INS OHR.)
) ICH BIN EIN FROMMES, GESTORBENES KIND.)
) ICH BIN EIN UEPPIGES BLUMENGEWIND-)
) UND DIE DU WAEHLST, UND DER'S BESCHIED
DIE GUNST DER STUNDE, DIE WIRD EIN LIED.)
C
C SCHWARZSCHATTENDE KASTANIE SEITE 25
6
SCHWARZSCHATTENDE KASTANIE,
MEIN WINDGEREGTES SOMMERZELT,
DU SENKST ZUR FLUT DEIN WEIT GEAEST,
DEIN LAUB, ES DURSTET UND ES TRINKT,
SCHWARZSCHATTENDE KASTANIE
IM PORTE BADET JUNGE BRUT
MIT HADER ODER LUSTGESCHREI,
UND KINDER SCHWIMMEN LEUCHTEND WEISS
IM GITTER DEINES BLAETTERWERKS,
SCHWARZSCHATTENDE KASTANIE
UND DAEMMERN SEE UND UFER EIN
UND RAUSCHT VORBEI DAS ABENDBOOT,
SO ZUCKT AUS ROTER SCHIFFSLATERN
EIN BLITZ UND WANDERT AUF DEM SCHWUNG
DER FLUT, GEBROCHNEN LETTERN GLEICH,
BIS UNTER DEINEM LAUB ERLISCHT
DIE RAETSELHAFTE FLAMMENSCHRIFT,
SCHWARZSCHATTENDE KASTANIE
C
C NACHTGERAEUSCHE SEITE 26
7
MELDE MIR DIE NACHTGERAEUSCHE, MUSE,
DIE ANS OHR DES SCHLUMMERLOSEN FLUTEN
ERST DAS TRAUTE WACHTGEBELL DER HUNDE,
DANN DER ABGEZAEHLTE SCHLAG DER STUNDE,
DANN EIN FISCHER-ZWIEGESPRAECH AM UFER,
DANN; NICHTS WEITER ALS DER UNGEWISSE
GEISTERLAUT DER UNGEBROCHNEN STILLE,
WIE DAS ATMEN EINES JUNGEN BUSENS,
WIE DAS MURMELN EINES TIEFEN BRUNNENS,
WIE DAS SCHLAGEN EINES DUMPFEN RUDERS,
DANN DER UNGEHOERTE TRITT DES SCHLUMMERS.
C
C DIE TOTEN FREUNDE SEITE 27
8
DAS BOOT STOESST AB VON DEN LEUCHTEN DES GESTADS.
DURCH ROLLENDE WELLEN DREHT SICH DER SCHWUNG DES RADS.
SCHWARZ QUALMT DES ROHRES RAUCH... HEUT HAB ICH SCHLECHT,
DAS HEISST MIT LAUTER JUNGEM VOLK GEZECHT-
C
DU, DER GESTUERZT IST MIT ZERSCHOSSENER STIRN,
UND DU, VERSCHWUNDEN AUF EINER GLETSCHERFIRN,
UND DU, VERLODERT WIE SCHWUELER BLITZESSCHEIN,
MEINE TOTEN FREUNDE, SAGET, GEDENKT IHR MEIN;
C
WOGEN ZISCHEN UM BOOT UND RAEDERSCHLAG,
DAZWISCHEN JUBELT EIN DUMPFES ZECHGELAG,
IN DEN FLUTEN BRAUST EIN STURMGEDAEMPFTER CHOR,
BECHER LAEUTEN AUS TIEFER NACHT EMPOR.
C
C DER SCHOENE TAG SEITE 28
9
IN KUEHLE TIEFE SPIEGELT SICH
DES JULI-HIMMELS WARMES BLAU,
LIBELLEN TANZEN AUF DER FLUT,
DIE NICHT DER KLEINSTE HAUCH BEWEGT.
C
ZWEI KNABEN UND EIN LEDIG BOOT-
SIE SPRANGEN JAUCHZEND IN DAS BAD,
DER EINE TAUCHT GEKUEHLT EMPOR,
DER ANDRE STEIGT NICHT WIEDER AUF.
C
EIN WILDER SCHREI  )DER BRUDER SANK )
VON BOOTEN WIMMELT'S SCHON. MAN FISCHT.
DEN EINEN RUDERN SIE ANS LAND,
DER FAHL WIE EIN VERBRECHER SITZT.
C
DER ANDRE KNABE SINKT UND SINKT
GEMACH HINAB, EIN SCHLUMMERNDER,
GESCHMIEGT DAS SANFTE LOCKENHAUPT
AN EINER NYMPHE WEISSE BRUST.
C
C UEBER EINEM GRABE SEITE 29
1
BLUETEN SCHWEBEN UEBER DEINEM GRABE.
SCHNELL UMARMTE DICH DER TOD, O KNABE,
DEN WIR ALLE LIEBTEN, DIE DICH KANNTEN,
DESSEN AUGEN WIE ZWEI SONNEN BRANNTEN,
DESSEN BLICKE SEELEN UNTERJOCHTEN,
DESSEN PULSE STARK UND FEURIG POCHTEN,
DESSEN WORTE SCHON DIE HERZEN LENKTEN,
DEN WIR WEINEND GESTERN HIER VERSENKTEN.
C
MAIENNACHT. DER STERNE MILDES SCHWEIGEN...
DORT  ICH SEH ES AUS DER ERDE STEIGEN
UNTERM RASEN QUILLT HERVOR ES LEISE,
FLATTERFLAMMEN DREHEN SICH IM KREISE,
UNGELEBTES LEBEN ZUCKT UND LODERT
AUS DER KOERPERKRAFT, DIE HIER VERMODERT,
ABGEMAEHTER JUGEND LETZTES WALTEN,
LETZTE GLUT VERRAUCHT IN WUNSCHGESTALTEN,
EIN BLASSE JAGD  VORAN EIN ZECHER,
C
IN DER FAUST DEN UEBERFUELLTEN BECHER
WEHNDE LOCKEN WILL DER BUHLE FASSEN,
DIE ENTFLATTERND NICHT SICH HASCHEN LASSEN,
LUSTGESTACHELT RAST ER HINTER JENEN,
EIN VERHUELLTES MAEDCHEN FOLGT IN TRAENEN.
DURCH DIE BRANDUNG MIT VERSTUERMTEN HAAREN
SEH ICH EINEN KUEHNEN SCHIFFER FAHREN.
EINEN JUNGEN KRIEGER SEH ICH TOBEN,
HELMBEDECKT, DAS LICHTE SCHWERT ERHOBEN.
C SEITE 3
EINER STUERZT SICH AUF DIE REDNERBUEHNE,
WEITES VOLKSGETOS BEHERRSCHT DER KUEHNE.
EIN GEDRAENG, EIN KAEMPFEN, RINGEN, STERBEN
ARME STRECKEN SICH UND KRAENZE SCHWEBEN-
C
KRAENZE, WENN DU LEBTEST, DIR BESCHIEDEN,
NICHT ERREICHTE  KNABE, SCHLAF IN FRIEDEN
C
C DER MARMORKNABE SEITE 31
11
IN DER CAPULETTI VIGNA GRABEN
GAERTNER, FINDEN EINEN MARMORKNABEN,
MEISTER SIMON HOLEN SIE HERBEI,
DER ENTSCHEIDE, WELCHER GOTT ES SEI.
C
WIE DEN FUND MAN DEM GELEHRTEN ZEIGTE,
DER DIE GRAUE WIMPER FORSCHEND NEIGTE,
KNIET' EIN KIND DANEBEN  JULIA,
DIE DEN MARMORKNABEN FINDEN SAH.
C
)WELCHES IST DEIN SUESSER NAME, KNABE;
STEIG ANS TAGESLICHT AUS DEINEM GRABE
EINE FACKEL TRAEGST DU; BIST BESCHWINGT;
AMOR BIST DU, DER DIE HERZEN ZWINGT;)
C
MEISTER SIMON, STRENG DAS BILD BETRACHTEND,
EINES KINDES WORTE NICHT BEACHTEND,
SPRICHT  )ER LOESCHT DIE FACKEL. SIE VERLOHT.
DIESER SCHOENE JUENGLING IST DER TOD.)
C
C LIEBESFLAEMMCHEN SEITE 32
12
DIE MUTTER MAHNT MICH ABENDS
)TRAG SORG ZUR AMPEL, KIND
JUENGST TRAEUMTE MIR VON FEUER-
AUCH WEHT EIN WILDER WIND.)
C
DAS FLAEMMCHEN AUF DER AMPEL,
ICH LOESCH ES MIT BEDACHT,
DAS LICHT IN MEINEM HERZEN
BRENNT DURCH DIE GANZE NACHT.
C
DIE MUTTER RUFT MICH MORGENS
)KIND, HEBE DICH  'S IST TAG )
SIE POCHT AN MEINER TUERE
DREIMAL MIT STARKEM SCHLAG
C
UND MEINT, SIE HABE GRAUSAM
MICH AUS DEM SCHLAF GESCHRECKT-
DAS LICHT IN MEINEM HERZEN
HAT LAENGST MICH AUFGEWECKT.
C
C BRAUTGELEIT SEITE 33
13
ICH SEHE DICH, DEN KRANZ IM HAAR,
DIE ZUR VERMAEHLUNG SCHREITET,
VON EINER JUNGEN GENIENSCHAR
UMJUBELT UND BEGLEITET.
C
EIN KLEINES HEER, EIN FEINES HEER,
SIND ALLES DEINE SCHWESTERN.
DU BIST SIE UND BIST SIE NICHT MEHR
UND WAREST SIE NOCH GESTERN.
C
WER GIBT GELEIT MIT LUSTGETOEN
DEM STILLEN HOCHZEITPAARE;
DAS SIND, BEKRAENZT MIT ROSEN SCHOEN,
ALL DEINE RASCHEN JAHRE.
C
VORAN EIN KINDLEIN WEINT UND LACHT,
VOM MUTTERARM GETRAGEN,
DAS ZWEITE SETZT DIE FUESSCHEN SACHT
UND SCHREITET NOCH MIT ZAGEN.
C
ES FOLGEN STUFEN MANNIGFALT
DES JUNGEN MENSCHENBILDES,
MIT EINEM SCHEUEN KINDE WALLT
EIN MAEGDLEIN SCHON, EIN WILDES.
C
DANN IST EIN FRISCHES, MANNIGES
LENZANGESICHT ZU SCHAUEN,
UND DANN EIN BLASSES, INNIGES
ANTLITZ MIT ERNSTEN BRAUEN.
C
C SEITE 34
NUN EINES NOCH, VERSUNKEN GANZ,
IN STILL VERKLAERTEN ZUEGEN,
ERFUELLUNG IN DES BLICKES GLANZ
UND SELIGES GENUEGEN.
C
JETZT TRITTST DU DURCH DAS KIRCHENTOR,
DICH EWIG ZU VERBINDEN,
DIE MAEDCHEN BLEIBEN ALL DAVOR,
VERGEHEN UND VERSCHWINDEN.
C
C HOCHZEITSLIED SEITE 35
14
AUS DER ELTERN MACHT UND HAUS
TRITT DIE ZUECHTGE BRAUT HERAUS
AN DES LEBENS SCHEIDE-
GEH UND LIEB UND LEIDE
C
FREIGESPROCHEN, UNTERJOCHT,
WIE DER JUNGE BUSEN POCHT
IM GEWAND VON SEIDE-
GEH UND LIEB UND LEIDE
C
FROMMER AUGEN HELLE LUST
UEBERSTRAHLT AN VOLLER BRUST
BLITZENDES GESCHMEIDE-
GEH UND LIEB UND LEIDE
C
MERKE DIR'S, DU BLONDES HAAR
SCHMERZ UND LUST GESCHWISTERPAAR,
UNZERTRENNLICH BEIDE-
GEH UND LIEB UND LEIDE
C
C DIE JUNGFRAU SEITE 36
15
WO SAH ICH, MAEDCHEN, DEINE ZUEGE,
DIE DROHNDEN AUGEN LIEBLICH WILD,
NOCH REIN VON EITELKEIT UND LUEGE;
AUF BUONARROTIS GROSSEM BILD
C
DER SCHOEPFER SENKT SICH SACHTEN FLUGES
ZUM MENSCHEN, WELCHER SCHLUMMERND LIEGT,
IM SCHOSSE SEINES MANTELBUGES
RUHT HIMMLISCHES GESIND GESCHMIEGT
C
VORAN EIN WESEN, NICHT ZU NENNEN,
VON GOTTES MANTEL KEUSCH UMWALLT,
DES WEIBES ZUEGE, ZU ERKENNEN
IN EINER SCHLANKEN TRAUMGESTALT.
C
SIE LAUSCHT, DAS HAUPT HERVORGEWENDET,
MIT AUGEN SCHAUT SIE, TIEF ERSCHRECKT,
WIE ADAM ER DEN FUNKEN SPENDET
UND SEINE RECHTE MAHNEND RECKT.
C
SIE SIEHT DEN SCHLUMMRER SICH ERHEBEN,
DER DAS BEWUSSTE SEIN EMPFAENGT,
AUCH SIE SEHNT DUNKEL SICH ZU LEBEN,
AN GOTTES SCHULTER STILL GEDRAENGT-
C
SO HARRST DU VOR DES LEBENS SCHRANKE,
NOCH UNGEFESSELT VOM GESCHICK,
EIN UNENTWEIHTER GOTTGEDANKE,
UND OEFFNEST STAUNEND DEINEN BLICK.
C
C DIE FEI SEITE 37
16
MONDNACHT UND FLUT. SIE HANGT AM KIEL,
UMKLAMMERT MIT DEN ARMEN IHN,
SIE TREIBT EIN GRAUSAM LUESTERN SPIEL,
DEN NACHEN IN DEN GRUND ZU ZIEHN.
C
DER FERGE STOEHNT  )IN SEEGESTRAEUCH
REISST NIEDER UNS DER BLANKE LEIB
RASCH, HERR  VON SUENDE REINIGT EUCH,
BEGEHRT IHR HEIM ZU KIND UND WEIB )
C
DER RITTER HAELT DEN SCHWERTESGRIFF
SICH ALS DAS HEILGE ZEICHEN VOR-
AUS DUNKELN HAAREN LAUSCHT AM SCHIFF
EIN SCHMERZLICH BLEICHES HAUPT EMPOR.
C
)HERR CHRIST  ICH BEICHTE RITTERTAT,
STREIT, FLAMMENSCHEIN UND STROEMEND BLUT,
DOCH NICHTS VON FREVEL NOCH VERRAT,
DENN TREU UND GLAUBEN HIELT ICH GUT.)
C
ER KUESST DAS KREUZ. GELL SCHREIT DIE FEE
AUFLANGEN SIEHT ER EINE HAND
AM STEUER, BLENDEND WEISS WIE SCHNEE,
UND STARRT DARAUF, VON GRAUN GEBANNT.
C
)HERR CHRIST  ICH BEICHTE MISSETAT
ICH BRACH DEN GLAUBEN UND DIE TREU,
ICH UEBT' AN EINEM LIEB VERRAT.
ES STARB. ICH TUE LEID UND REU )
C SEITE 38
SIE LOEST DIE ARME. SIE VERSINKT.
DAS RUDER SCHLAEGT. DER NACHEN FLIEGT.
VOM STRAND DAS LICHT DES ERKERS WINKT,
WO WEIB UND KIND IHM SCHLUMMERND LIEGT.
C
C DIE DRYAS SEITE 39
17
O LIEBE, WIE SCHNELL VERRINNEST DU,
DU FLUECHTIGE, SCHOENE STUNDE,
MIT EINER WUNDE BEGINNEST DU
UND ENDEST MIT EINER WUNDE.
C
EIN JUENGLING IRRT IN WALDESRAUM,
UMSPIELT VON GOLDNEN SCHIMMERN,
UND SPAEHT NACH EINEM SCHOENEN BAUM,
SICH DRAUS EIN BOOT ZU ZIMMERN.
C
)JUNGEICHE MIT DEM STOLZEN WUCHS,
DU BIST MIR GLEICH DIE RECHTE,
DICH ZEICHN' ICH MIT DEM BEILE FLUGS,
DANN RUF ICH MEINE KNECHTE.)
C
ER FUEHRT DEN STREICH. EIN SCHMERZLICH ACH
MACHT JAEHLINGS IHN ERBLEICHEN.
)ICH STERBE ) STOEHNT'S IM STAMME SCHWACH,
)DIE JUENGSTE DIESER EICHEN )
C
EIN TROEPFCHEN BLUTES ODER ZWEI
SIEHT ER AM BEILE HANGEN
UND SCHLEUDERT'S WEG MIT EINEM SCHREI,
ALS HAETT' ER MORD BEGANGEN.
C
SCHNELL FLUESTERT'S AUS DEM BAUME JETZT
)DER MORD IST NICHT VOLLENDET
ICH BIN NUR LEICHT AM ARM VERLETZT.
ICH HATT' MICH UMGEWENDET.)
C
)KOMM, GOETTIN), FLEHT ER, )WALDESKIND,
DASS ICH VERGEBUNG FINDE )
DIE SCHULTERN SCHMIEGEND SCHLUEPFT GESCHWIND
DIE DRYAS AUS DER RINDE.
C SEITE 4
EIN DAEMMER LAG AUF STIRN UND HAAR,
EIN BRUETEN UND EIN WEBEN,
VON GRUENEN BLAETTERSCHATTEN WAR
DER SCHLANKE WUCHS UMGEBEN.
C
ER FING DEN ARM ZU KUESSEN AN,
DIE STELLE MIT DEM HIEBE,
UND DER ER VIEL ZU LEID GETAN,
DIE TAT IHM VIEL ZU LIEBE.
C
)IN MEINEM BAUM- IST LAUTER TRAUM)...
SIE SCHLUEPFT ZURUECK BEHENDE
UND LISPELT IN DEN WALDESRAUM
)ICH WEISS, WEN ICH DIR SENDE )
C
DER BOTIN BIENE DIENST IST SCHWER,
SIE MUSS SICH REDLICH PLAGEN,
HONIG UND WERMUT HIN UND HER,
WALDAUS, WALDEIN ZU TRAGEN.
C
EINMAL KAM BIENCHEN WILD GEBRUMMT.
)DRYAS, MICH KANN'S ENTRUESTEN )
ES SETZT SICH AN DEN STAMM UND SUMMT
)ICH SAH'S, WIE SIE SICH KUESSTEN
C
SIE IST EIN BLUEHEND NACHBARKIND,
MUSS IHN BESTAENDIG NECKEN-
DICH LAESST ER NUN BEI WETTER UND WIND
IN DEINEM BAUME STECKEN )
C
EIN SCHMERZLICH ACH, ALS WAENDE SICH
EIN SCHLANKER LEIB UND STUERBE
DAS LAUB VERGILBT, DIE KRONE BLICH,
DIE RINDE BROECKELT MUERBE.
C
C EIN LIED CHASTELARDS SEITE 41
18
SEHNSUCHT IST QUAL
DER HERRIN WAG ICH'S NICHT ZU SAGEN,
ICH WILL'S DEN DUNKELN EICHEN KLAGEN
IM GRUENEN TAL
SEHNSUCHT IST QUAL.
C
MEIN LEIB VERGEHT
WIE SCHMELZEND EIS IN BLEICHEN FARBEN,
SIE SIEHT MICH DURSTEN, LECHZEN, DARBEN,
BLEIBT UNERFLEHT-
MEIN LEIB VERGEHT.
C
DOCH MAG ES SEIN,
DASS SIE AN IHRER MACHT SICH WEIDE
ERGETZT SIE GRAUSAM SICH AN MEINEM LEIDE,
SO DENKT SIE MEIN-
DRUM MAG ES SEIN.
C
SEHNSUCHT IST QUAL
DEM KUEHNSTEN MACHT DIE FOLTER BANGE,
EIN GRAB, DARIN ICH NICHTS VERLANGE,
GIB MIR, O TAL
SEHNSUCHT IST QUAL.
C
C DIE KLEINE BLANCHE SEITE 42
19
AN DEM KLEINEN HOFE VON NAVARRA
WAR DAS LEBEN EINE LOSE FABEL,
EINE DROHNDE ODER HEITRE MASKE,
EINE UEBERRASCHENDE NOVELLE,
EIN PHANTASTISCH WAHRHEITLOSES SCHAUSPIEL-
DER AM HOFE WAR AUF KURZEN URLAUB,
HAUPTMANN DUPLESSIS SASS VOR DER BUEHNE,
DRAUF EIN MAEDCHEN AN VERRATNER LIEBE
STARB. IM LETZTEN AKTE LAG SIE MARMORN
AUF DEM GRABMAL ALS IHR EIGEN BILDNIS,
SCHLUCHZEND RANG DIE HAENDE DER VERRAETER,
SIEH  DA HOB SIE SACHTE SICH UND LEBTE.
ANDERN TAGES WANDELTE DER HAUPTMANN
IN DES SCHLOSSES IRRSAM DUNKELN GAERTEN,
AN DIE ZARTE KLEINE BLANCHE DENKEND,
DIE ER SCHNELL GEKUESST UND SCHNELL VERRATEN-
ETWAS SIEHT ER SCHIMMERN DURCH ZYPRESSEN
AUF DEM GRABMAL LIEGT DIE KLEINE BLANCHE
MARMORN. AN DEM SOCKEL IST ZU LESEN
)BLANCHE SCHLUMMERT NACH VERRATNER LIEBE.)
)HEB DICH, KLEINE BLANCHE ) RUFT DER HAUPTMANN.
)WICKLE DICH AUS DEINEN WEISSEN TUECHERN
SPIEL NICHT MIT DEM TODE, KLEINE BLANCHE )
DOCH DER MARMOR FUEHLTE NICHTS. ES FUEHLTE
NICHTS, DIE DRUNTER SCHLAEFT. SIE STARB IM ERNSTE.
C
C DIE GELOESCHTEN KERZEN SEITE 43
2
EIN GEWALTGER HERD MIT GLUEHNDEN KOHLEN
UND ZWEI HELLEN KERZEN AUF DEM SIMSE,
DRAN EIN PLAUDERND PAAR  EIN NARBGER FELDHERR
IN DER MAJESTAET DES GREISENALTERS
UND EIN UNBEFANGNES KIND DER NEUZEIT,
EIN GELIEBTER UND VERZOGNER NEFFE.
WUERDEVOLL ERZAEHLT DER GREIS VON WEILAND,
VON VERSCHOLLNEM ODER HALB VERSCHOLLNEM.
)DAMALS WARST DU NOCH EIN UNGEBORNER,
NEFFE), SAGT ER, )ODER IN DEN WINDELN)...
AUF DEM HERDE ZUCKT EIN BLAUES FLAEMMCHEN,
EIN VERGESSNES FLAEMMCHEN AUS DER ASCHE,
UND DIE BEIDEN SEHN DEN IRRWISCH TANZEN,
UND DER IRRWISCH UNVERSEHENS SPRINGT ER
AUF DES JUENGLINGS BLUEHEND KECKE LIPPEN
)OHM, WIE WAR ES DENN MIT DER CAMARGO;)
DER BENARBTE LAECHELT. )WISSEN WILLST DU
DAS MIT DER CAMARGO;)- EINE KERZE
HAUCHT ER AUS UND AUCH DIE ANDRE KERZE.
)DU ERLAUBST; NUR DASS ICH NICHT ERROETE
ALSO...) DURCH DAS DUNKEL GLUEHN DIE KOHLEN.
UND DER JUENGLING STREICHT EIN HOLZ, DIE EINE
KERZE FLAMMT ER AN UND DANN DIE ANDRE
)OHM, WIE WAR'S DENN MIT DEM STURM AUF DUEPPEL;)
C
C FINGERHUETCHEN SEITE 44
21
LIEBE KINDER, WISST IHR, WO
FINGERHUT ZU HAUSE;
TIEF IM TAL VON ACHERLOO
HAT ER HERD UND KLAUSE
ABER SCHON IN JUNGEN TAGEN
MUSS ER EINEN HOECKER TRAGEN,
GEHT ER, WUNDERLICHER NIE
WALLTE MAN AUF ERDEN
SITZT ER, STAUNEN KINN UND KNIE,
DASS SIE NACHBARN WERDEN.
C
KOERBE FLICHT AUS BINSEN ER,
FRUEH UND SPAET SICH REGEND,
TRAEGT SIE ZUM VERKAUF UMHER
IN DER GANZEN GEGEND,
UND ER GAEBE SICH ZUFRIEDEN,
WAER' ER NICHT IM VOLK GEMIEDEN
DENN MAN ZISCHELT MANCHERLEI
DASS EIN HEXENMEISTER,
DASS ER KRAEUTERKUNDIG SEI
UND IM BUND DER GEISTER.
C
SOLCHES IST DIE WAHRHEIT NICHT,
IST EIN LEERES MEINEN,
DOCH DAS VOLK IM DAEMMERLICHT
SCHAUDERT VOR DEM KLEINEN.
SO DIE JUNGEN WIE DIE ALTEN
WEICHEN AUS DEM UNGESTALTEN-
C SEITE 45
DOCH VORUEBER WOHLGEMUT
AUF DES SCHUSTERS RAEPPCHEN
TRABT ER. BLAUER FINGERHUT
NICKT VON SEINEM KAEPPCHEN.
C
EINMAL GEHT ER HEIM BEI NACHT
NACH DES TAGES LASTEN,
HAT DEN HALBEN WEG GEMACHT,
DARF EIN BISSCHEN RASTEN,
SETZT SICH UND DEN KORB DANEBEN,
SCHIMMERND HEBT DER MOND SICH EBEN
FINGERHUT IST GAR NICHT BANG,
IHM IST GAR NICHT SCHAURIG,
NUR DASS NOCH DER WEG SO LANG,
MACHT DEN KLEINEN TRAURIG.
C
ETWAS HOERT ER KLINGEN FEIN-
NICHT MIT RECHTEN DINGEN,
MITTEN AUS DEM GRUENEN RAIN
EIN MELODISCH SINGEN
)SILBERFAEHRE, GLEITEST LEISE)-
SCHON VERSTUMMT DIE KURZE WEISE.
FINGERHUETCHEN SPAEHET SCHARF
UND KANN NICHTS ENTDECKEN,
ABER WAS ER HOEREN DARF,
IST NICHT ZUM ERSCHRECKEN.
C
WIEDER HEBT DAS LIEDCHEN AN
UNTER BUSCH UND HECKEN,
DOCH ES BLEIBT DER REIMGESPAN
STETS IM HUEGEL STECKEN.
)SILBERFAEHRE, GLEITEST LEISE)-
WIEDERUM VERSTUMMT DIE WEISE.
C SEITE 46
LIEBLICH IST, DOCH EINERLEI
DER GESANG DER ELFEN,
FINGERHUETCHEN FAELLT ES BEI,
IHNEN EINZUHELFEN.
C
FINGERHUETCHEN LAUERT STILL
AUF DER TOENE LEITER,
WIE DAS LIEDCHEN ENDEN WILL,
FUEHRT ER LEICHT ES WEITER
)SILBERFAEHRE, GLEITEST LEISE)-
)OHNE RUDER, OHNE GLEISE.)
AUS DEM HUEGEL RUFT'S EMPOR
)DAS IST DIR GELUNGEN )
UNTERM BODEN KOMMT HERVOR
KLEINES VOLK GESPRUNGEN.
C
)FINGERHUETCHEN, FINGERHUT),
LAERMT DIE TOLLE RUNDE,
)FASS DIR EINEN FRISCHEN MUT
GUENSTIG IST DIE STUNDE
SILBERFAEHRE, GLEITEST LEISE
OHNE RUDER, OHNE GLEISE
DIESES HAST DU BRAV GEMACHT,
LERNET ES, IHR SAENGER
WIE DU ES ZUSTAND GEBRACHT,
HUEBSCHER IST'S UND LAENGER
C
ZEIG DICH EINMAL, SCHOENER MANN
LASS DICH EINMAL SEHEN
VORN ZUERST UND HINTEN DANN
LASS DICH EINMAL DREHEN
WEH  WAS MUESSEN WIR ERBLICKEN
FINGERHUETCHEN, WELCH EIN RUECKEN
C SEITE 47
AUF DER SCHULTER, LIEBE ZEIT,
TRAEGST DU GRAUSE BUERDE
OHNE HUEBSCHE LEIBLICHKEIT
WAS IST GEISTESWUERDE;
C
EINE GANZE STIRNE VOLL
GLUECKLICHER GEDANKEN,
UNTER EINEM HOECKER SOLL
LAENGER NICHT SIE SCHWANKEN
STRECKET EUCH, VERKRUEMMTE GLIEDER
GARSTGER BUCKEL, PURZLE NIEDER
FINGERHUT, NUN BIST DU GRAD,
DEINES FEHLS GENESEN
HEIL ZUM SCHLANKEN RUECKENGRAT
HEIL ZUM NEUEN WESEN )
C
PLOETZLICH STECKT DER ELFENCHOR
WIEDER TIEF IM RAINE,
AUS DEM HUEGELRUND EMPOR
TOENT'S IM MONDENSCHEINE
)SILBERFAEHRE, GLEITEST LEISE
OHNE RUDER, OHNE GLEISE.)
FINGERHUETCHEN WIRD ES SATT,
WAERE GERN DAHEIME,
ER ENTSCHLUMMERT LASS UND MATT
AN DEM EIGNEN REIME.
C
SCHLUMMERT EINE GANZE NACHT
AUF DERSELBEN STELLE,
WIE ER ENDLICH AUFERWACHT,
SCHEINT DIE SONNE HELLE
KUEHE WEIDEN, SCHAFE GRASEN
AUF DES ELFENHUEGELS RASEN.
C SEITE 48
FINGERHUT IST BALD BEKANNT,
LAESST DIE BLICKE SCHWEIFEN,
SACHTE DREHT ER DANN DIE HAND,
HINTER SICH ZU GREIFEN.
C
IST IHM HEIL IM TRAUM GESCHEHN;
IST DAS HEIL DIE WAHRHEIT;
WIRD DAS ELFENWORT BESTEHN
VOR DES TAGES KLARHEIT;
UND ER TASTET, TASTET, TASTET
UNBEBUERDET  UNBELASTET
)JETZT BIN ICH EIN GRADER MANN )
JAUCHZT ER OHNE ENDE,
WIE EIN HIRSCHLEIN JAGT ER DANN
UEBER FELD BEHENDE.
C
FINGERHUT STEHT PLOETZLICH STILL,
TASTET LEICHT UND LEISE,
OB ER WIEDER WACHSEN WILL;
NEIN, IN KEINER WEISE
SELIG PREIST ER NACHT UND STUNDE,
DA ER SANG IM GEISTERBUNDE-
FINGERHUETCHEN WANDELT SCHLANK,
GLEICH ALS HAETT' ER FLUEGEL,
SEIT ER SCHLUMMERND NIEDERSANK
NACHTS AM ELFENHUEGEL.
C
C TRAUMBESITZ SEITE 49
22
)FREMDLING, UNTER DIESEM SCHUTTE
WOELBT SICH EINE WEITE HALLE,
BLUEHT DES INKA GOLDNER GARTEN,
PRANGT DER SESSEL MEINES AHNS
C
ALLES LAUB UND ALLLE FRUECHTE
UND DIE VOEGEL AUF DEN AESTEN
UND DIE FISCHLEIN IN DEN TEICHEN
SIND VOM ALLERFEINSTEN GOLD.)
C
)KNABE, DU BIST ZART UND DUERFTIG,
DEINE GREISEN ELTERN DARBEN-
WARUM GRAEBST DU NICHT DIE NAHEN
SCHAETZE, DIE DEIN ERBE SIND;)
C
)SOLCHES, FREMDLING, WAERE SUENDLICH
NEIN, ICH LASSE MIR GENUEGEN
AN DEM KLEINEN WEIZENFELDE,
DAS MIR OBEN UEBRIG BLIEB.
C
IM GEHEIMNIS MEINES HERZENS,
MIT DEN AUGEN MEINES GEISTES
SCHWELG ICH IN DEN LICHTEN WUNDERN,
IN DEM UNERMESSNEN HORT
C
O DES GLANZES  O DER FUELLE
SIEHST DU DORT DIE BUESCHEL MAISES
MIT DEN SCHOENGEFORMTEN KOLBEN;
SIEHST DU DORT DEN GOLDNEN THRON;)
C
C DIE GEFESSELTEN MUSEN SEITE 5
23
ES HERRSCHT' EIN KOENIG IRGENDWO
IN DAZIEN ODER THRAZIEN,
DEN SUCHTEN EINST DIE MUSEN HEIM,
DIE MUSEN MIT DEN GRAZIEN.
C
STATT MILDEN NEKTARS, REBENBLUT
GERUHTEN SIE ZU NIPPEN,
DIE SEELE DES BARBAREN HING
AN IHREN SEL'GEN LIPPEN.
C
ERST SANG EIN JEDES HIMMELSKIND
IM TONE, DER IHM EIGEN,
DANN SCHRITT DER GANZE CHOR IM TAKT
UND TRAT DEN BLUEHNDEN REIGEN.
C
DER KOENIG KLATSCHTE  )MORGEN WILL
ICH WIEDER EUCH BESTAUNEN.)
DIE MUSEN SCHUETTELTEN DAS HAUPT
)DAS HANGT AN UNSERN LAUNEN.)
C
)AN EUERN LAUNEN;... )DER DESPOT
BEGANN ZU SCHMAEHN UND LAESTERN.
)IHR KNECHTE), SCHRIE ER, )FESSELN HER )
UND FESSELTE DIE SCHWESTERN.
C
DER KOENIG WACHT' , UM MITTERNACHT
VERNAHM ER LEISES SCHREITEN,
GEFLUESTER  )SEID IHR ALLE DA;)
UND SCHUETTERN ZARTER SAITEN.
C SEITE 51
ER FUHR EMPOR. )DEN HELLEN CHOR
ERGREIFT, GETREUE WAECHTER )
DIE SCHERGEN GRIFFEN IN DIE LUFT
UND SILBERN KLANG GELAECHTER.
C
AM MORGEN WAR DER KERKER LEER,
DER REIGEN UEBER DIE GRENZE-
DRIN HINGEN STATT DER KETTEN SCHWER
ZERRISSNE BLUMENKRAENZE.
C
C II STUNDE SEITE 53
C
C MORGENLIED SEITE 55
24
MIT EDELN PURPURROETEN
UND HELLEM AMSELSCHLAG,
MIT ROSEN UND MIT FLOETEN
STOLZIERT DER JUNGE TAG.
DER WANDERSCHRITT DES LEBENS
IST NOCH EIN LEICHTER TANZ,
ICH GEHE WIE IM REIGEN
MIT EINEM FRISCHEN KRANZ.
C
IHR TAUBENETZTEN KRAENZE
DER NEUEN MORGENKRAFT,
GEWORFEN AUS DEN LUEFTEN
UND SPIELEND AUFGERAFFT-
WOHL MANCHEN LIESS ICH WELKEN
NOCH VOR DER MITTAGSGLUT
ZERRISSEN HAB ICH MANCHEN
AUS REINEM UEBERMUT
C
MIT EDELN PURPURROETEN
UND HELLEM AMSELSCHLAG,
MIT ROSEN UND MIT FLOETEN
STOLZIERT DER JUNGE TAG-
HINWEG, DU DUNKLE KLAGE,
AUS ALL DEM LICHT UND GLANZ
DEN SCHMERZ VERLORNER TAGE
BEDECKT EIN FRISCHER KRANZ.
C
C EPPICH SEITE 56
25
EPPICH, MEIN ALTER HAUSGESELL,
DU BIST VON JUNGEN BLAETTERN HELL,
DEIN WINTERGRUEN, SO STILL UND STRENG,
VERTRAEGT SICH'S MIT DEM LENZGEDRAENG;
C
)WARUM DENN NICHT; WIE MEINES HAT
DEIN LEBEN ALT UND JUNGES BLATT,
EINS STRENG UND DUNKEL, EINES LICHT
VON LENZ UND LUST  WARUM DENN NICHT;)
C
C DAS TOTE KIND SEITE 57
26
ES HAT DEN GARTEN SICH ZUM FREUND GEMACHT,
DANN WELKTEN ES UND ER IM HERBSTE SACHT,
DIE SONNE GING UND ES UND ER ENTSCHLIEF,
GEHUELLT IN EINE DECKE WEISS UND TIEF.
C
JETZT IST DER GARTEN UNVERSEHNS ERWACHT,
DIE KLEINE SCHLUMMERT FEST IN IHRER NACHT.
)WO STECKST DU;) SUMMT ES DORT UND SUMMT ES HIER.
DER GANZE GARTEN FRAEGT NACH IHR, NACH IHR.
C
DIE BLAUE WINDE KLETTERT SCHLANK EMPOR
UND BLICKT INS HAUS  )KOMM HINTERM SCHRANK HERVOR
WO BIRGST DU DICH; DU TUST DIR'S SELBST ZU LEID
WAS HAST DU FUER EIN NEUES SOMMERKLEID;)
C
C LENZ WANDERER, MOERDER, TRIUMPHATOR SEITE 58
27
C I
ICH LAG AN EINEM RAINE
MIT MEINEM DUERREN STAB.
WAS LAUF ICH; MEINE BEINE
ERLAUFEN NUR DAS GRAB...
C
EIN WANDRER ZOG DERENDEN,
WAR NOCH EIN KNABE FAST,
DER HIELT ALS STAB IN HAENDEN
DEN BLUETENREICHSTEN AST.
C
)GRUESS' GOTT DICH, SCHOENER WANDRER
BIST DU ES, KNABE LENZ;)
ER RIEF  )ICH BIN KEIN ANDRER
UND KOMME VON FLORENZ )
C
DAS MUSSTE MICH ERWECKEN.
)KIND LENZ, ICH WANDRE MIT )
WIR HOBEN UNSRE STECKEN
IN EINEM SCHRITT UND TRITT.
C
DIE BEIDEN STAEBE HOBEN
KIND LENZ UND ICH ZUGLEICH
AUCH MEINER WARD VON OBEN
BIS UNTEN BLUETENREICH.
C SEITE 59
28
C II
NIEDER TRAEGT DER WARME FOEHN
DER LAUINE FERN GETOEN,
HINTER JENEN HOHEN FOEHREN
KANN DEN DUMPFEN SCHLAG ICH HOEREN.
C
IN DES LENZES BLAUEN SCHEIN
AUS DER SCHOLLE DUNKELM SCHREIN
DRAENGT UND DRUECKT DAS NEUE LEBEN,
LUEFTET KLEID UND DECKEN EBEN-
C
VON DERSELBEN KRAFT UND LUST
WAECHST DAS HERZ MIR IN DER BRUST,
HEUTE KANN ES NOCH SICH DEHNEN
MIT DEN LIEDERN, MIT DEN TRAENEN
C
ABER BLAUEN WIRD EIN TAG,
DA SICH'S NICHT MEHR DEHNEN MAG-
MIT DEN VEILCHEN, MIT DEN FLOETEN
KOMMT MICH DANN DER LENZ ZU TOETEN.
C SEITE 6
29
C III
FRUEHLING, DER DIE WELT UMBLAUT,
FRUEHLING MIT DER VOEGLEIN LAUT,
DEINE BLUEHNDEN SIEGESPFORTEN
ALLERENDEN, ALLERORTEN
HAST DU NIEDRIG AUFGEBAUT
C
UNGEBAENDIGT, KREUZ UND QUER,
UEBER ALLE PFADE HER
SCHIESSEN BLUETENSCHWERE ZWEIGE,
DASS DIR JEDES HAUPT SICH NEIGE,
UND DIE DEMUT IST NICHT SCHWER.
C
C MAIENTAG SEITE 61
3
ENGLEIN SINGEN AUS DEM BLAUEN TAG,
MAEGDLEIN SINGEN HINTERM BLUETENHAG,
JUBELND MIT DEM GANZEN LENZGESIND
SINGT MIR IN VERNARBTER BRUST- EIN KIND.
C
C WAS TREIBST DU, WIND; SEITE 62
31
WAS TREIBST DU, WIND,
DU HIMMLISCHES KIND;
DU FLUEGELST UND FLUEGELST UMSONST IN DER LUFT
)NICHT WANDERSCHERZ
ICH NAEHRE DAS HERZ
MIT ERDGERUCH UND WALDESDUFT )
C
WAS BRINGST DU, WIND,
DU HIMMLISCHES KIND;
)EINEN MORGENGRUSS, EINEN SCHREI DER LUST )
AUS VOGELKEHLE NUR;
AUS LERCHENSEELE NUR;
)NEIN, NEIN  AUS VOLLER MENSCHENBRUST )
C
WAS TRAEGST DU, WIND,
DU HIMMLISCHES KIND;
)SEEUEBER EIN WALLEND, EIN HALLEND GELAEUT )
SENKEN SIE EIN
DEN TOTENSCHREIN;
)NEIN, NEIN  SIE HALTEN HOCHZEIT HEUT )
C
C LENZFAHRT SEITE 63
32
AM HIMMEL WAECHST DER SONNE GLUT,
AUFQUILLT DER SEE, DAS EIS ZERSPRANG,
DAS ERSTE SEGEL TEILT DIE FLUT,
MIR SCHWILLT DAS HERZ WIE SEGELDRANG.
C
ZU WANDERN IST DAS HERZ VERDAMMT,
DAS SEINEN JUGENDTAG VERSAEUMT,
SOBALD DIE LENZESSONNE FLAMMT,
SOBALD DIE WELLE WIEDER SCHAEUMT.
C
VERSCHERZTE JUGEND IST EIN SCHMERZ
UND EINER EWGEN SEHNSUCHT HORT,
NACH SEINEM LENZE SUCHT DAS HERZ
IN EINEM FORT, IN EINEM FORT
C
UND OB DIE LOCKE DIR ERGRAUT
UND BALD DAS HERZ WIRD STILLE STEHN,
NOCH MUSS ES, WANN DIE WELLE BLAUT,
NACH SEINEM LENZE WANDERN GEHN.
C
C LENZ, WER KANN DIR WIDERSTEHN; SEITE 64
33
JEDEM, AUSSER DIE TOTEN,
SENDET FRUEHLING EINEN BOTEN,
EIN GEZWITSCHER AUS DEN LUEFTEN,
EINES WOELKCHENS HELLES WEHN,
EINER ROTEN KNOSPE SPRINGEN,
IRGEND EIN VERSTOHLNES DUEFTEN,
ODER EIN VERLORNES SINGEN-
LENZ, WER KANN DIR WIDERSTEHN;
C
DURCH DAS WIESENGRUEN, DAS LINDE,
WANDR' ICH MIT DEM EIGNEN KINDE
UND ES KANN AN MURMELBAECHEN
NICHT MIT STUMMEN LIPPEN GEHN-
WANN DIE KNOSPEN ALLE BRECHEN,
WOLLEN LIPPEN SICH ENTFALTEN,
AUF DEN JUNGEN, AUF DEN ALTEN
WILL EIN KLEINES LIED ENTSTEHN.
C
LIEB UND LUST UND LEBEN SAUGEN
WILL ICH AUS DEN KINDERAUGEN,
IN DEM BLICKE MEINER KLEINEN
WILL ICH NACH DEM HIMMEL SPAEHN,
JA, ES IST DAS GLEICHE SCHEINEN
HIER IM BLAUEN, DORT IM BLAUEN,
UND DAS SELBIGE VERTRAUEN-
LENZ, WER KANN DIR WIDERSTEHN;
C SEITE 65
KUCKUCK RUFT  WILLST DU ERFAHREN
DEINE JAHRE, GLAEUBGE SEELE;
KUCKUCK RUFT IM WALDE, ZAEHLE
NEUN UND ZEHN UND MEHR ALS ZEHN...
EI, DAS WILL JA GAR NICHT ENDEN,
FRUEHLING SCHENKT AUS VOLLEN HAENDEN-
SOLL AUF DIESEN BLONDEN HAAREN
NOCH DEN MYRTENKRANZ ICH SEHN;...
C
C DER LIEBLINGSBAUM SEITE 66
34
DEN ICH PFLANZTE, JUNGER BAUM,
DESSEN WUCHS MICH FREUTE,
ZAEHL ICH DEINE LENZE, KAUM
SIND ES ZWANZIG HEUTE.
C
OFT IM GEIST ERGOETZT ES MICH,
UEBER MIR IM BLAUEN,
SCHLANKES ASTGEBILDE, DICH
MAECHTIG AUSZUBAUEN.
C
LICHTDURCHWIRKTEN SCHATTEN NUR
LEGST DU AUF DIE MATTEN,
EH DU DUNKEL DECKST DIE FLUR,
BIN ICH SELBST EIN SCHATTEN.
C
ABER HASCHEN SOLL MICH NICHT
STYGISCHES GESINDE,
WEICHEN WERD ICH AUS DEM LICHT
UNTER DEINE RINDE.
C
FRISCHE SAEFTE RIESELN LAUT,
RIESELN DURCH DIE STILLE,
UM MICH, IN MIR WEBT UND BAUT
EWGER LEBENSWILLE.
C
HALB BEWUSST UND HALB IM TRAUM
UEBER MIR IM LICHTEN
WERD ICH, MEIN GELIEBTER BAUM,
DICH ZU ENDE DICHTEN.
C
C DER VERWUNDETE BAUM SEITE 67
35
SIE HABEN MIT DEM BEILE DICH ZERSCHNITTEN,
DIE FREVLER- HAST DU VIEL DABEI GELITTEN;
ICH SELBER HABE SORGLICH DICH VERBUNDEN
UND TRAUE  JUNGER BAUM, DU WIRST GESUNDEN
AUCH ICH ERLITT ZU SCHIER DERSELBEN STUNDE
VON SCHAERFERM MESSER EINE TIEFE WUNDE.
ZU UNTERSUCHEN KOMM ICH DEINE TAEGLICH
UND MEINE FUEHL ICH BRENNEN UNERTRAEGLICH.
DU SAUGEST GIERIG EIN DIE KRAFT DER ERDE,
MIR IST ALS OB AUCH ICH DURCHRIESELT WERDE
DER FRISCHE SAFT QUILLT AUS ZERSCHNITTNER RINDE
HEILSAM. MIR IST, ALS OB AUCH ICH'S EMPFINDE
INDEM ICH DEINE SICH ERFRISCHEN FUEHLE,
IST MIR, ALS OB SICH MEINE WUNDE KUEHLE
NATUR BEGINNT ZU WIRKEN UND ZU WEBEN,
ICH TRAUE  BEIDEN GEHT ES NICHT ANS LEBEN
WIE VIELE, SO VERWUNDET, WELKTEN, STARBEN
WIR BEIDE PRAHLEN NOCH MIT UNSERN NARBEN
C
C DAS BITTERE TRUENKLEIN SEITE 68
36
EIN BETROGEN MAEGDLEIN IRRT IM WALDE,
FLIEHT DEN HARTEN TAG UND SUCHT DAS DUNKEL,
WIRFT AUF EINE FELSENBANK SICH NIEDER
UND BEGINNT ZU WEINEN UNERSAETTLICH.
C
IN DEN WETTERMUERBEN STEIN DES FELSENS
IST GEGRABEN EINE KLEINE SCHALE-
DA DAS MAEGDLEIN SICH ERHEBT ZU WANDERN,
BLEIBT DIE SCHALE VOLLER BITTRER ZAEHREN.
C
ABENDS KOMMT EIN VOEGLEIN HERGEFLATTERT,
AUS GEWOHNTEM BECHERLEIN ZU TRINKEN,
WO SICH IHM DAS HIMMELSWASSER SAMMELT,
SCHLUCKT UND SCHUETTELT SICH UND FLIEGT VON HINNEN.
C
C ABENDROT IM WALDE SEITE 69
37
IN DEN WALD BIN ICH GEFLUECHTET,
EIN ZU TOD GEHETZTES WILD,
DA DIE LETZTE GLUT DER SONNE
LAENGS DEN GLATTEN STAEMMEN QUILLT.
C
KEUCHEND LIEG ICH. MIR ZU SEITEN
BLUTET, SIEHE, MOOS UND STEIN-
STROEMT DAS BLUT AUS MEINEN WUNDEN;
ODER IST'S DER ABENDSCHEIN;
C
C JETZT REDE DU  SEITE 7
38
DU WAREST MIR EIN TAEGLICH WANDERZIEL,
VIELLIEBER WALD, IN DUMPFEN JUGENDTAGEN,
ICH HATTE DIR GETRAEUMTEN GLUECKS SO VIEL
ANZUVERTRAUN, SO WAHREN SCHMERZ ZU KLAGEN.
C
UND WIEDER SUCH ICH DICH, DU DUNKLER HORT,
UND DEINES WIPFELMEERS GEWALTIG RAUSCHEN-
JETZT REDE DU  ICH LASSE DIR DAS WORT
VERSTUMMT IST KLAG UND JUBEL. ICH WILL LAUSCHEN.
C
C DIE LAUTENSTIMMER SEITE 71
39
SCHLUMMERND JUENGST IN WALDESRAUM
HATT' ICH EINEN HUEBSCHEN TRAUM
ETWAS REGT SICH IN DER HECKE,
ETWAS KLIMPERT IM VERSTECKE.
C
DAS GESTRAEUCH MIT LEISER HAND
TEILT' ICH, BIS DAS NEST ICH FAND
KINDER, RINGS IM GRASE SITZEND,
MIT DEN HELLEN AUGEN BLITZEND
C
RUTSCHEND AUF DEM NACKTEN KNIE,
STIMMTEN EINE LAUTE SIE-
)SAGT, WAS LAGERT IHR IM RUNDE;
SPRECHT, WAS SCHAFFET IHR IM BUNDE;)
C
AUF DAS ZARTE WERK ERPICHT,
HOERTEN SIE DIE FRAGE NICHT.
)SEHT, WIE IST SIE ZUGERICHTET
WUNDGERISSEN  FAST VERNICHTET )
C
EMSIG WARD GEKLOPFT, GESPAEHT,
AN DEN SAITEN FLINK GEDREHT,
LIESSEN EINE TIEFER KLINGEN,
LIESSEN EINE HOHE SPRINGEN-
C
ENDLICH KLANG DIE LAUTE REIN
UND DIE KINDER SPIELTEN FEIN,
BIS ICH AUS DEM TRAUM ERWACHTE
UND MIR SEINEN SINN BEDACHTE
C SEITE 72
DUMPF ENTSCHLUMMERT, JETZO HELL,
GANZ EIN ANDERER GESELL
WAS DIE KINDER OHNE FEHLE
STIMMTEN, ES WAR MEINE SEELE
C
C SONNTAGS SEITE 73
4
ICH LIEBE, NYMPHE, DEINE KEUSCHE FLUT,
DIE KUEHL IM ALLERTIEFSTEN WALDE RUHT.
DU SPIEGELST WEDER STADT NOCH FIRNESCHNEE,
DEN HIMMEL SCHIMMERST DU, MEIN KLEINER SEE
DEIN ANTLITZ SAGT MIR ALLES, RASCH ERREGT,
WAS DIR DAS KINDLICHE GEMUET BEWEGT,
UND LEICHT ERHELLT, VERDUNKELT OHNE GRUND,
MACHT ES MIR ALLE DEINE LAUNEN KUND.
C
DER KAHN, VERBORGEN TIEF IM SCHILFE DORT,
GEFESSELT IST ER DURCH EIN ZAUBERWORT.
NIE HAT GELOEST IHN EINE TRUNKNE SCHAR,
NIE HAT SICH EINE DIRN IM FLATTERHAAR,
VON ROHEN BUHLEN DURCH DEN WALD GEHETZT,
VOR DEINEN SPIEGEL KEUCHEND HINGESETZT.
NIE HAT EIN UNSTET ZUCKEND FACKELROT
DIR UEBER DEINE KUEHLE STIRN GELOHT
C
HORCH  STIMMEN DURCH DEN WALD  EIN LUSTGESCHREI
GEKREISCH  GEWIEHER  FRECHES VOLK, VORBEI
DEN GASSENHAUER, LIEDERLICH GEJOHLT-
SCHAEME DICH, ECHO - HAST DU WIEDERHOLT
VERHUELLE, NYMPHE, DEINER AUGEN SCHEIN,
VERBIRG DICH TIEFER IN DEN WALD HINEIN
UND ZUERNEND GEGEN DEN TUMULT GEWANDT
)HINWEG ) GEBOT ICH MIT ERHOBNER HAND.
C SEITE 74
)NICHT NAEHER ) UND IM WALDE WARD ES RUH.
DER JUBEL ZOG SICH EINER SCHENKE ZU.
DU BLIEBST IN DEINEM BLAUEN KLEIDE REIN,
IN DEINEM GRUENEN WALDESDAEMMERSCHEIN-
INDESSEN HAT DIE SONNE SICH GENEIGT,
WIE SUESS IN JEDEM BLATT DIE STILLE SCHWEIGT
IN TANNENDUFT UND UNTER HIMMELSRUH,
BEWACHT VON MEINEM BLICK, ENTSCHLUMMERST DU
C
C SCHWUELE SEITE 75
41
TRUEB VERGLOMM DER SCHWUELE SOMMERTAG,
DUMPF UND TRAURIG TOENT MEIN RUDERSCHLAG-
STERNE, STERNE- ABEND IST ES JA-
STERNE, WARUM SEID IHR NOCH NICHT DA;
C
BLEICH DAS LEBEN  BLEICH DER FELSENHANG
SCHILF, WAS FLUESTERST DU SO FRECH UND BANG;
FERN DER HIMMEL UND DIE TIEFE NAH-
STERNE, WARUM SEID IHR NOCH NICHT DA;
C
EINE LIEBE, LIEBE STIMME RUFT
MICH BESTAENDIG AUS DER WASSERGRUFT-
WEG, GESPENST, DAS OFT ICH WINKEN SAH
STERNE, STERNE, SEID IHR NICHT MEHR DA;
C
ENDLICH, ENDLICH DURCH DAS DUNKEL BRICHT-
ES WAR ZEIT - EIN SCHWACHES FLIMMERLICHT-
DENN ICH WUSSTE NICHT WIE MIR GESCHAH.
STERNE, STERNE, BLEIBT MIR IMMER NAH
C
C IN HARMESNAECHTEN SEITE 76
42
DIE RECHTE STRECKT' ICH SCHMERZLICH OFT
IN HARMESNAECHTEN
UND FUEHLT' GEDRUECKT SIE UNVERHOFFT
VON EINER RECHTEN-
WAS GOTT IST, WIRD IN EWIGKEIT
KEIN MENSCH ERGRUENDEN,
DOCH WILL ER TREU SICH ALLEZEIT
MIT UNS VERBUENDEN.
C
C VOTIVTAFEL SEITE 77
43
MIT KUEMMERNDEN GEDANKEN SCHLIEF
ICH EIN AUF MEINEM KRANKENBETT,
DA KAM SIE, DA ERSCHIEN SIE MIR
IN EINEM WUNDERKLAREN TRAUM.
C
SIE WAR EIN MAEDCHEN GROSS UND SCHLANK
MIT FEURIG BLAUEM AUGENLICHT,
SIE KAM UND NAHM MICH BEI DER HAND
UND SAGTE FREUNDLICH  )WIRB UM MICH
C
VERTRAUE  HABE ZUVERSICHT
HALT AN UND UEBERLEG ES NICHT
HALT AN UND UEBERLASS ES MIR
ERBITTE MICH  ERBITTE MICH )-
C
DA WACHT' ICH AUF IM MORGENLICHT
UND HOB DIE HAENDE HOCH EMPOR
GEBT SIE, VERSAGET SIE MIR NICHT,
IHR GOETTER, SONST BIN ICH DAHIN.
C
DIE GOETTLICHEN ERHOERTEN MICH,
UND WIEDER ATM' ICH LEICHTER SCHON,
DENN SIEHE DIE GENESUNG WAR'S,
DIE MIR ERSCHIEN IM MORGENTRAUM.
C
C EINGELEGTE RUDER SEITE 78
44
MEINE EINGELEGTEN RUDER TRIEFEN,
TROPFEN FALLEN LANGSAM IN DIE TIEFEN.
C
NICHTS DAS MICH VERDROSS  NICHTS DAS MICH FREUTE
NIEDERRINNT EIN SCHMERZENLOSES HEUTE
C
UNTER MIR- ACH, AUS DEM LICHT VERSCHWUNDEN-
TRAEUMEN SCHON DIE SCHOENERN MEINER STUNDEN.
C
AUS DER BLAUEN TIEFE RUFT DAS GESTERN
SIND IM LICHT NOCH MANCHE MEINER SCHWESTERN;
C
C EIN BISSCHEN FREUDE SEITE 79
45
WIE HIELT SICH EIN VERLASSEN HERZ,
DER DUNKELN SCHWERMUT BEUTE;
MIT BECHER- RUNDGELAEUTE;
MIT BITTERM SPOTT; MIT FREVLEM SCHERZ;
NEIN. MIT EIN BISSCHEN FREUDE
C
WIE FLICHT SICH EIN ZERRISSNER KRANZ,
DEN JACH DER STURM ZERSTREUTE;
WIE KNUEPFT SICH DER ERNEUTE;
MIT WELCHEM ENDCHEN BUNTEN BANDS;
MIT NUR EIN BISSCHEN FREUDE
C
WIE SUEHNT SICH DIE VERJAEHRTE SCHULD,
DIE BITTERLICH BEREUTE;
MIT EINEM STRENGEN HEUTE;
MIT BUESSERHAST UND UNGEDULD;
NEIN. MIT EIN BISSCHEN FREUDE
C
C IM SPAETBOOT SEITE 8
46
AUS DER SCHIFFSBANK MACH ICH MEINEN PFUEHL,
ENDLICH WIRD DIE HEISSE STIRNE KUEHL
O WIE SUESS ERKALTET MIR DAS HERZ
O WIE WEICH VERSTUMMEN LUST UND SCHMERZ
UEBER MIR DES ROHRES SCHWARZER RAUCH
WIEGT UND BIEGT SICH IN DES WINDES HAUCH.
HUEBEN HIER UND WIEDER DRUEBEN DORT
HAELT DAS BOOT AN MANCHEM KLEINEN PORT
BEI DER SCHIFFSLATERNE KARGEM SCHEIN
STEIGT EIN SCHATTEN AUS UND NIEMAND EIN.
NUR DER STEURER NOCH, DER WACHT UND STEHT
NUR DER WIND, DER MIR IM HAARE WEHT
SCHMERZ UND LUST ERLEIDEN SANFTEN TOD
EINEN SCHLUMMRER TRAEGT DAS DUNKLE BOOT.
C
C VOR DER ERNTE SEITE 81
47
AN WOLKENREINEM HIMMEL GEHT
DIE BLANKE SICHEL SCHOEN,
IM KORNE DRUNTER WOGT UND WEHT
UND RAUSCHT UND WUEHLT DER FOEHN.
C
SIE WANDERT VOLLER MELODIE
HOCHUEBER DURCH DAS LAND,
FRUEH MORGEN SCHWINGT DIE SCHNITTRIN SIE
MIT SONNENBRAUNER HAND.
C
C ERNTEGEWITTER SEITE 82
48
EIN JAEHER BLITZ. DER ERNTEWAGEN SCHWANKT.
AUS SEINEN GARBEN FAHREN DIRNEN AUF
UND SPRINGEN SCHREIEND IN DIE NACHT HINAB.
EIN BLITZ. AUF EINER GOLDNEN GARBE THRONT
NOCH UNVERTRIEBEN EINE FREVLE MAID,
DER DAS GELOESTE HAAR DEN NACKEN PEITSCHT.
SIE HEBT DAS VOLLE GLAS MIT NACKTEM ARM,
ALS BRAECHTE SIE'S DER GLUT, DIE SIE UMFLAMMT,
UND LEERT'S AUF EINEN ZUG. INS DUNKEL WIRFT
SIE'S WEIT UND GLEITET IHREM BECHER NACH.
EIN BLITZ. ZWEI SCHWARZE ROSSE BAEUMEN SICH.
DIE PEITSCHE KNALLT. SIE ZIEHEN AN. VORBEI.
C
C SCHNITTERLIED SEITE 83
49
WIR SCHNITTEN DIE SAATEN, WIR BUBEN UND DIRNEN,
MIT NACKENDEN ARMEN UND TIEFENDEN STIRNEN,
VON DONNERNDEN DUNKELN GEWITTER BEDROHT-
GERETTET DAS KORN  UND NICHT EINER, DER DARBE
VON GARBE ZU GARBE
IST RAUM FUER DEN TOD-
WIE SCHWELLEN DIE LIPPEN DES LEBENS SO ROT
C
HOCH THRONET IHR SCHOENEN AUF GUELDENEN SITZEN,
IN STROTZENDEN GARBEN UMFLIMMERT VON BLITZEN-
NICHT EINE, DIE DARBE  WIR BRINGEN DAS BROT
ZUM REIGEN  ZUM TANZE  ZUR TOSENDEN RUNDE
VON MUNDE ZU MUNDE
IST RAUM FUER DEN TOD-
WIE SCHWELLEN DIE LIPPEN DES LEBENS SO ROT
C
C AUF GOLDGRUND SEITE 84
5
INS MUSEUM BIN ZU SPAETER
STUNDE HEUT ICH NOCH GEGANGEN,
WO DIE HEILGEN, WO DIE BETER
AUF DEN GOLDNEN GRUENDEN PRANGEN.
C
DANN DURCHS FELD BIN ICH GESCHRITTEN
HEISSER ABENDGLUT ENTGEGEN,
SAH, DIE HEUT DAS KORN GESCHNITTEN,
GARBEN AUF DIE WAGEN LEGEN.
C
UM DIE LASTEN IN DEN ARMEN,
UM DEN SCHNITTER UND DIE GARBE
FLOSS DER ABENDGLUT, DER WARMEN,
WUNDERBARE GOLDESFARBE.
C
AUCH DES TAGES LETZTE BUERDE,
AUCH DER FLEISS DER FEIERSTUNDE
WAR UMFLAMMT VON HEILGER WUERDE,
STAND AUF SCHIMMERND GOLDNEM GRUNDE.
C
C REQUIEM SEITE 85
51
BEI DER ABENDSONNE WANDERN
WANN EIN DORF DEN STRAHL VERLOR,
KLAGT SEIN DUNKELN ES DEN ANDERN
MIT VERTRAUTEN TOENEN VOR.
C
NOCH EIN GLOECKLEIN HAT GESCHWIEGEN
AUF DER HOEHE BIS ZULETZT.
NUN BEGINNT ES SICH ZU WIEGEN,
HORCH, MEIN KILCHBERG LAEUTET JETZT
C
C ABENDWOLKE SEITE 86
52
SO STILLE RUHT IM HAFEN
DAS TIEFE WASSER DORT,
DIE RUDER SIND ENTSCHLAFEN,
DIE SCHIFFLEIN SIND IM PORT.
C
NUR OBEN IN DEM AETHER
DER LAUEN MAIENNACHT,
DORT SEGELT NOCH EIN SPAETER
FRIEDFERTGER FERGE SACHT.
C
DIE BARKE STILL UND DUNKEL
FAEHRT HIN IN DAEMMERSCHEIN
UND LEISEM STERNGEFUNKEL
AM HIMMEL UND HINEIN.
C
C MEIN STERN SEITE 87
53
OFT IN MEINEM ABENDWANDEL HEFTE
ICH AUF EINEN SCHOENEN STERN DEN BLICK,
ZWAR SEIN ZEICHEN HAT BESONDRE KRAEFTE,
DOCH BESTIMMT UND ZWINGT ER KEIN GESCHICK.
C
NICHT GEHEIME WINKE WILL ER GEBEN,
ER IST WAHR UND REIN UND OHNE TRUG,
ER BESELIGET UND STAERKT DAS LEBEN
MIT DER TIEFSTEN SEHNSUCHT STILLEM ZUG.
C
NICHT VERSTEHT ER GOTTES DUNKELN WILLEN,
NOCH DER DINGE LETZTEN EWGEN GRUND,
WUNDEN HEILT ER, SCHMERZEN KANN ER STILLEN
WIE DAS WORT AUS EINES FREUNDES MUND.
C
IN DIE BANGNIS, DIE BEDRAENGNIS FUNKELT
ER MIT SEINEM HELLSTEN STRAHLE GERN,
UND JE MEHR DIE ERDE MAEHLICH DUNKELT,
DESTO NAEHER, STAERKER BRENNT MEIN STERN.
C
HOLDER  EINEN NAMEN WIRST DU TRAGEN,
ABER DIESEN WISSEN WILL ICH NICHT,
DU MEIN TROESTLICHES, MEIN TREUES LICHT.
C
54
KEINEN WEISEN WERD ICH DARUM FRAGEN,
NICHT VOM LETZTEN SCHLITTENGLEISE
C MEIN JAHR SEITE 88
BIS ZUM NEUEN FLOCKENTRAUM
ZAEHL ICH AUF DER LEBENSREISE
DEN ERFUELLTEN JAHRESRAUM.
C
NICHT VOM ERSTEN FRISCHEN SINGEN,
DAS IM WALD GEBOREN IST,
BIS DIE ZWEIGE WIEDER KLINGEN,
DAUERT MIR DIE JAHRESFRIST.
C
VON DER KELTER NICHT ZUR KELTER
DREHT SICH MIR DES JAHRES SCHWUNG,
NEIN, IN FLAMMEN WERD ICH AELTER
UND IN FLAMMEN WIEDER JUNG.
C
VON DEM ERSTEN BLITZE HEUER,
DER AUS DUNKLER WOLKE SPRANG,
BIS ZU NEUEM HIMMELSFEUER
RECHN' ICH MEINEN JAHRESGANG.
C
C WANDERFUESSE SEITE 89
55
ICH BEDACHT' ES OFT IN DIESEN TAGEN,
MEINEM FLUECHTGEN WANDEL ZU ENTSAGEN
DOCH WAS FANG ICH AN MIT MEINEN FUESSEN,
DIE BEGEHREN IHRE LUST ZU BUESSEN;
VON DEN RUHELOSEN JUGENDTRIEBEN
SIND MIR MEINE FUESSE NOCH GEBLIEBEN,
SCHREITEND MIT DEM LENZ UND SEINEN FLOETEN,
SCHREITEND DURCH DIE SOMMERABENDROETEN,
RASCH VORUEBER DEN GEFUELLTEN KUFEN,
GLEITEND AUF DES WINTERS WEISSEN STUFEN
UEBER DIE VERSCHNEITE JAHRESWENDE,
RASTLOS SCHREITEND OHNE ZIEL UND ENDE
LAENGST BESCHRIEB DIE STIRNE SICH MIT FALTEN,
DOCH DIE FUESSE WOLLEN NICHT VERALTEN,
IHREN STAPFEN TRITT AUF WALDESWEGEN
MEINER JUGEND WANDERBILD ENTGEGEN,
DURCH DAS LEICHTE PAAR, DAS STETS ENTFLAMMTE,
BIN ICH DER ZUM REISESCHRITT VERDAMMTE
FINDEN MOECHT' ICH OHNE STERBEBETTE
MEINEN FUESSEN EINE RUHESTAETTE...
C
C DIE VELTLINERTRAUBE SEITE 9
56
BRUETEND LIEGT EIN HEISSES SCHWEIGEN
UEBER TAL UND BERGESJOCH,
EVOE UND WINZERREIGEN
SCHLUMMERN IN DER TRAUBE NOCH.
C
PURPURNE VELTLINERTRAUBE,
KOCHEND IN DER SONNE SCHEIN,
HEUTE MOECHT' ICH UNTERM LAUBE
DEINE VOLLSTE BEERE SEIN
C
MEIN UNBAENDIGES GEBLUETE,
STROTZEND VON DER SCHOLLE KRAFT,
TRUNKEN VON DES HIMMELS GUETE,
SPRENGTE SCHIER DER HUELSE HAFT
C
AUS DER LAUBE NIEDERHANGEND,
GLUTDURCHWOGT UND UEPPIG RUND,
SCHWEBT' ICH DUNKELPURPURPRANGEND
UEBER EINEM ROTEN MUND
C
C WEINSEGEN SEITE 91
57
HEUT ATM' ICH MIT DEN SOMMERLUEFTEN
DIE ALLERFEINSTEN WUERZEN EIN,
ICH KENNE DIESES SELTNE DUEFTEN
HEUT BLUEHT DER ECHTE KLOSTERWEIN.
HIER ZOG IM LAND DIE ERSTEN TRAUBEN
ZUM ERSTEN LIEBESMAHL DER ABT,
DER MIT DEM TEUERN CHRISTENGLAUBEN
UNS OEDE HEIDEN EINST BEGABT.
C
DAS KLOSTER, LAENGST IST'S SCHON VERSCHWUNDEN,
ZERSTAEUBT MIT ALTAR, GRUFT UND CHOR,
DOCH STEIGT IN DIESEN MITTAGSSTUNDEN-
SO HEISST'S- DER ERSTE ABT EMPOR.
NICHT WILL ER ZU DER LESE KOMMEN,
WO WILD DIE KELTER UEBERSCHAEUMT,
NEIN, WIE SICH ZIEMT FUER EINEN FROMMEN,
WANN MYSTISCH SUESS DIE BLUETE TRAEUMT.
C
WAS DORT; WER OEFFNET STILL DAS GATTER;
BERAUSCHT DIE STARKE WUERZE MICH;
EIN WALLEND BLANKES ROCKGEFLATTER
BEWEGT SICH SACHT UND FEIERLICH
ES IST DER ABT. ICH SEHE BUECKEN
DAS EDELGREISE HAUPT IHN DORT,
DIE FRECHEN NACHBARSKINDER DRUECKEN
SICH SCHLEUNIG DURCH DIE HECKE FORT.
C
ER PRUEFT GENAU DIE ZARTE BLUETE,
DIE JUNGEN SCHOSSE LICHT UND GRUEN,
SEIN ANGESICHT IST VOLLER GUETE
UND VOLL VON HERZLICHEM BEMUEHN.
C SEITE 92
HOCHWUERDEN BLICKT SO HELL UND HEITER,
DIES JAHR GERAET DER WEIN WIE NIE
ER WANDELT ZU DEN STUFEN WEITER
UND GEISTERLEICHT ERSTEIGT ER SIE.
C
SCHON AUF DES WEINBERGS HOEHE SCHREITET
ER BEI DEM KLEINEN WINZERHAUS.
ER SETZT SICH AUF DIE BANK. ER BREITET
DIE GEISTERHAENDE MAECHTIG AUS.
ER SEGNET SEINE KLOSTERREBEN,
SEIN EIGEN, VIELGELIEBTES KIND,
UNS KETZER SEGNET ER DANEBEN.
DIE SEINES WEINBERGS ERBEN SIND.
C
C SAEERSPRUCH SEITE 93
58
BEMESST DEN SCHRITT  BEMESST DEN SCHWUNG
DIE ERDE BLEIBT NOCH LANGE JUNG
DORT FAELLT EIN KORN, DAS STIRBT UND RUHT.
DIE RUH IST SUESS. ES HAT ES GUT.
HIER EINS, DAS DURCH DIE SCHOLLE BRICHT.
ES HAT ES GUT. SUESS IST DAS LICHT.
UND KEINES FAELLT AUS DIESER WELT
UND JEDES FAELLT, WIE'S GOTT GEFAELLT.
C
C EINEM TAGELOEHNER SEITE 94
59
LANGE JAHRE SAH ICH DICH
FUEHREN DEINEN SPATEN,
UND EIN JEDER SCHAUFELSTICH
IST DIR WOHLGERATEN.
C
NIE HAT DIR DES LEBENS FLUCHT
BANG GEMACHT, ICH GLAUBE-
SORGTEST FUER DIE FREMDE FRUCHT,
FUER DIE FREMDE TRAUBE.
C
NIE GELODERT HAT DIE GLUT
DIR IN EIGNEM HERDE,
DOCH DU FUSSTEST FEST UND GUT
AUF DER MUTTER ERDE.
C
NUN HAST DU DAS LAND ERREICHT,
DAS DU FLEISSIG GRUBEST,
LASTE DIR DIE SCHOLLE LEICHT,
DIE DU TAEGLICH HUBEST
C
C EWIG JUNG IST NUR DIE SONNE SEITE 95
6
HEUTE FANDEN MEINE SCHRITTE MEIN VERGESSNES JUGENDTAL,
SEINE SOHLE LAG VEROEDET, SEINE BERGE STANDEN KAHL.
MEINE BAEUME, MEINE TRAEUME, MEINE BUCHENDUNKELN HOEHN-
EWIG JUNG IST NUR DIE SONNE, SIE ALLEIN IST EWIG SCHOEN.
C
DRUEBEN DORT IN SCHILFGEM GRUNDE, WO DIE MUEDE LACHE LIEGT,
HAT ZU MEINER JUGENDSTUNDE SICH LEBENDGE FLUT GEWIEGT,
DURCH DIE HEIDEN, DURCH DIE WEIDEN GING EIN WANDERND HERDGETOEN-
EWIG JUNG IST NUR DIE SONNE, SIE ALLEIN IST EWIG SCHOEN.
C
C NOVEMBERSONNE SEITE 96
61
IN DEN AECHZENDEN GEWINDEN
HAT DIE KELTER SICH GEDREHT,
UNTER MEINEN ALTEN LINDEN
LIEGT DAS LAUB HOCH AUFGEWEHT.
C
DIESER ERDE WERKE RASTEN,
SCHON BEGINNT DIE WINTERRUH-
SONNE, NOCH MIT UNVERBLASSTEN
GOLDNEN STRAHLEN WANDERST DU
C
EHE SICH DAS JAHR ENTLAUBTE,
GINGEN, TRAUN, SIE MUESSIG NIE,
NUN AN DEINEM LICHTEN HAUPTE
FLAMMEN UNBESCHAEFTIGT SIE.
C
ERST EIN ACKERKNECHT, EIN SCHNITTER,
UND EIN TRAUBENKOCH ZULETZT,
BIST DU NUN DER FREIE RITTER,
DER SICH AUF DER FAHRT ERGETZT.
C
UND DIE SCHUELER, ZU DEN BAENKEN
KEHREND, GRUESSEN JUBELVOLL,
HINGELAGERT VOR DEN SCHENKEN,
DICH ALS MUSENGOTT APOLL.
C
C AUS DER HOEHE SEITE 97
62
SCHREITEND MEINEN HOEHENPFAD,
SEH' ICH STATT LEBENDGER FLUT
UNTER MIR DES EISES FLUR,
DRAUF DER WETTLAUF TAUSENDER
UNERMUEDLICH SICH ERGOETZT.
HORCH  EIN DUNKEL GEISTERLIED,
WIE DES BIENENKORBS UNTERBRUCH
DURCH DIE REINE WINTERLUFT
DES GESTAEHLTEN SCHUHES TON-
MEINER JUGEND EINZGE LUST
LAEUTET DUMPF ZU MIR EMPOR.
C
C DIE SCHLITTSCHUHE SEITE 98
63
)HOER, OHM  IN DEINER TROEDELKAMMER HANGT
EIN SCHLITTSCHUHPAAR, DANACH MEIN HERZ VERLANGT
VON LONDON HAST DU EINST ES HEIMGEBRACHT,
ZWAR IST ES NICHT NACH NEUSTER ART GEMACHT,
DOCH DAMASZIERT, VERTEUFELT ELEGANT
DIR ROSTET UNGEBRAUCHT ES AN DER WAND,
DU GIBST ES MIR ) HIER, JUNGE, HAST DU GELD,
KAUF DIR EIN SCHMUCKES PAAR, WIE DIR'S GEFAELLT
)ACH WAS  DIE DAMASZIERT WILL ICH, DEINE
DU LAEUFST JA NIMMER AUF DEM EIS, ICH MEINE;)
DER LIEBE QUAELGEIST LAESST MIR KEINE RUH,
ER ZIEHT MICH DER VERSCHOLLNEN STUBE ZU
DA LEHNEN MASKEN, KLINGEN KREUZ UND QUER
AN BAYLES STAUBBEDECKTEM DIKTIONAER,
UND SEINE BEUTE SCHON ERBLICKT DER KNABE
IN DUNKELM WINKEL HINTER EINER TRUHE
)DA SIND SIE ) ICH BETRACHTE MEINE HABE,
DIE JUGENDSCHWINGEN, DIE GESTAEHLTEN SCHUHE
MIR UM DIE SCHLAEFEN ZIEHT EIN LEISER TRAUM...
)DU GIBST SIE MIR )... IN IHREM BLONDEN HAAR,
DEM AUFGEWEHTEN, WIE SIE LIEBLICH WAR,
DER WANGEN EDEL BLASS GEROETET KAUM ...
IN NEBEL EINGESCHEIERT LAG DIE STADT,
DER SEE, EIN BODEN SPIEGELHELL UND GLATT,
DRAUF IN DIE WETTE FLOGEN, GLEIS AN GLEIS,
DIE LAEUFER  WIMPEL FLAGGTEN AUF DEM EIS...
SIE SCHWEBTE STILL, ZUERST UMKREIST VON VIELEN
GEFLUEGELTEN WETTLAUFENDEN GESPIELEN-
DORT STUERMTE WILD DIE PURPURNE BACCANTIN,
HIER MASS DEN LAUF DIE PEINLICHE PEDANTIN-
C SEITE 99
SIE ABER WIEGTE SICH MIT SCHLANKER KRAFT,
UND LEICHTEN FUSSES, LUFTIG, ELFENHAFT
GLITT SIE DAHIN, DAS EIS BERUEHREND KAUM,
BIS SICH DIE BAHN IN EINEM WEITEN RAUM
VERLOR UND DANN IN SCHMALRE BAHNEN TEILTE.
DA LOCKT' ES IHREN FUSS IN EINSAMKEITEN,
IN BLAUE DAEMMERUNG HINAUSZUGLEITEN,
INS MAERCHENREICH  SIE ZAGTE NICHT UND EILTE
UND SAH, DASS ICH AN IHRER SEITE FUHR,
NAHM MEINE HAND UND EILTE RASCHER NUR.
BALD HINTER UNS VERSCHOLL DER MENGE SCHALL,
DIE WINTERSONNE SANK, EIN FEUERBALL,
DOCH NICHT ZU HEMMEN WAR DAS LEICHTE SCHWEBEN,
DER SEL'GE REIGEN, DIE BESCHWINGTE FLUCHT,
UND WARME KREISE ZOG DAS RASCHE LEBEN
AUF HARTERSTARRTER, GEISTERHAFTER BUCHT.
AN UNS VORUEBER SCHOSS EIN FACKELLAUF,
EIN GLUEH PHANTOM, DEN GRAUEN SEE HINAUF...
IN STILLER LUFT EIN UNGEWISSES KLINGEN,
WIE GLOCKENLAUT, DES EISES SURREND SINGEN...
EIN DUMPF GETOS, DAS AUS DER TIEFE DROHT-
SIE LAUSCHT, ERSCHRICKT, IHR GRAUT, DAS IST DER TOD
JAEH WENDET SIE DEN LAUF, SIE STREBT ZURUECK,
EIN SCHEUER VOGEL, DURCH DAS ABENDDUNKEL,
DEM LAERM ENTGEGEN UND DEM LICHTGEFUNKEL,
SIE LOEST GEMACH DIE HAND... O MAERCHENGLUECK ...
SIE WENDET SICH VON MIR UND SUCHT DIE STADT,
DEM KINDE GLEICH, DAS SICH VERLAUFEN HAT-
)EI, OHM, DU TRAEUMST; NICHT WAHR, DU GIBST SIE MIR,
BEVOR DAS EIS GESCHMOLZEN;)... JUNGE, HIER.
C
C BEGEGNUNG SEITE 1
64
MICH FUEHRTE DURCH DEN TANNENWALD
EIN STILLER PFAD, EIN TIEF VERSCHNEITER,
DA, OHNE DASS EIN HUF GEHALLT,
ERBLICKT' ICH PLOETZLICH EINEN REITER.
C
NICHT ZUGEWANDT, NICHT ABGEWANDT,
KAM ER, DEN MANTEL UMGESCHLAGEN,
MIR DEUCHTE, DASS ICH IHN GEKANNT
IN ALTEN, LAENGST VERSCHOLLNEN TAGEN.
C
DER JUNGEN AUGEN WILDE KRAFT,
DES MUNDES TROTZ UND HERBES SCHWEIGEN,
EIN ZUG VON TRAUM UND LEIDENSCHAFT
BERUEHRTE MICH SO TIEF UND EIGEN.
C
SEIN ROESSLEIN ZOG AUF WEISSER BAHN
VORBEI MIT UNGEHOERTEN HUFEN.
MICH FASST'S MIT LUST UND GRAUEN AN,
IHM GRUSS UND NAMEN NACHZURUFEN.
C
DOCH KEINEN NAMEN HAB ICH DANN
ALS MEINEN EIGENEN GEFUNDEN,
DA ROSS UND REITER SCHON IM TANN
UND HINTERM SCHNEEGEFLOCK VERSCHWUNDEN.
C
C NEUJAHRSGLOCKEN SEITE 1 1
65
IN DEN LUEFTEN SCHWELLENDES GEDROEHNE,
LEICHT WIE HALME BEUGT DER WIND DIE TOENE
C
LEIS VERHALLEN, DIE ZUM ERSTEN RIEFEN,
NEU GELAEUTE HEBT SICH AUS DEN TIEFEN.
C
GROSSE HEERE, NICHT EIN EINZLER RUFER
WOHLLAUT FLUTET OHNE STRAND UND UFER.
C
C DAS HEUTE SEITE 1 2
66
DAS HEUT IST EINEM JUNGEN WEIBE GLEICH.
SCHLAG MITTERNACHT WIRD IHM DIE WANGE BLEICH.
ES SCHAUDERT. EINEN VOLLEN BECHER FASST
ES GIERIG NOCH UND SCHLUERFT IN TOLLER HAST.
DER UEPPGE MUND, INDEM ER LECHZT UND TRINKT,
ENTFAERBT SICH UND VERWELKT. DER BECHER SINKT.
LANGSAM ZIEHT ES DEN KRANZ SICH AUS DEM HAAR.
DAS HAAR ERGRAUT, DAS EBEN BRAUN NOCH WAR.
TIEF RUNZELT SICH DAS SCHOENE SCHULDGE HAUPT.
ZUSAMMENBRICHT DAS KNIE, DER KRAFT BERAUBT.
DIE HOREN KLEIDEN DICHT IN SCHLEIER EIN
UND FUEHREN WEG EIN GREISES MUETTERLEIN.
C
C UNTER DEN STERNEN SEITE 1 3
67
WER IN DER SONNE KAEMPFT, EIN SOHN DER ERDE,
UND FEURIG GEISSELT DAS GESPANN DER PFERDE,
WER BRUENSTIG RINGT NACH EINES ZIELES FERNE,
VON STAUB UMWOELKT- WIE GLAUBTE DER DIE STERNE;
C
DOCH DAS GESPANN ERLAHMT, DIE PFADE DUNKELN,
DIE EWGEN LICHTER FANGEN AN ZU FUNKELN,
DIE HEILIGEN GESETZE WERDEN SICHTBAR.
DAS KAMPFGESCHREI VERSTUMMT. DER TAG IST RICHTBAR.
C
C III IN DEN BERGEN SEITE 1 5
C
C SCHUTZGEISTER & GOETHE-JAHRBUCH 1887 _ SEITE 1 7
68
NAHE WIEDER SAH ICH GLAENZEN
MEINER FIRNE SCHARFE GRENZEN,
MEINER ALPEN WEISSE BUENDE,
WURZELND TIEF IM KERN DER SCHWEIZ
WIEDER BIN ICH DORT GEGANGEN,
WO DIE GRADEN WAENDE HANGEN
IN DES SEES GEHEIME GRUENDE
MIT DEM DUNKELGRUENEN REIZ.
C
NIMMER WAR EIN TAG SO HELLE,
NIEMALS REINER MEINE AUGEN,
ERD UND HIMMEL EINZUSAUGEN,
MEINE SCHRITTE GINGEN SACHT
SCHAUEND PILGERT' ICH UND LAUSCHTE,
WEIL EIN GUTER WEGGESELLE
HEIMLICH WORTE MIT MIR TAUSCHTE
VON DER BERGE HERZENSMACHT.
C
TRAULICH FUEHLT' ICH SEINE NAEHE
UND MIR WARD, OB ICH IHN SEHE,
UND ER SPRACH  )VOR MANCHEN JAHREN
BIN ICH RUESTIG HIER GEREIST,
HIER GESCHRITTEN, DORT GEFAHREN )
UND ER LOBTE LAND UND LEUTE,
DASS SICH MEINE SEELE FREUTE
AN DEM LIEBEVOLLEN GEIST.
C SEITE 1 8
UND ER WIES AUF EIN GELAENDE
)HIER AN EINEM LICHTEN TAGE
FAND ICH EURE SCHOENSTE SAGE
UND ICH NAHM SIE MIT MIR FORT.
WANDERND HAB ICH DRAN GESONNEN
WAS ZU BILDEN ICH BEGONNEN,
LEGT' IN SCHILLERS EDLE HAENDE
NIEDER ICH ALS REICHEN HORT.)
C
DA ER SEINEN BRUDER NANNTE
UND MIR DROB DAS HERZ ENTBRANNTE,
WAR'S ALS SCHLUEGEN WEITE FLUEGEL
SAUSEND UEBER MIR DIE LUFT,
SCHWINGEN, DIE DEN RAUM BESIEGEN,
WIE SIE NICHT UM NIEDRE HUEGEL
FLATTERN, SCHWINGEN DIE SICH WIEGEN,
HERRSCHEND UEBER BERG UND KLUFT.
C
SELIG WAR ICH MIT DEN BEIDEN,
DAEMMERUNG VERWOB DIE WEIDEN
UND ICH SAH ZWEI TREUE STERNE
UEBER MEINER HEIMAT GEHN.
LEBEN WIRD MEIN VOLK UND DAUERN
ZWISCHEN SEINEN FELSENMAUERN,
WENN DIE DIOSKUREN GERNE
SEGNEND IHM ZU HAUPTE STEHN.
C
C DER REISEBECHER SEITE 1 9
69
GESTERN FAND ICH, RAEUMEND EINES LANGVERGESSNEN SCHRANKES FAECHER,
DEN VOM VATER MIR VERERBTEN, MEINEN ERSTEN REISEBECHER.
WAEHRENDDES ICH LEISE SINGEND REINIGT' IHN VOM STAUB DER JAHRE,
WAR'S ALS HOEBE MIR EIN BERGWIND AUS DER STIRN DIE GRAUEN HAARE,
WAR'S ALS DUFTETEN DIE MATTEN, DREIN ICH SCHLUMMERND LAG VERSUNKEN,
WAR'S ALS RAUSCHTEN ALLE QUELLE, DRAUS ICH WANDERND EINST GETRUNKEN.
C
C NACH DER ERSTEN BERGFAHRT & EINEM JUNGEN MAEDCHEN_ SEITE 11
7
LIEBES KIND, DU BIST GEMAGERT, BIST VERBRANNT VON MITTAGSSONNEN,
DEINE WANGEN BLUEHEN FRISCHER, WUSCHEST DICH AN KUEHLEN BRONNEN,
WIE DU SCHREITEST, SCHLANK UND KRAEFTIG, UEBER DEINES GAERTCHENS STUFEN
DEINE STIMME WURDE VOLLER, DIE DAS ECHO WACHGERUFEN,
IN DEM KLAREN HERDGELAEUTE WURDE DEINE STIMME HELLER,
DEINE WEGESKUNDGEN BLICKE KREISEN RASCHER, STREIFEN SCHNELLER,
DEINE LIPPEN WURDEN STILLER, EDLER WURDE DEINE STIRNE,
UND DEIN AUGE, GROSSGEOEFFNET, ES BETRACHTET NOCH DIE FIRNE.
C
C DAS WEISSE SPITZCHEN SEITE 111
71
EIN BLENDENDES SPITZCHEN BLICKT UEBER DEN WALD,
DAS RUFT MICH, DAS ZIEHT MICH, DAS TUT MIR GEWALT
C
)WAS SCHAFFST DU NOCH UNTEN IM MENSCHENGEWUEHL;
HIER OBEN IST'S EINSAM  HIER OBEN IST'S KUEHL
C
DER SEE MIR ZU FUESSEN HAT HEUT SICH ENTEIST,
ER KRAEUSELT SICH, FLUTET, ER WANDERT, ER REIST,
C
DIE MOOSBANK DES FELSENS IST DIR SCHON BEREIT,
VON IHR IST'S ZUM EWIGEN SCHNEE NICHT MEHR WEIT )
C
DAS SPITZCHEN, ES RUFT MICH, SOBALD ICH ERWACHT,
AM MITTAG, AM ABEND, IM TRAUM NOCH DER NACHT.
C
SO KOMM ICH DENN MORGEN  NUN LASS MICH IN RUH
ERST SCHLIESS ICH DIE BUECHER, DIE SCHREINE NOCH ZU.
C
LEIS WANDELT IN LUEFTEN EIN HERDEGELAEUT
)LASS OFFEN DIE TRUHEN  KOMM LIEBER NOCH HEUT )
C
C FIRNELICHT SEITE 112
72
WIE POCHT' DAS HERZ MIR IN DER BRUST
TROTZ MEINER JUNGEN WANDERLUST,
WANN, HEIMGEWENDET, ICH ERSCHAUT'
DIE SCHNEEGEBIRGE, SUESS UMBLAUT,
DAS GROSSE STILLE LEUCHTEN
C
ICH ATMET' EILIG, WIE AUF RAUB,
DER MAERKTE DUNST, DER STAEDTE STAUB.
ICH SAH DEN KAMPF. WAS SAGEST DU,
MEIN REINES FIRNELICHT, DAZU,
DU GROSSES STILLES LEUCHTEN;
C
NIE PRAHLT' ICH MIT DER HEIMAT NOCH
UND LIEBE SIE VON HERZEN DOCH,
IN MEINEM WESEN UND GEDICHT
ALLUEBERALL IST FIRNELICHT,
DAS GROSSE STILLE LEUCHTEN.
C
WAS KANN ICH FUER DIE HEIMAT TUN,
BEVOR ICH GEH IM GRABE RUHN;
WAS GEB ICH, DAS DEM TOD ENTFLIEHT;
VIELLEICHT EIN WORT, VIELLEICHT EIN LIED,
EIN KLEINES STILLES LEUCHTEN
C
C HIMMELSNAEHE SEITE 113
73
IN MEINER FIRNE FEIERLICHEM KREIS
LAGR' ICH AN SCHMALEM FELSENGRATE HIER,
AUS EINEM GRUENERSTARRTEN MEER VON EIS
ERHEBT DIE SILBERZACKE SICH VOR MIR.
C
DER SCHNEE, DER AM GEKLUEFTE HING ZERSTREUT,
IN HUNDERT RINNEN RIESELT ER DAVON
UND AUS DER SCHWARZEN FEUCHTE SCHIMMERT HEUT
DER SOLDANELLE ZARTE GLOCKE SCHON.
C
BALD NAHE TOST, BALD FERN DER WASSERFALL,
ER STAEUBT UND STUERZT, NUN RECHTS, NUN LINKS VERWEHT,
EIN TIEFES SCHWEIGEN UND EIN STETER SCHALL,
EIN WIND, EIN STROM, EIN ATEM, EIN GEBET
C
NUR NEBEN MIR DES MURMELTIERES PFIFF,
NUR UEBER MIR DES GEIERS HEISRER SCHREI,
ICH BIN ALLEIN AUF MEINEM FELSENRIFF
UND ICH EMPFINDE, DASS GOTT BEI MIR SEI.
C
C ALLERBARMEN SEITE 114
74
AN DEM BAUERHAUS VORUEBER
SCHRITT ICH EILIG, WEIL MIR GRAUSTE,
WEIL IM DUMPFEN HOF EIN TRUEBER,
BRUETENDER KRETINE HAUSTE.
C
SCHAUDERND WARF ICH EINEN HALBEN
BLICK IN SEINEN FEUCHTEN KERKER-
EBEN WAR DIE ZEIT DER SCHWALBEN,
WO SIE BAUN AN DACH UND ERKER.
C
DEN ENTERBTEN SAH ICH KAUERN,
UEBER SEINER LAGERSTAETTE
BLITZTEN SCHWALBEN UM DIE MAUERN,
NESTER BAUEND IN DIE WETTE.
DER ERLOSCHNE BLICK ERFREUTE
SICH, IN EINEM KLEINEN BLAUEN
RAUM DAS WERK DER SCHWALBEN HEUTE,
DIESES KLUGE WERK ZU SCHAUEN.
C
BLITZEND KREISTE DAS GESCHWIRRE
AN DEM ENGEN HORIZONTE,
UND DAS LACHEN KLANG, DAS IRRE,
DRIN SICH DOCH DER HIMMEL SONNTE.
C
C GOETTERMAHL SEITE 115
75
WO DIE TANNEN FINSTRE SCHATTEN WERFEN
UEBER HAENGE GOLDBESONNT,
UNVERWUNDET VON DER FIRNE SCHAERFEN
BLAUT DER REINE HORIZONT,
C
WO DAS SPIEL DEN RASTLOS WEHNDEN WINDEN
KEIN GEBAELK UND KEINE MAUER WEHRT,
WO WIE EINER DUNKELN SORGE SCHWINDEN
JEDE WOLKE SICH VERZEHRT,
C
WO DAS BRAUNE RIND, WIE JUNO SCHAUEND,
WEIDET UND MIT HELLER GLOCKE TOENT,
WO DAS ZICKLEIN, LUESTERN WIEDERKAUEND,
DEN BEMOOSTEN FELSEN KROENT,
C
SCHLUERF ICH KUEHLE LUFT UND WILDE WUERZEN,
MIT DEN SEL'GEN GOETTERN KOST ICH DA-
DIE MICH NICHT AUS IHREM HIMMEL STUERZEN-
NEKTAR UND AMBROSIA
C
C DAS SEELCHEN SEITE 116
76
ICH LAG IM GRAS AUF EINER ALP,
IN SEL'GE BLAEUEN STARRT' ICH AUF-
MIR WAR, ALS OB AUF MEINER BRUST
MICH ETWAS SACHT BETASTETE.
ICH BLICKTE SCHRAEG. EIN FALTER SASS
AUF MEINEM GRAUEN WANDERROCK.
MEIN SEELCHEN WAR'S, DAS FLUGBEREIT
DIE SCHWINGEN OEFFNEND ZITTERTE.
WIE SIND DIE SCHWINGEN IHM GEFAERBT;
SIE LEUCHTEN BLANK, BETUPFT MIT BLUT.
C
C DAS GLOECKLEIN SEITE 117
77
ER STEHT AN IHREM PFUEHL IN HERBER QUAL,
DEN JUNGEN BUSEN MUSS ER KEUCHEN SEHN-
ER IST EIN ARZT. ER WEISS, SEIN TRAUT GEMAHL
ERBLASST, SOBALD DIE MORGENSCHAUER WEHN.
C
SIE HAT GESCHLUMMERT. )LIEBER, DU BEI MIR;
MIR TRAEUMTE, DASS ICH AUF DER ALPE WAR,
WIE SCHOEN MIR TRAEUMTE, DAS ERZAEHL ICH DIR-
DU SCHICKST MICH WIEDER HIN DAS NAECHSTE JAHR
C
DORT VOR DEM DORF- DU WEISST DEN MOOSGEN STEIN-
SASS ICH, UMHALLT VON LAUTER HERDGETOEN,
AN MIR VORUEBER ZOGEN MIT SCHALMEIN
DIE HERDEN NIEDER VON DEN SOMMERHOEHN.
C
DIE HERDEN KEHREN ALLE HEUT NACH HAUS-
DAS IST DIE LETZTE WOHL; NEIN, EINE NOCH
NOCH EIN GELAEUT KLINGT AN UND EINS KLINGT AUS
DAS ENDET NICHT  DA KAM DAS LETZTE DOCH
C
MICH UEBERFLUTETE DAS ABENDROT,
DIE MATTEN DUNKELTEN SO GRUEN UND REIN,
DIE FIRNE BRANNTEN AUS UND WAREN TOT,
DARUEBER GLOMM EIN LEISER STERNENSCHEIN-
C
DA HORCH  EIN GLOECKLEIN LAEUTET IN DER SCHLUCHT,
VERIRRT, VERSPAETET, WANDERT'S OHNE RUH,
EIN ARMES GLOECKLEIN, DAS DIE HERDE SUCHT-
AUFWACHT' ICH DANN UND BEI MIR WAREST DU
C SEITE 118
O, BRING MICH WIEDER AUF DIE LIEBEN HOEHN-
SIE HABEN, SAGST DU, MICH GESUND GEMACHT...
DORT WAR ES SCHOEN  DORT WAR ES WUNDERSCHOEN
DAS GLOECKLEIN  WIEDER  HOERST DU'S; GUTE NACHT...)
C
C SPIEL SEITE 119
78
DENKST, FREUND, DES WILDEN KNABENSPIELS DU NOCH,
DAS WIR GETRIEBEN EINST AM BERGESJOCH,
WANN UNSER FREUDGER WANDERTAG VERGLOMM
UND HOEHER STETS UND IMMER HOEHER KLOMM;
WIR SPRANGEN JUBELND UEBER STOCK UND STEIN
BERGAN UND WIEDER IN DAS LICHT HINEIN,
UND NOCH EINMAL UND NOCH EINMAL,
BIS UNS ENTSCHLUEPFT' DER LETZTE SONNENSTRAHL.
C
DAS SPIEL, DAS WIR IM ALPENTALE DORT
GETRIEBEN, FREUND, WIR SPIELEN'S HEUT NOCH FORT.
WANN NEBEN UNS DAS SUESSE LICHT ERBLEICHT,
WIR STEIGEN, BIS VON NEUEM WIR'S ERREICHT.
WIR SPRINGEN RUESTIG UEBER STOCK UND STEIN
UND MITTEN WIEDER IN DEN TAG HINEIN,
UND NOCH EINMAL UND NOCH EINMAL,
BIS UNS ENTSCHLUEPFT DER LETZTE LEBENSSTRAHL.
C
C ICH WUERD' ES HOEREN SEITE 12
79
LAEG' DORT ICH UNTERM FIRNESCHEIN
AUF HOHER ALP BEGRABEN,
ICH SCHLIEFE MITTEN IM JUCHHEIN
DER WILDEN HIRTENKNABEN.
C
WO SONST ICH LAG IM SUESSEN TAG,
LAEG' ICH IN DUNKELN DECKEN,
DER LAUE KRACH UND DUMPFER SCHLAG,
ER WUERDE MICH NICHT WECKEN.
C
UND KAEME SCHWARZER STURM GERAUSCHT
UND SCHUETTELTE DIE TANNEN,
ER FUEHRE, VON MIR UNBELAUSCHT,
VORUEBER UND VON DANNEN.
C
DOCH KLAENGE SANFTER GLOCKENCHOR,
ICH LIESSE WOHL MICH STOEREN
UND LAUSCHT' EIN WEILCHEN GERN EMPOR,
DAS HERDGELAEUT ZU HOEREN.
C
C DIE BANK DES ALTEN SEITE 121
8
ICH BIN EINMAL IN EINEM TAL GEGANGEN,
DAS FERN DER WELT, DEM HIMMEL NAHE WAR,
DURCH DAS GELAENDE SEINER WIESEN KLANGEN
DIE SENSEN RINGS DER ZWEITEN MAHD IM JAHR.
C
ICH SCHRITT DURCH EINES DOERFCHENS STILLE GASSEN.
KEIN LAUT. VOR EINER HUETTE SASS ALLEIN
EIN ALTER MANN, VON SEINER KRAFT VERLASSEN,
UND SCHAUTE FEIERND AUF DEN FIRNESCHEIN.
C
ZUWEILEN, IN DIE HAND GELEGT DIE STIRNE,
SEH ICH DEN HIMMEL JENES TALES BLAUN,
DEN MUEDEN SEH ICH WIEDER AUF DIE FIRNE,
DIE NAHEN, SELIG KLAREN FIRNE SCHAUN.
C
'S IST NUR EIN TRAUM. WOHL IST DER GREIS GESCHIEDEN
AUS DIESER SONNE LICHT, VON JAHREN SCHWER
ER SCHLUMMERT WOHL IN SEINES GRABES FRIEDEN
UND SEINE BANK STEHT VOR DER HUETTE LEER.
C
NOCH PULST MEIN LEBEN FEURIG. WIE DEN ANDERN
KOMMT MIR EIN TAG, DA MICH DIE KRAFT VERRAET
DANN WILL ICH LANGSAM IN DIE BERGE WANDERN
UND SUCHEN, WO DIE BANK DES ALTEN STEHT.
C
C DIE ALTE BRUECKE SEITE 122
81
DEIN BOGEN, GRAUER ZEIT ENTSTAMMT,
STEHT MANCH JAHRHUNDERT AUSSER AMT
EIN NEUER BAU RAGT UEBER DIR
DORT FAHREN SIE  DU FEIERST HIER.
C
DIE STRASSE, DIE GETRAGEN DU,
DECKT WUCHS UND ROTE BLUETE ZU
EIN NEBEL NETZT UND TRAENKT DEIN MOOS,
ER DAMPFT AUS DUMPFEM REUSSGETOS
C
MIT EINEM LUFTGEWOBNEN KLEID
UMSCHLEIERT DICH VERGANGENHEIT
UND STATT DES LEBENS GEHT DER TRAUM
AUF DEINES PFADES ENGEM RAUM.
C
DAS CARMEN, DAS DER SCHUELER SANG,
TRAEUMT NOCH IM FELSENWIEDERKLANG,
GEWIEHER UND DROMMETENHALL
TRAEUMT UND VERDROEHNT IM WOGENSCHWALL.
C
DU WARST NACH ROM DER ARGE WEG,
DER KAISER RITT AUF DEINEM STEG,
UND PARRICIDA, FREVELBLASS,
WARD HIER VOM STAUB DER WELLE NASS
C
DU BRACHTEST NORDWAERTS MANCHEN BRIEF,
DRIN ROEMISCHE VERLEUMDUNG SCHLIEF,
AUF DIR MIT SOELDNERN BEUTESCHWER
SCHLICH PEST UND SCHWARZER TOD DAHER
C SEITE 123
VORBEI  VORUEBER OHNE SPUR
DU FIELEST HEIM AN DIE NATUR,
DIE DICH UMWILDERT, DICH UMGRUENT,
VOM TRITT DES MENSCHEN DICH ENTSUEHNT
C
C DER KAISER UND DAS FRAEULEIN SEITE 124
82
HOCH AM SEPTIMER, DEM KAISERPASSE,
&DENN DIE KAISER PFLEGTEN NACH ITALIEN
UEBER DIESES BERGESJOCH ZU REITEN_
HIELT ICH UNTER STEILEN SONNENSTRAHLEN
MITTAGSRAST. MIR GEGENUEBER WAND SICH
UM DEN FELSEN NOCH EIN STUECK DES ALTEN
SAUMWEGS, SCHWEBEND UEBER JAEHEM ABGRUND.
MITTAG IST DES BERGES GEISTERSTUNDE.
IN DIE SONNE BLINZELT' ICH. EIN HORNRUF
BANNER FLATTERN. SCHWERT UND BUEGEL KLIRREN.
FRAUN UND RITTER GLEITEN AUS DEN SAETTELN.
SORGLICH LEITEN SAEUMER SCHEUE ROSSE.
DIE GESTRENGE KAISRIN SEH ICH SCHREITEN,
EIN VERSTEINERT WEIB MIT HARTEN ZUEGEN.
HINTER IHR DIE FRAEULEIN. EINER ZARTEN
SCHWINDELT PLOETZLICH. IHRE KNIEE WANKEN.
SICH ENTFAERBEND LEHNT SIE AN DIE BERGWAND...
RASCH EIN HELD- ER TRAEGT DAS KAISERKROENLEIN
UM DIE KAPPE- FAENGT IN SEINEN MAECHTGEN
ARMEN AUF DAS WANKE KIND UND TRAEGT ES
AN DIE BRUST GEDRUECKT. DAS MAEDCHEN SCHWEBTE
SICHER UEBERM ABGRUND UND ER RAUBT' IHR
EINEN FLUECHTGEN KUSS. DA SCHWAND DAS BLENDWERK.
WEITER PILGERND RAETSELT' ICH EIN WEILCHEN
WAR ES EINER DER OTTONEN ODER
WAR'S EIN HEINRICH ODER WAR'S EIN FRIEDRICH,
DER DIE WEHRLOS SCHWEBENDE GEKUESST HAT;
C
C REISEPHANTASIE SEITE 125
83
MITTAGSRUHE HALTEND AUF DEN MATTEN
IN DER MORSCHEN BURG GEZACKTEM SCHATTEN,
VOR DEM TUERMCHEN EPPICHUEBERSPONNEN,
HAB ICH EINEN SOMMERWUNSCH GESONNEN,
WAEHREND ICH EIN EIDECHSSCHWAENZCHEN BLITZEN
SAH UND HUSCH VERSCHWINDEN DURCH DIE RITZEN...
C
WENN ES LAUSCHTE... WENN ES MEINER HARRTE...
WENN- DAS PFOERTCHEN IN DER MAUER KNARRTE...
DEM GERAEUSCHE FOLGEND EINER SCHLEPPE,
FAEND' ICH EINE SCHMALE WENDELTREPPE
UND, VON LEISER HAND EMPORGELEITET,
DROBEN EINEN BECHER WEIN BEREITET...
DANN IM ERKER SAESSEN WIR ALLEINE,
PLAUDERTEN VON NICHTS IM DAEMMERSCHEINE,
BIS DER PENDEL STUENDE, DER DA TICKTE,
UND EIN BLONDES HAUPT ENTSCHLUMMERND NICKTE,
UNTER SEINES LIDES DUENNER HUELLE
REGTE SICH DES BLAUEN QUELLES FUELLE...
UND DAS UNBEKANNTE ANTLITZ TRUEGE
AEHNLICHKEITEN UND GESCHWISTERZUEGE
ALLES SCHOENEN, WAS MIR JE ENTGEGEN
TRAT AUF ALLEN MEINEN ERDEWEGEN...
WAS ICH TIEFSTES, ZARTESTES EMPFUNDEN,
WAER' AN DIESES BLONDE HAUPT GEBUNDEN
UND IN EINE SCHLUMMERNDE VEREINIGT,
WAS MICH JE BESELIGT UND GEPEINIGT...
DRINGEND HAETT' ES MICH EMPORGERUFEN
DIESER WENDELTREPPE TRUEMMERSTUFEN,
C SEITE 126
DASS ICH EINEM GANZEN, VOLLEN GLUECKE
STILLEN KUSS AUF STUMME LIPPEN DRUECKE...
EINMAL NUR IN EINEM MENSCHENLEBEN-
ABER NIMMER WIRD ES SICH BEGEBEN
C
C DER RHEINBORN SEITE 127
84
ICH BIN DEN RHEIN HINAUF GEZOGEN
DURCH MANCHES SCHATTGE FELSENTOR,
ENTLANG DIE BLAUEN, FRISCHEN WOGEN
ZU SEINEM HOHEN QUELL EMPOR.
C
ICH GLAUBTE, DASS DER RHEIN ENTSPRINGE,
SO LIEDERVOLL, SO WEINUMLAUBT,
AUS EINES SEELES LICHTEM RINGE,
DOCH FAND ICH NICHT, WAS ICH GEGLAUBT.
C
INDEM ICH DURCH DIE MATTEN IRRTE
NACH SOLCHEN BORNES FREUDESCHEIN,
WIES SCHWEIGEND DER BEFRAGTE HIRTE
EMPOR MICH ZUM GRANITGESTEIN.
C
ICH KLOMM UND KLOMM AUF SCHROFFEN STIEGEN,
VERWOGNEN PFADEN. OED UND WILD,
UND SAH DEN BORN IM DUNKEL LIEGEN
WIE EINEN ERZGEGOSSNEN SCHILD.
C
FERNAB VON HERDGELAEUT UND MATTEN
LAG ER IN EINE SCHLUCHT VERSENKT,
BEDECKT VON SCHWEREN RIESENSCHATTEN,
AUS EIS UND EWGEM SCHNEE GETRAENKT-
C
EIN STURZ  EIN SCHLAG  UND AUS DEN TIEFEN
UND AUS DEN WAENDEN BRACH ES LOS
HEERWAGEN ROLLTEN  STIMMEN RIEFEN
BEFEHLE DURCH EIN SCHLACHTGETOS
C
C DIE FELSWAND SEITE 128
85
FEINDSELIG, WILDZERRISSEN STEIGT DIE FELSWAND.
DAS AUGE SCHRICKT ZURUECK. DANN IRRT ES UNSTET
DARAN HERUM. BANG SUCHT ES, WO ES HAFTE.
DORT  UEBER EINEM ABGRUND SCHWEBT EIN BRUECKLEIN
WIE SPINNWEB. HOEHER UM DIE SCHARFE KANTE
SIND STAPFEN EINGEHAUN, EIN WEGESBRUCHSTUECK
FAST OBEN RAGT EIN TOR MIT BLAUER FUELLUNG
DORT KLIMMT EIN WANDERER ZU LICHT UND HOEHE
DAS AUG VERBINDET STIEGE, STAPFEN, STUFEN.
ES SUCHT. ES HAT DEN GANZEN PFAD GEFUNDEN
UND GASTLICH, SIEHE, WIRD DIE STEILE FELSWAND.
C
C HOHE STATION SEITE 129
86
HOCH AN DER WINDUNG DES PASSES BEWOHN ICH EIN NIEDRIGES BERGHAUS-
HEUT IST VORUEBER DIE POST, HEUT BIN ICH OBEN ALLEIN.
LEHNEND AM FENSTER BELAUSCH ICH DIE STILLE DES DAEMMERNDEN ABENDS,
RINGS KEIN LAUT  NUR DER SPECHT HAEMMERT IM HARZIGEN TANN.
LEICHT AUS DEM WALD IN DEN WALD HUEPFT UEBER DIE MATTE DAS EICHHORN,
SPIELEND AUF OFFENEM PLAN  DENN ES IST HERR IM BEZIRK.
JAMMER  WAS HOER ICH; EIN SCHRILLES GESURRE  )GEMORDET IST GARFIELD )
)BISMARCK ZUERNT IM GEZELT )- )VAETERLICH SEGNET DER PAPST )
SCHWIRRT IN DER LUFT EIN GERUECHT; WAS GEWAHR ICH; EIN SCHWAERZLICHES
UNTER DEM FENSTERGESIMS BEBT DER ELEKTRISCHE DRAHT,  &GLOECKLEIN
DER, WIE DIE SCHLAEGE DES PULSES BESEELEND DEN KOERPER DER MENSCHHEIT,
DURCH DAS ENTLEGENSTE TAL TRAEGT DIE GEBAERDE DER ZEIT.
C
C VISION SEITE 13
87
ALS ICH JUENGST VOM PFAD VERIRRT WAR,
WO KEIN JAEGER UND KEIN HIRT WAR,
FUEHRT' EIN LICHT AUS DUNKELM TANN
MICH AN EINES HUETTLEINS SCHWELLE,
DRIN BEI MATTER AMPELHELLE
EINE GREISE PARZE SPANN.
C
DRAUSSEN SCHLUG DER WIND DIE SCHWINGEN,
UND DIE BERGESSTROEME SINGEN
HOERT' ICH IHREN DUNKELN SANG...
UND ICH SAH DEN FADEN SCHWEBEN,
UND DER FADEN SCHIEN EIN LEBEN-
MEINES; DACHT' ICH ZAUBERBANG.
C
WAGE, MENSCH, DIE HOECHSTEN FLUEGE,
DEINER PARZE STARRE ZUEGE
SEHEN LAENGST DAS NAHE ZIEL
TUMMLE DICH, EIN KUEHNER RINGER
IHRE HAGERN, HARTEN FINGER
ENDEN BALD DAS EDLE SPIEL...
C
EINE TRAENE SEH ICH ZITTERN,
EINEN KRANZ MIT SILBERFLITTERN
SEH ICH HANGEN AN DER WAND
IN DER ALPENHUETTE KAMMER
SPINNT AN EINEM ALTEN JAMMER
EINER GREISIN WELKE HAND.
C
C DER HENGERT SEITE 131
88
VATER LUCAS SPRACH BEIM FRUEHSTUECK
)HEUTE, HERR, IST HIER EIN HENGERT )
UND ICH FRAGTE  )WAS IST HENGERT;)
MICH BELEHRTE VATER LUCAS
)HENGERT, HERR, BEDEUTET REIGEN,
BALL UND SPRUNG UND FUSSGEZAPPEL
IN DER SPRACHE DER GRISONEN
UND IHR MOECHTET BOESE SCHLUMMERN,
SUCHT IHR HEUT NICHT STILLRE RUHSTATT )
C
)VATER LUCAS, KEINE SORGE
HAB ICH ERST MICH MUED GEWANDERT,
SCHLIEF' ICH AUCH IN EINEM MEERSTURM )
C
FREUDIG NAHM ICH MEINEN BERGSTOCK,
STIEG HINAN DIE SAFTGEN WEIDEN,
WO SICH TUMMELN BRAUNE FOHLEN,
DURCH BEWEGLICHES GEROELLE
KLOMM ICH AUF ZUM SEL'GEN GIPFEL,
DEN MIT LEICHTEM KUSS BERUEHREN
HEIMATLOSE WANDERWOLKEN.
C
MUEDE KEHRT' ICH HEIM INS BERGHAUS
UM DIE ZEIT DER ERSTEN LICHTER.
VOR DER PFORTE STAND EIN HAEUFLEIN,
IN DER MITTE MUSIKANTEN,
RECHTS DIE BURSCHE, LINKS DIE MAEDCHEN,
DOCH KEIN SCHERZWORT FLOG HERUEBER
UND HINUEBER FLOG KEIN TRUTZWORT.
C SEITE 132
LAESSIG MIT GEKREUZTEN ARMEN
STANDEN SIE GESCHIEDEN, FEINDLICH
SICH MIT DUNKELN BLICKEN MESSEND.
C
UND ICH STIEG IN MEINE KAMMER,
LEGTE MICH GETROST ZUR RUHE.
BALD ERKLANG MUSIK PIANO,
ALLGEMACH BEGANN DER HENGERT,
SACHTE SCHRITT ER, SCHLAEFRIG SCHLEIFT' ER,
WIE GESCHLURFE VON PANTOFFELN.
HEIMLICH SPOTTET' ICH DER TRAEGEN
FUESSE, DER BEQUEMEN HERZEN
IM GEBIRGE DER GRISONEN
UND VERSANK IN SUESSEN SCHLUMMER...
C
HORCH  EIN TON, EIN FEURIG GRELLER,
SCHLAEGT EMPOR WIE EINE FLAMME
JACH ERHITZEN SICH DIE BLECHE
UND DIE GEIGE STREICHT EIN DAEMON
MIR ZUR RECHTEN, MIR ZUR LINKEN,
MIR ZU HAEUPTEN, MIR ZU FUESSEN,
UNGEZUEGELT, UNGEBAENDIGT,
ERDERSCHUETTERND STAMPFT DER REIGEN,
IMMER LAUTER, WILDER, TOLLER
TOBT UND RAST UND DROEHNT UND TRITT ER,
DASS ERBEBEN ALLE BALKEN,
TOSEND SAUSTEN DURCH DIE LUEFTE
BERGHAUS, HENGERT, FOLTERKAMMER,
WIE VOREINST DIE HOCHGELOBTE
CASA SANTA DURCH DIE LUEFTE
FUHR VON ISTRIEN NACH LORETTO,
C SEITE 133
DOCH VON ENGELN SIE GETRAGEN,
ICH VON HOELLISCHEN GEWALTEN
AN DEN SABBAT AUF DEM BLOCKSBERG...
C
ALSO GING ES BIS ZUM MORGEN,
DA DIE HEILGE FRUEHE LOESCHTE
STERN AN STERN AM EWGEN LEUCHTER
UEBER SCHWARZEN TANNENBERGEN.
LECHZEND OEFFNET' ICH DAS FENSTER,
EINZUSCHLUERFEN MORGENLUEFTE,
ABZUKUEHLEN DIE ZERTANZTE
FIEBERSCHWUELE STIRN IM WINDE...
WAGEN ROLLTEN IN DIE FERNE,
TRUGEN FORT DIE LETZTEN GAESTE.
UNTERM VORDACH EIN GEFLUESTER-
EIN AUS TIEFSTER BRUST GESEUFZTES,
EIN AUS TIEFSTER BRUST ERWIDERT
LEIDENSCHAFTLICHES ADDIO...
C
C DIE ZWEI REIGEN SEITE 134
89
EIN CHERUB SCHRITT DAS TAL EMPOR
UND SCHLUG DAS VOLK MIT SCHWERT UND PEST,
HINSANK DER HALBE JUGENDFLOR-
DIE SCHWALBE KEHRT UND BAUT DAS NEST.
C
BRAUTFUEHRER WILL DER FRUEHLING SEIN,
UND WER DAS LIEB VERLOREN HAT,
DEM GIBT MIT EINEM BLUEHNDEN MAI'N
ER EINES AN DES TOTEN STATT.
C
ER FUEHRT AUF SCHWELLEND GRUENEN PLAN
DEN REST DER JUGEND NEU GEPAART
UND HABT EIN MAECHTIG FIEDELN AN
VON LIEBESGLUECK UND MINNEFAHRT.
C
DIE PAARE FLIEGEN RASCH DAHER,
EIN LENZGESIND, GEJAGT VOM WIND,
DABEI WIRD MANCHES HERZE SCHWER,
DAS AN DIE ALTE LIEBE SINNT...
C
DOCH LEBEN HAT DAS LEBEN GERN,
UND LEICHT GEWOEHNT SICH BRUST AN BRUST,
DIE TOTEN LIEGEN TIEF UND FERN
UND WISSEN NICHTS VON UNSRER LUST...
C
DIE SONNE SCHWAND. HELL SCHEINT INS LAND
DER MOND UND STREUT DEN SILBERGLANZ,
DER REIGEN DREHT SICH HAND IN HAND
UND MUND AN MUND UND KRANZ AN KRANZ...
C SEITE 135
DA STEIGT ES AUS DER WIESE LEIS
UND BEUT SICH AUCH DIE HAENDE SACHT
GENUEBER SCHWEBT EIN STILLER KREIS
IM BLAUEN DUFT DER LENZESNACHT.
C
ES HAUCHT EIN SANFTER FLOETENLAUT
UND TOTER JUENGLING, TOTE MAID
UMSCHLINGEN SICH IM REIGEN TRAUT
UND OHNE NEID UND OHNE LEID.
C
C BACCHUS IN BUENDEN SEITE 136
9
WO STUERZEND AUS RAETISCHEN KLUEFTEN DER RHEIN
UM SILBERNE HUEFTEN SICH GUERTET DEN WEIN,
ZIEHN PAUKENDE MASKEN MIT ZIMBELGELAEUT
)DU TRAUBE VON TRIMMIS, DICH WIMMELN WIR HEUT )
C
SIE TRETEN DEN REIGEN, SIE STAMPFEN DEN CHOR,
DA DUNKELT'S UND LODERN DIE FACKELN EMPOR
EIN KRANZ IN DEN LUEFTEN  EIN WIRBELNDES PAAR
EIN BRENNENDER NACKEN  EIN PURPURNES HAAR
C
DIE FACKELN VERLOESCHEN. ES HEBT SICH DER GLANZ
DES SCHIMMERNDEN MONDS UND VERGEISTERT DEN TANZ-
EIN ADLIGER JUENGLING VON FREMDER GESTALT
BEMEISTERT DEN REIGEN MIT HERRSCHERGEWALT.
C
ER SCHWEBT IN DER MITTE, BEKRAENZT UND ALLEIN,
MIT LEUCHTENDEN FUESSEN IN HIMMLISCHEM SCHEIN,
DIE SCHULTER UMFLATTERT GETIGERTES FELL,
ER TRAEGT EINEN SZEPTER, DER KUEHNE GESELL.
C
ER NEIGT IHN VOR IRMA, DER TRAEUMENDEN MAID
)IN NACHTDUNKLE HAARE TAUGT BLITZEND GESCHMEID )
ER GREIFT IN DEN HIMMEL MIT MAECHTIGER HAND,
ER RAUBT AUS DEN STERNEN EIN FLIMMERNDES BAND
C
SCHOEN IRMA SCHWEBT HIN MIT DEM KROENLEIN VON LICHT,
ALS FESSELTE FUERDER DIE ERDE SIE NICHT,
ER SCHWINGT IHR ZU HAEUPTEN DEN THYRSUS, UMRANKT
MIT UEPPIGEM LAUBE, VON TRAUBEN UMSCHWANKT...
C SEITE 137
ZWOELF SCHLAEGE VERKUENDEN DIE MITTE DER NACHT.
DER REIGEN ERMUEDET. DAS FEST IST VOLLBRACHT
)HERUNTER DIE MASKEN  SO WILL ES DER BRAUCH
DU FUEHRER DES REIGENS, ENTLARVE DICH AUCH
C
WIR SIND UNSER ZWANZIG, UND VOLL IST DIE ZAHL
WER BIST DU, DER FRECH IN DIE GILDE SICH STAHL
EIN KAUKLER; EIN ZAUBRER; SPRICH, WIE DU DICH NENNST
SONST FUERCHT UNSRE MESSER, BIST DU KEIN GESPENST )
C
EIN MOENCHLEIN, EIN ZECHEND ENTSCHLAFNES, WIRD REG
)WER BIST DU; DER SATAN; DIR WEIS ICH DEN WEG )
ER ZEICHNET EIN KREUZ. )NUN ENTMUMME DICH NUR
ICH BIN DER GELEHRTE PANKRAZI VON CUR )
C
DER JUENGLING ENTLARVT EIN VON EPPICH UMLAUBT,
EIN HOHES, EIN MILDES, EIN GNAEDIGES HAUPT
)ZU FUESSEN DEM HERRSCHER, VERMESSEN GESIND
ICH BIN DIONYSOS, DES DONNERERS KIND )
C
ER LAECHELT DEM MOENCH IN DAS FEISTE GESICHT
)SILENOS, SILENOS, VERLEUGNE MICH NICHT
MICH HAT SEINE GNADEN, DER BISCHOF, GEBANNT
UND IST DOCH MEIN TREUSTER BEKENNER IM LAND.
C
WEINFROEHLICHE RAETER, ETRURISCH GESCHLECHT,
IHR HABT SCHON AM RENO GEHOERIG GEZECHT,
DOCH HUEBEN AM RHEIN IN GERMANISCHER MARK
BEZECHT IHR EUCH DOPPELT UND DREIMAL SO STARK )
C
C FIEBERNACHT SEITE 138
91
)BERGGEIST, ICH HOERE DEINE STROEME RAUSCHEN-
GIB MIR GEHOER  WIR WOLLEN REDE TAUSCHEN
DU VON DER FIRN UND AUS DER GLETSCHER KUEHLE
ICH AUS DER ENGEN KRANKENKAMMER SCHWUELE
DU WEISST ES, GEIST, ICH LIEGE HIER GEFANGEN
UND LASSE DEN GEKNICKTEN FLUEGEL HANGEN,
ICH AECHZ UND STOEHNE, DEN GELAEHMTEN, WUNDEN,
GEBROCHNEN ARM DICHT AN DEN LEIB GEBUNDEN.
ZWEI KURZER WANDERTAGE SUESSES TRAEUMEN-
UND DICH VERDROSS EIN GAST IN DEINEN RAEUMEN.
VON DEINEM TISCHE STIESSEST DU DEN ZECHER,
ENTRISSEST IHM DEN EISGEWUERZTEN BECHER
UND ROLLTEST IHN HOHNLACHEND DURCH DIE KLUEFTE
HINUNTER IN DES FIEBERLAGERS GRUEFTE.
VERRAETER, SCHMAEHLICH HAST DU MICH BETROGEN
HAST DU MICH LEISE RUFEND NICHT GEZOGEN;
WARST DU MIR LANGE JAHRE NICHT GEWOGEN;
UND WANN IN DEINEM REICH ICH MICH VERIRRTE,
SCHRITT NICHT, WIE ZUFALL, MIR VORAN EIN HIRTE
UND LIESS MICH- UNGERUFEN, UNGEBETEN-
BERGAB IN SEINE SICHERN STAPFEN TRETEN;
DU BIST MIR GRAM GEWORDEN; LASS DICH FRAGEN
MUSS ICH DER FUEHRERLOSEN FAHRT ENTSAGEN;
DES HOHEN IRREGANGES MICH ENTWOEHNEN;)
MIR GAB BESCHEID DER GEIST MIT TIEFEN TOENEN
IM FLUTENSTURZ UND IN DER LAUE DROEHNEN,
ES KLANG WIE DROHN UND WIEDER KLANG'S WIE HOEHNEN
)EIN JUNGER WANDRER KAM ZU MIR GEFAHREN
MIT HASTGEN SCHRITTEN UND MIT WEHNDEN HAAREN.
C SEITE 139
EIN BLEICHES BILD, SO IST ER OHNE BANGEN
AUF MEINEN SCHMALEN GRAETEN UMGEGANGEN,
UND UEBER KLUEFTEN, SCHWINDELND ABGRUNDTIEFEN,
AUS WELCHEN JUBELND IHN DIE WOGEN RIEFEN,
IST ER GEWANDELT AUF GESTUERZTEN FOEHREN
UND SCHIEN IN MEINE WILDNIS ZU GEHOEREN,
EIN DUMPFER TON IN MEINEN DUMPFEN CHOEREN-
DU WARST'S  UND GINGST AN EINES ABGRUNDS SAUME,
UNKUNDIG DER GEFAHR, IN WACHEM TRAUME,
DOCH MIR GEFIEL DER KUEHNE UND DER BLINDE,
UND SORGE TRUG ICH DIR ALS EINEM KINDE-
JETZT, LIEBER HERR, BIST LEIDLICH DU VERNUENFTIG,
HAST WEIB UND HOF, BIST IN DER GILDE ZUENFTIG,
VERLASS DICH NICHT AUF MEINE FLUEGEL KUENFTIG )
C
C NOCH EINMAL SEITE 14
92
NOCH EINMAL EIN FLUECHTIGER WANDERGESELL-
WIE JAGEN DIE SCHAEUMENDEN BAECHE SO HELL,
WIE LEUCHTET DER SCHNEE AN DEN WAENDEN SO GRELL
C
HIER OBEN MISCHET DER HIMMLISCHE SCHENK
AUS NORDEN UND SUEDEN DER LUEFTE GETRAENK,
ICH SCHLUERF ES UND WERDE DER JUGEND GEDENK.
C
O ATEM DER BERGE, BEGLUECKENDER HAUCH
IHR BLUTIGEN ROSEN AM HANGENDEN STRAUCH,
IHR HUETTEN MIT BLAEULICH GEKRAEUSELTEM RAUCH-
C
DEN EBEN NOCH SCHLEIERNDER NEBEL VERWEBT,
DER HIMMEL, ER OEFFNET SICH INNIG UND LEBT,
WIE RUHIG DER AAR IN DEM STRAHLENDEN SCHWEBT
C
UND MEIN HERZ, DAS ER TRAEGT IN BEFIEDERTER BRUST,
ES WIRD SICH DER GOETTLICHEN NAEHE BEWUSST,
ES FREUT SICH DES HIMMELS UND ZITTERT VOR LUST-
C
ICH SEHE DICH, JAEGER, ICH SEH DICH GENAU,
DEN FELSEN UMSCHLEICHEST DU GRAU AUF DEM GRAU,
JETZT RICHTEST EMPOR DU DAS ROHR IN DAS BLAU-
C
ZU TALE ZU STEIGEN, DAS WAERE MIR SCHMERZ-
ENTSENDE, DU SCHUETZE, ENTSENDE DAS ERZ
JETZT BIN ICH EIN SELIGER  TRIFF MICH INS HERZ
C
C BURG )FRAGMIRNICHTNACH) SEITE 141
93
WO WEISS DIE LANDQUART DURCH DIE TANNEN SCHAEUMT,
IRRT' UNBEKUEMMERT ICH UM WEG UND ZEIT,
DA STAND EIN GRAUER TURM, WIE HINGETRAEUMT
IN UNGEBROCHNE WALDESEINSAMKEIT.
ICH SAH MICH UM UND FRUG  )WIE HEISST DAS SCHLOSS;)
EIN BUCKLIG MUETTERLEIN, DAS KRAEUTER BRACH
DA MURRTE SIE, DIE JEDES WORT VERDROSS
)FRAGMIRNICHTNACH.)
C
ICH SCHRITT HINAN  IM HOF EIN BRUENNLEIN SCHOLL,
DURCH DEN VERWACHSNEN TORWEG DRANG ICH EIN,
EIN DUENNES KUEHLES RIESELN UEBERQUOLL
AUF EINER GRUFT DEN SCHWARZBEMOOSTEN STEIN.
ICH BEUGTE MICH NACH DES VERSCHOLLNEN SPUR,
ENTZIFFERND, WAS DES STEINES INSCHRIFT SPRACH,
NICHT ZAHL, NICHT NAMEN- EIN BEGEHREN NUR
FRAG MIR NICHT NACH
C
C GESPENSTER SEITE 142
94
AM HORIZONTE GLOMM DES ABENDS FEUER
ICH STIEG, INDES DIE PURPURGLUT VERBLICH,
ZUM ROEMERTURM EMPOR UND LEHNTE MICH
RANDUEBER AUF DAS DUNKELNDE GEMAEUER-
C
UND SAH, WIE SICH AM HANGE SCHEU UND SCHEUER
DIE BEERENLESERIN VORUEBERSCHLICH.
DAS ARME WEIBCHEN DRUECKT' UND DUCKTE SICH
UND SCHLUG EIN KREUZ  IHR WAR ES NICHT GEHEUER...
C
MICH FLOG EIN LAECHELN AN. IM EPPICH NEBEN
DER BRUESTUNG FLUESTERT'S  )FREUND, IN DEINEM LEBEN
IST AUCH EIN ORT, WO DIE GESPENSTER SCHWEBEN
C
FUEHRT DICH ERINNRUNG DEM ZERSTOERTEN ORT
VORBEI, DU HUSCHEST NOCH GESCHWINDER FORT
ALS DAS VON GRAUN GEPACKTE WEIBCHEN DORT.)
C
C ALTE SCHRIFT SEITE 143
95
JUENGST VERLOCKT' ES MICH IM ABENDGLIMMEN
ZUM LOMBARDENTURM EMPORZUKLIMMEN,
DEM VERSCHOLLNEN HERRSCHER HIER IM GAUE,
DER DIE FERNE NOCH BEHERRSCHT, DIE BLAUE.
C
IN DEN MAUERN BIN ICH LANG GEBLIEBEN
ALTE NAMEN STANDEN RINGS GESCHRIEBEN
HOCH IM RAUME, WO DIE LUKEN SCHIMMERN,
DOCH DIE WENDELTREPPE LAG IN TRUEMMERN.
C
DIE DEN BLICK INS WEITE DORT GERICHTET,
IHRE WANDERSTAEBE SIND VERNICHTET,
IHRE LEICHTEN MAENTEL SIND VERSTOBEN,
IHRE SPRUECHE BLIEBEN AUFGEHOBEN.
C
EINER DICHTET ANNO FUENFZEHNHUNDERT
)GOTT HAB ICH IN DER NATUR BEWUNDERT )
)GAUDEAMUS ) GRAEBT EIN FLOTTER ZECHER
UM DEN KECK ENTWORFNEN RIESENBECHER.
C
DORT EIN HERZ VON EINEM PFEIL DURCHSCHNITTEN
)HEDEWIG) STEHT AUF DES BOLZES MITTEN
DICHT DANEBEN SCHRIEB EIN FAHRTGENOSSE
GUT LATEINISCH EIN DERBE POSSE-
C
DANN IN DES KASTELLES TIEFEM SCHATTEN
WARFEN SICH DIE SCHUELER AUF DIE MATTEN,
LEERTEN EINEN HUMPEN UND VON DANNEN
PILGERTEN SIE SINGEND DURCH DIE TANNEN.
C
C DAS GEMAELDE SEITE 144
96
TRUEB BRENNT DER SCHENKE KERZENLICHT,
DER WIRTIN JUNGES ANGESICHT,
ERMUEDET, SCHLUMMERTRUNKEN,
NICKT AUF DIE BRUST GESUNKEN,
DENN SCHON IST MITTERNACHT VORBEI.
AM SCHIEFERTISCHE SPIELEN ZWEI,
DIE WEISSEN WUERFEL SCHALLEN,
SCHLECHT IST DER WURF GEFALLEN-
EIN JUNGES WILDES AUGENPAAR
DROHT AUS VERWORRNEM LOCKENHAAR
)DAS WAR MEIN LETZTES SILBERSTUECK
DOCH WENDEN MUSS SICH JETZT DAS GLUECK
DU, ALTER, MUSST MIR BORGEN
WIR SPIELEN BIS ZUM MORGEN )
MIT GRUENEN KATZENAUGEN BLITZT
DER ANDRE, DER IM DUNKEL SITZT
)LASS DICH ZU BETTE LEGEN,
DIE MUTTER SPRICHT DEN SEGEN )
DES JUNGEN FAUST ZERDRUECKT DAS GLAS
MIT EINEM FLUCH- )KIND, WEISST DU WAS;
'EIN SCHLOESSLEIN STEHT AUF GRUENEM PLAN',
SO FAENGT EIN ALTES MAERCHEN AN.
ICH MEINE DAS IM WALDE,
HIER OBEN AN DER HALDE.
VERSCHLOSSEN SIND DIE FENSTER,
DRIN HAUSEN NUR GESPENSTER
FUER DEN, DER AN GESPENSTER GLAUBT-
SOBALD DAS JAHR DEN WALD ENTLAUBT,
MACHT SICH DER HERR VON HINNEN
VON DIESEN LUFTGEN ZINNEN-
C SEITE 145
SCHWELGT IN DER STADT IM MARMORSAAL
UND SPIELT BEI LUSTGEM KERZENSTRAHL.
KLING, KLING  ICH HOER ES KLINGEN,
WIE GOLDNE FUECHSE SPRINGEN...
DEIN VATER- WARD MIR RECHT GESAGT;-
WAR PAECHTER UND IST AUSGEJAGT...
DA WEISST DU DROBEN EIN UND AUS,
DU KENNST DEN HUND, DU KENNST DAS HAUS-
ICH BORGTE MIR MEIN SPIELGELD FRISCH
VON DIESES REICHEN MANNES TISCH
NIMM WAS DA LIEGT, NIMM WAS DA STEHT
EIN PRUNKGESCHIRR, EIN GOLDGERAET,
MIR DARFST DU'S GLEICH VERHANDELN,
ICH KANN'S IN MUENZE WANDELN.
VON SELBER OEFFNET SICH DER SCHREIN,
DU MUESSTEST NICHT EIN SCHLOSSER SEIN...)
DER BURSCHE LAUSCHT MIT DUMPFEM HIRN
DEM HOELLISCHEN GEMUNKEL,
EIN SCHATTEN STEHT AUF SEINER STIRN,
EIN SCHATTEN TIEF UND DUNKEL
UND WIEDER LEIS UND LUESTERN
BEGINNT DAS GRIMME FLUESTERN
)KURT, SIEH DEN LAUF DER WELT DIR AN
WAS WOHL GELINGT, IST WOHL GETAN
BETRACHTE DIR DIE TATEN
DER GROSSEN DIPLOMATEN,
DIE KLUGEN HERRN VERSTEHN DEN PFIFF,
EIN LEISER SCHRITT, EIN SICHRER GRIFF
DANN SPIELT MAN HUEBSCH VERSTECKEN
UND LAESST SICH NICHT ENTDECKEN-
DU BLICKST SO WILD, ALS WOLLT'ST DU MICH
ERSTECHEN, KURT, BESINNE DICH
C SEITE 146
WO SUCHST DU DEINE SCHLUESSEL, KURT;
DU TRAEGST DEN GANZEN BUND AM GURT )...
ER STUERZT HINAUS, EMPOERT, BETOERT,
DIE WIRTIN, DIE IHN SCHREITEN HOERT,
LALLT HALB IM TRAUM, SIE WEISS NICHT WIE
)WIE GEHT'S DER MUTTER; GRUESSE SIE )
ER TAUMELT IN DIE NACHT HINAUS,
UM SEINE STIRN FLIEGT EIN GEBRAUS
BETRUNKENER GEDANKEN
UND SEINE SCHRITTE WANKEN.
ER STUERMT EMPOR DIE STRECKE
ZUM SCHLOSS AUF SCHNEES DECKE,
DAS GITTER UEBERSTEIGT ER LEIS
UND KNISTERND BRICHT DAS TANNENREIS,
ER SCHLEICHT UND NACH DER LEITER LANGT
ER, DIE AM DACH DER SCHEUNE HANGT,
ER STEHT AM HERRENHAUSE SCHON,
ER KLETTERT UEBER DEN BALKON,
SEIN HERZ, ER HOERT ES POCHEN
UND HAT DIE TUER ERBROCHEN.
RASCH IST EIN WACHSLICHT ANGEBRANNT,
LAUT KRACHT ES IN DER TAEFELWAND,
IHM STEIGT DAS HAAR, HIN STARRT ER WILD
UND SIEHT EIN FARBENLIEBLICH BILD,
VON LICHTEM REIF UMGEBEN,
SICH AUS DEM DUESTER HEBEN
DEN SCHLUMMER EINES KNABEN SIEHT
ER, NEBEN DEM DIE MUTTER KNIET,
DIE BLAUEN AUGEN STRAHLEN LICHT
VON EINER GUTEN ZUVERSICHT,
NICHT KANN DEN BLICK ER WENDEN
VON DIESEN FLEHNDEN HAENDEN...
C SEITE 147
DA MUSS MIT TRAENENBAECHEN
DIE HARTE RINDE BRECHEN-
DUMPF KLIRREND FAELLT DER SCHLUESSELBUND.
DIE MUTTER DANKT MIT FROHEM MUND.
ER FLUECHTET UEBER DEN BALKON,
DIE LEITER TRAEGT ER SCHNELL DAVON,
ALS WANDELT' ER AUF GLUTEN-
UND WENDET SICH ZUM GUTEN.
C
C DIE REHE SEITE 148
97
FERN VON DEM FUERSTLICHEN KEUSCHEN GEMAHL
JUBELT EIN BLUEHENDER JUENGLING IM SAAL
)HEBET DIE BECHER UND RUFT, DASS ES SCHALLT
FREIHEIT, SIE LEBE  DIE FREIHEIT IM WALD )
ALL DIE GENOSSEN DER WEIDLICHEN LUST
BRINGEN DAS HOCH AUS ERGLUEHENDER BRUST
)LEBE DIE JUGEND UND BACCHUS' GEWALT
FREIHEIT, SIE LEBE  DIE FREIHEIT IM WALD )
C
SCHMETTERNDE HOERNER  DANN FLUESTERN SIE SACHT,
SCHERZEN UND LOCKEN DIE ELFEN DER NACHT
AUS IHREN WALDESVERSTECKEN HERVOR-
AENGSTLICHE SCHLAEGE BESTUERMEN DAS TOR.
)SETZ DICH ANS FEUER, DU HERZIGES KIND )
LAERMT IM ERLEUCHTETEN HOF DAS GESIND.
)FUERSTLICH BEWIRTEN MIT KUCHEN DICH WIR
DRINNEN WAS SUCHST DU; BESCHEIDE DICH HIER )
C
RASCH IN DEN SAAL, IN DEN FUERSTLICHEN, TRITT
EINE GESCHEUCHTE MIT HASTIGEM SCHRITT,
UEBER DEN BUSEN, VOM LAUFE BEWEGT,
KREUZWEIS DIE FLEHENDEN ARME GELEGT-
BLAETTER AM ROECKLEIN, HERBSTROETLICH UND FALB
KRAUSDUNKLE HAARE, NOCH FLATTERN SIE HALB,
SUESSBRAUNE AUGEN UND SCHMERZLICH DABEI,
BLUTENDE FUESSE- NICHT DIE EINER FEI
C
)SAGE, WER BIST DU, KRAUSLOCKIGES HAUPT,
SCHIMMERND VON PURPURNEN BLAETTERN UMLAUBT;)
)REHE, DIE REHE, SO HEISS ICH IM LAND
VON MEINEM BRAUNEN GELOCK UND GEWAND)-
C SEITE 149
)MEIN IST DIE REHE  DES HERRN IST DIE JAGD )
JUBELT DER JUENGLING, ES STRAEUBT SICH DIE MAGD...
)HALALI ) HETZT ES UND TOBT ES UND HALLT.
RINGEND ENTWINDET SIE SICH DER GEWALT.
C
LODERNDE AUGEN, WIE BLITZE DER NACHT-
DOCH SIE BESINNT SICH. DANN REDET SIE SACHT
)REHE, DIE REHE, SO HEISS ICH IM LAND,
WILPERT DER SCHUETZ IST DER VATER GENANNT-
AUG EINE JAGD, DIE DEM HERRN NUR GEBUEHRT,
HAT IHN EIN AEZENDES RUDEL VERFUEHRT.
SIEHE, DA KNIET ER, DA ZIELT ER UND KNALLT-
HEUT HAT DER VATER GEFREVELT IM WALD
DOCH DEINE FOERSTER ERGRIFFEN IHN, WEH,
IHN UND DAS SUENDLICH ERBEUTETE REH.
ICH, VON DER ANGST UND DEM JAMMER GEJAGT,
LIEF IN DEN WALD, EINE HILFLOSE MAGD.
DA SCHIER DAS HERZ MIR IM BUSEN ZERSPRANG,
SAH ICH DIE KERZEN UND HOERTE DEN KLANG-
GLAUBTE DIE GUETIGE HERZOGIN HIER,
UND NUN ERZITTR' ICH UND STEH ICH VOR DIR.
GIB MIR DEN VATER UND GIB MIR IHN BALD,
DASS ICH GETROESTET VERLASSE DEN WALD.
GNADE ) DER HERZOG GESTEHT SICH VERWIRRT,
DASS MAN SICH LEICHTLICH IM WALDE VERIRRT,
UND ER BEKENNT, VOM GEWISSEN GERUEHRT,
DASS EINE REHE VOM WEGE VERFUEHRT.
MURMELND VERLANGT ER EIN BLATT , EINEN STIFT,
SCHREIBT EINE ZEILE MIT SCHWANKENDER SCHRIFT
)WILPERT DEM SCHUETZEN GEWAEHR ICH PARDON )
UND SIE BEDANKT SICH UND FORT IST SIE SCHON.
C SEITE 15
ER TRITT ANS FENSTER UND OEFFNET ES SACHT
LEUCHTENDE STERNE DER RUHIGEN NACHT
DORT EINE FLUECHTIGE DUNKLE GESTALT,
UND EINE REHE VERSCHWINDET IM WALD.
C
C DIE ZWINGBURG SEITE 151
98
GEBROCHEN IST DER ALTE TWING,
RINGSUM ERGRUENT SEIN MAUERRING,
DER EPPICH SCHWANKT IM FENSTER,
VERSUNKEN IN DER ERDE SCHOSS
TIEF UNTER DAS BESONNTE MOOS
SIND RITTER UND GESPENSTER.
C
WO DURCH DAS TIEFGEWOELBTE TOR
DIE ZORNGE FEHDE SCHRITT HERVOR
UND LIESS DIE HOERNER SCHMETTERN,
DA HAT SICH, DUFTIG EINGEENGT,
EIN ZICKLEIN ANS GESTRAEUCH GEHAENGT
UND NASCHT VON JUNGEN BLAETTERN.
C
WO WILDVERTRAEUMT FRAU MINNE STUND,
ZERRANN AUF BLAUEM HIMMELSGRUND
DER KECKE BAU DES ERKERS
WO IM VERLIESS DER HASS GEGROLLT,
IST IN DAS WEICHE GRAS GEROLLT
EIN QUADERSTEIN DES KERKERS.
C
UND WO DEN TEICH VOM HUEGELHANG
HERAB DIE TROTZGE FESTE ZWANG
EIN FINSTER BILD ZU SPIEGELN,
DA RUDERT, VON DER FLUT BENETZT,
DER BURG ZERSTOERTES WAPPEN JETZT
EIN SCHWAN MIT SILBERFLUEGELN.
C
C IV REISE SEITE 153
C )TAG, SCHEIN HEREIN UND, LEBEN, FLIEH HINAUS ) SEITE 155
99
TAG, SCHEIN HEREIN  DIE KAMMER STEHT DIR OFFEN
HOLDSEL'GER LENZESMORGEN, SCHEIN HEREIN
SCHON GLITZERT, VON DER SONNE STRAHL GETROFFEN,
DAS TINTENFASS, DER EICHNE BUECHERSCHREIN.
VOGT WINTER MUSS DEM LENZE RECHNUNG GEBEN,
DEM SCHOENEN ERBEN, UEBER HOF UND HAUS-
AUCH MIR ZU GUT GESCHRIEBEN IST EIN LEBEN-
TAG, SCHEIN HEREIN UND, LEBEN, FLIEH HINAUS
C
ICH WAR VON EINEM SCHWEREN BANN GEBUNDEN.
ICH LEBTE NICHT. ICH LAG IM TRAUM ERSTARRT.
VON VIELEN TAUSEND UNVERBRAUCHTEN STUNDEN
SCHWILLT UNGESTUEM MIR NUN DIE GEGENWART.
AUS DUNKELM GRUNDE GRUENE SAAT ZU WECKEN
BEDARF ES SONNENSTRAHLES NUR UND TAUS,
ICH FUEHLE, WIE SICH TAUSEND KEIME STRECKEN.
TAG, SCHEIN HEREIN UND, LEBEN, FLIEH HINAUS
C
EIN SEGEL ZIEHT AUF WUNDERKUEHLEN PFADEN,
IN FLUTENDUNKEL SPIEGELT SICH DER TAG.
WAS HAT DIE BARKE DORT FUER MICH GELADEN;
VIELLEICHT IST'S ETWAS, DAS MICH FREUEN MAG
ENTGEGEN IHR  WAS WIRD DIE BARKE BRINGEN
DURCH BLAUER WELLEN FREUDIGES GEBRAUS;
ENTGEGEN IHR  MIT WEITGESTRECKTEN SCHWINGEN
TAG, SCHEIN HEREIN UND, LEBEN, FLIEH HINAUS
C
C LA ROESE SEITE 156
1
ALS DER BERNINA FELSENTOR
DURCHDONNERTE DER WAGEN
UND WIR IM SUEDEN SAHN EMPOR
DIE MUSCHELBERGE RAGEN,
BLIES SCHMETTERND AUF DEM ROESSLEIN VORN
DER IN DER LEDERHOSE-
)WEN GRUESSEST DU MIT DEINEM HORN;)
)DIE ROSE, HERR, DIE ROSE )
C
MIT FLACHEM DACH EIN SAEULENHAUS,
DAS ERSTE WELSCHE BILDNIS,
SCHAUT ROESE WEINUMWUNDEN AUS
ERSTARRTER FELSENWILDNIS-
ES IST, ALS OB DAS WASSER DA
IN WEICHERN LAUTEN TOSE,
HINUNTER NACH ITALIA
BLICKT DER BALKON DER ROSE.
C
NUN, HERZ, BEGINNT DIE WONNEZEIT
AUF WEGEN UND AUF STEGEN,
MIR STROEMT EIN HAUCH VON UEPPIGKEIT
UND EWGEM LENZ ENTGEGEN-
ES SUCHEN SICH UM MEINE STIRN
ZWEI FALTER MIT GEKOSE-
DEN WEIN BRINGT EINE JUNGE DIRN
MIT EINER JUNGEN ROSE.
C SEITE 157
NOCH EINMAL DARF IN SUEDLICH LAND
ICH NORDGEBORNER WALLEN,
VERTAUSCHEN MEINE FELSENWAND
MIT WEISSEN MARMORHALLEN.
GEGRUESST, ITALIA, LICHT UND LUST
ICH PREISE MEINE LOSE
DU BIST AN UNSRER ERDE BRUST
DIE ROSE, JA DIE ROSE
C
C DIE SCHLACHT DER BAEUME SEITE 158
1 1
HIER AM SARAZENENTURME,
DER DIE STRASSE HIELT GESCHLOSSEN,
IST IN MANCHEM WILDEN STURME
DEUTSCH UND WELSCHES BLUT GEFLOSSEN.
C
NUN SICH IN DES TALES RAEUMEN
LAENGER NICHT DIE VOELKER MORDEN,
RINGEN NOCH MIT IHREN BAEUMEN
HIER DER SUEDEN UND DER NORDEN.
C
ARVBAUM IST DER DEUTSCHEN BANDE
BANNERHERR, DER DUESTERKUEHNE,
UEPPIG VOLK DER SONNENLANDE,
REBE FUEHRT'S, DIE SONNIGGRUENE.
C
OHNE SCHILD- UND SCHWERTGEKLIRRE,
OHNE DER DROMMETE SCHMETTERN
KAEMPFEN IN DER FELSENIRRE
HIER DIE NADELN MIT DEN BLAETTERN.
C
C DER TRIUMPHBOGEN SEITE 159
1 2
EIN LEUCHTEND BLAUER TAG. EIN WOGEND AEHRENFELD,
DARAUS EIN WETTERSCHWARZER MAUERBOGEN STEIGT.
IN SEINEM KURZEN SCHATTEN SCHLAEFT DAS SCHNITTERVOLK.
ALLEIN EMPORGERICHTET SITZT DIE SCHOENSTE MAID,
DES LANDES KIND, DOCH WELCHEN LANDS; ITALIENS
EIN STRENGGESCHNITTNES, MUSENHAFTES ANGESICHT,
AM HALBZERSTOERTEN SIMS DES BOGENS HANGT DER BLICK,
ALS MUEHT' ER ZU ENTRAETSELN DORT DIE INSCHRIFT SICH.
&WENN NICHT DES AUGES DUNKEL VON DEM LIEBSTEN TRAEUMT._
SIE HEBT DIE ERSTE SICH, ERWECKT DIE SCHNITTERSCHAR,
ERGREIFT DIE BLANKE SICHEL, DIE IM SCHATTEN LAG,
UND SCHREITET HERRLICH DURCH DIE WOGEN GOLDNEN KORNS,
UMBLAUT VOM HIMMEL, ALS EIN GOETTLICHES GEBILD.
'S IST KLIO, DIE DAS ALTERTUM ENTRAETSELNDE,
VERGILBTEN PERGAMENTS UND DER ARCHIVE MUED,
GELOCKT VOM RAUSCHEN EINER UEBERREIFEN SAAT,
WIRD SIE ZUR STARKEN SCHNITTERIN. DIE SICHEL KLINGT.
C
C VENEDIGS ERSTER TAG SEITE 16
1 3
EINE GLUECKGEFUELLTE GONDEL GLEITET AUF DEM CANAL GRANDE,
AN GIORGIONE LEHNT DIE BLONDE MIT DEM ROTEN SAMTGEWANDE.
)GIORGIO, DEINER LAUTE SAITEN HOER ICH LEISE, LEISE KLINGEN-)
)JULIA VENDRAMIN, ERLAUCHTE, WAS BEFIEHLST DU MIR ZU SINGEN;)
C
)NICHTS VON SCHOENEN AUGEN, GIORGIO  SOLCHES THEMA SOLLST DU LASSEN
SINGE, WIE DEM MEER ENTSTIEGEN DIESE WUNDERBAREN GASSEN
FESSLE KRAENZEND KLEINE LOCKEN, DIE SICH RINGELN LOS UND LEDIG
GIORGIO, SINGE MIR VON MEINEM UNVERGESSLICHEN VENEDIG )
C
)MEINE SUESSE MUSE WILL ES  ES GESCHIEHT ) ER PRAELUDIERTE.
)WEILAND, EH DES HEILGEN MARKUS FLAGGE DIESES MEER REGIERTE,
DRUEBEN DORT, WO DUFTVERSCHLEIERT ISTRIENS SCHOENE BERGE BLAUEN,
SANK VOR UNGEZAEHLTEN JAHREN EINE DAEMMRUNG VOLLER GRAUEN.
C
DURCH DAS DUNKEL HUSCHEN LARVEN, ANGSTGESCHRECKTE HUNDE WINSELN,
SCHREIE GELLEN, STIMMEN WARNEN  'LOEST DIE BOETE  NACH DEN INSELN '
IN DEN LUEFTEN HAUCHT EIN ODEM, WIE ES IN DEN GRAEBERN MODERT-
SCHAURIG TAGEN MEER UND HIMMEL  AQUILEJA BRENNT UND LODERT
C
VON DER STAETTE, WO DIE STILLEN, UNGEZAEHMTEN FLAMMEN WOGEN,
KOMMT EIN DUMPFES MENSCHENBRAUSEN NACH DEM FREIEN STRAND GEZOGEN
ATTILA, DIE GOTTESGEISSEL, JAGT AUF BLUTBESPRENGTEN PFADEN
KRIEGER MIT ZERBROCHNEN SCHWERTEN, FRAUN MIT SCHAETZEN SCHWER BELADEN.
C
WIE ZUM HADES SCHATTEN WANDERN, ZIEHN ZUM MEERE DIE GESCHEUCHTEN,
DAS DIE PURPURROT GEFAERBTEN WOLKEN WEIT HINAUS BELEUCHTEN,
WITWEN, WAISEN SCHREITEN JAMMERND, SCHWEIGEND STUERZEN WUNDE MAENNER,
MITTEN IM GEWUEHLE BAEUMEN WAGEN SICH UND SCHEUE RENNER.
C SEITE 161
KNIEE WANKEN, FUESSE GLEITEN, KAESTCHEN BRECHEN, DRAUS DIE HELLEN
GOLDNEN REIFE ROLLEND SPRINGEN UND DIE WEISSEN PERLEN QUELLEN.
NACKTE KUESTENKINDER STARREN GIERIG AUF DAS RINGS ZERSTREUTE
GOLD, UND DOCH BETASTET'S KEINES- ETZELS IST DIE GANZE BEUTE
C
SCHIFFER RUESTEN DUNKLE NACHEN, DRUEBER WOGEN SCHAEUMEND SCHLAGEN,
DURCH DIE WEISSE BRANDUNG WERDEN BLEICHE FRAUN AN BORD GETRAGEN-
MIT DER RECHTEN AN DIE PHRYG'SCHE MUETZE LANGT DER MEERPLEBEJER,
BEUT ZUM SPRUNG INS BOOT DIE LINKE DEM BEHELMTEN AQUILEJER.
C
SCHON ENTFLIEHT EIN SCHIFF MIT WEHNDEN SEGELN, FLATTERNDEN GEWANDEN,
DRIN SICH WEITGETRENNTE LOSE SONDER WAHL ZUSAMMENFANDEN,
UNBEKANNTE HAENDE DRUECKEN SICH IN ANGSTBEKLOMMNEM TRAUME,
AQUILEJAS UEBERBLEIBSEL SCHMIEGEN SICH IN ENGEM RAUME.
C
LETZTE SCHEIDEBLICKE WENDEND, SEHN SIE NOCH DEN HIMMEL BLUTEN,
ABER TIEFER STETS UND FERNER BRENNEN DIE GESUNKNEN GLUTEN.
STILL VERGLIMMT DER HEIMAT MUEDE TODESFACKEL. AUF DIE RUDER
BEUGT SICH UNGLUECK NEBEN UNGLUECK, BRUDER SEUFZEND NEBEN BRUDER.
C
EINE FUERSTIN KUESST EIN KNAEBLEIN, EIN DEM EDELBLUTE FREMDES,
EINE SKLAVIN WAERMT EIN FUERSTLICH KIND IM SCHOSS DES WOLLENHEMDES-
UNTER IHNEN EINE TIEFE, UEBER IHNEN EINE WOLKE-
LIEBE TAUT VOM HIMMEL, LIEBE WAECHST IN DIESEM NEUEN VOLKE.
C
UEBER EINES MANTELS FLATTERN, STURMVERWEHTEN GREISEN HAAREN
WILL DAS SCHWEBEN EINER GLORIE EINEN HEILGEN OFFENBAREN,
DIESES IST DER HEILGE MARKUS, RUESTIG RUDERND WIE EIN ANDRER-
NACH DEN NAHENDEN LAGUNEN LENKT DIE FAHRT DER SEL'GE WANDRER.
C
NEBEN IHM DER JUGENDSCHLANKE SCHLAEGT DIE WELLEN, DASS SIE SCHALLEN,
WIRREN LOCKEN SIND DIE KRAENZE SCHWELGERISCHER LUST ENTFALLEN.
DER BACCHANT WIRD ZUM AENEAS. NIEDERBRANNTE TROJAS FEUER.
MIT DEN RUDERNDEN GENOSSEN SUCHT ER EDLES ABENTEUER.
C SEITE 162
MAELIG LICHTET SICH DER OSTEN. IN DER ERSTEN HELLE SCHAUEN
KECKE MAENNER TIEF INS ANTLITZ MORGENBLEICHER SCHOENER FRAUEN-
LIEBLICH HAUPT, DAS BLONDE FLECHTEN WIE MIT LICHTEM RING UMWINDEN,
BALD AN EINEM TAPFERN HERZEN WIRST DU DEINE HEIMAT FINDEN
C
SCHARFGEZEICHNET NEIGT SICH EINES HELDEN NARBGE STIRNE DENKEND,
IN DAS GOETTLICHE GEHEIMNIS EWGEN WERDENS SICH VERSENKEND
RINGS IN STUECKE SPRANG ZERSCHMETTERT ROMAS ROSTGE RIESENKETTE,
NEUE WELTGESCHICKE GOENNEN JUNGER FREIHEIT EINE STAETTE...
C
WIE GEWORFEN AUS DEM HIMMEL, HEITER SPIELEND, VON AUROREN,
SCHWIMMT EIN LICHTER KRANZ VON INSELN, IN DIE BLAUE FLUT VERLOREN,
DURCH DIE BRANDUNG GEHN DIE KAEHNE MIT BESEELTEN RUDERSCHLAEGEN,
FISCHER STEHEN SCHAUMGEBADET, UND SIE RUFEN SICH ENTGEGEN
C
'FLEHNDE KOMMEN WIR, VENETER  DRUEBEN FLAMMT EIN WEIT VERDERBEN
UNSRE SEELEN SIND ENTRONNEN EINEM UNGEHEUERN STERBEN '
'FREUET EUCH  IHR LEBT UND ATMET  HIER IST EUCH ASYL GEGEBEN
FRIEDE SEI MIT EUREN TOTEN  FREUDE DENEN, DIE DA LEBEN '
C
MACHTVOLL, SCHWERT UND RUDER TRAGEND, WALLEN GENIEN VOR DEN BOETEN
AUCH EIN SCHWARM VON LIEBESGOETTERN FLUEGELT DURCH DIE JUNGEN ROETEN-
UEBER DAS GESTEIN DER INSELN GEHT EIN HAUCH VON LUST UND WONNE,
AHNUNGSVOLLEM MEER ENTSTEIGEND, PRANGT VENEDIGS ERSTE SONNE.
C
BLONDE JULIA, DEINER HEIMAT URSPRUNG HAB ICH DIR VERKUENDET,
LIEBE HAT DIE STADT VENEDIG, LIEBE HAT DIE WELT GEGRUENDET-
DEINER AUGEN STRAHLEND BLAUER HIMMEL WUERDE BLEICHEN OHNE
LIEBESFEUER UND VERSTUMMEN, WIE DIE LAUTE DES GIORGIONE.)
C
C VENEDIG SEITE 163
1 4
VENEDIG, EINEN WINTER LEBT' ICH DORT-
PALAESTE, BRUECKEN, DER LAGUNE DUFT
DOCH HIER IM HARTEN LICHT DER GEGENWART
VERDAEMMERT MAELIG MIR DIE MAERCHENWELT.
VIELLEICHT VERGASS ICH EINEN TIZIAN.
EIN FREVEL  JENEN DOCH VERGASS ICH NICHT,
WO UEBER EINEM STURM VON ARMEN SICH
DIE JUNGFRAU FEURIG IN DIE HIMMEL HEBT,
SO WENIG ALS DEN ANDERN TIZIAN-
DOCH KEIN GEMALTER WAR'S- DIE WIRKLICHKEIT
AM QUAI, DEM NAECHTGEN, DER SLAWONEN WAR'S.
IM DUNKEL STAND ICH. FENSTER SCHIMMERTEN.
ZWEI DUERFTGE FRAUEN KAMEN HERGERANNT.
HART AN DIE SCHEIBE PRESST' DAS JUNGE WEIB
DIE BLEICHE STIRN. WAS DRINNEN SIE ERBLICKT,
DAS SIE ERSTARREN MACHTE, WEISS ICH NICHT.
&VIELLEICHT DEN HERZGELIEBTEN, WELCHER SIE
AN EINES ANDERN WEIBES BRUST VERRIET._
ICH ABER SAH DEN FEINSTEN MAEDCHENKOPF
VOM TOD ENTFAERBT  EIN ANTLITZ VOLLER TOD
DIE MUTTER FUEHRTE WEG DIE SCHWANKENDE...
DIE BEIDEN TIZIANE BLIEBEN MIR
STETS GEGENWAERTIG  LOESCHEN SIE, SO LISCHT
DIE GOETTIN VOR DEM ARMEN MENSCHENKIND.
C
C AUF DEM CANAL GRANDE SEITE 164
1 5
AUF DEM CANAL GRANDE BETTEN
TIEF SICH EIN DIE ABENDSCHATTEN,
HUNDERT DUNKLE GONDELN GLEITEN
ALS EIN FLUESTERNDES GEHEIMNIS.
C
ABER ZWISCHEN ZWEI PALAESTEN
GLUEHT HEREIN DIE ABENDSONNE,
FLAMMEND WIRFT SIE EINEN GRELLEN
BREITEN STREIFEN AUF DIE GONDELN.
C
IN DEM PURPURROTEN LICHTE
LAUTE STIMMEN, HELL GELAECHTER,
UEBERREDENDE GEBAERDEN
UND DAS FREVLE SPIEL DER AUGEN.
C
EINE KURZE KLEINE STRECKE
TREIBT DAS LEBEN LEIDENSCHAFTLICH
UND ERLISCHT IM SCHATTEN DRUEBEN
ALS EIN UNVERSTAENDLICH MURMELN.
C
C DIE NARDE &NACH EINEM VENEZIANISCHEN BILDE_ SEITE 165
1 6
DIE BRAVE MARTHE TAT, WAS SIE VERMOCHT',
SIE RUPFTE, SPICKTE, BRIET UND SOTT UND KOCHT',
SIE SCHOB DEN HERRN DIE BRAUNSTEN KUCHEN ZU,
UND  )DIESEN), SAGT' SIE, )HERR, VERSUCHE DU )
C
MARIA NAHTE, DIE DEN SCHLANKEN KRUG,
GEFUELLT MIT EINER SELTNEN NARDE, TRUG.
SIE NEIGT' DAS KNIE, DEN KRUG. DIE NARDE FLOSS.
SIE NEIGT' DAS HERZ, DAS STROEMEND SICH ERGOSS.
C
IN DER BESEELTEN HAND MARIENS RUHT'
DER EDLE FUSS. DRAUF QUOLL DER NARDE FLUT.
IHN ABZUTROCKNEN, LOESTE SIE DES HAARS
GESCHLUNGNEN KNOTEN. BLOND UND SEIDEN WAR'S.
C
EIN SPITZ GEFLUESTER REGTE SICH AM TISCH,
WIE DER GETRETNEN VIPER SCHARF GEZISCH
)DAS DUFTET  TAUSEND ODER MEHR DENAR
VERDUFTEN MIT  ICH WOLLT', WIR HAETTEN'S BAR
C
BEI LEVI LEGTEN WIR'S AUF ZINS GESCHWIND
UND DRAUS ERZOEGEN WIR EIN WAISENKIND-)
)STILL), SAGT' DER GOETTLICHE, )LASS UNENTWEIHT,
JUDAS  WER LIEBT, VERSCHWENDET ALLEZEIT.)
C
C NACH EINEM NIEDERLAENDER SEITE 166
1 7
DER MEISTER MALT EIN KLEINES ZARTES BILD,
ZURUECKGELEHNT, BESCHAUT ER'S LIEBEVOLL.
ES POCHT. )HEREIN.) EIN FLAEMISCHER JUNKER IST'S
MIT EINER DRALLEN, AUFGEDONNERTEN DIRN,
DER VOR GESUNDHEIT FAST DIE WANGE BIRST.
SIE RAUSCHT VON SEIDE, FLIMMERT VON GESCHMEID.
)WIR HABEN'S EILIG, LIEBER MEISTER. WISST,
EIN WACKRER SCHELM STIEHLT MIR DAS TOECHTERLEIN.
MORGEN IST HOCHZEIT. MALET MIR MEIN KIND )
)ZUR STUNDE, HERR  NUR NOCH DEN PINSELSTRICH )
SIE TRETEN LUSTIG VOR DIE STAFFELEI
AUF EINEM BLANKEN KISSEN SCHLUMMERND LIEGT
EIN FEINER MAEDCHENKOPF. DER MEISTER SETZT
DES BLUMENKRANZES TIEFSTE KNOSPE NOCH
AUF DIE VERBLICHNE STIRN MIT LEICHTER HAND.
)NACH DER NATUR;)- )NACH DER NATUR. MEIN KIND.
GESTERN BEERDIGT. HERR, ICH BIN ZU DIENST.)
C
C JA &NACH EINER ALTEN SKIZZE_ SEITE 167
1 8
ALS DER HERR MIT MAECHTGER SCHWINGE
DURCH DIE NEUE SCHOEPFUNG FUHR,
FOLGTEN IN GEDRAENGTEM RINGE
GEISTER SEINER FLAMMENSPUR.
C
SEINE SCHOENSTEN ENGEL WALLTEN
IHM ZU HAEUPTEN SELIG LEIS,
RIESENHAFTE NACHTGESTALTEN
SCHLOSSEN UNTERHALB DEN KREIS.
C
)EH ICH EUERN REIGEN LOESE),
SPRACH DER ALLGEWALTGE NUN,
)SCHWOERET, GUTE, SCHWOERET, BOESE,
MEINEN WILLEN NUR ZU TUN )
C
FREUDIG JUBELTEN DIE LICHTEN
)DIR ZU DIENEN, SIND WIR DA )
DIE ZERSTOEREN, DIE VERNICHTEN,
DIE DAEMONEN, KNIRSCHTEN  )JA.)
C
C DIE KAPELLE DER UNSCHULDIGEN KINDLEIN SEITE 168
1 9
AUS HENKERFAEUSTEN FLOGEN ZUM HIMMEL SIE EMPOR,
SIE TRATEN ZWEI UND ZWEIE HINEIN INS SEL'GE TOR,
EINAND AM HAENDCHEN HALTEND UND SINGEND WOHLGEMUT,
SIE TRUGEN IN DEN LOCKEN EIN LEUCHTEND MAL VON BLUT.
C
)WIR KOMMEN IN DEN HIMMEL- UND SOLCHES IST UNS LIEB-
WEIL DAS GELOBTE KINDLEIN STATT UNSER UNTEN BLIEB
WIR LITTEN FUER DAS BUEBLEIN DEN HERBEN TODESKUSS,
DEN ES AM BITTERN KREUZE STATT UNSER LEIDEN MUSS )
C
DIE ENGEL ALLE KOMMEN HERAN IN HELLEM FLUG,
SIE BRINGEN SCHOENES SPIELZEUG UND BLUMENLUST GENUG.
JETZT FUEHREN SIE DEN REIGEN MIT FIEDEL UND SCHALMEI...
ES KLAGT AUS FERNER TIEFE DER MUETTER WEHGESCHREI.
C
C
C DIE KARTAEUSER SEITE 169
11
ICH SEHE SIE AUF SACCHIS SUESSEM BILDE
BESCHREITEN IHRER TOTEN BRUEDER GRUEFTE,
GEGUERTET MIT DEM KNOTENSTRICK DIE HUEFTE,
IN WEISSEN KLEIDERN, FESTLICH, GOETTLICH MILDE-
MANCH EINER SCHLEPPTE SICH MIT SCHWERT UND SCHILDE,
GEPANZERT SAUST' ZU ROSS ER DURCH DIE LUEFTE,
BEVOR ER SUCHTE DIE VERLORNEN KLUEFTE
UND WELTENTSAGEND TRAT IN DIESE GILDE.
SIE ALLE WOLLEN HIER EIN STUENDLEIN BUESSEN,
UM MIT DEN REINEN REIN SICH ZU BEGRUESSEN,
SIE ALLE WOLLEN HIER EIN STUENDLEIN BETEN,
BEVOR SIE VOR DEN STRENGEN RICHTER TRETEN.
C
C DER ROEMISCHE BRUNNEN SEITE 17
111
AUFSTEIGT DER STRAHL UND FALLEND GIESST
ER VOLL DER MARMORSCHALE RUND,
DIE, SICH VERSCHLEIERND, UEBERFLIESST
IN EINER ZWEITEN SCHALE GRUND
DIE ZWEITE GIBT, SIE WIRD ZU REICH,
DER DRITTEN WALLEND IHRE FLUT,
UND JEDE NIMMT UND GIBT ZUGLEICH
UND STROEMT UND RUHT.
C
C TARPEJA SEITE 171
112
AM BRUNNEN UEBERFLUTET IM DAEMMERLICHT
DER VOLLE KRUG UND DIE MAEGDE MERKEN'S NICHT,
DENN NINA PLAUDERT  )FREUNDINNEN, WISST IHR WOHL,
DASS EINE SITZT IM GESTEIN AM KAPITOL;
C
MEIN SCHATZ, DER BEPPO, HAT SIE UNLAENGST GESEHN
VOR IHREM RUNDEN SILBERSPIEGEL STEHN,
DIE SICH ZU HAUPT DAS GUELDENE KROENLEIN HUB-
MEIN SCHATZ, DER BIPPO, DA ER NACH MUENZEN GRUB.
C
ER SCHLUEPFTE DURCH EINEN SCHMALEN FELSENGANG,
ER TAPPTE SICH EINEN FINSTERN PFAD ENTLANG-
SIE GLOMM IN HOELLENLICHT  ER RIEF  'WIE SCHOEN '
DIE TREPPE BRACH MIT DONNERNDEM GETOEN.
C
SIE WAR DES ROEMISCHEN KASTELLANES KIND
UND SIE VERRIET DIE BURG UND DAS BURGGESIND
MIT FINGERDEUT BEDANG SICH DIE SCHLAUE MAID
DES FEINDES HELMGEKROEN UND SCHILDGESCHMEID
C
DIE KROENLEIN ALL UND DIE STEIN' UND DIE GOLDNEN RING'
BEAEUGELT' SIE, DIE IN DES FEINDES LAGER GING
SIE OEFFNET' IHM EIN TOR MIT SUENDGEM MUT
UND SAH DES VATERS HAUPT, ES SCHWAMM IN BLUT.
C
DOCH DA AM FEINDE SIE DIE LOEHNUNG SUCHT',
WARD SIE MIT HOHN ERDRUECKT UND MIT SCHILDESWUCHT,
SIE STUERZTE, VON IHREM EIGENEN HORT ENTSEELT,
ERSTICKT VOM LOHNE, DEN SIE SELBST GEWAEHLT.
C SEITE 172
DANN GRUB DIE ZEIT SIE TIEF UND TIEFER EIN,
SIE SANK HINUNTER, HINAB INS FELSGESTEIN,
HINAB, HINUNTER VIEL HUNDERT KLAFTER TIEF
MIT IHREM GLEISSENDEN HORT, DARIN SIE SCHLIEF.
C
DA SITZT DIE ARME SEELE NUN IN PEIN
UND PUTZT, DIE EITLE, SICH MUTTERSEELALLEIN-
TARPEJA, GIB HERAUS DER KETTLEIN DREI
WIR TRAGEN'S DEN KNABEN ZU LUST IN LUEFTEN FREI
C
TARPEJA, GLEITE DURCH DEN FELSENSPALT
DREI KETTLEIN UND DIE GOLDENE RINGLEIN BALD
TARPEJA LIEB  WIR SIND ZUFRIEDEN, GIBST
DU NUR, WAS DU VERAECHTLICH BEISEITE SCHIEBST.
C
DER BEPPO SAGT  WEIL DU BEGINGST VERRAT,
BIST DU VERDAMMT FUER DEINE MISSETAT
BEHUET' MICH GOTT  IN EWIGKEIT VERDAMMT
WEIL DIR NACH ROTEM GOLD DAS HERZ GEFLAMMT.
C
MAN HOERT ES OFT- SO SAGT ER- WIE DU LACHST,
WANN DU DICH SCHOEN VOR DEINEM SPIEGEL MACHST
MAN HOERT ES OFT- SO SAGT ER- WIE DU WEINST,
WEIL NICHT DU KOMMST IN DEN SCHOENEN HIMMEL EINST
C
TARPEJA LIEB, ENTSAGE DER BOESEN LUST
TARPEJA, GIB DIE KETTLEIN UM HALS UND BRUST
WIR BETEN, ARGE, FUER DICH DEN ROSENKRANZ,
DU STEIGST EMPOR, EMPOR IN DEN HIMMELSGLANZ )
C
C DIE GEGEISSELTE PSYCHE SEITE 173
113
WO VON ALTER SCHOENHEIT TRUEMMERN
MARMORHELL DIE SAELE SCHIMMERN,
WINDET BLASS UND LIEBLICH EINE
PSYCHE SICH IM MARMELSTEINE.
C
UNSICHTBAREM GEISSELHIEBE
BEUGT SIE SICH IN QUAL UND LIEBE,
AUF DEN ZARTEN KNIEEN LIEGEND,
ENGE SICH ZUSAMMENSCHMIEGEND.
C
FLEHEND HALB UND HALB GEDULDIG
TRAEGT SIE SCHMACH UND WEISS SICH SCHULDIG,
IHRE SCHMERZENSBLICKE FRAGEN
LIEBST DU MICH; UND KANNST MICH SCHLAGEN;
C
SOLL DICH DER OLYMP BEGRUESSEN,
ARME PSYCHE, MUSST DU BUESSEN
EROS, DER DICH SUCHT UND PEINIGT,
WILL DICH SELIG UND GEREINIGT.
C
C DER TOTE ACHILL SEITE 174
114
IM VATIKAN VOR DEM VERGILBTEN MARMORSARG,
DEM RINGSUM BILDGESCHMUECKTEN, TRAEUMT' ICH HEUTE LANG,
BETRACHTEND SEINES FEINEN ZIERATS UEPPGEN KRANZ
THETIS ENTFUEHRT DEN SOHN, DEN RUFER IN DER SCHLACHT,
DEN RENNER, DEM DIE KNIE' ERSCHLAFFTEN, WELCHEM SCHWER
DIE LIDER SANKEN- VON DELPHINEN RINGS UMTANZT,
IM MUSCHELWAGEN DURCH DES MEERS ERREGTE FLUT.
TRITONEN, BIS ZUM SCHUPPENGURT UMBRANDETE,
BAERTGE GESELLEN, SCHILFBEKRAENZTES, STUMPFES VOLK,
GEBAERDEN SICH ALS PFERDELENKER. ES BEDARF
DER MUT'GEN ROSSE PAAR, DAS, HAUPT AN KUEHNEM HAUPT,
DIE WEITE FLUT DURCHRUDERT MIT DEM SCHLAG DES HUFS,
DES ZUEGELS NICHT  IN DES PELIDEN WAFFEN HAT
SICH SCHAEKERND EIN LEICHTSINNIGES GESIND GETEILT
DIE NEREIDEN. EINE HEBT DAS SCHWERT UND ZIEHT'S
UND LACHT UND HAUT UND STICHT UND WUNDET LICHT UND LUFT.
EIN SCHLANKES MAEDCHEN ZIELT MIT RUECKGEBOGNEM ARM,
IN SCHWACHGEBALLTER FAUST DEN UNBESIEGTEN SPEER,
DER AUF UND NIEDER, WIE DER WAAGE BALKEN, SCHWANKT.
DIE DRITTE SCHIEBT DER BLANKEN SCHULTER FEINEN BUG
DEM ERZSCHILD UNTER, GANZ ALS ZOEGE SIE ZU FELD,
DANN DECKT DAMIT DEN SANFTEN BUSEN GAUKELND SIE,
ALS SCHIRMT' DAS EISEN EINES KRIEGERS TAPFRE BRUST.
DIE VIERTE- HELD, DU ZUERNTEST, SCHLUMMERTEST DU NICHT -
SETZT JUBELND SICH DEN HELM, DEN WILDUMFLATTERTEN,
AUF DAS GEDANKENLOSE HAUPT UND NICKT DAMIT.
SCHERZT, KINDER  NUR MIT DIR EIN WORT, VOLLENDETER
&DENN MIT DER MUTTER, DIE DEIN SCHLUMMERSCHWERES HAUPT
IM SCHOSS GEBETTET HAELT, DER DIR DAS LEBEN GAB,
DER SCHMERZVERSUNKNEN MUTTER, PLAUDERT ES SICH NICHT._
C SEITE 175
PELIDE, SPRICH  WAS IST DER TOD; WOHIN DIE FAHRT;
WOZU DIE WAFFEN; ZU ERNEUTEM LAUF UND KAMPF;
ZU DEINES GRABES SCHMUCK UND DUESTERN EHREN NUR;
WAS BLITZT AUF DEINEM SCHWERT; DEINE LETZTE TAT,
VERGLIMMEND WIE DER ABEND EINES HEISSEN SCHLACHTENTAGS;
DIE MORGENSONNEN EINES NEUEN KAMPFGEFILDS;
BEDARFST DU DEINES SCHWERTES NOCH, DU SCHLUMMERNDER;
WOHIN DER LAUF; ZUM HADES; NEIN, ES LUEGT HOMER.
DEN ODEM NEIDEN EINEM KLEINEN ACKERKNECHT
SIEHT NICHT DIR AEHNLICH, HEROS  EHER FAEHRST
DU EINER GEISTERINSEL BLEICHEM FRIEDEN ZU
UND TRAEGST DEN MYRTENKRANZ, BESELIGT UND GESTILLT,
MIT DEN GEWEIHTEN  DOCH AUCH SOLCHES ZIEMT DIR NICHT
WAS EINZIG DIR GEZIEMT, IST KAMPF UND KAMPFESPREIS-
PELIDE  EIN ERWACHEN SCHWEBT VOR DEINEM BOOT
UND SCHIMMERT UNTER DEINEM MAECHTGEN AUGENLID
DU LEBST, ACHILL; GIB ANTWORT  WOHIN WANDERST DU;
ER SCHWEIGT  ER SCHWEIGT. DER WAGEN ROLLT. EIN TRITON BLAEST
SEIN MUSCHELHORN, DASS LEIS UND DUMPF DER MARMOR SCHALLT.
C
C DER MUSENSAAL SEITE 176
115
JUENGST TRUG EIN TRAUM AUF DUNKLER SCHWINGE MICH
NACH ROM, DER EWGEN STADT. DEN VATIKAN
BETRAT ICH. ICH BETRAT DEN MUSENSAAL
VERWUNDERT, DENN ER WAR EIN ANDRER HEUT,
ALS ICH GESCHAUT MIT JUNGEN AUGEN IHN,
DA PIO NONO HOECHSTER PRIESTER WAR.
VERSCHWUNDEN AUS DEM EDELN OKTOGON,
DEM KUPPELHELLEN, WAR DER MUSAGET,
APOLLO, DER DIE ZITHER ZIERLICH SCHLUG,
VORANZUGEHN DEM CHOR TANZMEISTERLICH.
DIE NEUNE SASSEN ODER STANDEN NICHT
UMHER VERTEILT IN SCHOENEN STELLUNGEN-
IN WILDER GRUPPE SCHRITTEN EILIG SIE,
WIE SCHNITTERINNEN, DIE AUF BLACHEM FELD
EIN FLAMMENDES GEWITTER UEBERRASCHT
VORAN DIE BLUTIGE MELPOMENE,
DIE AN DEN SOEHNEN RAECHT DER VAETER SCHULD.
SIE TRAEGT DAS SCHWERT UND AUCH DEN KRANZ VON WEIN.
WER SCHREITET, SCHLICHT GEWANDET, NEBEN IHR;
KALLIOPE, DIE KEUSCH UND KINDLICH BLICKT,
DIE DEN ERBLINDETEN HOMER GEFUEHRT,
DIE TAPFRE HELDEN LIEBT UND SCHILDGETOS
UND ROSSGESTAMPF UND DANN ABSEITS DER SCHLACHT
IN JUGENDZARTEM BUSEN LOSE WAEGT-
WEITHALLEND REDET DORT EIN MAECHTIG PAAR,
TERPSICHORE UND POLYHYMNIA
)DER TAG IST FERN UND ER ERFUELLT SICH DOCH
DIE VOELKER SCHREITEN EINEN REIGEN EINST,
SICH AN DEN HAENDEN HALTEND, FREI GESELLT,
VIELTAUSENDSTIMMIG DROEHNT DER CHORGESANG )
C SEITE 177
)DANN WEICHT DAS LEID  NICHT ALLES, ABER DOCH
DAS MEISTE LEID ) EUTERPE FLOETET ES,
DAS LIEBLICHE GESCHOEPF, DIE SCHMEICHLERIN
) DANN FUELLT), ERATO LACHT'S MIT BLUEHNDEM MUND,
DIE SCHOENE SCHELMIN, DIE DAS LIEBESLIED,
DAS ZECHLIED FUER ALLEIN UNSTERBLICH HAELT,
)DANN FUELLT EIN JEDER SEINE SCHALE SICH
MIT DUFTGEM WEIN UND SCHLUERFT UND KEINER DARBT )
)TOERINNEN ) GELLT EIN SCHARFGESCHNITTNER MUND,
)VERSPOTTE SIE, MEIN ARISTOPHANES ...
DOCH EURE KAMPFGESELLIN BIN ICH AUCH
ICH MORDE LACHEND, WAS NICHT STERBEN KANN,
IN TRUNKNER LUST, WIE DIE BACCHANTE JACH
EIN ZICKLEIN ODER REH IN STUECKE REISST.
MORDLUSTGER BIN ICH NOCH UND TRAGISCHER
ALS DU, MEIN SCHWESTERCHEN MELPOMENE,
DENN DU ERHELLEST UNTER ZAEHREN DICH,
DOCH MEIN GELAECHTER, TRAENEN SCHLUCHZEN DRIN )
THALIA RIEF'S UND UNTERM EPHEUKRANZ
VERLARVTE MIT DER SATYRMASKE SIE
DIE WEHMUTVOLL ERGRIFFNEN ZUEGE SICH
UND HOB MIT NERVGEM ARM DAS TYMPANUM.
DIE LETZTE WANDELT NOCH URANIA,
DIE GLAEUBIGE MIT DEM GEHOBNEN BLICK
&DIE ANDERN HEISSEN SIE DIE SCHWAERMERIN_,
DOCH TRENNT SIE SICH VON DEN GESCHWISTERN NICHT.
SIE SIEHT DEN STURM DER ERDENDINGE RUHN
IN FRIEDEVOLLEN HAENDEN IMMERDAR-
AUF FLATTERT DAS GEWAND  DIE LOCKEN WEHN
DIE KUPPEL WEICHT  IN LEUCHTEND TIEFEM BLAU
ENTFESSELT SCHWEBT DER MUSENCHOR EINHER.
C
C ALTE SCHWEIZER SEITE 178  & BEI DER THRONBESTEIGUNG LEOS XIII. BRACH IM
C VATIKAN EINE KLEINE PALASTREVOLTE AUS, WEIL DER SPARSAME PAPST DEN SCHWEIZERN
C DAS UEBLICHE DONATIV ZURUECKHIELT._
116
SIE KOMMEN MIT DEN DROEHNENDEN SCHRITTEN ENTLANG
DEN VON RAPHAELS FRESKEN VERHERRLICHTEN GANG
IN DER PUFFIGEN ALTEN GESCHICHTLICHEN TRACHT,
ALS RIEFE DAS HORN SIE ZUR MURTENER SCHLACHT
C
)HERR HEILIGER VATER, DER GLAEUBIGEN HORT,
SO KANN ES NICHT GEHN UND SO GEHT ES NICHT FORT
DU SPARST AN DEN KOHLEN, DU KNICKERST AM LICHT-
AN DEINEN HELVETIERN KNAUSRE DU NICHT
C
WANN DEN HIMMEL EIN HEILIGER VATER GEWANN,
ERGIBT ES ELF TALER FUER JEGLICHEN MANN
SO GALT'S UND SO GILT'S VON GESCHLECHT ZU GESCHLECHT,
WIR POCHEN AUF UNSER HISTORISCHES RECHT
C
HERR HEILIGER VATER, DU WEISST WER WIR SIND
BESCHEIDENE LEUTE VON AHNE ZU KIND
DOCH WERDEN WIR AN DEN MONETEN GEKUERZT,
WIR KOMMEN WIE BRUELLENDE LOEWEN GESTUERZT
C
HERR HEILIGER VATER, DIE TALER HERAUS
SONST RAEUMEN WIR KISTEN UND KASTEN IM HAUS-
POTZ DONNER UND HAGEL UND HOELLISCHER PFUHL
WIR VERSTEIGERN DIR DEN APOSTOLISCHEN STUHL )
C
DER HEILIGE VATER BEKREUZT SICH ENTSETZT
UND ZAUDERT UND LANGT IN DIE TASCHE ZULETZT-
DA WERDEN DIE LOEWEN ZU LAEMMERN IM NU
)HERR HEILIGER VATER, JETZT SEGNE UNS DU )
C
C ABSCHIED VON KORSIKA SEITE 179
117
OELBAUMSILBER, MYRTE, LORBEER, PINIE,
BALD IM SCHNEE DER HEIMAT DENK ICH EUER-
SANFTE BUCHTEN, BLAUE MEERESLINIE,
AUF DEM ABEND DUNKELND BURGGEMAEUER
AUS DER SCHLUCHT ERSTRAHLEND HIRTENFEUER
C
LEBET, KORSEN, WOHL, MIR LIEB GEWORDEN
VOR DEN KIRCHEN LUEPFT IHR LEICHT DIE HUETE
GERNE KNALLT IHR UND EIN BISSCHEN MORDEN
STECKT SEIT ALTER ZEIT EUCH IM GEBLUETE-
DASS DIE HEILGE JUNGFRAU EUCH BEHUETE
C
KLIMMEND AM GESTEIN DES INSELLANDES,
LEBET WOHL, IHR HITZGEN KLEINEN PFERDE
WALLEND UM DIE KRUEMMUNGEN DES STRANDES,
LEBET, SCHAFE, WOHL  GEDRAENGTE HERDE
MIT DEN WEICHSTEN VLIESSEN AUF DER ERDE
C
LEBET WOHL, IHR GRELLEN HIRTENFLOETEN,
UM DIE GUNST DER JUNGEN KORSIN WERBEND
LEBET WOHL, IHR WARMEN ABENDROETEN,
IN DEN WEITEN HIMMELN SELIG STERBEND,
ERST DIE WOLKEN, DANN DIE FLUTEN FAERBEND
C
MAERCHEN, AUS DEM TAGESLICHT VERSCHOLLEN,
AN AJACCIOS NAECHTGER HAFENSTIEGE
LEBE WOHL IM DUMPFEN WOGENROLLEN
EHERNES GEDROEHN DER HUNDERT SIEGE
UM DES TOTEN WELTEROBRERS WIEGE
C SEITE 18
SCHWER ENTSAGT DAS AUG DER OFFNEN FERNE,
SCHWER DAS OHR DEM MEERESWELLENSCHLAGE-
UNTER KAELTRE SONNEN, BLASSRE STERNE
FOLGET MIR, IHR INSELWANDERTAGE,
UND UMKLINGT MICH DORT WIE EINE SAGE...
C
C NAPOLEON IM KREML SEITE 181
118
ER NICKT MIT SEINEM GROSSEN HAUPT
AM FEUER EINES FREMDEN HERDS
IM TRAUM ERBLICKT ER EINEN GEIST,
DER SEINES PURPURS SPANGE LOEST.
C
DER DAEMON SCHREIT MIT WILDER GIER
)MICH LUESTET NACH DEM ROTEN KLEID
IN UNGEZAEHLTER MENSCHEN BLUT
GETAUCHT, VERFAERBT DER PURPUR NICHT )
C
DIE BEIDEN RANGEN LEIB AN LEIB.
)GIB HER )- )GIB HER ) DER DAEMON FLEUCHT
MIT SPITZEN FLUEGELN DURCH DIE NACHT
UND SCHLEIFT DEN PURPUR HINTER SICH.
C
UND WO DER PURPUR FLATTERND FLIEGT,
SPRUEHN FUNKEN, LODERN FLAMMEN AUF
DER KORSE FAEHRT AUS SEINEM TRAUM
UND STARRT IN MOSKAUS WEITEN BRAND.
C
C DIE KORSIN SEITE 182
119
ALS DAS MUETTERLEIN ERKRANKT,
ZOG ES AECHZEND AUS DIE SCHUH,
IST DEM BETTLEIN ZUGEWANKT,
BETTET' SICH ZUR EWGEN RUH,
SEINE HAARE WEISS WIE FLACHS,
SEINE FUESSE GELB WIE WACHS-
STATT WIE MUETTERLEIN ZU TUN,
STERB ICH STRACKS IN MEINEN SCHUHN
C
HEUTE WAR ICH IN DER STADT
MIT DEM LETZTEN SILBERLING,
SCHAUTE, WAS DER KRAEMER HAT,
KRAMTE WEDER KREUZ NOCH RING,
KAUFTE MEHL VON WEIZENKORN
UND EIN VOLLES PULVERHORN-
IN DIE FREIEN BERGE NUN
LAUF ICH STRACKS IN MEINEN SCHUHN
C
REITEN JUST DIE BLAUEN AUS,
TRINKEN BEIM BATTISTA WEIN,
LADEN SCHARF AM ZOLLERHAUS,
SPRENGEN INS GEBIRG HINEIN...
RASCH ZUR LINKEN ABGESCHWEIFT
PSSS... DIE ERSTE KUGEL PFEIFT-
NAECHTENS BEI DEM LIEBSTEN RUHN
WERD ICH STRACKS IN MEINEN SCHUHN
C
C DER GESANG DES MEERES SEITE 183
12
WOLKEN, MEINE KINDER, WANDERN GEHEN
WOLLT IHR; FAHRET WOHL  AUF WIEDERSEHEN
EURE WANDELLUSTIGEN GESTALTEN
KANN ICH NICHT IN MUTTERBANDEN HALTEN.
C
IHR LANGWEILET EUCH AUF MEINEN WOGEN,
DORT DIE ERDE HAT EUCH ANGEZOGEN
KUESTEN, KLIPPEN UND DES LEUCHTTURMS FEUER
ZIEHET, KINDER  GEHT AUF ABENTEUER
C
SEGELT, KUEHNE SCHIFFER, IN DEN LUEFTEN
SUCHT DIE GIPFEL  RUHET UEBER KLUEFTEN
BRAUET STUERME  BLITZET  LIEFERT SCHLACHTEN
TRAGET GLUEHNDEN KAMPFES PURPURTRACHTEN
C
RAUSCHT IM REGEN  MURMELT IN DEN QUELLEN
FUELLT DIE BRUNNEN  RIESELT IN DIE WELLEN
BRAUST IN STROEMEN DURCH DIE LANDE NIEDER-
KOMMET, MEINE KINDER, KOMMET WIEDER
C
C DAS STRANDKLOSTER SEITE 184
121
BOLLWERK UND MAUER TRUTZEN
DEM WELLENWURF SCHON EIN JAHRTAUSEND JA,
WIR SINGEN, ELF KAPUZEN,
EIN KRAEFTIG SCHALLEND DEO GLORIA
C
DIE KUTTEN, STARK GEWOBEN,
UMHINGEN UNS IN BRAUNEN LAPPEN LANG,
SIE SIND GEMACH VERSTOBEN,
DIE STAEUBCHEN IRREN DURCH DEN KLOSTERGANG.
C
DIE ORGEL IM EMPORE
SPIELT UNSER ZWOELFTES TOTES BRUEDERLEIN,
HIER RIESELT UNS IM CHORE
DER MORSCHE KALK SANFT INS GERIPP HEREIN.
C
ES GLITT VOR TAUSEND JAHREN
DEM STRAND EIN SARAZENENSEGEL NAH,
SOBALD'S VORBEIGEFAHREN,
ANSTIMMTEN WIR EIN KRAEFTIG GLORIA.
C
ERGOETZT VON UNSERM SINGEN,
NAHM DER PIRAT ZU UNS ZURUECK DEN LAUF,
ZWOELF KOEPFE LIESS ER SPRINGEN,
DAS BLUT SCHOSS WIE AUS BRUNNENROEHREN AUF.
C
WIR SINGEN OHNE KEHLEN,
WIR SITZEN FROEHLICH OHNE SCHAEDEL DA,
WIR SINGEN MIT DEN SEELEN
EIN KRAEFTIG SCHALLEND DEO GLORIA
C SEITE 185
DER MORGENSTRAHL, DER SCHIEFE,
DURCHS RECHTE FENSTER AEUGELT ER HEREIN,
VERGOLDEND IN DER TIEFE
EIN LUSTIGLICH PSALLIEREND TOTENBEIN.
C
DER ABENDSTRAHL, DER SCHRAEGE,
DURCHS LINKE FENSTER BLINZELT ER HEREIN,
UND ZAEHLT, OB ALLERWEGE
WIR RICHTIG UNSER ELF GESPENSTER SEI'N.
C
OFT UEBERTAEUBT DAS DROEHNEN
DES MEERS DIE NOTEN UNSRER LITANEI,
AUS UNSERN ORGELTOENEN
ERHEBT SICH OFT EIN SCHRILLER MOEWENSCHREI-
C
BOLLWERK UND MAUER TRUTZEN
DEM WELLENWURF NOCH TAUSEND JAHRE JA,
WIR SINGEN, ELF KAPUZEN,
EIN KRAEFTIG SCHALLEND DEO GLORIA
C
C NICOLA PESCE SEITE 186
122
EIN HALBES JAEHRCHEN HAB ICH NUN GESCHWOMMEN
UND NOCH BEHAGT MIR DIESES KUEHLE GLEITEN,
DER ARME LAESSIG AUSEINANDERBREITEN-
DIE FASTENSPEISE MAG DER SEELE FROMMEN
C
HALB SCHLUMMERND LIEG ICH STUNDENLANG, UMGLOMMEN
VON WETTERLEUCHTEN, BIS AUF ALLEN SEITEN
SICH WOGEN TUERMEN. MAENNLICH GILT'S ZU STREITEN.
ICH FREUE MICH. STETS BIN ICH DURCHGEKOMMEN.
C
WAS MACHTE MICH ZUM FISCH; EIN MISSVERSTAENDNIS
MIT MEINEM WEIB. VERMEHRTE MENSCHENKENNTNIS.
MEIN WANDERDRANG UND MEINE FARBENLUST.
C
DIE FURCHT VERLERNT' ICH UEBER TODESTIEFEN,
FAST BIS ZUM FRIEREN KUEHLT' ICH MIR DIE BRUST-
ICH BLEIB EIN FISCH UND MEINE HAARE TRIEFEN
C
C ZWIEGESPRAECH SEITE 187
123
C SONNE
MEINE STRAHLEN SIND GEKNICKTE SPEERE,
ICH VERSANK IN BLUT'GER HELDENEHRE-
C ABENDROETE
WIE DER RUHM, WILL ICH MIT LICHTEN HAENDEN
IN DAS NAHE DUNKEL GRUESSE SPENDEN.
C SONNE
FOLGE DEINER SONNE  LAENGS DEM STRANDE
SCHLEPPE NICHT DIE DAEMMERNDEN GEWANDE
C ABENDROETE
DARF ICH NICHT ANS STERBEN MICH GEWOEHNEN
MIT DEN SANFTEN, MIT DEN GRUENEN TOENEN;
C SONNE
EILE DICH  BEVOR DEN JUNGEN HELDEN
EINES NEUEN TAGES FACKELN MELDEN
C ABENDROETE
ICH BIN DEIN, DIR FOLG ICH UNAUFHALTSAM
ICH BIN DEIN, DOCH ZIEH MICH NICHT GEWALTSAM...
C
C FLUT UND EBBE SEITE 188
124
IN EINEM FERNEN UMBRANDETEN LAND
SPIELEN DIE MAEDCHEN EIN SPIEL AN DEM STRAND,
SCHREITEN IM REIGEN, HEITER GESINNT,
WANN ZU STEIGEN DIE FLUT BEGINNT,
WEICHEN ZURUECK IN GEMESSNER FLUCHT
AUS DER SCHWELLENDEN MEERESBUCHT.
IN DEN GEWAESSERN RUHIGKLAR
WERDEN SIE KRAUSE GESTALTEN GEWAHR,
ROLLT EINE WOGE, SIE SEHEN EIN ROSS,
SEHN EIN REITER, BIS ER ZERFLOSS.
)SCHAUET DEN MEERMANN  GARSTIG GESICHT
GRINZENDE LARVE  DU HASCHEST MICH NICHT )
ABER DAS MEER, ES WAECHST UND NAHT-
)FLIEHET, IHR SCHWESTERN  SONST WIRD'S ZU SPAET )
ALLE SIE STUERZEN IN HASTIGEM LAUF,
GLEITEN UND REISSEN DIE STRAUCHELNDEN AUF
BIS ZU DER BANK, WO DIE EBBE BEGINNT,
WO, WIE SIE WISSEN, DAS WASSER ZERRINNT.
DORT IST GELAGERT DER FLUECHTIGE CHOR,
ZIEHT AN DEM FELSEN DIE FUESSE EMPOR,
FLEHT IN DEN HIMMEL MIT BRUENSTIGEM SCHREI'N
)GOETTER  IHR LASSET DIE UNSCHULD ALLEIN;)
ABER DIE FLUT, DA DEN RAUB SIE BERUEHRT,
HAT DAS VERHAENGNIS DES EBBENS GESPUERT,
UND, WIE ERSCHRECKT DURCH DAS MAIDLICHE ACH,
GLEITET SIE NIEDER UND FAELLT GEMACH-
C SEITE 189
GEGEN DIE ZIEHNDE MIT DROHENDEM ARM
HEBT SICH VERFOLGEND DER BLUEHENDE SCHWARM
)HOEHNET DIE FEIGEN  SIE FLIEHN AUS DEM KRIEG
KRAENZET DIE LOCKEN UND FEIERT DEN SIEG )
C
ALSO VERGNUEGT SICH DAS STERBLICHE HEER
MIT DEM GELASSNEN, DEM EWIGEN MEER.
C
C MOEWENFLUG SEITE 19
125
MOEWEN SAH UM EINEN FELSEN KREISEN
ICH IN UNERMUEDLICH GLEICHEN GLEISEN,
AUF GESPANNTER SCHWINGE SCHWEBEN BLEIBEND,
EINE SCHIMMERND WEISSE BAHN BESCHREIBEND,
UND ZUGLEICH IN GRUENEM MEERESSPIEGEL
SAH ICH UM DIESELBEN FELSENSPITZEN
EINE HELLE JAGD GESTRECKTER FLUEGEL
UNERMUEDLICH DURCH DIE TIEFE BLITZEN.
UND DER SPIEGEL HATTE SOLCHE KLARHEIT,
DASS SICH ANDERS NICHT DIE FLUEGEL HOBEN
TIEF IM MEER, ALS HOCH IN LUEFTEN OBEN,
DASS SICH VOELLIG GLICHEN TRUG UND WAHRHEIT.
C
ALLGEMACH BESCHLICH ES MICH WIE GRAUEN,
SCHEIN UND WESEN SO VERWANDT ZU SCHAUEN,
UND ICH FRAGTE MICH, AM STRAND VERHARREND,
INS GESPENSTISCHE GEFLATTER STARREND
UND DU SELBER; BIST DU ECHT BEFLUEGELT;
ODER NUR GEMALT UND ABGESPIEGELT;
GAUKELST DU IM KREIS MIT FABELDINGEN;
ODER HAST DU BLUT IN DEINEN SCHWINGEN;
C
C DAS ENDE DES FESTES SEITE 191
126
DA MIT SOKRATES DIE FREUNDE TRANKEN
UND DIE HAEUPTER AUF DIE POLSTER SANKEN,
KAM EIN JUENGLING, KANN ICH MICH ENTSINNEN,
MIT ZWEI SCHLANKEN FLOETENBLAESERINNEN.
C
AUS DEN KELCHEN SCHUETTEN WIR DIE NEIGEN,
DIE GESPRAECHESMUEDEN LIPPEN SCHWEIGEN,
UM DIE WELKEN KRAENZE ZIEHT EIN SINGEN...
STILL  DES TODES SCHLUMMERFLOETEN KLINGEN
C
C V LIEBE SEITE 193
C ALLES WAR EIN SPIEL SEITE 195
127
IN DIESEN LIEDERN SUCHE DU
NACH KEINEM ERNSTEN ZIEL
EIN WENIG SCHMERZ, EIN WENIG LUST,
UND ALLES WAR EIN SPIEL.
C
BESONDERS FORSCHE NICHT DANACH,
WELCH ANTLITZ MIR GEFIEL,
WOHL LEUCHTEN AUGEN VIELE DRIN,
DOCH ALLES WAR EIN SPIEL.
C
UND OB VERSTOHLEN AUF EIN BLATT
AUCH EINE TRAENE FIEL,
GETROCKNET IST DIE TRAENE LAENGST,
UND ALLES WAR EIN SPIEL.
C
C ZWEI SEGEL SEITE 196
128
ZWEI SEGEL ERHELLEND
DIE TIEFBLAUE BUCHT
ZWEI SEGEL SICH SCHWELLEND
ZU RUHIGER FLUCHT
C
WIE EINS IN DEN WINDEN
SICH WOELBT UND BEWEGT,
WIRD AUCH DAS EMPFINDEN
DES ANDERN ERREGT.
C
BEGEHRT EINS ZU HASTEN,
DAS ANDRE GEHT SCHNELL,
VERLANGT EINS ZU RASTEN,
RUHT AUCH SEIN GESELL.
C
C HESPEROS SEITE 197
129
UEBER SCHWARZEM TANNENHANGE
SCHIMMERST MIR ZUM ABENDGANGE,
EINE LIEBE FUEHL ICH NEIGEN
SICH IN DEINEM NIEDERSTEIGEN,
UNBEMERKT BIST DU GEKOMMEN,
AUS DER BLASSEN LUFT ENTGLOMMEN-
SO MIT UNGEHOERTEN TRITTEN
DURCH DIE DAEMMERUNG HERGEGLITTEN
KAM DIE MUTTER, DIE MIR LEGTE
AUF DIE SCHULTER DIE BEWEGTE
HAND, DASS ICH IHR NICHT VERHEHLE,
WAS ICH LEIDE, WAS MICH QUAELE,
UND WARUM ICH OHNE KLAGE
MICH VERZEHRE, MICH ZERNAGE.
UND ICH SCHWIEG UND UNTER ZAEHREN
LIESS SIE MEINEN TROTZ GEWAEHREN.
HAT SIE WOHNUNG JETZT, DIE MILDE,
DORT IN DEINEM LICHTGEFILDE;
DEINER STRAHLEN SAUG ICH JEDEN,
DURCH DAS DUNKEL HOER ICH REDEN,
&UND MIR IST, ALS OB DIE KUEHLE
HAND ICH AUF DER SCHULTER FUEHLE_
REDEN NICHT VON SELIGKEITEN,
NUR ERINNRUNG ALTER ZEITEN-
JETZT VERSTEHT SIE OHNE KUNDE
WER ICH BIN IM HERZENGRUNDE.
DIES UND JENES MUSS SIE SCHELTEN,
ANDRES LAESST SIE HEITER GELTEN,
UND SIE MEINT, WIE SICH'S ENTSCHIEDEN,
GEBE SIE SICH AUCH ZUFRIEDEN...
C SEITE 198
ABENDSTERN, DU EILST GESCHWINDE
LASS SIE PLAUDERN MIT DEM KINDE
FREUNDLICH ZITTERND GEHST DU NIEDER...
MUTTER, MUTTER, KOMME WIEDER
C
C DAS BEGRABENE HERZ SEITE 199
13
MICH DENKT ES EINES ALTEN TRAUMS.
ES WAR IN MEINER DUMPFEN ZEIT,
DA JUNGE WILDHEIT IN MIR GOR.
BEKUEMMERT WAR DIE MUTTER OFT.
DA KAM EINMAL EIN SCHLIMMER BRIEF.
&WAS ER ENTHIELT, ERRIET ICH NIE._
DIE MUTTER FUHR SICH MIT DER HAND
ZUM HERZEN, FAST ALS STUERB' ES IHR.
DIE NACHT DARAUF HATT' ICH DEN TRAUM
DIE MUTTER SAH VERSTOHLEN ICH
NACH UNSERM TANNENWINKEL GEHN,
DEN SPATEN IN DER ZARTEN HAND,
SIE GRUB EIN GRAB UND LEGT' EIN HERZ
HINUNTER SACHT. SIE EBNETE
DIE ERDE DANN UND SCHLICH DAVON.
C
C OHNE DATUM & AN MEINE SCHWESTER_  SEITE 2
131
DU SCHERZEST, DASS EIN DATUM ICH VERGASS,
UND MEINST, ICH DUERFTE BEI DEM STUNDENMASS
MIT EINEM FEDERSTRICHE MICH VERWEILEN.
DU SCHREIBST  )DATIERE KUENFTIG DEINE ZEILEN )
DOCH WAR DAS ZAEHLEN MEINE SACHE NIE,
NACH DEM WIEVIELTEN SUCH ICH STETS VERGEBENS,
AUCH DIESE ZEILEN, WIE DATIER ICH SIE;
)AUS ALLEN AUGENBLICKEN MEINES LEBENS )
C
KURZ IST UND EILIG EINES MENSCHEN TAG,
ER DRAENGT, ER PULST, ER FLUTET, SCHLAG UM SCHLAG,
WIE EINES HERZENS UNGESTUEMES KLOPFEN...
WER TEILT DIE JAGD DES BLUTS UND SEINER TROPFEN;
ES IST DER STURM, DER NIE ZUR RUESTE GEHT,
DIE WECHSELGLUT DES NEHMENS UND DES GEBENS,
UND MEINE HAARE FLATTERN WINDVERWEHT
IN ALLEN AUGENBLICKEN MEINES LEBENS.
C
ZU RUHN IST MIR VERSAGT, ES TREIBT MICH FORT,
DIE STUNDE RENNT- DOCH HAB ICH EINEN HORT,
DEN KEINE MIR ENTFUEHRT, IN DEINER TREUE
SIE IST DIE ALTE WIE DIE EWIG NEUE,
SIE IST DIE RAST IN DIESER FLUCHT UND FLUT,
EIN FROMM GELEITE LEISEN FLUEGELSCHWEBENS,
SIE IST DER SEGEN, DER BESTAENDIG RUHT
AUF ALLEN AUGENBLICKEN MEINES LEBENS.
C SEITE 2 1
ICH HEMME DIE BESCHWINGTEN ROSSE NICHT,
ICH FREUE MICH, MIT JEDEM NEUEN LICHT
DAS FELD GESTRECKTEN LAUFES ZU DURCHMESSEN,
EIN FERNES, DUNKLES GESTERN ZU VERGESSEN,
ICH FLIEGE- HINTER MIR VERSINKT DIE ZEIT-
IM MORGENSONNENSTRAHL VERJUENGTEN STREBENS ...
VORBEI ... NUR DU ALLEIN WEISST NOCH BESCHEID
VON ALLEN AUGENBLICKEN MEINES LEBENS.
C
C DIE AMPEL SEITE 2 2
132
AN DES JAHRES WENDE SPRACH ICH  MUSE,
KEINER MUTTER HAND BESCHERT MICH  GIB MIR
DU MEIN ANGEBINDE, MUSE  FLEHT' ICH.
IN DIE KAMMER, LAUSCHEND VOR DEM LAGER,
SAH ICH BALD DER SCHWESTERN EINE SCHREITEN.
AUF MEIN TISCHCHEN SETZT' SIE EINER AMPEL
ZARTE FORM MIT SCHLANKGESCHWEIFTEN HENKELN,
ABER DIE MIR KEINESWEGS ANTIK SCHIEN.
ICH ERSCHRAK. WAS MEINST DU, MUSE; RAETST DU
NAECHTLICH AUSZUFEILEN MEINE VERSE;
SCHON ENTSCHWEBEND, WANDTE SIE DAS ANTLITZ
HALB. ICH SAH DES MUSENHAUPTES EDELN
UMRISS MIT DEN SPOTTEND FEINEN LIPPEN...
ALS ICH DANN IN NEUEM JAHR ERWACHTE,
KEINE AMPEL  DOCH ICH FAND SIE WIEDER-
UND ERKANNTE GLEICH SIE AN DER ZARTEN
FORM UND AN DEN SCHLANKGESCHWEIFTEN HENKELN-
IN DES LIEBCHENS HAND, DAS MIR DIE TREPPE
NAECHTLICH HELLT' MIT STILLEN AMPELSTRAHLEN.
SCHEIDEND AUF DIE LETZTE STUFE SETZT' SIE
DAS GESCHENK DER MUSE SACHT UND KUESST' MICH.
C
C UNRUHIGE NACHT SEITE 2 3
133
HEUT WARD MIR BIS ZUM JUNGEN TAG
DER SCHLUMMER ABGEBROCHEN,
IM HERZEN GING ES SCHLAG AUF SCHLAG
MIT HAEMMERN UND MIT POCHEN,
C
ALS TRIEB' SICH EINE BUBENSCHAR
WILD UM IN BEIDEN KAMMERN,
GEWAEHRT HAT, BIS ES MORGEN WAR,
DAS KLOPFEN UND DAS HAMMERN.
C
NUN WEIST ES SICH BEI TAGESSCHEIN,
WAS DRIN GESCHAFFT DIE RANGEN
SIE HABEN MIR IM HERZENSCHREIN
DEIN BILDNIS AUFGEHANGEN
C
C DER KAMERAD SEITE 2 4
134
MIT DEM TODE SCHLOSS ICH KAMERADSCHAFT.
UEBER EINEM VOLLEN HUMPEN SASSEN
OFT WIR NAECHTENS UND PHILOSOPHIERTEN.
AUCH ZUSAMMEN GINGEN WIR SPAZIEREN,
LAUSCHTEN MIT ELEGISCHEN GEFUEHLEN
NACH DEM PILGERRUF DER ABENDGLOCKE.
ABER MAENNLICH AUCH AN MEINER SEITE
STAND DER KAMERAD UND SEKUNDIERTE,
ODER WANN ICH IM GEBIRG VERIRRT WAR,
HANGEND UEBER SCHWINDELND TIEFEM ABGRUND,
SPRACH ER  )BLICK MIR IN DAS AUGE RUHIG )
UND ICH TAT ES UND ICH WAR GERETTET-
LANGE STANDEN WIR AUF GUTEM FUSSE,
BIS MICH VOLLES LEBEN UEBERSTROEMTE
GLUEHEND WARM MIT UNBEKANNTER FUELLE,
UND MIR SCHAUDERTE VOR MEINEM FREUNDE...
ALS DAS LIEBCHEN HEUTE MIR AM HALS HING,
UEBER SEINE SCHULTER WEG ERBLICKT' ICH
MEINES KAMERADEN LEICHTEN UMRISS
AUF DEM ABENDHIMMEL UND ER GROLLTE
)BIN ICH DIR VERLEIDET; DEINE FEIGEN
LIPPEN MEIDEN MEINEN SCHLICHTEN NAMEN;
IST DAS HUEBSCH VON EINEM KAMERADEN;)
IN DEMSELBEN AUGENBLICK UMARMTE
LIEBCHEN MICH UND RIEF  )SO MOECHT' ICH STERBEN
KOMME, TOD, UND RAUB MICH, TOD, IM KUSSE )
C SEITE 2 5
UND DER TOD, VON SCHWELLEND JUNGEN LIPPEN
HEISS UND LEIDENSCHAFTLICH ANGERUFEN,
HOERTE SEINEN NAMEN MIT VERGNUEGEN.
UEBER SEIN GEHEIMNISVOLLES ANTLITZ
GLITT EIN LEUCHTEN UND ER SCHIED IN MINNE.
C
C SPIELZEUG SEITE 2 6
135
LIEBCHEN FAND ICH SPIELEND. EINEN KASTEN
HATTE ICH ENTDECKT VOLL LAENGSTVERGESSNEN
STAUBGEN KINDERSPIELZEUGS  MAUERN, TORE,
RATHAUS, HAEUSER, HAEUSERCHEN UND KIRCHE...
SIE ERBAUT' DAS STAEDTCHEN MIT GELENKEN
HAENDEN, STELLT' DEN KIRCHTURM IN DIE MITTE.
DOCH EIN HAEUSCHEN HATT' SIE VORBEHALTEN,
VORBEHALTEN SIEBEN GRUENE PAPPELN
FUER EIN ALLERLIEBSTES KLEINES LANDGUT.
NICHT ZU NAH  IM STAEDTCHEN KLATSCHT MAN SUENDLICH.
NICHT ZU FERNE  MAN BEDARF DER MENSCHEN.
)EBEN SIND WIR EINGEZOGEN ) JUBELT'
SIE UND KLATSCHT' IN IHRE KLEINEN HAENDE.
IN DER WONNE DES ERWORBNEN HEIMES
RISS ICH LIEBCHEN AN MICH SO GEWALTSAM,
DASS DEN ARM SIE STRECKTE WIE ERTRINKEND...
WAS ERWISCHTE SIE MIT SCHNELLEN FINGERN,
ENG AN MEINE BRUST GEPRESST; DIE KIRCHE,
JA DIE KIRCHE MIT DEM ROTEN DACH WAR'S,
UND SIE STELLT' SIE DICHT VOR UNSER LANDHAUS.
C
C WEIHGESCHENK SEITE 2 7
136
HEUTE DEINER ZU GEDENKEN,
DEREN GRAB DIE NACHT BETAUT,
NAHEN WIR MIT WEIHGESCHENKEN
UND GEDAEMPFTEM KLAGELAUT
WARUM WAR DIR'S NICHT GEGEBEN,
MUTIG DEINEN TAG ZU LEBEN;
C CHOR
WARUM SCHAWNDST DU VOR DEM ZIEL,
ALLERLIEBLICHSTES GESPIEL;
C
BRAUNE, SCHWERMUTVOLLE AUGEN,
OEFFNET EUCH EIN LETZTES MAL
LASST AUS EUREN TIEFEN SAUGEN
MICH NOCH EINEN SUESSEN STRAHL
O WIE HATT' ICH EUCH SO GERNE,
TRAUTE, TRAEUMERISCHE STERNE-
C CHOR
SANFTEN SCHLUMMER, GUTE RUH
TU DIE AUGEN WIEDER ZU
C
WIE DAS SCHUETTERN ZARTER SAITEN
SCHLICHEN SICH IN JEDES HERZ
DEINE STILLEN LIEBLICHKEITEN,
DEINER ZUEGE LEISER SCHMERZ
FEUCHTE WALDESSCHATTEN LAGEN
UEBER DIR IN LENZESTAGEN-
C CHOR
SCHWERMUT, KOENIGIN DER NACHT,
HAT IHR MAEGDLEIN UMGEBRACHT
C SEITE 2 8
WIE EIN REH, DEM WALD ENTRONNEN,
DAS EIN UEPPIG TAL ENTDECKT,
NAHTEST SCHUECHTERN DU DEM BRONNEN,
BEBST, VOM EIGNEN BILD ERSCHRECKT
AENGSTLICH, WO SICH WEGE TEILEN,
SEH ICH ZWEIFELN DICH UND WEILEN-
C CHOR
OHNE GLAUBEN AN DAS GLUECK,
FLOHST INS DUNKEL DU ZURUECK
C
ZEIGTE JUNG EIN ARGER SPIEGEL
DIR DEN WURM IN JEDER FRUCHT;
SCHWEBTE NAHEN TODES FLUEGEL
UEBER DIR MIT EIFERSUCHT;
NIE HAT DICH EIN ARM UMSCHLOSSEN,
LIEBE HAST DU NIE GENOSSEN-
C CHOR
IN DER SEL'GEN KEUSCHEN HAIN
TRATEST UNVERMAEHLT DU EIN.
C
WILLIG STIEGEST DU DIE STUFEN
NIEDER IN DEIN FRUEHES GRAB,
WANDTEST DICH, VON UNS GERUFEN,
LAECHELND UM- UND STIEGST HINAB
MIT GELASSENER GEBAERDE
SCHIEDEST DU VOM GRUEN DER ERDE-
C CHOR
LIESSEST DU DAS SUESSE LICHT,
DOCH VERGESSEN BIST DU NICHT
C
C DER BLUTSTROPFEN SEITE 2 9
137
ZUR ZEIT DER LESE WAR'S IM WINZERHAUS.
DES HERDES GOLDNE FLAMME PRASSELTE,
DIE FENSTERSCHEIBEN UEBERHAUCHTEN SICH
UND DRAUSSEN SCHOLL DAS EVOE GEISTERHAFT
AUS NEBELDAEMMER. BECHER KLANGEN. JUNG
UND ALT EMPFAND DIE BACCHISCHE GEWALT.
MIT EINEM ZARTEN SCHIMMER ROETETEN
SELBST IHR DIE WANGEN SICH, DIE UNSER GAST
UND DIESER ERDE GAST NICHT LANGE WAR,
EIN STILLES, SCHEUES, UNGEZAEHMTES KIND.
ZUM REIGEN RIEF LYAEUS. JENE SCHLICH
SICH WEG. INS FREIE BLICKTE SIE HINAUS
DURCHS FENSTER. DANN BESCHRIEB SIE TRAEUMERISCH,
DIE GANZ SICH UNBEACHTET WAEHNENDE,
DIE SCHEIBE MIT DEM FINGER. WEH  UMSTELLT,
BELAUERT WURDE SIE VON EINEM SCHWARM
UND UEBERFALLEN. RASCH IN TRUEMMER SCHLUG,
DAS ANTLITZ GLUTBEDECKT, DIE SCHEIBE SIE,
SICH SELBST VERWUNDEND. DIESES TUECHLEIN HIER,
DAS ALS RELIQUIE MIR IM SCHREINE LIEGT,
FING, UEBER DIE VERLETZTE HAND GELEGT,
DAS QUELLEN EINES TROPFEN BLUTES AUF,
DER WARM IHR EBEN ERST IM HERZEN RANN.
C
JUNG SCHWAND SIE HIN, UND KEIN LEBENDGER WEISS,
WAS DORT GESCHRIEBEN AUF DER SCHEIBE STAND-
ALS DIESER BLEICHE TROPFEN BLUTS VIELLEICHT.
C
C STAPFEN SEITE 21
138
IN JUNGEN JAHREN WAR'S. ICH BRACHTE DICH
ZURUECK INS NACHBARHAUS, WO DU ZU GAST,
DURCH DAS GEHOELZ. DER NEBEL RIESELTE,
DU ZOGST DES REISEKLEIDS KAPUZE VOR
UND BLICKTEST TRAULICH MIT VERHUELLTER STIRN.
NASS WARD DER PFAD. DIE SOHLEN PRAEGTEN SICH
DEM FEUCHTEN WALDESBODEN DEUTLICH EIN,
DIE WANDERNDEN. DU SCHRITTEST AUF DEM BORD,
VON DEINER REISE SPRECHEND. EINE NOCH,
DIE LAENGRE, FOLGE DRAUF, SO SAGTEST DU.
DANN SCHERZTEN WIR, DER NAHEN TRENNUNG KLUG
DAS ANGESICHT VERHUELLEND, UND DU SCHIEDST,
DORT WO DER FIRST SICH UEBER ULMEN HEBT.
ICH GING DENSELBEN PFAD GEMACH ZURUECK,
LEIS SCHWELGEND NOCH IN DEINER LIEBLICHKEIT,
IN DEINER WILDEN SCHEU, UND WOHLGEMUT
VERTRAUEND AUF EIN BALDIG WIEDERSEHN.
VERGNUEGLICH SCHLENDERND, SAH ICH AUF DEM RAIN
DEN UMRISS DEINER SOHLEN DEUTLICH NOCH
DEM FEUCHTEN WALDESBODEN EINGEPRAEGT,
DIE KLEINSTE SPUR VON DIR, DIE FLUECHTIGSTE,
UND DOCH DEIN WESEN  WANDERND, REISEHAFT,
SCHLANK, REIN, WALDDUNKEL, ABER O WIE SUESS
DIE STAPFEN SCHRITTEN JETZT ENTGEGEN DEM
ZURUECK DIESELBE STRECKE WANDERNDEN
AUS DEINEN STAPFEN HOBST DU DICH EMPOR
VOR MEINEM INNERN AUGE. DEINEN WUCHS
ERBLICKT' ICH MIT DES BUSENS ZARTEM BUG.
VORUEBER GINGST DU, EINE TRAUMGESTALT.
C SEITE 211
DIE STAPFEN WURDEN JETZT UNDEUTLICHER,
VOM REGEN HALB GELOESCHT, DER STAERKER FIEL.
DA UEBERSCHLICH MICH EINE TRAURIGKEIT
FAST UNTER MEINEM BLICK VERWISCHTEN SICH
DIE SPUREN DEINES LETZTEN GANGS MIT MIR.
C
C WETTERLEUCHTEN SEITE 212
139
IM GARTEN SCHRITT ICH DURCH DIE LENZESNACHT.
DES JAHRES ERSTE BLITZE LODERTEN.
DIE JUNGEN BLUETEN GLOMMEN FEUERROT
UND BLICHEN WIEDER DANN. EIN SCHOENES SPIEL,
DAVOR ICH STILLE HIELT. DA SAH ICH DICH
MIT EINEM BLUETENZWEIGE SPIELTEST DU,
UND FLUCHT DER ZEIT ZURUECK ERKANNT' ICH DICH,
DIE JUST DES HIMMELS FEUER UEBERGLOMM.
ERGLUEHEND STANDEST DU, WIE DAZUMAL,
DA DICH DAS ERSTE LIEBESWORT ERSCHRECKT,
DU UNGEBAENDIGTE, DU FLUECHTENDE
DANN MIT DEN BLUETEN WIEDER BLICHEST DU.
C
C LETHE SEITE 213
14
JUENGST IM TRAUME SAH ICH AUF DEN FLUTEN
EINEN NACHEN OHNE RUDER ZIEHN,
STROM UND HIMMEL STAND IN MATTEN GLUTEN
WIE BEI TAGES NAHEN ODER FLIEHN.
C
SASSEN KNABEN DRIN MIT LOTOSKRAENZEN,
MAEDCHEN BEUGTEN UEBER BORD SICH SCHLANK,
KREISEND DURCH DIE REIHE SAH ICH GLAENZEN
EINE SCHALE, DRAUS EIN JEDES TRANK.
C
JETZT ERSCHOLL EIN LIED VOLL SUESSER WEHMUT,
DAS DIE SCHAR DER KRANZGENOSSEN SANG-
ICH ERKANNTE DEINES NACKENS DEMUT,
DEINE STIMME, DIE DEN CHOR DURCHDRANG.
C
IN DIE WELLE TAUCHT' ICH. BIS ZUM MARKE
SCHAUDERT' ICH, WIE SELTSAM KUEHL SIE WAR.
ICH ERREICHT' DIE LEISE ZIEHNDE BARKE,
DRAENGTE MICH IN DIE GEWEIHTE SCHAR.
C
UND DIE REIHE WAR AN DIR ZU TRINKEN,
UND DIE VOLLE SCHALE HOBEST DU,
SPRACHST ZU MIR MIT TRAUTEM AUGENWINKEN
)HERZ, ICH TRINKE DIR VERGESSEN ZU )
C
DIR ENTRISS IN TROTZGEM LIEBESDRANGE
ICH DIE SCHALE, WARF SIE IN DIE FLUT,
SIE VERSANK UND SIEHE, DEINE WANGE
FAERBTE SICH MIT EINEM SCHEIN VON BLUT.
C SEITE 214
FLEHEND KUESST' ICH DICH IN WILDEM HARME,
DIE DEN BLEICHEN MUND MIR WILLIG BOT,
DA ZERRANNST DU LAECHELND MIR IM ARME
UND ICH WUSST' ES WIEDER- DU BIST TOT.
C
C EINER TOTEN SEITE 215
141
WIE FUEHL ICH HEUTE DEINE MACHT,
ALS OB SICH DEINE WIMPER SCHATTE
VOR MIR AUF DIESEM AMPELHELLEN BLATTE
UM MITTERNACHT
DEIN AUGE SIEHT
BEGIERIG MEIN ENTSTEHEND LIED.
C
DEIN WESEN NEIGT SICH MEINEM ZU,
DU BIST'S  DOCH DEINE LIPPEN SCHWEIGEN,
UND LIESEST DU EIN WORT, DAS ZART UND EIGEN,
BIST'S WIEDER DU,
DEIN HERZENSBLUT,
INDES DEIN STAUB IM GRABE RUHT.
C
MIR IST, WANN MICH DEIN ATEM STREIFT,
DER ICH ERSTARKT AN KAMPF UND WUNDEN,
ALS SEIST IN DEINEN STILLEN GRABESSTUNDEN
AUCH DU GEREIFT
AN LIEBESKRAFT,
AN WILLEN UND AN LEIDENSCHAFT.
C
DIE MARMORURNE SETZTEN DIR
DIE DEINEN- UM DICH ZU VERGESSEN,
SIE ERBTEN, BAUTEN, FREITEN UNTERDESSEN,
DU LEBST IN MIR
WOZU BEWEINT;
DU LEBST UND FUEHLST MIT MIR VEREINT
C
C IHR HEIM SEITE 216
142
LANG VORUEBER GING ICH DEN GEHEGEN,
DRIN DER GIEBEL DEINES HEIMES RAGT,
DIESER PFORTE, DIESEN SCHATTENWEGEN
WER DA WOHNE, HAB ICH NICHT GEFRAGT.
WER DA WOHNE
HINTER EINER DUNKELN LINDENKRONE,
HAT DAS HERZ MIR NICHT VORAUSGESAGT.
C
PFADE LIEFEN DURCH DIE FEUCHTE WIESE,
KLEINE SOHLEN SAH ICH HIER UND DORT
EINGEZEICHNET AUF DEM WEICHEN KIESE,
ABER MEINES WEGES ZOG ICH FORT.
ICH BEGEHRTE
ZU VERFOLGEN NICHT DIE FLUECHTGE FAEHRTE,
ZU BETRETEN NICHT DEN STUMMEN ORT.
C
AUCH EIN RAUSCHEN HOERT' ICH AUS DER LINDE,
DIE DER HAUCH DER ABENDLUEFTE BOG
)KOMME, WANDRER), RIEF ES, )KOMM UND FINDE )
WAEHREND RASCHER ICH DES WEGES ZOG.
ICH VERTRAUTE
DEM VERSPRECHEN NICHT DER GEISTERLAUTE,
DEREN WEHN MIR OFT DAS HERZ BETROG.
C
UND DEN STERN DER LIEBE SAH ICH EILEN
DORT ZUM DUNKELSCHARFEN BERGESRAND,
AUF DEM SCHLANKEN GIEBEL BLITZEND WEILEN
WIE EIN ZITTERND FEUER, EH ER SCHWAND.
IM ENTWEICHEN
GAB DER FREUND AM HIMMEL MIR EIN ZEICHEN,
WANN ER UEBER MEINEM GLUECKE STAND.
C
C SEITE 217
LAENGST VERSUNKEN GLAUBT' ICH'S IN DIE FERNE,
DAS SO NAHE MIR VERBORGEN LAG
WER VERSTEHT DEN STILLEN WINK DER STERNE
VOR DEM RECHTEN, DEM BESTIMMTEN TAG;
VOR DER STUNDE,
DIE IHN ZIEHT ZU DEM ERSEHNTEN BUNDE,
DEN NICHT TOD NOCH LEBEN TRENNEN MAG;
C
LANG VORUEBER GING ICH DEINER LIEBE
DURCH DEN STAUB DES LEBENS UNBEWUSST,
DASS ZUR WONNE MIR DIE KLAGE BLIEBE
UND EIN LEISER SCHMERZ IN SEL'GER BRUST-
SCHMERZ UND KLAGE
UEBER OHNE DICH VERDARBTE TAGE,
DIE MIT DEINEM KUSS DU STILLEN MUSST.
C
C LIEBESJAHR SEITE 218
143
HAT SICH DIE KELTER GEDREHT; TANZT DORT MIT DEM LAUB EINE FLOCKE;
ZUCKTE DER BLITZ IM AUGUST; BLUEHTEN DIE KIRSCHEN IM MAI;
BLUETEN UND AEHREN UND TRAUBEN ERBLICKT' ICH IN SCHWELLENDEM KRANZ NUR
UM DAS GELIEBTESTE HAUPT UND ICH ERBLICKE SIE NOCH.
C
C WEIHNACHT IN AJACCIO SEITE 219
144
REIFE GOLDORANGEN FALLEN SAHN WIR HEUTE, MYRTE BLUEHTE,
EIDECHS GLITT ENTLANG DER MAUER, DIE VON SONNE GLUEHTE.
C
UNS ZU HAEUPTEN NEBEN EINEM MORSCHEN LAUBE FLOG EIN FALTER-
KEINE HERBE GRENZE SCHEIDET JUGEND HIER UND ALTER.
C
EH DAS WELKE BLATT VERWEHT IST, WIRD DIE KNOSPE NEU GEBOREN-
EINE LIEBLICHE VERWIRRUNG, SCHWEBT DER ZUG DER HOREN.
C
SPRICH, WAS TRAEUMEN DEINE BLICKE; FEHLT EIN WINTER DIR, EIN BLEICHER;
TEURES WEIB, DU BIST UM EINEN LICHTEN FRUEHLING REICHER
C
LIEBST DU DOCH DIE LANGEN SONNEN UND DIE KRAFT UND GLUT DER FARBEN
UND DU SEHNST DICH NACH DER HEIMAT, WO SIE LAENGST ERSTARBEN;
C
HORCH  DURCH PARADIESESWARME LUEFTE TOENEN WEIHNACHTSGLOCKEN
SPRICH, WAS TRAEUMEN DEINE BLICKE; VON DEN WEISSEN FLOCKEN;
C
C SCHNEEWITTCHEN SEITE 22
145
SCHNEEWITTCHEN HAST IM SCHERZ DU DICH GENANNT,
DA PLAUDERND EINST ZUSAMMEN WIR GESESSEN,
DER AUGEN TIEFES BLAU, DIE ELFENHAND,
DES NACKENS BLONDGEKRAUS, WER KANN'S VERGESSEN;
C
NOCH JUENGST- ICH SCHRITT EIN HOHES TAL ENTLANG,
ES WAR GEKROENT MIT SIEBEN SILBERSPITZEN,
DIE VON DEM HIMMELNAHEN FELSENHANG
HERUNTER AUF DIE GRUENEN PFADE BLITZEN-
C
)SCHNEEWITTCHEN ) RIEF ICH LAUT UND UNBEWUSST,
)SCHNEEWITTCHEN HINTER DEINEN SIEBEN BERGEN
FUEHRST DROBEN PUENKTLICH DU MIT KUEHLER BRUST
DEN KLEINEN HAUSHALT DEINEN SIEBEN ZWERGEN;)
C
EIN SPOTTEND ECHO NUR ANTWORTET' MIR,
DIE FELSSTIRN RUEMPFTE LACHEND IHRE FALTEN
UND DOCH, UND DOCH, MIR WAR'S, ICH HAETT' VON DIR,
SCHNEEWITTCHEN  EINEN LIEBEN GRUSS ERHALTEN.
C
C HIRTENFEUER SEITE 221
146
LIESSEST UNTER UNS DICH NIEDER,
LIEBE, LIEBENSWERTE FRAU,
ABER HEUTE ZIEHST DU WIEDER
WIE DIE STERNE ZIEHN IM BLAU.
C
SIEHST DEN ABENDSTERN DU BLINKEN
DORT VOR SEINEM UNTERGANG;
EINEN AUGENBLICK IM SINKEN
RUHT ER AUF DEM BERGESHANG.
C
IN DER FLUECHTIGEN MINUTE,
IN DEM EILENDEN MOMENT
IST'S ALS OB ER GASTLICH RUHTE,
WIE EIN HIRTENFEUER BRENNT.
C
ABER NUR DIE KLEINSTE WEILE
BRINGT ER AUF DER ERDE ZU,
SIEH- ER ZITTERT JA VOR EILE
UND VERSCHWINDET, FRAU, WIE DU.
C
C LASS SCHARREN DEINER ROSSE HUF  SEITE 222
147
GEH NICHT, DIE GOTT FUER MICH ERSCHUF
LASS SCHARREN DEINER ROSSE HUF
DEN REISERUF
C
DU WILLST VON MEINEM HERDE FLIEHN;
UND WEISST JA NICHT, WOHIN, WOHIN
DICH DEINE ROSSE ZIEHN
C
DIE STUNDE RINNT  DAS LEBEN JAGT
WIR HABEN UNS NOCH NICHTS GESAGT-
BLEIB BIS ES TAGT
C
DU DARFST AUS MEINEN ARMEN FLIEHN;
UND WEISST JA NICHT, WOHIN, WOHIN
DICH DEINE ROSSE ZIEHN...
C
C DAEMMERGANG SEITE 223
148
DU LEBST MEERUEBER
IN BLAUER FERNE
UND DU BESUCHST MICH
BEIM ERSTEN STERNE.
C
ICH MACH IM FELDE
DIE DAEMMERRUNDE,
UMBELLT, UMSPRUNGEN
VON MEINEM HUNDE.
C
ES RAUSCHT IM DICKICHT,
ES WEBT IM DUESTER,
AUF MEINE WANGE
HAUCHT WARM GEFLUESTER.
C
DAS WEGGELEITE
WIRD TRAUTER, TRAUTER,
DU SCHMIEGST DICH NAEHER,
DU PLAUDERST LAUTER.
C
DA GIBT'S ZU SCHELTEN,
DA GIBT'S ZU FRAGEN,
UND HELL ZU LACHEN
UND LEIS ZU KLAGEN.
WAS WEDELT BARRY
SO GLUECKVERLOREN;
DU KRAUST DEM LIEBLING
DIE WEICHEN OHREN...
C
C DIE TOTE LIEBE SEITE 224
149
ENTGEGEN WANDELN WIR
DEM DORF IM SONNENKUSS,
FAST WIE DAS JUENGERPAAR
NACH EMMAUS,
DAZWISCHEN LEISE
REDEND SCHRITT
DER MEISTER, DEM SIE FOLGTEN
UND DER DEN TOD ERLITT.
SO WANDELT ZWISCHEN UNS
IM ABENDLICHT
UNSRE TOTE LIEBE,
DIE LEISE SPRICHT.
SIE WEISS FUER DAS GEHEIMNIS
EIN HEIMLICH WORT,
SIE KENNT DER SEELEN
ALLERTIEFSTEN HORT.
SIE DEUTET UND ERLAEUTERT
UNS JEDES DING,
SIE SAGT  SO IST'S GEKOMMEN,
DASS ICH AM HOLZE HING.
IHR HABET MICH VERLEUGNET
UND SCHLIMM VERHOEHNT,
ICH SASS IM PURPUR,
BLUTIG, DORNGEKROENT,
ICH HABE TOD ERLITTEN,
DEN TOD BEZWANG ICH BALD,
UND GEH IN EURER MITTEN
ALS HIMMLISCHE GESTALT-
C SEITE 225
DA WARD DIE WEGGESELLIN
VON UNS ERKANNT,
DA HAT UNS WIE DEN JUENGERN
DAS HERZ GEBRANNT.
C
C MIT EINEM JUGENDBILDNIS SEITE 226
15
HIER- DOCH KEINEM DARFST DU'S ZEIGEN,
SOLCHE SANFTMUT WAR MIR EIGEN,
DURFTE SIE NICHT LANG BEHALTEN,
SIE VERSCHWAND IN HARTEN FALTEN,
SICHTBAR IST SIE NUR GEBLIEBEN
DIR UND DENEN, DIE MICH LIEBEN.
C
C VI GOETTER SEITE 227
C
C DIE SCHULE DES SILEN SEITE 229
151
IN DER SCHATTENDUNKELN LAUBE GAB SILEN, DER WEISE, STUNDE,
DER IHM WEICH ANS KNIE GESCHMIEGTE BACCHUS HING AN SEINEM MUNDE,
LIEBLICH LAUSCHEND.
C
UNTER SEINEM KRAUSEN BARTE LACHTE SCHELMISCH DER ERGRAUTE,
DA ER IN DAS MILDE FEUER JUNGER GOETTERAUGEN SCHAUTE,
DANN BEGANN ER
C
)KIND, BETRACHTE DIESES ANTLITZ, DIE GEDANKENSCHWEREN LIDER
KIND, IN JEDEM GREISEN ZECHER EHRE DU DIE ZUEGE WIEDER
DEINES LEHRERS.
C
OFT, WO DIE VELITEN WANKTEN, JENE PRAHLERISCHEN KNABEN,
SIND ES DIE TRIARIER, LIEBLING, DIE DAS FELD BEHAUPTET HABEN
UNERSCHUETTERT
C
WENN AUF CHIOS MIT DEM MAEDCHEN TEILT DEN BECHER DER EPHEBE,
LASS SIE NIPPEN, LASS SIE KOSEN- MIT DER VOLLSTEN SCHALE SCHWEBE
DU VORUEBER.
C
LENKE DEINE GOETTERLEICHTEN SCHRITTE ZU HOMER, DEM ALTEN,
NETZE SEINE HEILGEN LIPPEN, GLAETTE SEINER STIRNE FALTEN,
WUNDERTAETER
C
LOES IHM JEDER ERDENSCHWERE FESSEL MIT DER HAND, DER MILDEN,
FUELLE DU DES BLINDEN AUGE MIT UNSTERBLICHEN GEBILDEN,
EWIG SCHOENEN )
C
C PENTHEUS SEITE 23
152
SIE SCHREITET IN BACCHISCH BEVOELKERTEM RAUM
MIT WEHENDEN HAAREN EIN GLUEHENDER TRAUM,
VON FAUNEN UMHUEPFT,
UM DIE HUEFTE DEN GUERTEL DER NATTER GEKNUEPFT.
C
MELODISCH GEWIEGT UND VON EPPICH UMLAUBT,
EIN FLUESTERNDES, RUECKLINGS GEWORFENES HAUPT-
)ICH OPFRE MICH DIR.
VERZEHRE, LYAEUS, WAS MENSCHLICH IN MIR )
C
)AGAVE ) RUFT'S, UND DER BACCHISCHE SCHWARM
ZERSTIEBT UND DER VATER ERGREIFT SIE AM ARM.
)WEG, TRUNKEN GESIND
ERWACH UND ERROETE, VERLORENES KIND
C
DU DIENST EINEM GAUKLER ) IM SCHUTZ DES GEWANDS
VERHUELLT ER DEN BUSEN, ENTREISST IHR DEN KRANZ-
WILD HEBT SIE DEN STAB.
SIE SCHLUG  AUFSTOEHNT, DER DAS LEBEN IHR GAB.
C
)ICH GLAUBE DEN GOTT  ICH EMPFINDE DIE MACHT
ICH STRAFE DEN FREVLER, DER GOETTER VERLACHT
WER BIST DU, GESICHT;
ICH BIN DIE BACCHANTIN  ICH KENNE DICH NICHT )
C
ER BETRACHTET SEIN KIND. ER ERSTAUNT. ER ERBLASST.
ER ENTSPRINGT, VON ENTSETZLICHEM GRAUEN ERFASST.
ER FLIEHT IM GEFILD,
EIN RENNENDER LAEUFER, EIN HASTENDES WILD.
C SEITE 231
)HERBEI ALLE SCHWESTERN  MAENADEN, HERBEI )
ERHEBT SIE DEN WEIDRUF, DAS HELLE GESCHREI.
)ZUR JAGD  ZUR JAGD )
) WIR FOLGEN DIR, BLONDE, BEGEISTERTE MAGD )
C
SIE JAGEN DEN KOENIG, AGAVE VORAUF,
ER STUERZT IN DEN STROM UND ERNEUERT DEN LAUF
AM ANDERN GESTAD,
AUF SPRITZEN DIE WASSER, SIE SPRINGEN INS BAD.
C
ER WIRBELT MIT BEBENDEN FUESSEN DEN STAUB,
ES DAEMMERT- DIE BACCHEN VERFOLGEN DEN RAUB-
ES DAEMMERT EMPOR
EIN FELS OHNE PFAD, EINE WAND OHNE TOR.
C
ER STEHT UND ER STARRT AN DIE GRAUSIGE WAND,
DA TRIFFT IHN DER THYRSUS IN RASENDER HAND-
NACHT SCHWEBT HERAN
UND ERSCHRICKT UND VERHUELLT, WAS AGAVE GETAN.
C
C VOR EINER BUESTE SEITE 232
153
BIST DU DIE TRAEUMENDE BACCHE; DER STERBLICHEN LIEBLICHSTE BIST DU
STILL IN DEN WINKELN DES MUNDS LAECHELT EIN GRAUSAMER ZUG.
C
C DIE STERBENDE MEDUSE SEITE 233
154
EIN KURZES SCHWERT GEZUECKT IN NERVGER RECHTEN,
BELAUERT PERSEUS BANG IN SEINEM SCHILD
DER SCHLUMMERNDEN MEDUSE SPIEGELBILD,
DAS SUESSE HAUPT MIT MUEDEN SCHLANGENFLECHTEN.
ZUR HAELFTE ZEIGT DER SPIEGEL LAENGS DER ERDE
DES JUNGEN WUCHSES ATMENDE GEBAERDE-
)RAUB ICH DAS ARGE HAUPT MIT RASCHEM HIEBE,
VERDERBLICH DER VERDERBERIN GENAHT;
WENN NUR DIE BLONDE WIMPER SCHLUMMERN BLIEBE
DER BLICK VERSTEINT  GEFAEHRLICH IST DIE TAT.
DIE MOERDERIN  SIE SCHLIESST VIELLEICHT AUS LIST
DIE WACHEN AUGEN  SIE, DIE GRAUSAM IST
DURCH WEISSE LIDER SCHIMMERT BLAUES LICHT
UND- ZISCHTE DORT DER KOPF DER NATTER NICHT;)
C
MEDUSEN TRAEUMT, DASS EINEN KRANZ SIE WINDE,
DER MENSCHEN SCHOENER LIEBLING, DER SIE WAR,
BEVOR DIE STIRN DER GOETTIN ANGEBINDE
VERSCHATTET IHR MIT WIRREM SCHLANGENHAAR.
MIT DEN GESPIELEN GLAUBT SIE NOCH ZU WANDERN
UND SPENDET IHNEN LOCKENSCHUETTELND GRUESSE,
IN DEM BLUEHNDEM REIGEN REGT SIE MIT DEN ANDERN
DIE FREUDEHELLEN, DIE BESCHWINGTEN FUESSE,
IHR ANTLITZ HAT VERGESSEN, DASS ES TOETE,
ES GLAUBT, ES GLAUBT AN DIE BARMHERZGE LUEGE
DES TRAUMS. ES LAUSCHT DEM HAUCH DER HIRTENFLOETE,
DER WEICHMELODISCH ZIEHT DURCH SEINE ZUEGE.
ES LAECHELT STILL, VON SCHWEREM BANN BEFREIT,
IN UNVERLORNER ERSTER LIEBLICHKEIT.
C SEITE 234
DER MOERDER TRITT AN IHRE SEITE DICHT,
UND DUNKLER TRAEUMT MEDUSENS ANGESICHT.
IHR IST, SIE HABE HASS EMPFUNDEN SCHON,
VOR SICH GESCHAUDERT, DUMPF UND BANG GELITTEN,
DIE MENSCHEN HABE SCHEU SIE ERST GEFLOHN,
DANN IHNEN NACHGESTELLT MIT MEUCHLERSCHRITTEN-
SIE SINNT, WAS UNHEILBARES SIE GEQUAELT,
DASS SIE DEM EIGNEN LEBEN FEIND GEWORDEN
UND ANDRES LEBEN SICH ERGOETZT ZU MORDEN-
SIE SINNT UMSONST. IHR HAELT'S DER TARUM VERHEHLT.
SIE SINNT UMSONST. IHR HAELT'S DER TRAUM VERHEHLT.
DIE GRAUSE LARVE, DIE SIE LANG GESCHRECKT,
IST WIE MIT EINEM PURPURTUCH BEDECKT.
DAS GRAUN IST AUFGELOEST IN SELIGKEIT,
BEGONNEN HAT DER SEELE FEIERZEIT.
DER DAEMMER HERRSCHT. DAS HARTE LICHT VERBLICH.
ALS EINE DER ERLOESTEN FUEHLT SIE SICH.
SIE FUERCHTET KEINES SCHRECKENS WIEDERKEHR,
SIE WEISS, DIE QUALEN KOMMEN NIMMERMEHR,
NEIN, NIMMERMEHR, UND NUN IST ALLES GUT
SIE LIEGT, DEN HALS GEBOGEN, AUF DEM RASEN,
SIE HOERT DIE HIRTENFLOETE WIEDER BLASEN
UND LAUSCHT. SIE ZUCKT. SIE WINDET SICH. SIE RUHT.
C
C NAECHTLICHE FAHRT SEITE 235
155
EIN SCHIFF BEFUHR DAS MEER. AUFRAUSCHEND QUOLL
DIE FLUT AM KIEL. ER SUCHTE PYLOS' STRAND.
DAS STEUER FUEHRT' EIN JUENGLING KUMMERVOLL,
DEM FRUEH DES VATERS RAT UND HILFE SCHWAND.
C
DER GLUECKBEDUERFTGE HIESS TELEMACHOS
UND SCHAUTE NACH DSE SEGELS NAECHTGEM FLUG,
DICHT NEBEN IHM DER HOHE FAHRTGENOSS,
ATHENE WAR'S, DIE MENTORS ZUEGE TRUG.
C
UNENDLICH BRACH HERVOR DER STERNE HEER,
DIE LICHTEN WALLER WUSSTEN IHRE BAHN...
DA SPRACH DIE TOCHTER ZEUS' AUF DUNKELM MEER
)ZUSAMMEN RUFEN WIR DIE GOETTER AN )
C
DIE HAENDE, WIE DER STAUBGEBORNE FLEHT,
ERHOB SIE AUSGEBREITET IN DIE NACHT-
UND SIE ERHOERTE SELBER DAS GEBET,
VON IHR FUER DEN VERLASSNEN DARGEBRACHT.
C
C DER STROMGOTT SEITE 236
156
MORGENGRAUN, DIE KARAWANE WINDET SICH DEM NIL ZUR SEITE,
EINE REDE DROEHNT UND MURMELT UEBER DUNKLER STROMESBREITE.
C
LAENGS DEM UFER NIPPEN DURSTIG SILBERGRAUGEPERLTE TAUBEN,
TRINKEN IBISSE MIT BLANKEM FLUEGELPAAR UND SCHWARZEN HAUBEN.
C
NIL, DER SEGENREICHE VATER, SORGT FUER ALLE SEINE KINDER,
SPEIST UND TRAENKT AUS SEINER FUELLE KEINES MEHR UND KEINES MINDER-
C
NEBEN EINEM BRAUNEM REITER EIN GEBUNDNER KNABE WANDELT,
JOSEPH IST'S, VON SEINEN BRUEDERN IN DIE SKLAVEREI VERHANDELT.
C
TAUB UND IBIS FLATTERN NUR UM WENIG FLUEGELSCHLAEGE WEITER.
JOSEPH LAUSCHT DES STROMES WORTEN. RUHIG SITZT DER STUMME REITER.
C
)KNABE, DEINE BLICKE TRAUERN  JUENGLING, DEINE FUESSE BLUTEN
DICH VERKAUFTEN DEINE BRUEDER... SEI WILLKOMM AN MEINEN FLUTEN
C
JOSEPH, FREMDER KNABE JOSEPH, DU FESSELTER, DU MUEDER,
BIST DU EINST DER HERR DER ERNTEN, SPEISE DEINE SCHLIMMEN BRUEDER
C
KNABE JOSEPH ) RAUSCHT ES DUMPFER. DAS ERSTAUNTE KIND IN BANDEN
TROESTET SICH DES GUET'GEN GRUSSES, BLEIBT ER AUCH IHM UNVERSTANDEN.
C
AUF DES NILES WEITEN WASSERN IST DES STROMGOTTS WORT VERSCHOLLEN,
NUR EIN ANTLITZ SCHWIMMT UND SCHIMMERT, DESSEN HAARE LOCKIG ROLLEN...
C
JETZT BELEBEN SICH DIE PFADE. SCHIFFE BLAEHEN IHRE FLUEGEL.
KLEEBELADENE KAMELE WANDERN, SANFTBEWEGTE HUEGEL.
C
C SEITE 237
FRAUEN KOMMEN MIT DEM SCHLANKEN KRUGE, DIE GEMESSEN SCHREITEN
IN VERHUELLTEM, STILLEM ZUGE, WIE DIE JAHRE, WIE DIE ZEITEN...
C
AUS DER AHNUNGSVOLLEN FERNE RAGEN SPITZEN, HELL BESONNTE,
STEIGEN WIE BESCHNEITE GIPFEL WEISS AM REINEN HORIZONTE-
C
JOSEPH SCHAUT EMPOR ZUM REITER  )MIT DIR MEINER VAETER FRIEDEN
HERR, WIE NENNST DU DORT DIE BERGE;)- )KIND, DU SCHAUST DIE PYRAMIDEN )
C
C THESPESIUS SEITE 238
157
ZWEI GREISE RUHTEN UNTER EINER PINIE,
STAB NEBEN STAB, AN EINER QUELLE KLARER FLUT,
WO WANDERND SIE BEGEGNET SICH VON UNGEFAEHR.
SIE FUEHRTEN ZWIEGESPRAECH UND SIE BEHAGTEN SICH.
)MAN NENNT MICH EUKRATES, UND WER, MEIN FRAUND, BIST DU;)
)MICH NANNTEN ARIDAEUS LANGE JAHRE SIE,
SEIT LANGEN JAHREN BIN ICH NUN THESPESIUS.)
)ZWEI NAMEN TRUGST DU;)- )BEIDE NAMEN, EUKRATES.
HOER AN  EIN JUENGLING, PEITSCHT' ICH RASEND DAS GESPANN.
DIE ROSSE FLOGEN. BECHER, BUHLEN, WUERFELSPIEL,
WUT, ZORN, VERGOSSEN BLUT- VERKLAGEND BLUT
DEM ICH ENTFLOH, DIE EUMENIDEN HINTER MIR-
SIE FOLGTEN MEINER RASCHEN FUESSE SCHNELLSTEM LAUF,
ICH WARF MICH IN DEN FLUSS, SIE SPRANGEN JAUCHZEND NACH
UND HOBEN SCHWIMMEND IHRER FACKELN DUESTRE GLUT.
ICH KLOMM BERGAN- VERIRRT STUERZT' ICH VON EINER WAND-
DIE SINNE SCHWANDEN MIR. DANN LEBT' ICH WIEDER- WAR'S
IM TRAUM;- UND SCHRITT AUF EINEM WEICHEN WIESENGRUEN,
WO SEL'GE- SOLCHE SCHIENEN SIE- LUSTWANDELTEN
IN STILL BEWEGTEN SCHAREN. KRAENZE TRUGEN SIE.
DEN EINEN KANNT' ICH WOHL UND WARD VON IHM ERKANNT
MEIN BLUTSVERWANDTER, WELCHER JUENGST GESCHWUNDEN WAR
AUS DIESER ERDE STAUB NACH EINEM REINEN LAUF.
DER SPRACH MICH AN  'ICH GRUESSE DICH, THESPESIUS '
'WOZU DER NEUE NAME, WUNDERSAMER OHM;
WIE NENNST DU MICH; DEIN ARIDAEUS BIN ICH JA '
DIE LOCKEN SCHUETTELT' LEIS ER, DIE AMBROSISCHEN
'UND ABERMALS, ICH GRUESSE DICH, THESPESIUS '-
C SEITE 239
JETZT WACHT' ICH WIRKLICH AUF. AM HANGE LAG
ICH BLUTBEDECKT, VON GIER'GEN RABEN SCHON UMSCHWAERMT-
WAS MEHR; ICH WARD EIN ANDRER. NICHT MIT KLEINEM KAMPF
DER KAMPF IST GROSS  MEIN NEUER NAME STAERKTE MICH,
DER MAKELLOSE, DER SO REIN UND GOETTLICH KLANG
HAB GUTE FAHRT )- )FAHR WOHL AUCH DU, THESPESIUS )
C
C DER TRUNKENE GOTT SEITE 24
158
WEISSE MARMORSTUFEN STEIGEN
DURCH DER GAERTEN LAUBGE NACHT,
SCHLANKE PALMENFAECHER NEIGEN
IN DES HIMMELS BLAUE PRACHT.
UEBER TEMPELN, HAINEN, GRUEFTEN
ZECHT IN ABENDWEICHEN LUEFTEN
ALEXANDERS LIEBLINGSSCHAR
KNIEEND BIETET IHM EIN KNABE,
DASS DER ERDE HERR SICH LABE,
WEIN IN EDLER SCHALE DAR.
C
HERRLICH IST'S, DEN WEIN ZU SCHLUERFEN,
LAGERND IN DER GOETTER RAT,
ZWISCHEN SCHWELGENDEN ENTWUERFEN
UND DER WUNDERGLEICHEN TAT
GOLDNE BECHER UEBERQUELLEN,
RUHMESGEISTER MIT DEN HELLEN
HELMEN TAUCHEN AUS DER FLUT-
GOLDNE SCHALEN UEBERSCHAEUMEN,
GEISTER, DIE GEBUNDEN TRAEUMEN,
STEIGEN AUF IN ZORNESGLUT.
C
KLEITOS NEBEN PHILIPPS SOHNE
FURCHT DIE STIRNE KUMMERVOLL,
DER BENARBTE MAZEDONE
SCHLUERFT IM WEINE GRAM UND GROLL
C SEITE 241
ER GEDENKT DER HEERGENOSSEN,
DIE DIE ERSTE PHALANX SCHLOSSEN
IN DEN BERGEN KUEHL UND FERN-
SEINEN DUNKELN MUT ZU KRAENKEN
LUESTET ES DEN SCHOENEN SCHENKEN
LAGERND AN DEM KNIE DES HERRN.
C
DIE ERHABNE STIRN UND BRAUE
TRAEUMT DEN ZUG INS INDERLAND,
LAUSCHEND LIEST DEN TRAUM DAS SCHLAUE
KIND, DEN BLICK EMPORGEWANDT
)BACCHUS BIST DU, DER BELAUBTE,
MIT DEM SCHWAERMERISCHEN HAUPTE,
DER INS LAND DER SONNE ZIEHT
OHNE HEER KANNST DU BEZWINGEN,
NUR DEN THYRSUS DARFST DU SCHWINGEN,
WINKE NUR UND INDIEN KNIET )
C
FINSTER GROLLT DER ALTE STREITER
)DURCH DER WUESTE HEISSEN SAND;
IMMER FERNER, IMMER WEITER;
NACH DES INDUS FABELSTRAND;
KANN EIN WINK DIR SIEG ERWERBEN,
WARUM BLUTEN, WARUM STERBEN
WIR FUER DICH; ZU DEINEM SPOTT;
LEBENDE KANNST DU BELOHNEN,
DEINE TOTEN MAZEDONEN,
WECKE SIE, BIST DU EIN GOTT )-
C
)WELCHEN DAMPFENDEN ALTARES
FREUST DU AUF DER ERDE DICH;
BIST DU DIE GEWALT DES ARES,
HELMUMFLATTERT, FUERCHTERLICH;
C SEITE 242
HERR, BEVOR DEN NIEDERN TALEN
DU DICH NAHTEST OHNE STRAHLEN,
WELCHES WAR DEIN HIMMLISCH AMT;
BIST DU ZEUS; BIST DU EIN ANDRER;
BIST DU HELIOS, DER WANDRER,
DESSEN STIRNE SONNIG FLAMMT;)-
C
GRIMMIG NEIGT DER GRAUE FECHTER
SICH ZUM OHR DES GOTTES HIN,
MIT UNSELIGEM GELAECHTER
RUEHRT ER AN DER SCHULTER IHN
)GAST DES HIMMELS, WARUM SINKEN
HAUPT UND SCHULTER DIR ZUR LINKEN;
LASTET DIR DER ERDE RAUB;
MIT DEN GOETTERN WILLST DU ZECHEN;
SPOTTEN HOER ICH DEIN GEBRECHEN
ALEXANDER, DU BIST STAUB )
C
EINE ZUERNENDE GEBAERDE
BLITZ UND STURZ  EIN GOTT IN WUT
EIN ERDOLCHTER AN DER ERDE
WAELZT SICH UM IN SEINEM BLUT-
IN DEN ABENDLUEFTEN SCHAUER,
EIN VERHUELLTES HAUPT IN TRAUER,
AUSGERAST UND AUSGEGROLLT
MARMORGLEICH VERSTEINTE ZECHER
UND EIN HERRENLOSER BECHER,
DER HINAB DIE STUFEN ROLLT.
C
C DER BOTENLAUF SEITE 243
159
BLICKE GEN HIMMEL GEWANDT, GEBREITETE FLEHENDE ARME
KNIEENDE MAEDCHEN UND FRAUN. MURMELN UND SCHALLENDER RUF
)GOETTER, BEFLUEGELT DEN BOTEN  ENTSCHEIDUNG, LIEBER ALS BANGNIS
SEIT SICH DIE SONNE ERHOB, RINGEN DIE STADT UND TARQUIN.
SIEHE, DIE SONNE VERSINKT  MITKAEMPFER, CASTOR UND POLLUX,
DENKT DER VERLASSNEN FRAUN, SENDET DEN BOTEN GESCHWIND )
HORCH  ACHTHUFIG GEKLIRR BERGAN. ZWEI REISIGE REITER
SCHON AM HEILIGEN QUELL SPUELEN DIE WAFFEN SIE REIN.
DANN, ZWEI GEWALTIGE JUENGLINGE, STEHN AUF DER RAGENDEN BURG SIE,
GEGEN DIE SCHAUERNDEN FRAUN HAT SICH DER EINE GEKEHRT
)FREUDE, KNOSPENDES MAEDCHEN  ENTSCHLOSSENE ROEMERIN, FREUDE
HERRLICHER SIEG IST ERKAEMPFT  GEHT IHR ENTGEGEN DEM HEER;)
EINER SPRICHT'S UND DER ANDERE LAUSCHT, ZU DEM BRUDER GEWENDET.
JETZT IN DAS BLEICHENDE LICHT SPRINGEN DIE ROSSE EMPOR.
EINER DER JUENGLINGE SCHWINDET IM ABEND, ES SCHWINDET DER ANDRE,
DENN WIE EIN LIEBENDES PAAR LASSEN DIE BRUEDER SICH NICHT.
UEBER DER ROEMERISCHEN FESTE GEWALTIGEM DUNKELNDEM UMRISS
HEBT SICH IN DAEMMERNDER NACHT SELIGES DOPPELGESTIRN.
C
C DER GESANG DER PARZE SEITE 244
16
IN DER WIEGE SCHLUMMERT EIN SCHOENES ROEMERKIND,
DIE GRAUE PARZE SITZT DANEBEN UND SPINNT.
SIE SCHWEIGT UND SPINNT. DOCH IST DIE MUTTER FORT,
SO SINGT DIE PARZE MURMELND EIN DUNKLES WORT
C
)JETZT LIEGST DU, KINDLEIN, NOCH IN DER TRAUMESRUH.
BALD, KLEINE CLAUDIA, SPINNEST AM ROCKEN DU-
DU WACHSEST RASCH UND ENTWAECHST DEN KLEIDLEIN BALD
DU WACHSEST SCHLANK  DU WIRST EINE WOHLGESTALT
C
DIE FACKEL LODERT UND WIRFT EINEN GRELLEN SCHEIN,
SIE KLEIDEN DICH MIT DEM HOCHZEITSSCHLEIER EIN
DIE KNABEN HUEPFEN EMPOR AM FESTGELAG
UND SCHERZEN AUSGELASSEN ZUM ERNSTEN TAG.
C
EINE HERRIN WANDELT IN IHREM EIGNEN RAUM,
UND IHRE MAEGD UND DIE SKLAVEN ATMEN KAUM.
IHR ZIEMT, DASS ALL DIE HAENDE GEFLUEGELT SIND.
IHR ZIEMT, DASS ALL DIE LIPPEN GEZUEGELT SIND.
C
DIE BLUEHENDEN HOREN SCHWINGEN IM REIGEN SICH
DIR WARD EIN KNABE, JULIER, FREUE DICH
DOCH WANN DIE FREUDE SCHWEBT UND DIE FLOETE SCHALLT,
DANN- SAGT DIE PARZE- KOMMT DER JAMMER BALD.
C
DER TIBER FLUTET UND UEBERSCHWEMMT DEN STRAND,
DAS BLEICHE FIEBER STEIGT EMPOR ANS LAND,
DER RUFER RUFT UND KUENDET VON HAUS ZU HAUS
'VERNEHMT  DEN JULIER TRAGEN SIE HEUT HINAUS '
C
C SEITE 245
JETZT, KLEINE CLAUDIA, TRAEGST DU UNTRAEGLICH LEID
IN STRENGE FALTEN LEGST DU DEIN WITWENKLEID-
DEIN ROEMERKNABE SPRINGT DIR BEHEND VOM SCHOSS
UND GRUESST DICH HELMUMFLATTERT HERAB VOM ROSS...
C
DIE TUBEN BLASEN SCHLACHT UND SIE BLASEN SIEG...
DA NAHT'S. DA KOMMT'S, WAS EMPOR DIE STUFEN STIEG
VIER MAENNER UND DIE BAHRE, CLAUDIA, SIND'S
MIT DER BEKRAENZTEN LEICHE DEINES KINDS
C
JETZT, KLEINE CLAUDIA, BIST DU ZU TODE WUND)-
DAS KINDLEIN LAECHELT. ES KLIRRT EIN SCHLUESSELBUND.
DIE MUTTER TRITT BESORGT IN DIE KAMMER EIN
UND DIE PARZE BLEICHT IM GOLDENEN MORGENSCHEIN.
C
C DER RITT IN DEN TOD SEITE 246
161
)GREIF AUS, DU MEIN JUNGES, MEIN FEURIGES TIER
NOCH EINMAL VERWACHS ICH ZENTAURISCH MIT DIR
C
UMSCHMETTERT MICH, TUBEN  ERHEBET DEN TON
DEN LATINER BESIEGTE DES MANLIUS SOHN
C
VORAN DIE TROPHAEN  DER LATINISCHE SPEER
DER EROBERTE HELM  DIE ERBEUTETE WEHR
C
DUELL IST BEI STRAFE DES BEILES VERPOENT...
DOCH ER LIEGT, DER DIE ROEMISCHE WOELFIN GEHOEHNT
C
LIKTOREN, ERFUELLET DES VATERS GEBOT
ICH BESITZE DEN KRANZ UND VERDIENE DEN TOD-
C
BEVOR ES SICH ROLLEND IM SANDE BESTAUBT,
ERHEB ICH IN EWIGEM JUBEL DAS HAUPT )
C
C DAS JOCH AM LEMAN SEITE 247
162
)DIE EINEN LIEGEN TOT MIT IHREN WUNDEN,
DIE ANDERN TREIBEN WIR DAHER GEBUNDEN-
DEN ROEMERAAR DER ZWILLINGSLEGION,
IM MAENNERKAMPF, IM ROSSGESTAMPF ENTRISSEN
DER EINGEGARNTEN WOELFIN SCHARFEN BISSEN,
SCHWINGT DIVICO, DER BERGE SOHN )
C
WEIT BLAUT DIE SEEFLUT. SCHELTEND JAGEN TREIBER
AM UFER EINEN HAUFEN MENSCHENLEIBER,
DIE NACKTE SCHMACH UMJAUCHZT TRIUMPHGESANG,
EIN JUENGLING KREIST AUF EINEM FALBEN PFERDE
UM DIE ZU ZWEIN GEPAARTE ROEMERHERDE
DIE KRUEMMEN DES GESTADS ENTLANG.
C
ER SCHLEUDERT AUF DEN AAR MIT STOLZEM SCHREIE,
ER SCHICKT DEN RUF EMPOR ZUR FIRNENREIHE-
DIE GRAET UND WAENDE BLICKEN GROSS UND BLEICH-
)HEBT, AHNEN, EUCH VOM SILBERSITZ, ZU SCHAUEN
DIE PFORTE, DIE WIR FUER DEN RAEUBER BAUEN,
DER SICH VERSTIEG IN EUER REICH
C
WIR BAUEN NICHT MIT MOERTEL NOCH MIT STEINEN,
ZWEI SPEERE PFLANZT  QUERUEBER BINDET EINEN
ZWEI ROEMERKOEPFE DRAUF  ES IST GETAN )-
DAS JOCH UMSTEHN VERWOGNE KRIEGSGESELLEN
MIT AUERHOERNERN UND MIT BAERENFELLEN
UND SCHAUEN SICH DAS BAUWERK AN.
C
DIE HOERNER DROEHNEN. ZU DER BLUT'GEN PFORTE
STROEMT HER DAS VOLK AUS JEDEM TAL UND ORTE,
GROSS WUNDERT SICH AM JOCH DIE KINDERSCHAR,
C SEITE 248
EIN MAEDELREIGEN SPRINGT IN HELLER FREUDE
UM DAS VON SCHANDE TIEFENDE GEBAEUDE,
DEN BLUEHNDEN VEILCHENKRANZ IM HAAR.
C
DER MANLIERSTIRN VERZOGNE BRAUEN GROLLEN,
DES CLAUDIERKOPFS ERHITZTE AUGEN ROLLEN-
DER HIRTENKNABE GEISSELT WIE EIN RIND
DEN BRUTUSENKEL. SICH DURCHS JOCH ZU BUECKEN,
KRUEMMT JETZT DAS ERSTE ROEMERPAAR DEN RUECKEN
UND GELLEND LACHT DAS ALPENKIND.
C
MIT STARREN ZUEGEN BLICKT, ALS OB ER SPOTTE,
EIN FELSENBLOCK, DER EIGEN IST DEM GOTTE,
DRAUF HOCH DES LANDES PRIESTERINNEN STEHN
EIN HELL GESCHOEPF IN SONNENLICHTEN FLECHTEN
UND EINE DRUDE MIT GEBALLTER RECHTEN
UND RABENSCHWARZER HAARE WEHN.
C
DIE DUNKLE HOEHNT  )GEHT, ROEMER  SCHNEIDET STECKEN
MIT LUMPEN GUERTET EUCH UND BETTELSAECKEN
EUCH PEITSCH' EIN WILDES WETTER DURCH DIE SCHLUCHT
VERFLUCHT DER STEG, DARUEBER IHR GEKOMMEN,
UND WENN IHR EUCH ZUM FUEHRER HABT GENOMMEN,
ER SEI AM GANZEN LEIB VERFLUCHT )
C
DIE LICHTE FLEHT  )DU BLITZEST IN DEN LUEFTEN,
UMSCHWEBST DIE SPITZEN, NISTEST IN DEN KLUEFTEN
BEHUETE, GEIST DER FIRN, UNS LANGE NOCH )
DIE BEIDEN SINGEN STARKE ZAUBERLIEDER-
EIN GEIER HANGT IM BLAU UND STOESST DANIEDER,
UND SETZT SICH SCHREIEND AUF DAS JOCH.
C
C DAS GEISTERROSS SEITE 249
163
DURCH DEN DREIGETEILTEN BOGEN,
DES TRIUMPHES PRANGEND TOR,
DURCH DIE LAUTEN MENSCHENWOGEN
DORT ZUM KAPITOL EMPOR
LENKT DEN TANZ DER WEISSEN PFERDE
CAESARS LAESSIGE GEBAERDE.
C
HINTER DES TRIUMPHES WAGEN
DULDEND ODER GROLLEND GEHN
UEBERWUNDNE. KETTEN TRAGEN
CAESARS LEBENDE TROPHAEN.
)DIESER ) HOEHNT ES IM GEDRAENGE,
)DIESER TROTZGE ) ZISCHT DIE MENGE.
C
UNBERUEHRT VOM HOHN DER STUNDE,
STARREN, TRAUMGEFUELLTEN BLICKS,
GEHT, EIN SINGEN AUF DEM MUNDE,
RUHIG VERCINGETORIX-
FREMDE WEISE, FREMDE WORTE,
MIT DEM GEIST AN FREMDEM ORTE
C
)CAESAR, BLENDEND WEISSE ROSSE
HAT HISPANIEN DIR GEBRACHT
ELLID, EDLER AHNEN SPROSSE,
DUNKEL IST ER WIE DIE NACHT-
DEINE SCHIMMEL, DEINE VIERE,
TAUSCHT' ICH NICHT MIT MEINEM TIERE...
C
C SEITE 25
ELLID HEISST DER WACKRE JAGER
STARK VON WUCHS UND FEST IM BUG,
WELCHER MICH INS ROEMERLAGER
MIT GEWALTGEN SPRUENGEN TRUG...
DER ZUM OPFER ICH GEGEBEN
MICH FUER MEINES VOLKES LEBEN
C
DREIMAL FLOG ICH UM IM KREISE,
IN DER FAUST DES SCHWERTES BLITZ,
NOCH IM LAUF, NACH GALLIER WEISE,
SPRANG ICH AB VOR CAESARS SITZ...
SCHWARZER ELLID, ZU DEN TOTEN
SEND ICH DICH ALS MEINEN BOTEN
C
WIE ER MIR INS ANTLITZ SCHNAUBTE,
STIESS ICH, BLICK VERSENKT IN BLICK,
HINTER SEINEM MAECHTGEN HAUPTE
STRACKS DAS SCHWERT IHM DURCHS GENICK...
DASS MIR EINES ROSSES EHRE
MANGLE NICHT IM GEISTERHEERE.
C
ELLID SPRENGT SEIT LANGEN JAHREN
MITTEN IN DER BLEICHEN JAGD,
WANN DAHEIM DIE TOTEN FAHREN
DURCH DIE WAELDER, BIS ES TAGT...
SEHN SIE MEINEN LED'GEN RENNER,
WUNDERN SICH DIE STILLEN MAENNER...
C
C SEITE 251
LANGE JAHRE LAG GEBUNDEN
ICH IN FEUCHTER KERKERGRUFT-
KETTENSCHWERE, DUMPFE STUNDEN-
ENDLICH WIEDER TAG UND LUFT-
ELLID, SCHWARZER ELLID, SPUTE
DICH  DU WITTERST, WO ICH BLUTE
C
HEUTE ENDLICH  ENDLICH HEUTE
WANN DER KAHLE SCHWELGT AM MAHL,
WUERGT ER SEINE SIEGESBEUTE
MIT DEM LETZTEN MUEDEN STRAHL...
WANN DIE SONNE NIEDERGLEITET,
WIRD MIR BLOCK UND BEIL BEREITET.
C
HENKER, NIMM DAS BEIL ZU HAENDEN
NICHT DAS BEIL;... SO NIMM DEN STRANG
DROSSLE MICH  NUR ENDEN, ENDEN
LETZTE SCHMACH  SIE WAEHRT NICHT LANG...
ELLIDS KURZES HUFGESTAMPFE
DROEHNT IN MEINEM TODESKAMPFE
C
STERBEND PACK ICH ELLIDS HAARE,
EIN BEFREITER SPRING ICH AUF,
FAHRE, SCHWARZER ELLID, FAHRE
NACH DER HEIMAT NIMM DEN LAUF
WOGEN TOSEN  RHODANS STIMME
IN DEN STROM, MEIN TIER, UND SCHWIMME )
C
C SEITE 252
CAESARS SCHIMMEL BLAEHN DIE NUESTERN.
)AVE TRIUMPHATOR ) SCHALLT.
DES GEBUNDNEN LIPPEN FLUESTERN
)IN DER HEIMAT BIN ICH BALD
C
C DAS VERLORENE SCHWERT SEITE 253
164
DER GALLIER LETZTE BURG UND STADT ERLAG
NACH EINEM LETZTEN DURCHGEKAEMPFTEN TAG
UND JULIUS CAESAR TRITT IN IHREN HAIN,
IN IHREN STILLEN GOETTERTEMPEL EIN.
DIE WEIHGESCHENKE SIEHT GEHAEUFT ER DORT,
VON GOLD UND SILBER MANCHEN LICHTEN HORT
UND EDELN RAUB. DOCH UEBER HORT UND SCHATZ
HANGT EIN ERBEUTET SCHWERT AM EHRENPLATZ.
ES IST DIE ROEMERKLINGE KURZ UND SCHLICHT-
DES JULIERS SCHARFER BLICK VERLAESST SIE NICHT,
ER HAFTET AUF DER WAFFE WIE GEBANNT,
SIE DEUCHT DEM SIEGER WUNDERLICH BEKANNT
MIT EINEM LAECHELN DEUTET ER EMPOR
)EIN ARMER FECHTER, DER SEIN SCHWERT VERLOR )
DA RUFT EIN JUNGER GALLIER AUFGEBRACHT
)DU SELBST VERLOREST'S IM GEDRAENG DER SCHLACHT )
MIT ZORNGER FAUST ERGREIFT'S EIN LEGIONAR-
)NEIN, TAPFRER STRABO, LASS ES DEM ALTAR
VERLOREN GING'S IN STEILEM SIEGESLAUF
UND HEISSEM RINGEN. GOETTER HOBEN'S AUF.)
C
C DAS HEILIGTUM SEITE 254
165
WALDNACHT. URMAECHTGE EICHEN, UNTER DIE
DES BLITZES GRELLER STRAHL GELEUCHTET NIE
DAEMMERNDE WOELBUNG, AST IN AST VERWEBT,
VON KEINES VOGELS LUSTGESCHREI BELEBT
EIN BRUETEND SCHWEIGEN, NIE VOM STURM GESTOERT,
EIN HEILIG DUNKEL, DAS DEM GOTT GEHOERT,
DARIN, UMBLINKT VON SCHAEDEL UND GEBEIN,
SICH UNGEWISS ERHEBT EIN OPFERSTEIN...
ES RAUSCHT. ES RASCHELT. SCHRITTE DURCH DEN WALD
DAS KURZE ROEMISCHE KOMMANDO SCHALLT.
GELEUCHT VON HELMEN  EINE REIS'GE SCHAR
VORAUF EIN GALLIER UND EIN LEGIONAR
)DIE STAEMME KOENNEN DIENEN. BEIL IN SCHWUNG
CAESAR BRAUCHT WIDDER ZUR BELAGERUNG )
ERBLEICHEND SPRICHT DER GALLIER EIN GEBET,
DEN ROEMER SELBST ERGREIFT DIE MAJESTAET
DES ORTS, DOCH HEBT GEHORCHEND ER DIE AXT-
DER GALLIER FLUESTERT  )WEISST DU, WAS DU WAGST;
DIE STAEMME- DIESE RIESEN- SIND GEFEIT,
HIER WOHNT EIN MAECHTGER GOTT SEIT ALTER ZEIT,
IN DESSEN NAEHE NUR DER PRIESTER TRITT,
EIN TOTENBLASSES OPFER SCHLEPPT ER MIT.
VERSEHRTEST NUR EIN BLATT DU FREVENTLICH,
STRACKS KEHRTE SICH DIE WAFFE WIDER DICH )...
DIE HEILGEN EICHEN DROHEN BAUM AN BAUM,
DIE ROEMER LAUSCHEN BANG UND ATMEN KAUM,
SCHWER, SCHWERER WIRD DER HAND DES BEILES WUCHT
UND IHR ENTSINKT'S. SIE STUERZEN AUF DIE FLUCHT.
C SEITE 255
)STEHT ) UND SIE STEHN. DENN ES IST CAESARS RUF,
DER IHRE SEELEN SICH ZU WILLEN SCHUF
ER IST BEI SEINER SCHAR. ER DEUTET HIN
AUF EINE EICHE. SIE UMSCHLINGEN IHN,
SIE DECKEN IHN WIE IM GEDRAENG DER SCHLACHT,
SIE FLEHN. ER RINGT. ER HAT SICH LOSGEMACHT,
ER SCHREITET VOR. SIE FOLGEN. ER ERGREIFT
EIN BEIL, HEBT'S, FUEHRT DEN SCHLAG, DER SAUST UND PFEIFT...
SANK ER VERWUNDET VON DEM FREVLEN BEIL;
ER LAECHELT  )SCHAUET, KINDER, ICH BIN HEIL )
ERSTAUNEN  JUBEL  HOHNGELAECHTER  SPOTT
SOLDATENWITZ  )VERENDET HAT DER GOTT )
DIE RINDE FLIEGT  DES STAMMES STAERKE KRACHT
VON LAUB ZU DUNKLERM LAUBE FLIEHT DIE NACHT.
DIE BEILE TUN IHR WERK. DIE WOELBUNG BRICHT,
UND RIESENTRUEMMER UEBERSTROEMT DAS LICHT.
C
C DIE WUNDERBARE REDE SEITE 256
166
AUF DER APPIERSTRASSE ZIEHT EIN HEER
SCHNELLEN SCHRITTES, WEIT UMWOELKT VON STAUB.
WEISS AM HORIZONT DAS HAEUSERMEER-
)ROM IST MORGEN EUER ) ZEIGT SEVER.
)FLIEGET, ADLER  STOSST AUF EUREN RAUB )
C
MORGEN; ROM SORGT SICH UM MORGEN NICHT.
)DIE GLADIATOREN SPIELEN HEUT )
WEIBER SCHMUECKEN SICH. ORESTES FICHT
MANCH UNHEIMLICH BRENNEND AUGENLICHT
BLITZT IM SPIEGEL, DEN DIE SKLAVIN BEUT.
C
SAENFTEN HASTEN ZUM THEATER SCHON,
VON GEWITTERWOLKEN UEBERJAGT,
SCHWUELE BLICKE, DIE WIE FACKELN LOHN
UNGEDULDIG FINSTRE BRAUEN DROHN
)EILET, SKLAVEN ) SPIEL IST ANGESAGT
C
UEBER DACH UND ZINNE RAGT EMPOR
HIMMELHOCH EIN RIESENSTARKER BAU,
DER EIN VOLK EMPFAENGT DURCH MANCHES TOR.
HINTER SEINEM MAUERKRANZ HERVOR
STEIGT ES SCHWARZ UND SCHWAERZER AUF IM BLAU.
C
DRINNEN DRAENGEN SIE SICH SITZ AN SITZ,
JEDE STUFE STROTZT UND WOGT UND SCHWILLT.
AUF DER BUEHNE ZUENGELN HELL UND SPITZ
KURZE SCHWERTER. SCHIMMERND FLIRRT EIN BLITZ
UND EIN ERSTER SPRUDEL BLUTES QUILLT.
C SEITE 257
STARREN BLICKES, BLASS VOR LEIDENSCHAFT,
LAUERT VORGENEIGT DIE ROEMERIN
AUF DIE STERBEWUNDE- EINE GAFFT
LUESTERN. EINE SINNT DAEMONENHAFT.
EINE LAUSCHT MIT HARTEM MOERDERSINN.
C
AN DER RASCH GEDREHTEN KLINGEN SPIEL
HAFTEN SEELEN GIERIG, OHNE ZAHL-
TRAF DER STOSS; ER SASS. EIN FECHTER FIEL,
WAELZT SICH UM IM SAND UND IST AM ZIEL
NACH DER KURZ EMPFUNDEN STERBEQUAL.
C
MARK UND HERZ ERSCHUETTERND GELLT EIN SCHREI
DORT AUF DEM BALKON EIN WEIB IM TRAUM
UM DIE SCHULTERN WEHN DIE HAARE FREI
UND ALS OB SIE DIE SIBYLLE SEI,
RUFT SIE EHERN DURCH DEN VOLLEN RAUM
C
)WEHE MORGEN  FECHTER, DU BIST TOT
GUTE FAHRT  DIR TUN SIE NICHTS ZU LEID
MORGEN WEHE  HORCH  DIE TUBA DROHT
EINE WEITE FLAMME WEHT UND LOHT
WEHE  SIE ZERREISSEN MIR DAS KLEID )
C
IN DAS MORGEN BLICKT SIE VOLLER GRAUN,
SCHAUDERND WIE VOR BLUTES TIEFEM STROM,
DENN IHR AUGE KANN DAS KUENFTGE SCHAUN-
ES IST KEINE VON DEN IRDSCHEN FRAUN
ES IST ROM  ES IST DIE GOETTIN ROM
C
C SEITE 258
VOR DEM VOLK AUF HOHER STUFE RAGT
ROM DIE HERRIN IN VERSTEINTEM SCHMERZ,
ROM, VOR WELCHER EINST DIE WELT GEZAGT,
JETZT DIE WUNDE, DIE GESCHLAGNE MAGD
LEID UND MITLEID FUELLEN JEDES HERZ.
C
DURCH DIE MENGE GEHT EIN FLUESTERN LEIS,
EINE REDE SCHWIRRT UND IRRT UND RAUSCHT,
FLUTET HOEHER, HOEHER STUFENWEIS,
BRAUST WIE MEERESBRANDUNG, FUELLT DEN KREIS,
JEDER SPRICHT SIE MIT UND JEDER LAUSCHT
C
)SCHANDE  BRANDMAL  STRIEMEN  SKLAVENJOCH
WEHE  SIE ZERREISSEN DIR DAS KLEID
ACH WIE LANGE NOCH, WIE LANGE NOCH;
STUERBEST, GOETTIN ROMA, STUERBST DU DOCH
ABER DU BIST VOLL UNSTERBLICHKEIT )
C
C IN EINER STURMNACHT SEITE 259
167
ES FAEHRT DER WIND GEWALTIG DURCH DIE NACHT,
IN SEINE GELLEN PFEIFEN BLAEST DER FOEHN,
PROPHETISCH KAEMPFT AM HIMMEL EINE SCHLACHT
UND UEBERSCHREIT EIN WIMMERND STERBGESTOEHN.
C
WAS JETZT DAEMONENHAFT IN LUEFTEN ZIEHT,
EH DAS JAHRHUNDERT SCHLIESST, ERFUELLT'S DIE ZEIT-
IN STURMESPAUSEN KLINGT DAS FRIEDELIED
AUS EINER FERNEN, FERNEN SELIGKEIT.
C
DIE AMPEL, DIE IN LEICHTEN KETTEN HANGT,
HELLT MEINER KAMMER WEITE DAEMMERUNG,
UND WANN DIE DECKE BEBT, DIE DIELE BANGT,
BEWEGT SIE SICH GEMACH IN SACHTEM SCHWUNG.
C
MIR REDET DIESE FLAMME WUNDERBAR
VON EINER WINDBEWEGTEN AMPEL LICHT,
DIE EINST GEGLOMMEN FUER EIN NAECHTLICH PAAR,
EIN GREISES UND EIN GOETTLICH ANGESICHT.
C
ES SPRACH DER FRIEDESTIFTER, DEN DU WEISST,
IN EINER SOLCHEN WILDEN NACHT WIE HEUT
)HOERST, NIKODEME, DU DEN SCHOEPFER GEIST,
DER MAECHTIG WEHT UND SEINE WELT ERNEUT;)
C
C ALLE SEITE 26
168
ES SPRACH DER GEIST  SIEH AUF  ES WAR IM TRAUME.
ICH HOB DEN BLICK. IN LICHTEM WOLKENRAUME
SAH ICH DEN HERRN DAS BROT DEN ZWOELFTEN BRECHEN
UND AHNUNGSVOLLE LIEBESWORTE SPRECHEN.
WEIT UEBER IHRE HAEUPTER LUD DIE ERDE
ER EIN MIT ALLUMARMENDER GEBAERDE.
C
ES SPRACH DER GEIST  SIEH AUF  EIN LINNEN SCHWEBEN
SAH ICH UND VIELEN SCHON DAS MAHL GEGEBEN,
DA BREITETEN SICH UNTER TAUSEND HAENDEN
DIE TISCHE, DOCH VERDAEMMERTEN DIE ENDEN
IN GRAUEN NEBEL, DRIN AUF BLEICHEN STUFEN
KUMMERGESTALTEN SASSEN UNGERUFEN.
C
ES SPRACH DER GEIST  SIEH AUF  DIE LUFT UMBLAUTE
EIN UNERMESSLICH MAHL, SOWEIT ICH SCHAUTE,
DA SPRANGEN REICH DIE BRUNNEN AUF DES LEBENS,
DA STRECKTE KEINE SCHALE SICH VERGEBENS,
DA LAG DAS GANZE VOLK AUF VOLLEN GARBEN,
KEIN PLATZ WAR LEER UND KEINER DURFTE DARBEN.
C
C VII FRECH UND FROMM SEITE 261
C
C FRIEDE AUF ERDEN  SEITE 263
169
DA DIE HIRTEN IHRE HERDE
LIESSEN UND DES ENGELS WORTE
TRUGEN DURCH DIE NIEDRE PFORTE
ZU DER MUTTER UND DEM KIND,
FUHR DAS HIMMLISCHE GESIND
FORT IM STERNENRAUM ZU SINGEN,
FUHR DER HIMMEL FORT ZU KLINGEN
)FRIEDE, FRIEDE  AUF DER ERDE )
C
SEIT DIE ENGEL SO GERATEN,
O WIE VIELE BLUT'GE TATEN
HAT DER STREIT AUF WILDEM PFERDE,
DER GEHARNISCHTE, VOLLBRACHT
IN WIE MANCHER HEILGEN NACHT
SANG DER CHOR DER GEISTER ZAGEND,
DRINGLICH FLEHEND, LEIS VERKLAGEND
)FRIEDE, FRIEDE... AUF DER ERDE )
C
DOCH ES IST EIN EWGER GLAUBE,
DASS DER SCHWACHE NICHT ZUM RAUBE
JEDER FECHEN MORDGEBAERDE
WERDE FALLEN ALLEZEIT
ETWAS WIE GERECHTIGKEIT
WEBT UND WIRKT IN MORD UND GRAUEN
UND EIN REICH WILL SICH ERBAUEN,
DAS DEN FRIEDEN SUCHT DER ERDE.
C
C SEITE 264
MAEHLICH WIRD ES SICH GESTALTEN,
SEINES HEILGEN AMTES WALTEN,
WAFFEN SCHMIEDEN OHNE FAEHRDE,
FLAMMENSCHWERTER FUER DAS RECHT,
UND EIN KOENIGLICH GESCHLECHT
WIRD ERBLUEHN MIT STARKEN SOEHNEN,
DESSEN HELLE TUBEN DROEHNEN
FRIEDE, FRIEDE AUF DER ERDE
C
C KOENIG ETZELS SCHWERT SEITE 265
17
DER KAISER SPRICHT ZU RITTER HUG
)DU HAST FUER MICH DEIN SCHWERT VERSPELLT,
DES EISENS IST BEI MIR GENUG,
GEH, WAEHL DIR EINS, DAS DIR GEFAELLT )
C
HUG SCHREITET DURCH DEN WAFFENSAAL,
WO STETS DER GRAUE SCHAFFNER SITZT.
)DER KAISER GIBT MIR FREIE WAHL
AUS ALLEM, WAS DA HANGT UND BLITZT )
C
ER PRUEFT UND WAEGT. VON IHREM ORT
LANGT ER DIE SCHWERTER MANNIGFALT-
)SPRICH, WESSEN IST DAS GROSSE DORT,
GEWALTIG, HEIDNISCH, UNGESTALT;)
C
)DES WUERGERS ETZEL ) FLUESTERT SCHEU
DER GRAUE, DER ES HAELT IN HUT.
)DES HUNNENKOENIGS  MEINER TREU,
SO LECHZT UND DUERSTET ES NACH BLUT )
C
)LASS RUHN. ES HAT GENUG GEWUERGT
DIE TOTE WUT ERWECKE NICHT )
)GIB HER  DEM IST DER SIEG VERBUERGT,
DER MIT DEM SCHWERT DES HUNNEN FICHT )
C
UND WIEDER SPRENGT ER IN DEN KAMPF.
)DU HAST DICH LANGE NICHT GELETZT,
SCHWERT ETZELS, AN DES BLUTES DAMPF
DRUM FREUE DICH UND TRINKE JETZT )
C
C SEITE 266
ER SCHWINGT ES WEIT, ER MAEHT UND MAEHT
UND ETZELS SCHWERT, ES SCHWELGT UND TRINKT,
BIS MUED DIE SONNE NIEDERGEHT
UND HINTER ROTE WOLKEN SINKT.
C
ALS LAENGST ER SCHON IM MONDLICHT BRAUST,
WIRD IHM DER ARM VOM SCHLAGEN MATT.
ER FRAEGT DAS SCHWERT IN SEINER FAUST
)SCHWERT ETZELS, BIST NOCH NICHT DU SATT;
C
LASS AB  HEUT IST GENUG GETAN )
DOCH WEH, ES WEISS VON KEINER RAST,
ES HEBT EIN NEUES MORDEN AN
UND TRIFFT UND FRISST, WAS ES ERFASST.
C
)LASS AB ) ES ZUCKT IN GRAUER LUST,
DER RITTER STUERZT MIT SEINEM PFERD
UND JUBELND STICHT IHN DURCH DIE BRUST
DES HUNNEN UNERSAETTLICH SCHWERT.
C
C GALASWINTE SEITE 267
171
IM SAALE JUBELT HOCHZEIT-
DIE ARME VOR DEM BUSEN
KREUZT FREDEGUND IN DEMUT,
DES KOENIGS LISTGE BUHLIN
)ICH BIN DIE MAGD UND LEUCHTE
DEM BRAEUTCHEN AUF DIE KAMMER )
DIE ALABASTERAMPEL
MIT ROEMISCHEN SKULPTUREN,
DIE SCHWEBEND EINST GESCHIMMERT
IN STILLEM GRABESDUNKEL,
TRAEGT FREDEGUND IN DEMUT
UND HELLT DIE HOCHZEITSKAMMER,
SIE SETZT DIE AMPEL NIEDER
UND GEHT UND LAECHELT TUECKISCH.
DIE ZARTE GALASWINTE
BLICKT IN DIE WEHNDE FLAMME,
DIE FLAMME LOHT UND FLACKERT,
DIE AMPEL SPRINGT IN SCHERBEN,
DIE FUERSTIN WEINT IM DUNKEL
)DIE MICH GEBRACHT AUS SPANIEN,
DEIN KIND DEM FRANKENKOENIG,
JETZT DREHST DU AUF DEM ROSSE
IM SCHEIN DER WANDERFACKEL
NOCH EINMAL DICH UND BREITEST
NACH MIR DIE ARME, MUTTER )
C
C BETTLERBALLADE SEITE 268
172
PRINZ BERTARIT BEWIRTET VERONAS BETTLERSCHAFT
MIT WEIZENBROT UND KUCHEN UND EDLEM TRAUBENSAFT.
GEBETEN IST EIN JEDER, DER SICH MIT LUMPEN DECKT,
DER, HEISCHEND AUF DEN BRUECKEN DER ETSCH, DIE RECHTE RECKT.
C
AUF EDLEN MARMORSESSELN IM SAALE THRONEN SIE,
DURCH RISS' UND LOECHER GUCKEN ELLBOGEN, ZEH UND KNIE.
NICHT NACH GEBURT UND WUERDEN, SIE SITZEN GRELL GEMISCHT,
JETZT WERDEN NOCH DIE HASEN UND HUEHNER AUFGETISCHT.
C
DER TASTET NACH DEM BECHER. ER DURSTET UND IST BLIND.
DEN KRUEPPEL OHNE ARME BEDIENT EIN FROMMES KIND.
EIN REIZEND STUMPFES NAESCHEN GECKT UNTER STRUPPSCHEM SCHOPF,
MIT WILDEM MOSESBARTE PRAHLT EIN CHARAKTERKOPF.
C
DIE HERZEN SIND GESAETTIGT. BEGINNE, MUSICA
EIN DUDELSACK, EIN HACKBRETT UND GEIG UND HARF IST DA-
DER PRINZ, NOCH SCHIER EIN KNABE, WIE GOTTES ENGEL SCHOEN,
ERHEBT DEN VOLLEN BECHER UND SINGT DURCH DAS GETOEN
C
)MIT FRISCH GEPFLUECKTEN ROSEN BEKROEN ICH MIR DAS HAUPT,
DES REICHES EHRNE KRONE HAT MIR DER OHM GERAUBT.
ER LIESS MIR TAG UND SONNE  MEIN UEBRIG GUT IST KLEIN
SO WILL ICH MIT DEN ARMEN ALS ARMER FROEHLICH SEIN )
C
EIN BETTLER STUERZT INS ZIMMER. )GRUMELL, WO KOMMST DU HER;)
DER SCHRECKENSBLEICHE STAMMELT  )ICH LAUSCHT' VON UNGEFAEHR,
GEBETTET AN DER HOFBURG- DEIN OHM SCHICKT MOERDER AUS,
NIMM MEINEN BRAUNEN MANTEL ) ERZSCHRITT UMDROEHNT DAS HAUS.
C
C SEITE 269
)DRUECK IN DIE STIRN DEN HUT DIR  ER SCHATTET TIEF  GESCHWIND
DA HAST DU MEINEN STECKEN  ENTSPRING, GELIEBTES KIND )
DIE MOERDER NAHEN KLIRREND. EIN BETTLER SCHLEICHT DAVON.
)WER BIST DU; ZEIG DAS ANTLITZ ) GEHOBNE DOLCHE DROHN.
C
)LASS IHN  ES IST GRUMELLO  ICH KENN DAS LOCH IM HUT
ICH KENN DEN RISS IM AERMEL  WIR OPFERN EDLER BLUT )
SIE SPAEHEN DURCH DIE HALLEN UND SUCHEN BERTARIT,
DER UNTER DUNKELM MANTEL DEM DUNKELN TOD ENTFLIEHT.
C
ER FUHR IN FREMDE LAENDER UND WARD DAROB ZUM MANN.
ER KEHRTE HEIM GEPANZERT. DEN OHM ERSCHLUG ER DANN.
VERONA NAHM ER STUERMEND IN ROTEM FEUERSCHEIN.
AM ABEND LUD DER KOENIG VERONAS BETTLER EIN.
C
C DIE SOEHNE HARUNS SEITE 27
173
HARUN SPRACH ZU SEINEN KINDERN ASSUR, ASSAD, SCHEHERBAN
)SOEHNE, WERDET IHR VOLLENDEN, WAS ICH KUEHNEN MUTS BEGANN;
SEIT ICH BAGDADS THRON BESTIEGEN, BIN VON FEINDEN ICH UMGEBEN
WIE BEFESTIGT IHR DIE HERRSCHAFT; WIE VERTEIDIGT IHR MEIN LEBEN;)
C
ASSUR RUFT, DER FEURIG SCHLANKE  )SCHLEUNIG WERB ICH DIR EIN HEER,
ZIMMRE MASTEN, WEBE SEGEL  ICH BEVOELKRE DIR DAS MEER
ROSSE SCHUL ICH. SAEBEL SCHMIED ICH. ICH ERBAUE DIR KASTELLE.
DIR GEHOEREN STADT UND WUESTE  DIR GEHORCHEN STRAND UND WELLE )
C
ASSAD MIT DER SCHLAUEN MIENE SINNT UND AEUSSERT SICH BEDAECHTIG
)SICHER SCHAFF ICH DEINEN SCHLUMMER, SORGEN MACHEN UEBERNAECHTIG.
DASS DU DICH DES LEBENS FREUEST, BLEIBE, VATER, MEINE SACHE
UEBER JEDEM DEINER SCHRITTE HALTEN HUNDERT AUGEN WACHE
C
WIRTE, KUPPLER UND BARBIERE, JEDEM SETZ ICH EINEN SOLD,
DASS SIE ALLE MIR BERICHTEN, WER DICH LIEBT UND WER DIR GROLLT.)
HARUN LAECHELT. ZU DEM JUENGSTEN, SEINEM LIEBLING, SAGT ER  )RUHST DU;
WIE BESCHAEMST DU DEINE BRUEDER; ZARTER SCHEHERBAN, WAS TUST DU;)
C
)VATER), REDET JETZT DER JUENGSTE KEUSCH ERROETEND, )ES IST GUT,
DASS EIN TROPFEN RINNE NIEDER WARM INS VOLK AUS DEINEM BLUT
UEBER UNGEZAEHLTE LOSE BIST ALLMAECHTIG DU AUF ERDEN,
DAS IST RAUB AN DEINEN BRUEDERN- UND DU WIRST GERICHTET WERDEN
C
DEIN ERHABEN LOS ZU SUEHNEN, DAS SICH TUERMT DEN BLITZEN ZU,
LASS MICH IN DES LEBENS DUNKLE TIEFE NIEDERTAUCHEN DU
SUCH MICH NICHT  ICH GING VERLOREN  SENDE WEDER KLEID NOCH SPENDE
WIE DER AERMSTE WILL ICH LEBEN VON DER ARBEIT MEINER HAENDE
C
C SEITE 271
MIT DEM HAMMER, MIT DER KELLE LASS MICH, HERR, EIN MAUER SEIN
SELBER MAUER' ICH MICH IN DEINES GLUECKES GRUND UND BODEN EIN
JEDEM HAUSE WIRD EIN ZAUBER, DASS ES UNZERSTOERLICH DAUERT,
ETWAS LIEBES UND LEBENDGES IN DEN GRUNDSTEIN EINGEMAUERT
C
HOEREST DU DIE STRASSE RAUSCHEN UNTER DEINEM MARMORSCHLOSS;
MORGEN BIN ICH DIESER MENGE NAMENLOSER TISCHGENOSS-
BLICKST DU NIEDER AUF DIE VIELEN UNBEKANNTEN, DIE DIR DIENEN,
EINER SEGNET DICH VOM MORGEN BIS ZUM ABEND UNTER IHNEN )
C
C DER BERG DER SELIGKEITEN SEITE 272
174
EIN BERGESRUECKEN STILLBESONNT,
ALLUM DER DUFTGE HORIZONT-
HIER SASS DER CHRIST UND RINGS IM KREIS
DIE GALILAEER STUFENWEIS
GELAGERT AUF DEN STEILEN TRIFTEN-
DER MEISTER LOBT' DER LILIE KLEID,
HIESS GOETTLICH WERK DAS FRIEDESTIFTEN
UND RUEHMTE DIE BARMHERZIGKEIT.
ER LIESS DIE SEGENSSCHWINGEN BREITEN
ALL SEINES REICHES SELIGKEITEN.
DANN IST ER SACHT HINABGEGANGEN...
UND HAT AM KREUZESSTAMM GEHANGEN.
C
AM BERG DER SELIGKEITEN IRRTEN
DER HIRTIN STAPFEN UND DES HIRTEN.
WIE WOLKEN STILL, WIE STUERME BRAUSEND
ZOG DRAN VORUEBER EIN JAHRTAUSEND.
DIE LILIE BLIEB DES LOBES FROH,
SIE KLEIDE SICH WIE SOLOMO,
DIE LUFT, DRIN NIE DAS ERZ ERSCHOLL,
IST NOCH VON FRIEDEWORTEN VOLL.
C
DROMMETENSTOSS  JACH KLIMMT EMPOR
EIN HEER, DAS SCHLACHT UND RAUM VERLOR.
KREUZRITTER SIND'S, VON SALADIN
VERSPRENGT, DIE WILD ZUR HOEHE FLIEHN,
HEISS UNTER IHREN SCHRITTEN HER
ENTFLAMMT DEN DUERREN RASEN ER,
IN SCHWARZEN WOLKEN WALLT DER QUALM.
SCHLACHTROSSE SCHNAUBEN AUF DER ALM.
C
C SEITE 273
SCHARF PFEIFEN SARAZENENPFEILE
DURCH DIESES FLUCHTGEDRAENGES EILE.
FORT  EIN VERFAERBTER PURPUR WEHT,
EIN JUNGER KOENIG WANKT ENTKRAEFTET,
DOCH DIESES REICHES MAJESTAET
IST KOENIG CHRIST, ANS KREUZ GEHEFTET.
DRUM TRAGEN SIE DAS KREUZ VORAN,
DER WELTERBARMER SCHWEBTE DRAN,
DAS BITTRE KREUZ, DAVON HERAB
ER SEINES MORDES SCHULD VERGAB.
SIE WUSCHEN'S DANN MIT ROTEN BAECHEN,
UM DES ERBARMERS TOD ZU RAECHEN...
DAS WUETEN, MORDEN, BLUTEN, STREITEN
ERSTEIGT DEN BERG DER SELIGKEITEN.
ERKLOMMEN IST DER GIPFEL JETZT
UND HINTER IHM ERBRAUST DAS MEER.
DER KURDENSCHLEUDER AUSGESETZT,
STEHT AUF DEM KULM DAS CHRISTENHEER.
C
DROMMETENSTOSS  )DER HEILAND LEBT
CHRISTUS REGIERT ) DER BERG ERBEBT.
)HILF, KOENIG, DER GEKREUZIGT WURDE )
)ZIELT AUF DAS KREUZ ) BEFIEHLT DER KURDE.
)WIE BLOEDE FALTER UM DIE FLAMME,
SO FLATTERN SIE AM KREUZESSTAMME )
ES SAUST. STEILNIEDER ZU DER BUCHT
STUERZT ROSS UND REITER IN DIE SCHLUCHT.
DAS KREUZ, MIT GLUT UND BRUENSTGER HAST
UMFAENGT'S EIN MOENCH UND HAELT'S UMFASST
)HOERST, KOENIG, DU DER HEIDEN SPOTT;
VERNICHTE SIE, VERHOEHNTER GOTT
C SEITE 274
IN HELLER RUESTUNG KOMM GEFAHREN
MIT DEINES VATERS ENGELSCHAREN
LEBST DU, REGIERST DU, CHRISTE, NICHT;)
KEIN ENGELSCHWERT ERBLITZT IM LICHT.
DIE LUFT VERFINSTERT PFEILGEAUS-
)KOMM ) SCHREIT DER MOENCH UND ATMET AUS.
C
DES HIMMELS INNIGTIEFER SCHEIN
UMFASST EIN MENSCHENLEER GESTEIN.
VOM SCHWERT ERKAEMPFT, VOM SCHWERT ZERSTOERT,
DIES REICH HAT NICHT DEM CHRIST GEHOERT.
C
C DIE GAUKLER SEITE 275
175
AM STRANDE DES GELOBTEN LANDS
IN GLUEHEM STICH DES SONNENBRANDS
KAEMPFT LUDOWIG DER FROMME
ER TRAEGT IN SICH DES TODES KEIM,
IHM AHNT ES, DASS ER NIMMER HEIM
INS SCHOENE FRANKREICH KOMME.
C
SCHEU LAUSCHT IN ZELTES DAEMMERSCHEIN
EIN JUNGER EDELKNECHT HEREIN
UND HINTER IHM DIE ANDERN
)HERR KOENIG, ES SIND GAUKLER DA,
DREI BRUEDER AUS ARMENIA,
DIE NACH DEM GRABE WANDERN.
C
ES HEISST, SIE SPIELEN WUNDERSCHOEN
ERLAUBT EIN FRISCHES HORNGETOEN
UNS ALLEN ANZUHOEREN )
DER KOENIG SEUFZT  )BETRUG DER WELT
BRINGT MIR DIE GAUKLER IN DAS ZELT,
DASS SIE EUCH NICHT BETOEREN )
C
JETZT HEBEN AN DEN MUND DIE DREI
DAS HORN UND SPIELEN FRANK UND FREI,
ALS GING' ES AUS ZUM JAGEN.
DANN WIE EIN QUELL IM WALDE QUILLT,
ELLID MIT GESTRECKTEM JAGEN
WIRD MICH NACH DER HEIMAT TRAGEN )
SO RIESELT SANFT UND WAECHST UND SCHWILLT
EIN JUBELN UND EIN KLAGEN.
C
C SEITE 276
GEMACH VERTOENT DER HOERNER SCHALL,
LAUT RUFT RENAUD VON REINEVAL
)DU HERZENSTROST DER MINNE
LUCINDEN, DIE SICH UM MICH KRAENKT,
IN TREUEN IHRES PILGERS DENKT,
SAH ICH AUF STILLER ZINNE )
C
)ICH SCHAUTE), FAELLT JUNG WALTER EIN,
)IN MEINEM TEICH DEN WIEDERSCHEIN
VON EICHEN KUEHL UND DUESTER,
ICH SAH MEIN BOOT, DER RUDER BAR,
DAS HALB ANS LAND GEZOGEN WAR,
UMNEIGT VON SCHILFGEFLUESTER )
C
EIN JEDER HAT IM HORNESLAUT
SEIN HERZ BELAUSCHT, SEIN LIEB GESCHAUT,
SEIN MINNEN UND SEIN SEHNEN.
)HERR KOENIG, SAGT, WAS SINNET IHR;
WAS SEHNET IHR; WAS MINNET IHR;
WAS RINNEN EUCH DIE TRAENEN;)
C
HERR LUDWIG FLUESTERT  )SEL'GER TRAUM
MICH HOBEN DURCH DEN HIMMELSRAUM
ANGELISCHE GESTALTEN.
'GETREUER KNECHT, WILLKOMM ' ERSCHOLL
EIN RUF- ICH KONNTE WONNEVOLL
DIE TRAENEN NICHT VERHALTEN.)
C
C THIBAUT VON CHAMPAGNE SEITE 277
176
)HEIM BIN ICH AUS DEM MORGENLAND AN SEEL UND LEIB GESUND,
MICH DURSTET' IN DER WUESTE SAND NACH EUERM FRISCHEN MUND,
IHR BLIEBET MIR EIN TREUES WEIB, DA STEHT MEIN GLAUBE FEST,
DRUM BRING ICH EUCH DAS SCHOENSTE MIT, WAS SICH BESCHEREN LAESST )
C
DIE GRAEFIN WANDELT AUF UND AB IN EINEM SACHTEN SCHRITT.
SIE LAS DEN BRIEF UND LAS DEN BRIEF. WAS BRINGT DER GRAF MIR MIT;
IST'S WOHL EIN SPAN VOM ECHTEN KREUZ; DEN KUESST' ICH VOLLER SCHEU
IST'S IN DEN ZWINGER EIN GETIER; EIN PARDEL ODER LEU;
C
IST'S DUENNEN SCHLEIERS SPINNEWEB, DAS WERK DER FEIENHAND;
EIN PERSERTEPPICH, WIE DER FUSS NOCH KEINEN WEICHERN FAND;
IST'S DENN EIN LICHTER EDELSTEIN; IST'S EIN GESCHIRR VON GOLD,
DARAUS SICH FEINER RAUCH EMPOR IN BLAUEN WOELKLEIN ROLLT;
C
DER TUERMER RUFT. DAS TOR ERFUELLT DER FREUDGE PILGERZUG
BARHAUPT DER GRAF IN SEINEM HELM WOHL HUNDERT ROSEN TRUG,
AUF MANCHEM WAGEN SCHWANKTE DANN MANCH TOENERNES GESCHIRR,
DARUEBER BLUEHT' EIN ROSENHAIN IN WUERZIGEM GEWIRR.
C
DER GRAEFIN NAESCHEN SOG DEN DUFT, DAS MUENDCHEN ZEIGT' VERDRUSS,
DANN LAECHELT'S ZU DEM LEICHTEN HORT UND BIETET SICH DEM KUSS-
)WIE SELIG BIN ICH, LIEBE FRAU, DASS EUCH DER FLOR GEFAELLT
DIE ROSEN VON DAMASKUS SIND DIE VOLLSTEN AUF DER WELT
C
IN HUNDERT KUEBELN SCHLEPPTEN WIR DEN ROSENWALD AN BORD,
ER WAER' MIR IN DER SONNENGLUT VERDORBEN UND VERDORRT,
NEUN TAGE STUERZTE REGENGUSS, DER SCHIER DAS SCHIFF VERSENKT-
ICH DACHTE NUR, ICH LACHTE NUR  WIE DER DIE ROSEN TRAENKT
C
C SEITE 278
ENTPANZERT, KNAPPEN, MIR DIE BRUST, NOCH BIN ICH ERZUMSCHIENT
ICH HABE MEINEN HIMMEL HIER UND EINEN DORT VERDIENT
MIT ROSEN WILL ICH DRUM ZU TISCH, MIT ROSEN SCHLUMMERN GEHN,
MIT ROSEN STEIGEN IN DIE GRUFT, MIT ROSEN AUFERSTEHN )
C
C DER PILGER UND DIE SARAZENIN SEITE 279
177
JUENGST AM LIBANON IN EINEM KLOSTER,
DRIN ICH EINE KURZE REISERAST HIELT,
LANGSAM DURCH DIE KUEHLEN HALLEN WANDELND,
BLIEB ICH STEHN VOR EINEM ALTEN BILDE,
WOHLBEWAHRT IN EIGENER KAPELLE.
ES BERUEHRTE MICH MIT LEISEM ZAUBER
TROTZ DER BYZANTINISCHEN GESTALTEN,
DENN DARUEBER LAG EIN GLANZ DER LIEBE
DURCH DAS TOR DES PARADIESES SCHRITTEN
EINE SARAZENIN UND EIN PILGER,
HAND IN HAND VERSENKT UND BLICK IN BLICK AUCH.
)WAS BEDEUTET DIESES SUESSE MAERCHEN;)
FRUG ICH ANAKLET, DEN KLOSTERBRUDER,
DER MICH SCHLEICHEND UEBERALL BEGLEITET.
MIT GESENKTEN AUGEN GAB ER ANTWORT
)GUTER HERR, KEIN SUESSES MAERCHEN IST ES,
SONDERN EINE TROESTLICHE LEGENDE,
AUF EIN ALTES PERGAMENT VERZEICHNET
ZUR ERBAUUNG ALLER GLAEUBGEN CHRISTEN.
DIESER PILGER IST EIN HEILGER MAERTRER,
EINE MAERTRIN IST DIE SARAZENIN,
ER VERSCHIED, GESTEINIGT UND GEPEINIGT,
SIE VERBLICH, UMARMEND EINE SCHWELLE )
MAERCHENLUSTIG BIN ICH WIE SCHEHERBAN,
WIE DIE PLAUDERNDE SCHEHEREZADE
UND ICH BAT DEN MOENCH  )ERZAEHLE, VATER,
DEINEM SOHN DIE TROESTLICHE LEGENDE.)
BRUDER ANAKLET WILLFAHRTE, SPRECHEND
C SEITE 28
)EINST, VOR UNGEZAEHLTEN VIELEN JAHREN-
ALSO STEHT'S IM PERGAMENT VERZEICHNET,
DAS ICH GRUENDLICH LERNTE SCHON ALS KNABE-
ZOGEN PILGER NACH DEM GRAB VORUEBER
OHNE RAST UND OHNE TRUNK UND SPEISE
SCHEUEN FUSSES AN DER STADT DAMASKUS,
DENN VERHASST IST CHRISTUS IN DAMASKUS
VOR DER STADT DAMASKUS RAUSCHT EIN BRUNNEN,
WO EIN LOEWENKOPF AUS SEINES MAULES
TIEF HERABGEZOGNEN WINKELN SPRUDELT
EIN BEGEHRTES, KOESTLICH KUEHLES WASSER.
DORT AM BRUNNEN STAND DIE SARAZENIN.
C
SCHLEIERLOS, DIE JUNGEN WARMEN AUGEN
FUENFZEHNJAEHRIG ODER SECHZEHNJAEHRIG,
STAND AM BRUNNEN EINE SARAZENIN,
DIE DEN SCHLANKEN KRUG GELASSEN FUELLTE.
ALLE PILGER ZOGEN IHR VORUEBER
MIT GESENKTEM HAUPTE NIEDERBLICKEND,
DENN DIE MOSLEMWEIBER TREIBEN KUENSTE.
&ABER UEBERWUNDEN HAT SIE CHRISTUS _
NUR EIN ZARTER JUENGLING, FAST EIN KNABE
NOCH, ENTWICH DER PILGERREIHE DURSTIG,
NAHTE SICH DER JUNGEN SARAZENIN
FLEHEND, FORDERTE VON IHR ZU TRINKEN.
LANGSAM SENKTE SIE DEN KRUG. ER SCHLUERFTE.
LANGSAM HOB DEN KRUG ZU HAUPTE SIE WIEDER,
HEIMWAERTS WANDELND. VOR DES TORES WOELBUNG
WANDTE SIE DAS HAUPT MITSAMT DEM KRUGE,
SCHRITTE FUEHLEND HINTER IHREN SOHLEN
C SEITE 281
'PILGER, HUETE DICH VOR DIESEM TORE
DENN ES WUERDE DIR ZUM TOR DES TODES
MEINE DUNKELN AUGEN SIND VERDERBLICH
UND VERHASST IST CHRISTUS IN DAMASKUS '
C
UND SIE WANDELT DURCH DES TORES WOELBUNG,
UND SIE WANDELT DURCH DIE DUNKELN GASSEN,
SCHRITTE FUEHLEND HINTER IHREN SOHLEN.
IHRE TUERE OEFFNET SIE UND SCHLIESST SIE,
UND EMPOR ZUM INNERN SOELLER STEIGEND
SIEHT SIE MIT DEN SINNEN IHRES GEISTES
EINEN PILGER LIEGEN AUF DER SCHWELLE,
AUF DER SCHWELLE VOR DES HAUSES PFORTE.
C
IN DER ERSTEN MORGENHELLE STAND SIE
VOR DEM PILGER, HEFTIG IHN ZU SCHELTEN
'PILGER, HEBE DICH VON DIESER SCHWELLE,
DIE ZUR SCHWELLE WUERDE DIR DES TODES
WILL NICHT SCHULDIG SEIN AN DEINEM TODE
MEINE DUNKELN AUGEN SIND VERDERBLICH
ALLE SCHLUEGEN HEUTE DICH MIT STAEBEN,
ALLE WUERFEN HEUTE DICH MIT STEINEN,
UND DU LAEGEST TOT IN DEINEM BLUTE
DENN VERHASST IST CHRISTUS IN DAMASKUS
WEICHE, PILGER  HEB DICH, LAESTGER BETTLER
FREMDLING  ABERGLAEUBSCHER  GOETZENDIENER
DIESEN LIPPEN EINEN KUSS  ENTWEICHE '
DOCH ER WEIGERTE SICH MIT DEM HAUPTE,
ZORNIG WICH VON IHM DIE SARAZENIN.
C
IN DER LETZTEN ABENDHELLE STAND SIE
VOR DEM PILGER, DEM DAS BLUT AUS VIELEN
WUNDEN STROEMTE, HEFTIG IHN ZU SCHELTEN
C SEITE 282
'WEICHE, PILGER  HEB DICH, LAESTGER BETTLER
FREMDLING  ABERGLAEUBSCHER  GOETZENDIENER
MEINE DUNKELN AUGEN SIND VERDERBLICH
UND VERHASST IST CHRISTUS IN DAMASKUS
WILL NICHT SCHULDIG SEIN AN DEINEM TODE
WASCHEN WILL ICH DEINE ROTEN STRIEMEN,
KUESSEN WILL ICH DEINE BLUT'GEN WUNDEN,
LEUGNEST DU DEN BLEICHEN MANN AM HOLZE '
DOCH ER WEIGERTE SICH MIT DEM HAUPTE,
WEINEND WICH VON IHM DIE SARAZENIN,
UND EMPOR ZUM INNERN SOELLER STEIGEND
HOERTE SIE MIT DEN SINNEN IHRES GEISTES
LEISE STOEHNEN EINEN TODESWUNDEN
AUF DER SCHWELLE VOR DES HAUSES PFORTE.
FERNE BLIEB DER SCHLUMMER IHREN LIDERN,
ENDLICH KAM DER SCHLUMMER UND EIN TRAUM KAM.
C
RINGS EMPOR AN EINES GIPFELS ABHANG
KLOMMEN MIT ERBAULICHEN GESAENGEN
PILGER AUF ZUM TOR DES PARADIESES.
EINER KLOMM VORAN, EIN HEILGER MAERTRER,
DEN DIE ANDERN GRUESSTEN EHRERBIETIG.
IN DES TORES WOELBUNG STAND DER HEILAND
'TRITT HEREIN  DU HAST FUER MICH GEBLUTET '
DOCH DER PILGER WEIGERTE SICH STANDHAFT
'HEILAND, LASS MICH LIEGEN AUF DER SCHWELLE,
BIS SIE KOMMT, DIE STUENDLICH ICH ERWARTE
HAND IN HAND VERSENKT UND BLICK IN BLICK AUCH,
TRITT SIE, MIR GESELLT, IN DEINE FREUDE,
KEINE SARAZENIN, EINE CHRISTIN.'
C SEITE 283
 SOLCHES TRAEUMEND, STUERZTEN IHR DIE TRAENEN
SO GEWALTIG, DASS SIE DROB ERWACHTE.
JAEHLINGS SPRINGT SIE AUF VON IHREM LAGER,
FLIEGT HINAB DES HAUSES HUNDERT STUFEN
LEER UND BLUTBEGOSSEN LAG DIE SCHWELLE
IN DES UNGEBORNEN TAGES FRUEHLICHT.
AUF DIE HARTE SCHWELLE KNIET SIE NIEDER,
BADET SIE MIT UNERSCHOEPFTEN TRAENEN,
DRAENGT DEN WARMEN BUSEN IHR ENTGEGEN,
PRESST SIE FEST, ALS KLOPFT' EIN HERZ IM STEINE,
KEINES KLOPFT, DOCH IHRES ZUM ZERSPRINGEN.
C
ALS DIE FUESSE DERER WIEDERKEHRTEN,
DIE DEN TOTEN VOR DAS TOR GETRAGEN,
EILTEN SIE DER SCHWELLE SCHEU VORUEBER,
AUF DER SCHWELLE SAHN SIE EINE TOTE,
AUF DER SCHWELLE LAG DIE SARAZENIN.
KEINE SARAZENIN, EINE CHRISTIN )
ENDET' BRUDER ANAKLET ERBAULICH.
C
C AM HIMMELSTOR SEITE 284
178
MIR TRAEUMT', ICH KOMM ANS HIMMELSTOR
UND FINDE DICH, DIE SUESSE
DU SASSEST BEI DEM QUELL DAVOR
UND WUSCHEST DIR DIE FUESSE.
C
DU WUSCHEST, WUSCHEST OHNE RAST
DEN BLENDEND WEISSEN SCHIMMER,
BEGANNST MIT WUNDERLICHER HAST
DEIN WERK VON NEUEM IMMER.
C
ICH FRUG  )WAS BADEST DU DICH HIER
MIT TRAENENNASSEN WANGEN;)
DU SPRACHST  )WEIL ICH IM STAUB MIT DIR,
SO TIEF IM STAUB GEGANGEN.)
C
C MIT ZWEI WORTEN SEITE 285
179
AM GESTADE PALAESTINAS, AUF UND NIEDER, TAG UM TAG,
)LONDON;) FRUG DIE SARAZENIN, WO EIN SCHIFF VOR ANKER LAG.
)LONDON ) BAT SIE LANG VERGEBENS, NIMMER MUEDE, NIMMER ZAG,
BIS ZULETZT AN BORD SIE BRACHTE EINES BOOTES RUDERSCHLAG.
C
SIE BETRAT DAS DECK DES SEGLERS UND IHR WURDE NICHT GEWEHRT.
MEER UND HIMMEL. )LONDON;) FRUG SIE, VON DER HEIMAT ABGEKEHRT,
SUCHTE, BLICKTE, DURCH DES SCHIFFERS AUSGESTRECKTE HAND BELEHRT,
NACH DEN KUESTEN, WO DIE SONNE SICH IN ABENDGLUT VERZEHRT...
C
)GILBERT;) FRAGT DIE SARAZENIN IM GEDRAENG DER GROSSEN STADT,
UND DIE MENGE LACHT UND SPOTTET, BIS SIE DANN ERBARMEN HAT.
)TAUSEND GILBERT GIBT'S IN LONDON ) DOCH SIE SUCHT UND WIRD NICHT MATT.
)LABE DICH MIT TRANK UND SPEISE ) DOCH SIE WIRD VON TRAENEN SATT.
C
)GILBERT )- )NICHTS ALS GILBERT; WEISST DU KEINE ANDERN WORTE; NEIN;)
)GILBERT )... )HOERT, DAS WIRD DER WEILAND PILGER GILBERT BECKET SEIN-
DEN GEBRAEUNT IN SKLAVENKETTEN GLUEHER WUESTE SONNENSCHEIN-
DEM DIE BANDE LOESTE HEIMLICH EINES EMIRS TOECHTERLEIN-)
C
)PILGRIM GILBERT BECKET ) DROEHNT ES, BRAUST ES LAENGS DER THEMSE STRAND.
SIEH, DA KOMMT ER IHR ENTGEGEN, VON DES VOLKES MUND GENANNT,
UEBER SEINE SCHWELLE FUEHRT ER, DIE DAS ZIEL DER REISE FAND.
LIEBE WANDERT MIT ZWEI WORTEN GLAEUBIG UEBER MEER UND LAND.
C
C DAS KAISERLICHE SCHREIBEN SEITE 286
18
PETRUS, SCHREIB- ZU SEINEM KANZLER SPRACH'S DER GRAMVERSTOERTE STAUFEN-
SATTELN SOLLEN MEINE BOTEN, HUNDERT ROSSE SOLLEN LAUFEN
MEINEN EIGNEN. MEINEN STAEDTERN, MEINEN PFAFFEN UND BARONEN
DEM GERINGSTEN WIE DEM HOECHSTEN  ALLEN, DIE DAS REICH BEWOHNEN
C
KLAGE  KLAGE  TOTENKLAGE  MEINEN SOHN HAB ICH VERLOREN...
HEINRICH MIT DEN FINSTERN LOCKEN... DEN KONSTANZE MIR GEBOREN...
DER DAS REICH VERRIET... DEM EIGNEN VATER BRACH DAS LEHNSVERSPRECHEN...
DEN ICH BEUGEN, BEUGEN MUSSTE, DESSEN TROTZ ICH MUSSTE BRECHEN...
C
LANGE BRUETET' ER IM KERKER- ENDLICH HAT ER MICH GERUFEN-
DA ICH KAM, FLOG ER VORUEBER, FLOG EMPOR DIE WENDELSTUFEN-
WIEDER WAR'S, ALS OB VERZWEIFELND ER VOM HOECHSTEN SOELLER RIEFE-
DA  DER KNABE SPRINGT VOR MEINEN AUGEN IN DIE TODESTIEFE
C
JAMMERANBLICK OHNE GLEICHEN  KOMMT, DASS WIR ZUSAMMEN KLAGEN
HELFT MIR MEINE SCHLIMMEN TRAEUME, MEINE NACHTGEDANKEN TRAGEN -
KOENNT' ICH IHN ERWECKEN, NIMMER WUERD' ICH AUS DEM ARM IHN LASSEN
SAGET, IST ES NICHT ENTSETZLICH, DASS MEIN KIND MICH MUSSTE HASSEN;
C
PETRUS, ZEIG MIR WAS DU SCHREIBEST  WILLST DU MIR DEN MUND VERHALTEN;
UEBER MEINE QUALEN WIRFST DU WUERDEVOLLE PURPURFALTEN;
MEINES KNABEN SCHREI ERSTICKST DU; MEINE TRAENEN SIND VERBOTEN;
KANZLER PETRUS, SCHREIBE WAHRHEIT UEBER MICH UND MEINEN TOTEN
C
REDEN WILL ICH ZU DEN VAETERN  SAGT MIR, WUERDET IHR NICHT EINEN
KNABEN, DER EUCH NOT UND DUNKELN KUMMER BRACHTE, DOCH BEWEINEN;
DEN IHR IN DER WIEGE KUESSTET- OB ER AUCH EIN ARGER WAERE-
WENN ER GINGE ZU DEN SCHATTEN, WEIGERTET IHR IHM DIE ZAEHRE;
C
C SEITE 287
PRUEFET EURE HERZEN, VAETER  WAS WIR VON DEN KINDERN DULDEN,
IST ES NICHT GERECHTE SUEHNE, NICHT DAS EIGENE VERSCHULDEN;...
PETRUS, DU ERSCHRICKST; SO ENDE  ENDE MIT DEM KURZGEFASSTEN
REICHSBEFEHL  WIR ORDNEN TRAUER AN FUER DIESEN FRUEHVERBLASSTEN.
C
C KAISER FRIEDRICH DER ZWEITE SEITE 288
181
IN DEN ARMEN SEINES JUENGSTEN
PHANTASIERT DER SIECHE KAISER,
AN DEM TREUEN HERZEN MANFREDS
KAEMPFT ER SEINEN TODESKAMPF.
C
MIT DEN GEISTERHAFTEN BLAUEN
AUGEN STARRT ER IN DIE WEITE,
WAEHREND SEINE FIEBERHEISSE
RECHTE PRESST DES SOHNES HAND
C
)MANFRED, LAUSCHE MEINEN WORTEN
DRUEBEN AUF DEM MARMORTISCHE
MIT DEN GREIFEN LIEGT MEIN GUELTIG
UNTERSCHRIEBEN TESTAMENT.
C
EINE KUTTE, DRIN ZU STERBEN,
SCHENKTEN MIR DIE BRAVEN MOENCHE,
DASS ICH MEINE SEELE RETTE
TROTZ DEM BANN DES HEILGEN STUHLS.
C
MANFRED, MEINES HERZENS LIEBLING,
LASS DEN HEROLD AUF DEN SOELLER
TRETEN UND DER ERDE MELDEN,
DASS DER HOHENSTAUFE SCHIED.
C
MANFRED MIT DEN BLONDEN LOCKEN,
SARGE PRAECHTIG EIN DIE KUTTE,
FUEHRE SIE MIT SCHAUGEPRAENGE
NACH DEM DOME VON PALERM
C
C SEITE 289
WEISST DU, LIEBLING, DAS GEHEIMNIS;
DIESE NACHT IN EINER SAENFTE
TRAGEN MEINE SARAZENEN
SACHT MICH AN DEN STRAND DES MEERS.
C
MEINER HARRT EIN SCHWELLEND SEGEL
AUF DES SCHIFFES DECK GELAGERT,
FAHR ENTGEGEN ICH DEM MORGEN
UND DEM NEUGEBORNEN STRAHL.
C
FERN AUF EINEM VORGEBIRGE,
DAS IN BLAUE FLUT HINAUSRAGT,
STEHT EIN HALBZERTRUEMMERT KLOSTER
UND EIN SCHLANKER TEMPELBAU.
C
ZWISCHEN KLOSTER UND ROTUNDE
SCHLAGEN WIR DAS ZELT IM FREIEN.
SELIG ATM' ICH MEER UND HIMMEL,
BIS MICH SCHLUMMER UEBERMANNT.)
C
C KONRADINS KNAPPE SEITE 29
182
)AUF DIESEM KURZEN BERGESRASEN HIER,
NUR WEN'GE MONDE SIND ES, ZECHTEN WIR,
ER UND DAS EDELVOLK, IN HOHEM RAUM-
UND DRUEBEN WAR ITALIEN WIE EIN TRAUM.
C
IN DIESEM PASSE LAGEN WIR GESTRECKT,
DER STAUFE HAT MICH MINNIGLICH GENECKT
NICHT BLOEDE, HANS  SPRICH  WAS BEGEHRST DU GLEICH;
ICH GEB ES DIR IN MEINEM KOENIGREICH
C
DANN KLOMM DIE FAHRT AN WAENDEN SCHWARZ UND KAHL,
WO ICH DER MUTTER GOTTES MICH EMPFAHL.
NOCH EH ICH AMEN SAGTE, GLITT MEIN TIER-
DER STAUFEN UND DIE SINNE SCHWANDEN MIR.
C
DANN LAG ICH IM HOSPIZE FIEBERBANG,
WO ICH VERZWEIFELND MIT DEN MOENCHEN RANG,
ICH FOCHT UND SCHRIE  DEM JUNGEN STAUFEN NACH
HIE NAPOLI  BIS ICH ZUSAMMENBRACH.
C
JETZT SCHLEPP ICH JEDEN TAG MICH HIER EMPOR,
WO ICH DEN STAUFEN AUS DEM BLICK VERLOR.
GENESEN IST DER LEIB, DIE SEELE SCHMERZT,
DENN ALL MEIN ERDENGLUECK HAB ICH VERSCHERZT.
C
UND ZOEG' ICH HEUT, ICH KAEME DOCH ZU SPAET,
SCHON KROENTE SICH DIE JUNGE MAJESTAET,
DAS EDELBLUT EMPFING DEN RITTERSCHLAG,
ICH ABER FLUCHE MEINEM UNGLUECKSTAG.)-
C
C SEITE 291
EIN KNECHTLEIN KOMMT BERGUEBER. )GIB BESCHEID
DER STAUFENKNABE THRONT IN HERRLICHKEIT;)-
)JA, HERR. ER LITT GEMACH DEN TODESSTREICH
UND THRONT GETROESTET NUN IM HIMMELREICH.)
C
C DIE GEZEICHNETE STIRNE SEITE 292
183
)WEIB, VERRATE MIR, VON WEM GERUFEN
DU ZUR LEIDGESELLIN DICH GEGEBEN;
WER HERUNTER DIESES KERKERS STUFEN
DICH GEZOGEN, DU MEIN SUESSES LEBEN;)
C
KOENIG ENZIO, KEINE MENSCHEN HABEN
MICH VERMOCHT IM KERKER ZU VERBLEICHEN
NEIN, EIN SCHICKSAL WAR MIT EINGEGRABEN,
MEINE JUNGE STIRNE TRUG EIN ZEICHEN.
C
UNSRE VAETER NAHMEN DICH GEFANGEN
UND WIR KINDER HATTEN'S BALD ERFAHREN,
DASS DU NIMMER WIRST ANS LICHT GELANGEN,
KOENIG ENZIO MIT DEN RINGELHAAREN
C
DASS DU NIMMER TRAGEN EINE HELLE
RUESTUNG WIRST, WO DIE DROMMETEN KLINGEN,
DASS DU NIMMER RAUSCHEN WALD UND QUELLE
HOERST, NOCH EINEN FREIEN VOGEL SINGEN
C
UND WIR KINDER LAUSCHTEN SACHTE, SACHTE
DURCH DAS GITTER IN DES KERKERS TIEFE,
LEIS UND HEFTIG STREITEND, OB ER WACHTE
SCHWERBEKUEMMERT ODER OB ER SCHLIEFE-
C
MEINE STIRNE DRUECKT' ICH AN DAS EISEN,
DRINNEN LAGST DU SCHLUMMERND, WIE MIR DEUCHTE,
BLICKTE... BLICKTE, WAR NICHT WEGZUWEISEN,
BIS DER WAECHTER DROHEND MICH VERSCHEUCHTE.
C
C SEITE 293
MUETTERLEIN ERSAH MICH UND WEHKLAGTE,
SCHLUG DIE HAENDE JAMMERVOLL ZUSAMMEN
)KIND, WER HAT DIR IN DIE STIRNE)- FRAGTE
SIE- )GEZEICHNET DIESES KREUZ VON FLAMMEN;)
C
HIESS MICH DANN IN IHREN SPIEGEL SCHAUEN-
TEUERWERTER HERR, SO WAHR ICH LEBE,
EINGEZEICHNET UEBER MEINEN BRAUEN
WAREN DEINES KERKERS EISENSTAEBE
C
AUSSEN WICH DAS ZEICHEN  ABER INNEN
BLIEB'S, DA ICH ZUR MAID ERWUCHS, GESCHRIEBEN-
HERR, SEIT JENEM TAG WAR ALL MEIN SINNEN,
DICH UND DEINEN KERKER NUR ZU LIEBEN.
C
C DER TOD UND FRAU LAURA SEITE 294
184
ES WAR IN AVIGNON AM KARNEVAL,
DASS SICH EIN MOERDER IN DEN REIGEN STAHL
UND DASS DIE PEST VERLARVT SICH SCHWANG IM TANZ
MIT EINEM SCHLOTTERICHTEN MUMMENSCHANZ.
C
IN EINER NAHEN VILLA TAEUSCHEN SIE
DIE ANGST MIT WOHLLAUT UND MIT PHANTASIE,
FRAU LAURA WAR UND AUCH PETRARCA DA,
ALS AN DAS TOR EIN DUMPFER SCHLAG GESCHAH.
C
DIE BLASSEN LIPPEN SCHAUDERN VOR DEM WEIN,
ES TRITT EIN WEISSGEWANDETER HEREIN,
DER EIN MASKE MIT DEM STERBEZUG
UND EINEN FRISCHGEPFLUECKTEN LORBEER TRUG.
C
DER DAEMON HEBT DEN LORBEER VOLLER RUH
UND SINNT UND SCHREITET AUF PETRARCA ZU
)ICH GRUESSE, FREUND, UND KOMME PRIESTERLICH,
DAS IST DER SEL'GEN LORBEER  NEIGE DICH )
C
DER LORBEER SCHWEBT. DA RAUBT IHN EINE HAND,
FRAU LAURA WAR ES, DIE DANEBEN STAND,
SIE SCHMIEGT IHN UM DIE BLONDEN HAARE LEICHT,
SIE STEHT BEKRAENZT. SIE SCHAUDERT. SIE ERBLEICHT.
C
C DIE GEDANKEN DES KOENIGS RENE SEITE 295
185
DER FROMME LAUTENSCHLAEGER HERR RENE
TRUG BRAUNE LOCKEN- SIE SIND WEISS WIE SCHNEE.
AN SEINER STIRN VERGLOMM DER KRONEN GLANZ,
DA HAFTET NICHTS ALS NUR EIN LORBEERKRANZ.
C
SCHLOSS TARASCON- ER BIETET'S ZUM VERKAUF-
DRAN SPRITZT DIE BLAUE RHONE SCHERZEND AUF,
VON HOHE WARTE WANDERT RINGS DER BLICK-
DER KOENIG WAEGT ALS DENKER SEIN GESCHICK
C
)'S IST EIGEN, DASS MAN IMMER MICH VERTREIBT
'S IST EIGEN, DASS MIR NICHTS IN HAENDEN BLEIBT
LOTHRINGEN ERBT' ICH, WO DIE TRIFT SICH SONNT,
DAS NAHM MIR WEG ANTON VON VAUDEMONT.
C
DANN ERBT' ICH FLUGS DAS FUERSTENTUM ANJOU
UND NOCH DAS NETTE LAENDLEIN BAR DAZU-
HERR KOENIG LUDWIG TRAT IN MEIN GELASS
ALS GAST UND SCHRIEB MIR MEINEN WANDERPASS.
C
REICH NAPEL WAR'S, DAS DANN ZU ERB MIR FIEL,
DORT MISCHTE SICH DER ARAGON INS SPIEL-
DAS SCHOENE NAPEL  RICHTIG WERD ICH SCHLEMM
MIR BLEIBT DAS HIMMLISCHE JERUSALEM
C
DA SCHIMMERT UNVERGAENGLICH DACH UND FACH-
ICH ERB ES SCHON. DAS ERBEN IST MEIN SACH.
DOCH GEHT MEIN SACH, WIE HIER, SO DROBEN DORT,
HOLT AUS DEM HIMMEL MICH DER TEUFEL FORT.)
C
C DER MARS VON FLORENZ SEITE 296
186
DIE TUERME VON FLORENZ UMBLAUT
DER SUESSE LENZ, DER JUNGE LENZ,
DIE FRAUEN SINGEN LEIS UND LAUT
IN ALLEN GASSEN VON FLORENZ.
C
AM RAND DER ARNOBRUECKE STEHT
EIN SCHWARZVERWITTERT MARMELBILD
MIT HELMGEFLATTER, KRIEGSGERAET,
GOTT MARS, UND LAECHELT FALSCH UND WILD.
C
)GOTT MARS, WOHL MAGST DU FINSTER SCHAUN,
DROMMETE DROEHNT IM LENZE NIE,
RAUB EINE DIR VON UNSERN FRAUN
HOCH UEBER VENUS PREIS ICH SIE )
C
EIN JUENGLING RUFT'S DEM GOTT EMPOR
MIT LACHEND AUSGESTRECKTER HAND-
IHM DRINGT EIN ERZGEDROEHN ANS OHR,
ER EILT UND STEHT AM ANDERN STRAND.
C
RASCH TRITT AUS EINEM HAUS HERVOR
EIN EDELWEIB, DAS HOEHNT UND LACHT
)ZUR AMIDEI; JUNGER TOR
DIR WAR DAS SCHOENRE ZUGEDACHT
C
NACH GOTTES RATSCHLUSS IST'S GESCHEHN
HEUT WIRST DU- HEISST'S- MIT IHR GETRAUT-
JETZT SOLLST DU DIE DONATI SEHN
BLICK HER  VERGLEICH MIT DEINER BRAUT )
C
C SEITE 297
SIE ZERRT EIN MAEGDLEIN AN DAS LICHT,
ES KAEMPFT INS DUNKLE HAUS ZURUECK,
IM JUNGEN BANGEN ANGESICHT
ERRAET ER ALLER HIMMEL GLUECK.
C
)HINWEG  DIE AMIDEI HARRT
HINWEG  MEIN KIND IST KEINE DIRN
IHR BLICKET FRECH ) DER JUENGLING STARRT
AUF DIE GESENKTE MAEDCHENSTIRN.
C
DER WUNSCH IST GLUT  DIE SCHAM IST GLUT
DIE HOHE DOPPELFLAMME LOHT
ER STRECKT DIE HAND. DAS HOECHSTE GUT
ERGREIFT ER UND ERGREIFT DEN TOD.
C
)FRAU, STRAFET MICH NICHT ALLZUSCHWER
DAS SUESSE HAUPT  DAS BLONDE HAAR
GEWAEHRET SIE MIR ) STAMMELT ER.
)ICH FUEHRE STRACKS SIE ZUM ALTAR )
C
DEN RING, DER IHM DIE HAND BEREIFT,
DER AMIDEI TRAUUNGSRING,
HAT RASEND ER SICH ABGESTREIFT
UND SCHLEUDERT IHN. DA ROLLT ER. KLING...
C
JETZT KNIET ER IM KAPELLENRAUM,
AN FREVELN UND AN WONNEN REICH,
ZUR LINKEN KNIET SEIN SUENDGER TRAUM,
WIE ENGEL SCHOEN, WIE TOTE BLEICH.
C
DEM PAAR ZU HAEUPTEN MURMELT LEER
UND SCHNELL EIN FEILES PRIESTERWORT-
)DIE ROSSE HER  DIE ROSSE HER
ZUM TOR HINAUS  INS FREIE FORT
C
C SEITE 298
DU LIEB GESCHOEPF  DU BEBST WIE LAUB
VERLARVE DIR DAS ANGESICHT
FASS MUT  ICH BRINGE MEINEN RAUB
IN EINE BURG, DIE KEINER BRICHT )
C
AM RAND DER ARNOBRUECKE STEHT
EIN SCHWARZVERWITTERT MARMELBILD
MIT HELMGEFLATTER, KRIEGSGERAET,
GOTT MARS, UND LAECHELT FALSCH UND WILD.
C
DAS SCHWERT DES GOTTES SCHUETTERT LEIS.
DA SPRINGT HERVOR MIT ERZESLAUT
EIN HINTERHALT, EIN MOERDERKREIS,
DIE SIPPE DER VERRATNEN BRAUT.
C
VERDAMMTER, STIRB ) - )GELIEBTE, FLIEH )
WILD RINGEND STUERZT ER UMGEBRACHT,
AN SEINEN BUSEN GLEITET SIE
UND SINKT MIT IHM IN EINE NACHT.
C
HERAB VON ALLER TUERME HANG
VERKUENDET GELLEND STURMGELAEUT
DEN BUERGERKAMPF. DAS SCHWERT ERKLANG
DEM GOTT, DER SICH DES MORDES FREUT.
C
C DIE KETZERIN SEITE 299
187
FRA DOLCIN, DER KETZER, DER VON DANTE
IN DEN ACHTEN HOELLENKREIS GEBANNTE,
HAT EIN WEIB GELIEBT, VON DEM SIE SAGEN,
DASS KEIN SCHOENRES LEBT' IN JENEN TAGEN.
KAMEN SEINE JUENGER IHN ZU GRUESSEN,
SASS DIE BLONDE SCHON ZU SEINEN FUESSEN,
SEGNET' ER DAS VOLK MIT FREVLER RECHTEN,
DEM VERFEMTEN FOLGTE SIE, DEM FLIEHNDEN,
DURCH DIE SCHLUCHTEN DES GEBIRGES ZIEHNDEN-
DA ER VON DEN SCHERGEN WARD GEFANGEN,
IST SIE SEINEN FESSELN NACHGEGANGEN
WO ER IN DER FLAMME SICH GEWUNDEN,
STEHT AUCH SIE AM MARTERPFAHL GEBUNDEN.
C
LIEBLICH IST, DIE FRA DOLCIN VERFUEHRTE,
WIE NOCH NIE EIN WEIB DIE HERZEN RUEHRTE
AUGEN, UNERGRUENDLICH WUNDERBARE,
SCHAUN, ALS OB SIE ZU DEN SEL'GEN FAHRE.
DIE SIE RICHTEN, FRAGEN SICH MIT GRAUEN
KANN DIE HOELLE WIE DER HIMMEL SCHAUEN;
UND ES ZITTERN VOR DEM UNSCHULDVOLLEN
ENGELSANTLITZ, DIE SIE MARTERN WOLLEN.
C
SELBST DER PRIESTER SPRICHT MIT IHR GELINDE,
ALS MIT EINEM IRRGEGANGNEN KINDE
)SCHWACHES WEIB, DER DICH VERLEITET HATTE,
WEDER BRUDER WAR ER DIR NOCH GATTE
SEINE ASCHE TREIBT IM WIND  VERFLOGEN
SIND DIE STAPFEN, DIE DICH NACHGEZOGEN
C SEITE 3
BUESSE  FOLGE REUIG DEN GEBOTEN
UNSRER HEILGEN KIRCHE  LASS DEN TOTEN )
IN DEN BANDEN KANN SICH NICHT BEWEGEN
MARGHERITA, NUR DIE LIPPEN REGEN
)LEIDEN MUSS ICH, WAS DOLCIN GELITTEN...
HORCH, ER RUFT  ICH FOLGE SEINEN SCHRITTEN)-
UND DIE WARMEN, TIEFEN BLICKE STRAHLEN-
)DURCH DIE MARTERN FOLG ICH, DURCH DIE QUALEN )
)KETZERIN, DICH STAERKEN FINSTRE MAECHTE
BRAENDE HER )... ES RUEHREN SICH DIE KNECHTE.
C
SIEHE DA  WIE FLAMMENDES GEWITTER
UNTER DIE GESCHEUCHTEN FAEHRT EIN RITTER,
WILL DEN SCHOENEN DAEMON SICH ERSTREITEN
ER BEMAECHTIGT SICH DER MALEDEITEN,
IHRE KNIEE FASST ER MIT DER LINKEN,
IN DER RECHTEN DROHT DES SCHWERTES BLINKEN
)TRETET AUS DIE GLUT  BEI GOTTES LEIBE,
LOESCHT DIE FACKELN  WEG VON MEINEM WEIBE
SAGE JA... MIT EINEM WINK DER LIDER...
UND VOM SCHEITERHAUFEN STEIGST DU NIEDER
KEINER WIRD AUF MEINER BURG ES WAGEN,
DICH UM DEINEN GLAUBEN ZU BEFRAGEN )
C
)LASS MICH ZIEHN ... ICH DARF MICH NICHT VERWEILEN...
HORCH, DOLCINO RUFT ... ICH MUSS MICH EILEN...
GIB MICH FREI ) ER WEICHT MIT EINEM HERBEN
HOHNGELAECHTER  )MAG DIE TOERIN STERBEN )
C
UEBER IHREM BLONDEN HAUPT ZUSAMMEN
SCHLAGEN TODESFLAMMEN, LIEBESFLAMMEN.
C
C DER MOENCH VON BONIFAZIO SEITE 3 1
188
)KORSEN, LOEST DES PORTES KETTEN  JEDE HOFFNUNG IST VERSCHWUNDEN
NIRGEND WEHT EIN RETTEND SEGEL  GEBT EUCH  PFLEGET EURE WUNDEN
C
GENUA, EUER HAT'S VERGESSEN  SPAEHET AUS VON EUREM RIFFE
SUCHT IM MEERE  SCHAERFT DIE AUGEN  NIRGEND, NIRGEND GENUAS SCHIFFE
C
EURE KINDER HOER ICH WIMMERN, EURE FRAUN, DIE HUNGERMATTEN,
BLICKEN HOHL WIE NACHTGESPENSTER UND IHR SELBER WANKT WIE SCHATTEN )
C
VOM VERDECK DES SCHIFFES RUFT'S EMPOR ZU BONIFAZIOS WALLE
KOENIG ALFONS MILDEN SINNES, ABER DROBEN SCHWEIGEN ALLE.
C
NIMMER WUERDEN SICH DEM DRAENGER DIESE TAPFERN KORSEN GEBEN,
GOELT' ES NUR DAS EIGNE, GOELT' ES NICHT DER KNABEN JUNGES LEBEN
C
FINSTER VOR SICH NIEDERSTARREND, TRETEN FLUESTERN SIE ZUSAMMEN-
EINES MOENCHS EMPOERTE AUGEN SCHIESSEN BLITZE, SCHLEUDERN FLAMMEN
C
)FEIGE HUNDE  KEINE KORSEN  IN DIE HOELLE DER VERRAETER )
)SCHWEIGE, MOENCH  WIR HABEN HERZEN. WIR SIND GATTEN, WIR SIND VAETER.)
C
AUF DEM PREISGEGEBNEN FELSEN KNIET DER MOENCH IN WILDEM HARME
)LEIHE, GOTT, MIT DEINE HAENDE  GIB MIR DEINE STARKEN ARME
C
HEUTE KOMM ICH LOHN ZU FORDERN. ALLES GAB ICH. NICHTS GEBLIEBEN
IST MIR AUSSER MEINEM FELSEN. ABER ETWAS MUSS ICH LIEBEN.
C
GOTT, DU KANNST MIT DEINEN KRAEFTEN EINES MENSCHEN KRAEFTE STEIGERN
WAS DU TATST FUER DEINE JUDEN, DARFST DU KEINEM KORSEN WEIGERN
C
GENUAS SCHIFFE WILL ICH SUCHEN  WILL SIE BEI DEN SCHNAEBELN FASSEN
SPANNEN WILL ICH WEITE SEGEL UND SIE NICHT ERMATTEN LASSEN )
C
C SEITE 3 2
ALLE SEINE MUSKELN SCHWELLEN, ALLE SEINE PULSE BEBEN,
SCHIFFE DURCH DAS MEER ZU SCHLEPPEN, SEGEL AUS DER FLUT ZU HEBEN.
C
AUFGESPRUNGEN, UEBERWINDEND RAUM UND ZEIT MIT SEINEM GOTTE,
DEUTET ER INS MEER GEWALTIG  )DORT  ICH SEHE DORT DIE FLOTTE )
C
ABER KEINE SEGEL BLINKEN AUS DES MEERES FARBGER WEITE,
UNBEVOELKERT FLUTET EINE SCHRANKENLOSE WASSERBREITE.
C
NUR DIE SONNE WANDERT HOEHER, IHRE STRAHLEN BRENNEN WAERMER.
NICHTS ALS MEER UND NICHTS ALS HIMMEL. ALFONS LAECHELT  )ARMER SCHWAERMER )
C
DORT  AM SAUM DES MEERS DAS PUENKTCHEN... SICHTBAR KAUM... DER ZWEIT' UND DRITTE
PUNKT UND JETZT EIN VIERT' UND FUENFTER UND EIN SECHSTER IN DER MITTE
C
WINDE BLASEN, WELLEN STOSSEN. MEER UND HIMMEL SIND IM BUNDE.
SEGEL, IMMER NEUE SEGEL STEIGEN AUS DEM BLAUEN GRUNDE.
C
WENDE DEINE SCHIFFE, KOENIG  SONST VERLIERST DU RUHM UND EHRE
WOGE, FUERSTIN GENUA, WOGE, DU BEHERRSCHERIN DER MEERE
C
ALLE GLOCKEN BONIFAZIOS SCHLAGEN SCHUETTERND AN UND STUERMEN,
JUBEL WIEGT SICH IN DEN LUEFTEN UEBER DEN ZERSCHOSSNEN TUERMEN.
C
UND DER MOENCH, DER MIT DER ALLMACHT SEINEN IRDSCHEN ARM BEWEHRTE;
AN DER ERDE LIEGT ER STERBEND, DER VON IHREM HAUCH VERZEHRTE.
C
C JUNG TIREL SEITE 3 3
189
)JUNG TIREL, FUHREST UEBER SEE;
JUNG TIREL, MIR WILLKOMMEN HIE
SAHST DU SO DUNKLE FORSTE JE;
SO STOLZE FORSTE SAHST DU NIE
C
EIN ENGLISCH WILD ERST UMGEBRACHT
DANN GEB ICH DIR EIN ENGLISCH LEHN )
JUNG TIREL, DEM DAS HERZE LACHT,
LAESST SEINE BLANKEN ZAEHNE SEHN.
C
)WER HEUT DEN BESTEN SCHUSS MIR TUT,
DEN ACHTZEHNENDER MIR ERLEGT,
DER NEHME SICH ALS LEHENSGUT
DEN KOENIGSFORST, DER IHN GEHEGT
C
ZUSCHWOER ICH DIR'S AUF DIESEN BART,
DER FEUERROT DIE BRUST MIR DECKT
ZU WALD  ZU WALD  DER RAPPE SCHARRT
DIE BRACKE SPUERT  DER RUEDE BLECKT )
C
HERR WILHELM STOESST INS JAEGERHORN,
EIN GEIER KRAECHZT IN SEINEM HORST,
DIE WIPFEL PEITSCHT EIN DUNKLER ZORN,
ES BRAUST UND TOST. DANN SCHWEIGT DER FORST.
C
HERR WILHELM SCHLAEGT MIT TIREL RAT
)ICH LINKS, DU RECHTS  FORT  GUTE BIRSCH )
ES KNIRSCHT DAS LAUB, DARAUF ER TRAT.
IN HELLER LICHTUNG AEZT EIN HIRSCH
C
C SEITE 3 4
EIN ROTHIRSCH, DER VIER ELLEN MISST,
DASS SICH EIN JAEGERHERZE FREUT,
DER DIESES FORSTES KOENIG IST,
MIT WEIT VERAESTETEM GESTAEUD.
C
HER RAUNT'S AUS WALDESFINSTERNIS
ZU TIREL, DER SICH DUCKT INS MOOS
)VERDAMMT, DASS MIR DIE SEHNE RISS
DU DRUECK IN TEUFELS NAMEN LOS )
C
HERR TIREL LAUSCHT. WER SPRACH DAS WORT;
EIN WEILCHEN SCHWEIGT'S IM LAUBESDACH.
)SCHIESS, TIREL ) RAUNT'S VON ANDERM ORT.
ER SCHIESST. GENUEBER STOEHNT EIN ACH.
C
HERR TIREL, DAS WAR SCHLIMME BIRSCH
IM DICKICHT RINNT EIN BAECHLEIN ROT.
IHR FEHLTET ENGLANDS GROESSTEN HIRSCH
UND SCHOSSET ENGLANDS KOENIG TOT.
C
C LA BLANCHE NEF SEITE 3 5
19
)HERR KOENIG, ICH BIN STEFFENS KIND,
DER DEN EROBRER EINST GEFUEHRT
ES IST EIN LEHN, DASS MEIN GESIND,
MEIN SCHIFF ALLEIN DEN KOENIG FUEHRT
C
VORAUS DEN SCHNELLSTEN SEGLERN FLIEGT
MEIN BOOT, LA BLANCHE NEF GENANNT,
ES WEISS, WO SICHRE TIEFE LIEGT,
ES FURCHT DAS MEER, ES KENNT DEN STRAND )
C
)NICHT MICH, DOCH MEINEN BESTEN HORT,
VIER KOENIGSKINDER, FUEHREST DU-
SIE KNOSPEN, WEIL MEIN LEBEN DORRT-
DIE JUNGE NORMANDIE DAZU
C
GELOBE MIR DEIN HIMMLISCH TEIL,
GELOBE MIR DEIN MAENNLICH WORT
DU BRINGST AN LEIB UND SEELE HEIL
DIE KINDER MIR NACH ENGLAND DORT )
C
)ICH SCHWOERE DIR MEIN HIMMLISCH TEIL,
ICH SCHWOERE DIR MEIN MAENNLICH WORT
AN LEIB UND SEELE BRING ICH HEIL
DIE KINDER DIR NACH ENGLAND DORT )
C
DES SCHIFFERS GELLER PFIFF ERSCHOLL,
IN SEE DAS BOOT DES KOENIGS STACH-
EIN KORB VON FRISCHEN BLUMEN VOLL,
GLITT BLANCHE NEF, LA BELLE, NACH.
C
C SEITE 3 6
SO LEICHTBESCHWINGT WIE NIE ZUVOR
DURCHFURCHTE BLANCHE NEF DIE SEE
MIT IHREM KRAEFTGEN KNABENFLOR
UND MAEGDLEIN SCHLANK WIE HIRSCH UND REH.
C
DIE KOENIGSKINDER HELL UND ZART,
ERHOEHT INMITTEN SASSEN SIE,
RINGSUM GEPAART IN ZUCHT UND ART
DAS EDELBLUT DER NORMANDIE.
C
VIER STIMMEN SANGEN FRISCH UND SCHOEN
UND HUNDERTSTIMMIG SCHOLL DER CHOR,
ES ZOG DAS JUNGE LUSTGETOEN
DIE NIXEN AUS DER FLUT EMPOR.
C
)ICH WARNE JUNGE HERRLICHKEIT
UND DICH, NORMAENNISCH EDELBLUT,
DAS SINGEN SCHAFFT DER NIXE LEID,
DEM FREUDELOSEN KIND DER FLUT )
C
) UND SCHAFFEN DEM GEZUECHT WIR LEID
UND QUAELEN WIR DAS HALBGESCHLECHT
UND REIZEN WIR DER NIXE NEID,
DAS, STEFFEN, IST UNS EBEN RECHT )
C
GEMACH VERLOSCH DAS ABENDROT,
DES TAGES GLUTEN SCHLIEFEN EIN,
AUSBREITET' UEBER MEER UND BOOT
DER MOND DEN BLEICHEN GEISTERSCHEIN.
C
DIE SEE IST WUNDERLICH ERREGT.
WAS WANDERT UM DES KIELES LAUF;
VON ARMEN WIRD DIE FLUT BEWEGT,
BEGLAENZTE NACKEN TAUCHEN AUF.
C
C SEITE 3 7
DER STEFFEN ERNST AM STEUER STAND
)DAS MEER IST KLAR... DOCH DROHT GEFAHR...)
ER DEUTET MIT GESTRECKTER HAND
)DA NAHT SIE SCHON, DIE NIXENSCHAR )
C
UMKLAMMERT HAELT DEN SCHRAEGEN MAST
EIN BLANKER LEIB ALS SCHIFFSFIGUR,
DASS BLANCHE NEF, VON GRAUN ERFASST,
IN WILDER FLUCHT VON DANNEN FUHR.
C
)ICH WARNE JUNGE HERRLICHKEIT,
VERGESST DIE NACHTGEBETE NICHT )
)EI, STEFFEN, KIND DER ALTEN ZEIT,
SUESS HERZT ES SICH IM MONDENLICHT...)
C
ES KLIMMT UND UEBERKLIMMT DAS BORD,
ES LAESST SICH NIEDER AUS DEN TAUN,
ES KICHERT WIE EIN FRECHES WORT,
ES SCHAUDERT WIE EIN LUESTERN GRAUN...
C
ES REIZT, ES QUAELT, ES SCHLUEPFT, ES SCHMIEGT
SICH ZWISCHEN EDELKNECHT UND MAID,
BIS SICH DAS PAAR IN ARMEN LIEGT
ZU FRUEHER LUST, ZU TOD UND LEID...
C
DEM STEFFEN STEIGT DAS HAAR. ER STARRT
AUF EIN GESPENSTIG BACCHANAL
DIE KOENIGSKINDER HELL UND ZART
VERBLUEHEN ALL IM MONDENSTRAHL.
C
)VERLOREN GEHT MEIN HIMMLISCH TEIL,
GEBROCHEN IST MEIN MAENNLICH WORT
NICHT BRING AN LEIB UND SEELE HEIL
DIE KINDER ICH NACH ENGLAND DORT
C
C SEITE 3 8
STIRB, BLANCHE NEF  BEVOR ES TAGT
IM WASSER WEISS ICH HIER EIN RIFF...)
ER DREHT DAS STEUER STRACKS UND JAGT
DER KLIPPE ZU DAS SUENDENSCHIFF.
C
DER KOENIG LAUSCHT ZURUECK  )DAS SCHOLL
WIE STERBESCHREI ) KLAR IST DER SUND.
EIN KORB VON WELKEN BLUMEN VOLL,
SINKT BLANCHE NEF ZUM MEERESGRUND.
C
C DAS SCHWARZE PRINZ SEITE 3 9
191
SCHWARZER PRINZ UND KOENIG HANS
MASSEN SICH IN RASCHEM WAFFENTANZ,
BIS DER PRINZ DEN KOENIG UEBERWAND
MIT DER ERZGESCHIENTEN HAND.
C
INS GEZELT NAHM ER DEN RAUB,
WUSCH DEN WUNDEN REIN VON BLUT UND STAUB,
BOG DAS KNIE UND BOT DEN LABETRANK
IHM, DER TIEF IN GRAM VERSANK.
C
FRANKREICHS ARMER KOENIG TRAEUMT
ALSO SCHWER, DASS ER DEN WEIN VERSAEUMT,
IHN ERMAHNT DER PRINZ, WIE ER'S VERMAG
)HERR, ES IST DES SCHICKSALS TAG
C
MANCHEN HATTET IHR GESTRECKT,
DA IHR SANKET, HERR, MICH HAT'S ERSCHRECKT,
DOCH MAN LEBT, UND BLIEB NUR EHRE HEIL,
DULDET MAN SEIN MENSCHLICH TEIL
C
MORGEN ALS DES FRIEDENS PFAND
SEND ICH EUCH NACH MEINEM ENGELLAND.
ZEIT IST MAECHTIG  JEDE FESSEL FAELLT
NUR DIE ERDE SCHLIESST UND HAELT.)
C
KOENIG HANS, AUS SEINEM TRAUM
BLICKT ER AUF UND SIEHT DES ZELTES RAUM
UND IN GEISTERBLEICHEM ANGESICHT
ZWEIER SCHWARZER AUGEN LICHT.
C
C SEITE 31
ER BESCHAUT DAS EDLE HAUPT,
DAS EIN UNSICHTBARER KRANZ UMLAUBT,
AERGERT SICH UND MURMELT  )WORTE SIND'S.
DEINE AUGEN SPOTTEN, PRINZ
C
HEUCHLE  STREICHLE MEINEN SCHMERZ
LEIS IM PANZER JUBELT DIR DAS HERZ.
HORCH  ES TRIUMPHIERT ) DER SIEGER SPRICHT
)KOENIG, NEIN. ES JUBELT NICHT.
C
ICH BIN EINE KURZE KRAFT,
HEUT GEHARNISCHT, MORGEN WEGGERAFFT
FRUEHE STUNDE LOST' ICH WIE ACHILL,
MEINEM LOSE HALT ICH STILL.)
C
C DER GLEITENDE PURPUR SEITE 311
192
)EIA WEIHNACHT  EIA WEIHNACHT )
SCHALLT IM MUENSTERCHOR DER PSALM DER KNABEN.
KAISER OTTO LAUSCHT DER METTE,
DIENER HINTER SICH MIT SPEND' UND GABEN.
C
EIA WEIHNACHT  EIA WEIHNACHT
HEUTE DA DIE HIMMEL NIEDERSCHWEBEN,
WIRD DEM ELEND UND DER BLOESSE
MAENTEL ER UND WARME ROECKE GEBEN.
C
HUNDERT BETTLER STEHN ERWARTEND-
EINER HAELT DES KAISERS KNIE UMFANGEN
MIT DEN WUNDGERIEBNEN ARMEN,
DRAN ZERRISSNER FESSELN ENDEN HANGEN.
C
)SCHALK  WAS ZERRST DU MIR DEN PURPUR;
HARR UND BEITE  KENNST DU MICH ALS KARGEN;)
DOCH DER BETTLER HAELT DEN MANTEL
FEST UND JAMMERT  )KENNST DU MICH, DEN ARGEN;
C
DU GESALBTER UND ERLAUCHTER
KENNST DU MICH;... DU HAST MIT MIR GELEGEN,
MIT DEM SIECHEN, MIT DEM WUNDEN,
UNTER EINES MUTTERHERZENS SCHLAEGEN.
C
AUS DEMSELBEN WOLLENTUCHE
SCHNITT MAN UNS DIE KAPPEN UND DIE KLEIDER
AUS DEMSELBEN PSALMENBUCHE
SANG DAS FRISCHE JUGENDANTLITZ BEIDER
C
C SEITE 312
HEINZ, WO BIST DU; HEINZ, WO BLEIBST DU;
HAST ZUM SPIELE DU MICH OFT GERUFEN
DURCH DIE SAELE, DURCH DIE GAENGE,
AUF UND AB DER WENDELTREPPE STUFEN...
C
WEHE MIR  DA DU DICH KROENTEST,
HAT DES NEIDES NATTER MICH GEBISSEN
MIT DEM LUEGENGEIST IM BUNDE
HAB ICH DIESES DEUTSCHE REICH ZERRISSEN
C
ALS DEN UNGETREUEN BRUDER
UND VERRAETER HAST DU MICH ERFUNDEN
DU ERGRIMMTEST UND DU WARFEST
IN DIE KERKERTIEFE MICH GEBUNDEN...
C
IN DER TIEFE MEINES KERKERS
HAB ICH OHNE MANTEL HEUT GEFROREN...
EIA WEIHNACHT  EIA WEIHNACHT
HEUTE WIRD DER WELT DAS HEIL GEBOREN )
C
)EIA WEIHNACHT  EIA WEIHNACHT )
HUNDERT BETTLER STRECKEN JETZT DIE HAENDE
)GIB UNS MAENTEL  GIB UNS ROECKE
SEI BARMHERZIG  GIB UNS DEINE SPENDE )
C
EINE SPANGE LOEST DER KAISER
SACHT. SEIN PURPUR GLEITET, GLEITET, GLEITET
UEBER SEINEN SUENDGEN BRUDER
UND DER ERSTE BETTLER STEHT BEKLEIDET...
C
EIA WEIHNACHT  EIA WEIHNACHT
JUBELT ERD UND HIMMELREICH MIT SCHALLEN.
GLORIE  GLORIE  FRIEDE  FREUDE
UND AM MENSCHENKIND EIN WOHLGEFALLEN
C
C DAS GOLDTUCH SEITE 313
193
)IHR MAEGDE, SCHAUT, WAS IHR IM SCHREIN HABT
NICHT DARFST DU MIR VON HINNEN UNBEGABT,
MEIN BLONDGELOCKTER ENKEL, DER MIR BOT
MIT PRIESTERLICHEN HAENDEN GOTT IM BROT )
C
MATHILDE SPRACH'S, DIE FUERSTIN, STERBESCHWACH.
RICHBURG DIE SCHAFFNERIN SEUFZT'  )WEH UND ACH
HINGABST DEN ARMEN ALLES DU  ALLEIN
DEIN GOLDGEWOBEN BAHRTUCH LIEGT IM SCHREIN )
C
)DIE GOLDNE DECKE  GEBT DEM BISCHOF DIE
BAHRTUCH UND TOTENHEMD, DAS MANGELT NIE )
DER BISCHOF ZAUDERT... )NIMM DIE DECKE  KRAENK
MICH NICHT ) DER JUENGLING ZIEHT MIT DEM GESCHENK...
C
SIE ATMET AUS. ES LAEUTET LANG UND SCHOEN
MIT ALLEN GLOCKEN VON DES MUENSTERS HOEHN...
FERN IN DER EBNE GLEISST'S WIE SONNENBLICK
MATHILDENS BAHRTUCH KEHRT ZU IHR ZURUECK.
C
ABSPRINGT EIN REITER, DER DEN TURM ERSTEIGT.
)DEN BISCHOF WARF DAS ROSS. EIN TOTER SCHWEIGT.
WIR BRINGEN IHN  VERDOPPELT DAS GELAEUT
IHR GLOECKNER, ZWIER BEKOMMT IHR LOEHNUNG HEUT )
C
C FRAU AGNES UND IHRE NONNEN SEITE 314
194
EIN KLOSTERHOF, EIN LENZESTAG
EIN SCHWARZER LINDENSCHATTEN,
WO DER GEKROENTE HABSBURG LAG
ERSTOCHEN AUF DEN MATTEN.
C
FRAU AGNES, DIE GESTRENGE FRAU,
DES VATERS BLUT ZU RAECHEN,
RIEF MORDEND AUS  )ICH BAD IN TAU )
UND SCHRITT IN ROTEN BAECHEN.
C
SIE FREUTE SICH, IN WARMES BLUT
DIE KNOECHEL EINTUTAUCHEN,
SIE WARF IN STILLE DOERFER GLUT,
SIE LIESS DIE BURGEN RAUCHEN.
C
NACHDEM GERICHT GEHALTEN WAR,
VOLLBRACHT DIE TOTENFEIER,
VERBARG SIE DAS MEDUSENHAAR
MIT EINEM NONNENSCHLEIER.
C
SIE SCHUF EIN KLOSTER, WO HERVOR
AUS GRUEFTEN GEISTER SCHWEBEN,
SIE FUELLT MIT BLUMEM AN DEN CHOR,
MIT LAUTER JUNGEM LEBEN
C
SIE RAUBT DAS KRAUSE BLONDGELOCK
MANCH EINEM EDELKINDE,
BESCHERT IHM EINEN SCHWARZEN ROCK
UND EINE BLANKE BINDE.
C
C SIETE 315
SIE GEISSELT SICH DEN WEISSEN LEIB,
BIS ROTE TROPFEN RINNEN,
SIE WILL, DAS UNBARMHERZGE WEIB,
DEN ZARTEN HEILAND MINNEN.
C
DORT SITZT SIE UNTER LINDENNACHT
AM KUEHLEN KLOSTERBRONNEN,
SIE HAT DIE BIBEL MITGEBRACHT
ZUR ANDACHT IHRER NONNEN.
C
AM GATTER LAUSCHEN KINDER SCHEU
MIT FRISCH GEPFLUECKTEN VEILCHEN,
EIN WEIBLEIN HINKT MIT HOLZ VORBEI,
BUECKT TIEF SICH VOR DER HEILGEN.
C
DEM JUENGSTEN NOENNCHEN GIBT DAS BUCH
SIE JETZT, DER LIEBLICH BLEICHEN
)WIR BLIEBEN BEI SANKT PAULI SPRUCH.
SIEH HER  DA STECKT DAS ZEICHEN )
C
DIE ZARTE, DIE DAS BUCH EMPFING,
BESCHAUT SANKT PAULUM DENKEND.
SIE LIEST. IHR LAUSCHT DER SCHWESTERN RING,
DIE WIMPER ZUECHTIG SENKEND-
C
)WAS FROMMTE MIR DIE FASTENZEIT,
WAS FROMMTEN GEISSELHIEBE,
WAS FROMMT' ES, TRUEG' ICH HAEREN KLEID,
UND MANGELTE DER LIEBE;)
C
DA SCHWELLT EIN SEUFZER MANCHE BRUST
IN NONNENROCK ERBAULICH,
UND MANCHE KECKE LEBENSLUST
BLICKT TRAURIG UND BESCHAULICH...
C
C KAISER SIGMUNDS ENDE SEITE 316
195
)LICHT UND LAUTER BLAEUE  RECHT EIN WANDERTAG
WEIT HINAUS INS FREIE  WEG AUS DIESEM PRAG
HOLT MIR EINE SAENFTE, MACHT ES MIR ZU DANK
VORN EIN ROESSLEIN, HINTEN EINS, UND BEIDE BLANK
C
FROEHLICH WILL ICH FAHREN TIEF INS ABENDROT,
SEI MEIN SCHLANKER LAEUFER, SPRING, GEVATTER TOD
TRABE, LAEUFER, TRABE  FLUGS BESTELLE MIR
EIN GERUHIG BETTLEIN UND DAS NACHTQUARTIER )
C
DURCH DIE GASSEN GING ES, WO DIE MENGE STAND,
STATT DES PURPURS TRUG ER SCHLICHTES REIS'GEWAND,
VON DEM LORBEERZWEIGE DAS GELOCK UMLAUBT,
NICKT' INS VOLK ER FREUNDLICH, ZITTERND MIT DEM HAUPT.
C
ALS ER VOR DEM TORE BLACHES FELD GEWANN,
PRIES ER ERD UND HIMMEL  )O ICH SEL'GER MANN
HERDEN SEH ICH GERNE, AUCH DEN PFLUEGER GERN
SEI GESEGNET, NAEHE  SEI GESEGNET, FERN' )
C
WIE DIE WANDERMUEDE SONNE NIEDERSANK,
OEFFNET' ER DIE LIPPEN ALS ZUM ABENDTRANK,
DANN IST ER ENTSCHLUMMERT IN DER DUNKELN FLUR,
DRAUF MIT WEISSEN ROESSLEIN SEINE SAENFTE FUHR.
C
C DIE DREI GEMALTEN RITTER SEITE 317
196
)FRAU BERTE, HOERT  IHR DUERFTET NUN
MIR EINMAL EINEN GEFALLEN TUN )
C
)WAS DENKT IHR, GRAF; WOHIN DENKET IHR;
VOR DEN DREI GEMALTEN RITTER HIER;)
C
DREI RITTER PRAHLEN AUF DER WAND
MIT ROLLENDEN AUGEN, AM DOLCH DIE HAND.
C
)WER, FRAU, IST DIESE RITTERSCHAFT;)
)DREI VETTERN UND ALLE DREI TUGENDHAFT
C
GELOBT IHR, GRAF, DIE EHE MIR
BEI DEN DREI GEMALTEN RITTER HIER,
C
WILL ICH- IHR LASST ES DOCH NICHT RUHN-
EUCH EINMAL EINEN GEFALLEN TUN.)
C
DAS GRAEFLEIN ZWINKERT DEN RITTERN ZU.
&)FRAU BERTE, WELCH EINE GANS BIST DU )_
C
DAS GRAEFLEIN HEBT DIE FINGER FLINK.
&)FRAU BERTE, DU BIST EIN DUMMES DING )_
C
)TRAUTLIEB, ICH SCHWOER UND BESCHWOER ES DIR
BEI DEN DREI GEMALTEN RITTER HIER )
C
JETZT RUFEN AUS EINEM MUND DIE DREI
)ES IST GEREDET UND BLEIBT DABEI )
C
DIE WAND VERSINKT  DAHINTER STEHN
DREI GUELTGE ZEUGEN. SO IST'S GESCHEHN.
C
C EINSIEDEL SEITE 318
197
)WAS POCHT MIR AN DAS FENSTER;
WER KLOPFT AN MEINE TUER SO LAUT;)
)ICH BIN EIN JUNGER WILDFANG
UND NASS BIS AUF DIE HAUT.
C
ICH BIN DER GEROLD WENDEL,
WIR ZIEHEN AN DEN HOF ZU ZWEIN,
DER ANDRE IST EIN KONRAD
UND NENNT SICH LUETZELSTEIN.
C
DER DUCKT SICH ETWO ANDERS
VOR BLITZGEZUCK UND WETTERZORN
UND BLAEST MICH MORGEN MUNTER
MIT SEINEM JAEGERHORN.
C
EINSIEDEL, FROMMER BRUDER,
IHR SEHET, WIE ES UM MICH STEHT
GEWAEHRT MIR EUER LAGER
UND SPRECHT MEIN NACHTGEBET )
C
ER LALLT ES HALB ENTSCHLUMMERT
UND STRECKT DIE GLIEDER AUS ZUR RUH,
EINSIEDEL DECKT SEIN LAEMPCHEN
MIT BEIDEN HAENDEN ZU.
C
)WIE LIEBLICH IST DIE JUGEND
HAETT' ICH EIN FUELLHORN VOLLER GLUECK,
ICH LEERT' ES DIR ZU HAEUPTEN,
ES BLIEBE NICHTS ZURUECK.)
C
C SEITE 319
DER SCHLUMMRER WIRD ZUM TRAEUMER,
IN HASTGEN WORTEN REDET ER,
LACHT, WEINT IN EINEM ATEM
UND WIRFT SICH HIN UND HER.
C
)ICH HABE BLUT VERGOSSEN )
EINSIEDEL FASST BESORGT IHN AN.
)DU TRAEUMST NICHT GUT. ERWACHE
DIE AUGEN AUFGETAN )
ER STARRT MIT WILDEN BLICKEN.
)MEIN KIND, WIE HAST DU MICH ERSCHRECKT )
)EINSIEDEL, FROMMER BRUDER,
ICH BIN MIT BLUT BEDECKT.
C
WIR SASSEN UNTER LINDEN,
ICH UND DER KONRAD LUETZELSTEIN,
EIN FRAEULEIN VON DEM HOFE
BOT LACHEND UNS DEN WEIN.
C
SIE STREIFT' MICH MIT DEM AERMEL,
DIE BINSENSCHLANK GEWACHSEN WAR,
SIE HATTE SCHNELLE AUGEN
UND ASCHENBLONDES HAAR.
C
SIE STREIFT MICH MIT DEM ACHSEL
UND LISPELT MIR INS OHR HINEIN
'WILT, JUNGER EDELKNABE,
MEIN TRAUTGESELLE SEIN;'
C
DA SCHWANG MAN EINEN REIGEN,
SIE REIGTE MIT DEM LUETZELSTEIN-
'WILT, JUNGER EDELKNABE,
MEIN TRAUTGESELLE SEIN;'
C
C SEITE 32
MIR SCHWOLL DIE BRUST VOR EIFER,
EIN HADER REISST DIE KLINGEN BLOSS-
'HERZBRUDER, MEIN HERZBRUDER,
GABST MIR DEN TODESSTOSS ')
C
EINSIEDEL MAHNT  )ERWACHE )
UND SCHIEBT ZURUECK SEIN FENSTERLEIN.
DA STROEMT MIT TANNENDUEFTEN
EIN ERDGERUCH HEREIN.
C
UND HORCH, EIN HIFTHORN SCHMETTERT
UND EINE FRISCHE STIMME SCHALLT
)WO STECKT DER GEROLD WENDEL;
DEN SUCH ICH DURCH DEN WALD )
C
C DAS MUENSTER SEITE 321
198
DES MEISTERS HOHLE WANGE BRENNT,
SIE BRINGEN IHM DAS SAKRAMENT,
ER ISST DES EWGEN LEBENS BROT,
IM STUBENWINKEL GRINST DER TOD.
FORTTRAEGT DER PFAFFE DIE MONSTRANZ.
MIT AUGEN SCHARF VON FIEBERGLANZ
WINKT WEG DER MEISTER SEINEM WEIBE,
DEM SOHN, DEM EINZGEN, WINKT ER  BLEIBE
UND DEUTET AUF DEN EICHENSCHREIN
WAS MAG DA KOESTLICHS DRINNEN SEIN;
DER JUENGLING HEBT EIN PERGAMENT
AUS EINER LADE, DIE ER KENNT,
ER BREITET AUF DIE LAGERSTATT
EIN LANGSAM AUFGEROLLTES BLATT
DA DEHNT SICH FEIERLICH-GEWALTIG
EIN MUENSTER EINS UND MANNIGFALTIG
VOM OBERN BIS ZUM UNTERN RAND-
EIN RISS VON JUGENDKUEHNER HAND.
DER MEISTER SIEHT AM BRETT SICH STEHN
UND SEINE ZEICHENKOHLE GEHN,
SIEHT UEBER BLUEHENDFRISCHE WANGEN
VERWORRNE HAARE NIEDERHANGEN-
UND VOR DEM ERSTEN SEINER PLAENE
ERSTAUNT ER UND ZERDRUECKT DIE TRAENE.
AUFLODERN SEINE LEBENSGEISTER,
MIT RASCHEN PULSEN SPRICHT DER MEISTER
C SEITE 322
)DIES BLATT ERWECKT DEN TAG MIR WIEDER,
WO IN DER VATERSTADT ICH NIEDER
GELEGT DEN STAB DER WANDERSCHAFT-
ICH SCHRITT IN VOLLER JUGENDKRAFT.
DAHEIM WAR EIN BEGEISTERT LEBEN,
EIN MUENSTER WOLLTEN SIE ERHEBEN
MIT ANDERN LAENDERN UM DIE WETTE
UND HOEHER NOCH ALS ANDRE STAEDTE,
GOTT UND DEN HEILGEN ALL ZUM RUHM,
ZUR EHRE DEUTSCHEM BUERGERTUM.
MICH LIESS AUF SEINE STUBE KOMMEN
DER RAT. 'LASS, JUNGER MEISTER, FROMMEN,
WAS DU ERWANDERT HAST  WOHLAN
ENTWIRF UNS EINES MUENSTERS PLAN '
C
DA SASS ICH AUF IN LANGEN NAECHTEN,
ZUR LINKEN STANDEN MIR UND RECHTEN
DER CHRIST MIT SEINER MAERTRERSCHAR,
DIE KAISER MIT DEN KRONEN GAR,
VIEL REINE FRAUN UND HELDEN GUT,
DIE NAHMEN MICH IN ZUCHT UND HUT,
WOLLT' ICH IN SCHWELGENDES VERZIEREN,
IN UEPPIG BLATTWERK MICH VERLIEREN,
UND OPFERT'S NICHT MIT KEUSCHEM SINN
DEM GANZEN STRENG ICH ZU GEWINN,
GLEICH SCHLUG EIN ALTES HELDENBILD
ERZUERNT AN SEINEN EHRNEN SCHILD,
DEN FINGER HOB &DAS HAUPT VON LICHT
UMRAHMT_ EIN HEILGER  TAENDLE NICHT
DAS AMT, DAS DIR ZU LEHEN FIEL,
DAS IST EIN WERK UND IST KEIN SPIEL
C SEITE 323
DA WAR'S, ALS ICH DIE KOHLE FUEHRTE,
DASS GOTT DER GEIST DAS WERK BERUEHRTE
GEMACH BEGANN DER DOM ZU SCHWEBEN
UND REGTE SICH AUS EIGNEM LEBEN,
MICH RISS ES UEBER MICH EMPOR,
MIT SCHLANKEN STAEMMEN WUCHS DER CHOR,
GEN HIMMEL BLUEHT' IN LAUB UND RANKE
DER MENSCHLICH-GOETTLICHE GEDANKE-
DAS MUENSTER STAND AUF MEINEM BLATTE,
ICH WUSSTE, WER'S VOLLENDET HATTE.
C
IM FLUR AUF UNSERM STAEDT'SCHEN HAUS
STELLT' ICH DAS BLATT DEN BLICKEN AUS,
UND WIE DIE BUERGER NAHE TRATEN,
SPRACH ALLER MUND  'DU HAST'S ERRATEN
SO UND NICHT ANDERS SOLL ES SEIN '
ICH LEGTE MEINEN ERSTEN STEIN,
AUS ALLEN HERZEN, ALLEN HAENDEN,
IN FREUDGER FUELLE QUOLLEN SPENDEN.
BESCHATTEND SCHON DIE HAEUSERMASSE
ENTSTIEG DER DOM DEM LAERM DER GASSE
UND WUCHS MIT ABGEMESSNEN SCHRITTEN.
DIE WOLKEN UND DIE JAHRE GLITTEN,
DOCH KARGER WERDEND MIT DEN JAHREN,
BEGANNEN HERZ UND HAND ZU SPAREN,
DIE FLAMME DER BEGEISTERUNG FIEL
IN MUEDE ASCHE VOR DEM ZIEL.
ERST SPRACH DER RAT VON KURZEN FRISTEN,
UND STILLER WARD'S AUF DEN GERUESTEN,
DANN SETZTEN NEUE FRIST SIE WIEDER,
DAS BAUGESTELLE FAULTE NIEDER.
C SEITE 324
LAUT FEILSCHTE RINGS DER MARKT UND SUMMTE,
SOBALD DER HAMMERSCHLAG VERSTUMMTE,
MIT EKELN BUDEN WARD VERKLEBT
DER PFEILER, DER NACH OBEN STREBT.
ICH ABER GING DEM BROTE NACH,
BAUT' ERKERLEIN UND GIEBELDACH,
EIN WACKRER LOHNKNECHT WIE DIE ANDERN,
DOCH ABENDS IM NACHHAUSEWANDERN
BEI TRAUTER DAEMMERGLOCKE KLANG
STAND ICH VOR MEINEM MUENSTER LANG.
DIE GLUT ERKLOMM DEN HOECHSTEN TRUEMMER,
VERGLOMM IN LETZTEM TAGESSCHIMMER,
NOCH GING DAS KNABENSPIEL IM BRAUS
RINGS UM DAS DUNKELND HOHE HAUS,
OFT HEMMT' EIN JUNGE KURZ DEN LAUF
UND SCHAUT' AM MUENSTER TROTZIG AUF-
DANN RUNKELT' ICH DIE WEISSEN BRAU'N
UND DACHTE  WERDEN'S DIESE BAUN;
C
INZWISCHEN SCHOSSEN AUF DIE REISER,
SIE WURDEN SAFTGER UND ICH GREISER-
JUENGST IRRT' ICH TRAURIG UND ALLEIN
UM MEINEN DOM IM ABENDSCHEIN,
DA STAND DAS JUNGE VOLK BEISAMMEN,
DIE KRAEFTGEN AUGEN SPRUEHTEN FLAMMEN,
ICH SCHLICH IN IHRE NAEHE LEIS,
AUS EINEM MUNDE SCHWUR DER KREIS
'BEI GOTTES HAUPTE  WIR VOLLENDEN
DEN DOM MIT DIESEN UNSERN HAENDEN '...
OB SIE DEN ERSTEN MEISTER KENNEN
DES WERKS, DAS SIE ZU ENDEN BRENNEN;
C SEITE 325
NACH DEN GESICHTERN KECK UND NEU
BLICKT' ICH HINUEBER STILL UND SCHEU...
MIT EINEM MALE RIEF EIN DREISTER
GESELL  'BEGRUESST DEN ALTEN MEISTER '
UND RISS DIE KAPPE SICH VOM HAAR,
DA GRUESSTE MICH DIE GANZE SCHAR.
C
HABT DANK UND GOTTES LOHN, GESELLEN
IHR WOLLET DIE GERUESTE STELLEN;
NICHT ICH- HABT DANK UND GOTTES LOHN-
GEHT HIN UND RUFET MEINEN SOHN
WIE WIRD MIR;... SCHALLT IM DOM DAS AMT;
DIE GLOCKEN DROEHNEN ALLESAMT...)
ER FASST DES SOHNES RECHTE... )SCHAU
ES STEIGT... MEIN MUENSTER STEIGT IM BLAU )
ER STARRT, DEN BLICK EMPORGEWENDET.
ER NEIGT DAS HAUPT. ER SEUFZT  VOLLENDET )
C
C DIE KRYPTE SEITE 326
199
BAUT, JUNGE MEISTER, BAUET HELL UND WEIT
DER MACHT, DEM MUT, DER TAT, DER GUNST DER STUNDE,
DER DINGE WAHR UND TIEF GESCHOEPFTER KUNDE,
DEM GANZEN GENIENKREIS DER NEUEN ZEIT
C
DES LEBENS UNERSCHOEPFTEN KRAEFTEN WEIHT
DIE FREUDGE, LICHTDURCHFLUTETE ROTUNDE-
BAUT AUCH DIE KRYPTE DRUNTER, WO DAS WUNDE
GEMUET SICH FLUECHTEN DARF IN EINSAMKEIT
C
VERGESST DIE KRYPTE NICHT  DORT SOLL SICH NEIGEN
DAS HEILGE HAUPT, DAS DORNEN SCHARF UMWINDEN
ICH GLAUBE  EIN'GE WERDEN NIEDERSTEIGEN.
C
DORT UNTEN WERDEN EIN'GE TROST EMPFINDEN.
WIR MOEGEN, WENN DIE LEIDEN UNS UMNACHTEN,
NICHT GLUECK NOCH RUHM, NUR GROESSERN SCHMERZ BETRACHTEN.
C
C VIII GENIE SEITE 327
C
C CAMOEENS SEITE 329
2
CAMOEENS, DER MUSEN LIEBLING,
LAG ERKRANKT IM HOSPITALE.
IN DERSELBEN ARMEN KAMMER
LAG EIN SCHUELER AUS COIMBRA,
IHM DES TAGES STUNDEN KUERZEND
MIT UNENDLICHEM GEPLAUDER.
C
)EDLER HERR UND GROSSER DICHTER,
WAS SIE MELDEN, IST ES WAHRHEIT;
DASS GESCHEITERT EINES TAGES
AM GESTAD VON COROMANDEL
SEI DAS UNDANKBARE FAHRZEUG,
DAS BEEHRT WAR, EUCH ZU TRAGEN;
DASS IHR, KAEMPFEND IN DER BRANDUNG,
MIT DER RECHTEN KUEHN GERUDERT,
DOCH IN AUSGESTRECKTER LINKEN,
UNERREICHT VOM WELLENWURFE,
HIELTET EURES LIEDES HANDSCHRIFT;
SCHWER WIRD SOLCHES MIR ZU GLAUBEN.
HERR, AUCH MIR, WANN ICH VERLIEBT BIN,
SIND APOLLOS SCHWESTERN GUENSTIG
ABER GING' ES MIR ANS LEBEN,
FLATTERN MEINE SCHOENSTEN VERSE
LIESS' ICH WAHRLICH MIT DEM WINDE,
BRAUCHTE MEINE BEIDEN ARME )
C
ANTWORT GAB DER DICHTER LAECHELND
)SOLCHES TAT ICH, FREUND, IN WAHRHEIT,
RINGEND AUF DEM MEER DES LEBENS
C SEITE 33
WIDER BOSHEIT, NEID, VERLEUMDUNG
KAEMPFT' ICH UM DES TAGES NOTDURFT
MIT DEM EINEN DIESER ARME.
MIT DEM ANDERN DIESER ARME
HIELT ICH UEBER TOD UND ABGRUND
IN DES SONNENGOTTES STRAHLEN
MEIN GEDICHT, DIE LUSIADEN,
BIS SIE WURDEN, WAS SIE BLEIBEN.)
C
C MICHELANGELO UND SEINE STATUEN SEITE 331
2 1
DU OEFFNEST, SKLAVE, DEINEN MUND,
DOCH STOEHNST DU NICHT. DIE LIPPE SCHWEIGT.
NICHT DRUECKT, GEDANKENVOLLER, DICH
DIE BUERDE DER BEHELMTEN STIRN.
DU PACKST MIR NERVGER HAND DEN BART,
DOCH SPRINGST DU, MOSES, NICHT EMPOR.
MARIA MIT DEM TOTEN SOHN,
DU WEINST, DOCH RINNT DIE TRAENE NICHT.
IHR STELLT DES LEIDS GEBAERDE DAR,
IHR MEINE KINDER, OHNE LEID
SO SIEHT DER FREIGEWORDNE GEIST
DES LEBENS UEBERWUNDNE QUAL.
WAS MARTERT DIE LEBENDGE BRUST,
BESELIGT UND ERGOETZT IM STEIN.
DEN AUGENBLICK VEREWIGT IHR,
UND STERBT IHR, STERBT IHR OHNE TOD.
IM SCHILFE WARTET CHARON MEIN,
DER PFEIFEND SICH DIE ZEIT VERTREIBT.
C
C IL PENSIEROSO SEITE 332
2 2
IN EINEM WINKEL SEINER WERKSTATT LAS
BUONARROTI, DA ES DAEMMERTE
ALLMAEHLICH VOR DEM BLICKE SCHWAND DIE SCHRIFT...
DA SCHLICH SICH JULIANUS EIN, DER TRAEUMER,
DER EINZIGE DER HEITERN MEDICI,
DER SCHWERMUT KANNTE. DIESER GLAUBTE SICH
ALLEIN. ER SETZTE SICH UND IN DER HAND
BARG ER DAS KINN UND HIELT GESENKT DAS HAUPT.
SO SASS ER SCHWEIGEND BEI DEN MARMORBILDERN,
DIE DURCH DAS DUNKEL LEISE SCHIMMERTEN,
UND KAM MIT IHNEN MURMELND INS GESPRAECH,
GEHEIM BELAUSCHT VON MICHELANGELO
)FEIGHEIT IST'S NICHT UND STAMMT VON FEIGHEIT NICHT,
WENN EINER SEINEM ERDENLOS MISSTRAUT,
SICH SEHNEND NACH DEM LETZTEN ATEMZUG,
DENN AUCH EIN GLUECKLICHER WEISS NICHT WAS KOMMT
UND VOELLIG UNERTRAEGLICH WERDEN KANN-
LEIDLOSE STEINE, WIE BENEID ICH EUCH )
ER GING UND AUS DEM LEBEN SCHWAND ER DANN
FAST UNBEMERKT. NACH EINEM ZEITVERLAUF
BESTELLTEN SIE BEI MICHELANGELO
DAS GRABBILD IHM UND BRACHTEN EMSIG HER,
WAS NOCH IN SCHILDEREIN VORHANDEN WAR
VON SCHWACHEN SPUREN SEINES ANGESICHTS.
SO WAREN SEINE ZUEGE, SAGTEN SIE.
C SEITE 333
DER MEISTER SCHOB ES MIT DER HAND ZURUECK
)NEHMT WEG  ICH SEHE, WIE ER SITZT UND SINNT
UND KENNE SEINE SEELE. DAS GENUEGT.)
C
C CONQUISTADORES SEITE 334
2 3
ZWEI EDLE SPANIER HALTEN WACHT
UND EINER SPRICHT ZUM ANDERN
)SENOR, MIR DEUCHT, DER TEIFEL LACHT,
WIE WIR INS LEERE WANDERN
DAS SEGEL RAUSCHT, ES RAUSCHT DER KIEL,
NOCH KEINES STRANDES BOTEN-
DIE HOELLE TREIBT MIT UNS IHR SPIEL,
WIR FAHREN ZU DEN TOTEN
C
WER EINEM GENUESEN TRAUT,
HAT DEN VERSTAND VERLOREN
DIE KLUGEN HAT ER SCHLECHT ERBAUT,
DOCH LOCKT' ER ALLE TOREN-
RUND SEI DIE ERDE, LOG ER MIR,
WIE POMERANZENBAELLE,
DOCH UNERMESSLICH FLUTET HIER
NUR WELLE HINTER WELLE )
C
DER ANDRE BLICKT INS MEER HINAUS
UND RUNZELT FINSTRE BRAUEN
)SENOR, MICH ZOG COLUMB INS HAUS,
LIESS MICH DIE KARTEN SCHAUEN,
WAS ER DOZIERT', VERSTAND ICH NICHT,
ICH LIESS ES ALLES GELTEN-
SEIN UEBERMAECHTIG ANGESICHT
VERHIESS MIR NEUE WELTEN
C
C SEITE 335
IST ER EIN NARR UND HABEN WIR
UNS IN DAS NICHTS VERLAUFEN,
EIN RAEUDGER HUND, SENOR, WIE IHR,
DARF FROEHLICH MIT ERSAUFEN )
)SENOR, DA BETET IHR NICHT GUT
ZURUECK EUCH IN DEN RACHEN
DEN RAEUDGEN HAND  IHR RAUCHT VON BLUT
UND RISSET AUS DEN WACHEN )
C
)SENOR, ICH DOLCHT' EIN FALSCHES WEIB,
BEKENN ICH UNVERHOHLEN
NICHT HAB DEM BAECKER EINEN LAIB
VOM BRETT ICH WEGGESTOHLEN
SENOR, IHR SEID EIN GALGENSTRICK )
)SENOR, IHR SEID NICHT BESSER )
SIE ZIEHEN MIT ENTFLAMMTEM BLICK
UND KREUZEN BLANKE MESSER...
C
DA ZWISCHEN IHRE MESSER WALZT
IN TOLLEM FREUDENSPRUNGE,
MIT OELGETRAENKTEN FINGERN SCHNALZT
MIGUEL, DER KUECHENJUNGE.
ER DRUECKT DIE LIDER BLINZELND EIN
MIT SCHLAUEM WIMPERZWINKEN,
BALD HUEPFT ER AUF DEM RECHTEN BEIN,
BALD HOPST ER AUF DEM LINKEN,
C
IN LUEFTEN BLAEHT SICH SEIN GEWAND,
ES PUFFEN IHM DIE HOSEN-
NEUGIERIG KOMMEN HERGERANNT
SOLDATEN UND MATROSEN.
C SEITE 336
DER JUNGE REDET KUNTERBUNT,
ALS OB'S IM KOPF IHM FEHLE,
DANN OEFFNET ER DEN GROSSEN MUND
UND SINGT AUS VOLLER KEHLE
C
)DAS HEIMCHEN ZIRPT, DAS HEIMCHEN ZIRPT,
STIMMT LAUDES AN UND PSALMEN
UND WENN'S MIR NICHT VOR FREUDE STIRBT,
BALD WEIDET'S UNTER HALMEN
ICH SCHWOER ES EUCH BEI GOTTES HAUPT
ES ATMET DUFTGE WEIDEN,
ES WITTERT WAELDER DICHTBELAUBT
UND UNERMESSNE HEIDEN
C
ERLAUCHTE HERREN, GEBET ACHT,
IN MEINEM ENGEN RAEUMCHEN
HAT UNSRE MEERFAHRT MITGEMACHT
EIN ANDALUSISCH HEIMCHEN-
MITNAHM ICH'S AUS DEM VATERLAND,
MICH SCHEIDEND ZU BESCHENKEN,
ICH FING'S MIT FLINKEM GRIFF DER HAND
ZU EINEM ANGEDENKEN.
C
DA WIR ZU SCHIFFE STIEGEN DORT,
DIE ZIERDEN ALLER LANDE,
ZIRPT' HEIMCHEN MIR IM BUSEN FORT,
ALS WEIDET'S NOCH AM STRANDE.
DAS GRUENE VORGEBIRG VERSCHWAND,
DEM HEIMCHEN WARD ES SCHAURIG,
BEKLOMMEN SASS ES AN DER WAND
UND WURDE FAUL UND TRAURIG.
C
C SEITE 337
SO DARBT'S UND DAEMMERT'S LANGEZEIT,
SCHON GAB ICH ES VERLOREN,
UND NUN, BEI MEINER SELIGKEIT,
IST HEIMCHEN NEUGEBOREN
BEDENKT, ES HOCKTE GRAM UND LAHM
AN DIELEN UND AN WAENDEN,
JETZT JUBELT'S WIE EIN BRAEUTIGAM
UND KANN NUR GAR NICHT ENDEN )
C
MIGUEL IST FORT UND WIEDER DA,
DIE FINGERSPITZE ZEIGEND
DA SITZT ES JA  DA SINGT ES JA
DIE SPANIER LAUSCHEN SCHWEIGEND-
DANN SINNEN SIE DER SACHE NACH,
DEN LUSTGESANG IM OHRE,
SIE SCHUETTELN SICH DIE HAENDE JACH
UND SCHREIN IN WILDEM CHORE
C
)DAS HEIMCHEN ZIRPT  DAS HEIMCHEN ZIRPT
BALD SCHWELGEN WIR IN BEUTE
WER SPIELT, GEWINNT  WER WAGT, ERWIRBT
WIR SIND GEMACHTE LEUTE
DIE KUESTE WINKT  DAS GOLD ERBLINKT,
DAVON DIE SAGEN MELDEN
DAS MORGEN STEIGT  DAS GESTERN SINKT
WIR SIND BERUEHMTE HELDEN )
C
C DON FADRIQUE SEITE 338
2 4
DON FADRIQUE BRINGT EIN STAENDCHEN
DER POSSIERLICHEN PEPITA
)LIEBCHEN, STRECKE DURCH DIE TUERE
DEINES FUESSCHENS SPITZE NUR )
C
UND DIE DROLLIGE PEPITA
STRECKT DURCH EINE SCHMALE SPALTE
EINES ALLERLIEBSTEN FUSSES
WEISSES SPITZCHEN IN DIE LUFT.
C
DON FADRIQUE KRUEMMT DEN RUECKEN,
WILL DAS WEISSE SPITZCHEN KUESSEN,
KNABE AMOR STEHT BEI SEITE,
DER DEN BOGEN LACHEND SPANNT.
C
NACH DEM EWIGJUNGEN HERZEN
ZIELT ER, DOCH WER LACHT, DER ZIELT SCHLECHT
IN DES RITTERS ALTEN RUECKEN
SCHIESST ER EINEN HEXENSCHUSS.
C
DON FADRIQUES KNOCHEN RASSELN,
DON FADRIQUE STUERZT ZUSAMMEN,
FIGARO HOLT EINE SAENFTE,
FIGARO BRINGT IHN ZU BETT.
C
)FROMMER BRUDER AGOSTINO,
EXORZIERE MIR DAS FREVLE
ALLERLIEBSTE WEISSE FUESSCHEN,
DAS DURCH MEINE BEICHTE TANZT )
C
C SEITE 339
DON FADRIQUE SUCHT DEN HADES,
ZIERLICH SCHREITEND WIE EIN STUTZER,
TAENZELND LEUCHTET IHM EIN WEISSES
FUESSCHEN DURCH DIE UNTERWELT.
C
C DIE SCHWEIZER DES HERRN VON TREMOUILLE SEITE 34
2 5
HERR KARL WAR VERDROSSEN,
SEIN PULVER VERSCHOSSEN
)O GUNST DER BELLONA, DU WANDELNDES GLUECK
UMSTARRT ALLERENDEN
VON FELSEN UND WAENDEN,
LASS ICH MEINE HERRLICHEN BUECHSEN ZURUECK;)
C
DA KAM AUS DER POUILLE
HERR LUDWIG TREMOUILLE
UND SPRACH  )ICH BEZWINGE DIE SCHWINDELNDE BAHN
NICHT ROSSE, NICHT FARREN
VOR BUECHSEN UND KARREN
ICH SPANNE MICH SELBST UND DIE SCHWEIZER DARAN.
C
DIE KENNEN DIE BERGE
DAS SIND KEINE ZWERGE,
WIE DEINE GASCOGNER, DIE ZAPPLIGE BRUT
DIE HABEN DIR ARME,
SO HARTE, SO WARME
HERR KOENIG, ICH STEH FUER DIE BUECHSEN DIR GUT
C
IHR HERRN AUS DEN BUENDEN,
BEDENKT EURE SUENDEN
DEN ROLLENDEN WUERFEL, DEN BECHER, DIE DIRN
DIE WOLLEN WIR FEGEN
AUF BRENNENDEN WEGEN,
DIE BUESSEN WIR HEUTE MIT TRIEFENDER STIRN )
C
C SEITE 341
WEG WARF ER DIE JACKE,
DASS FESTER ER PACKE
DAS SEIL UM DIE ERSTE KANONE GEKNUEPFT-
DA JAUCHZTEN DIE BUBEN
UND SCHOBEN UND HUBEN,
IM NU AUS DEN PUFFIGEN WAEMSERN GESCHLUEPFT.
C
DER STAEMMIGE BERNER,
DER LUSTGE LUZERNER,
SIE STREIFTEN DIE NERVIGEN ARME SICH NACKT
DIE KINDER DER RHONE,
DER BRAUNE GRISONE,
SIE ZOGEN DIE RASSELNDEN BUECHSEN IM TAKT.
C
EIN KNARRENDES STOEHNEN,
METALLENES DROEHNEN
SIE FUHREN ZU BERG MIT DER HERDE VON ERZ,
VORUEBER DEN SCHRUENDEN,
DIE HERRN AUS DEN BUENDEN,
ALS GING' ES ZUM REIGEN MIT JUBEL UND SCHERZ.
C
EIN PRAECHTIGES WETTER
DROMMETENGESCHMETTER
ERSCHUETTERT DIE BLAUE, DIE STRAHLENDE LUFT.
IHR SCHOLLT, APENNINEN,
VON HELLEN KLARINEN
UND KLANGT BIS IN EURE VERBORGENSTE SCHLUFT
C
DOCH HARTES BEDENKEN
DA GAB'S KEINE SCHENKEN
FUER DURSTIGE GAUMEN UND SIEDENDES BLUT.
HERR LUDWIG RUFT MUNTER
)BALD GEHT ES BERGUNTER )
UND REISST AN DEM SEIL IN DER SENGENDEN GLUT.
C
C SIETE 342
WIE KICHERTE FLORE,
WIE HOEHNTE AURORE,
ERBLICKTEN HEMDAERMLIG DEN RITTER SIE HIER
MIT KEUCHENDER LUNGE,
MIT LECHZENDER ZUNGE,
DEN ZIERLICHEN HELDEN AN FEST UND TURNIER
C
NOCH EINMAL GESCHOBEN,
UND JETZT SIND SIE OBEN
SIE RASTEN, AUF GLUEHENDE FELSEN GESTRECKT,
UND SEHEN MIT WEIDEN
UND GOLDNEN GETREIDEN
DIE FETTE LOMBARDISCHE FLAECHE BEDECKT.
C
DER LIEBLING DER FRAUEN
NAHM, SICH ZU BESCHAUEN,
IN ZUECHTEN SEIN SILBERNES SPIEGLEIN HERVOR,
BESAH IN DER WILDNIS
SEIN SCHRECKLICHES BILDNIS
UND FLUCHTE  )POTZ BLITZ  ICH BIN LUDWIG DER MOHR )
C
C DIE SEITENWUNDE SEITE 343
2 6
UEBER IHRE TORE STATT DER MUSE
MEISSELN DIE BAGLIONI DIE MEDUSE,
UND AN IHREN GRAUSEN HOCHZEITFESTEN
KAEMPFT DER BRAEUTIGAM MIT SEINEN GAESTEN.
C
HEUTE LIEGEN WIEDER SIE WIE GARBEN
BLUTSGENOSSEN, DIE, SICH WUERGEND, STARBEN
WO DES BRUDERHASSES FACKEL BRANNTE,
SUCHT DAS KIND UND FINDET'S ATALANTE.
C
NIEDERSTARREND, AUF DAS KNIE GESUNKEN,
HEBT DES SOHNES HAUPT SIE JAMMERTRUNKEN,
DRUEBER HEBT SIE DIE GEBALLTE RECHTE,
DASS SIE FLUCHE DIESEM MORDGESCHLECHTE...
C
IHRES KNABEN HAUPT, EIN BLONDES IST ES,
WIE DES DORNGEKROENTE HAUPT DES CHRISTES
WIE DES CHRISTES HAUPT IST'S EIN ERBLEICHTES,
AUF DIE SCHULTER FRIEDEVOLL GENEIGTES
C
IHREM KNABEN STEHT DIE SEITE OFFEN,
WO DER SPEER LONGINS DEN HERRN GETROFFEN...
HASS UND FLUCH ERLISCHT AUF IHREM MUNDE,
SIE VEREHRT DIE HEILGE SEITENWUNDE...
C
C CAESAR BORJAS OHNMACHT SEITE 344
2 7
WER BIN ICH; EINER, WELCHER UNTERGING,
DEN KRANZ IM HAAR, DEN BECHER IN DER FAUST,
MIT EINEM HERKULANISCHEN GELAG
VON EINEM UNGEHEUREN STURZ BEDECKT;
ICH WEISS DEN BECHER NUR UND MEINEN STURZ...
IM BELVEDERE... GESTERN... AM BANKETT...
DEN BECHER, IHN KREDENZTE SCHLUERFEND MIR
DER PAPST, DER EWIG HEITER LAECHELNDE,
DENN CAESAR BORJA BIN ICH, SOHN DES PAPSTS
C
DIE AMPEL UEBER MEINEM LAGER KAEMPFT
MIT EINES NEUEN TAGES FAHLEM SCHEIN...
OB'S GESTERN ODER EHEGESTERN WAR,
ICH WEISS ES NICHT, DOCH EINES WEISS ICH WOHL
IN JENEM BECHER GOR DER BORJA GIFT.
ER GALT DEM GAST, DEM BISCHOF. SELBST GEWUERZT
HAT SICH DER VATER EWGEN SCHLUMMERS TRUNK
EIN BECHER WARD VERWECHSELT. WARUM NICHT;
VERRAT DES SCHENKEN; ZUFALL;... ES GESCHAH.
ICH LEBE. MEINE DRACHENKRAFT BEZWANG
DAS DRACHENGIFT. DIE STUNDE RUFT. ZUR TAT
LEER STEHT EIN THRON UND EINE KRONE ROLLT.
VERBRAUCHT IST DAS APOSTELMAERCHEN. WEG
DAMIT  DER VATER WAR DER LETZTE PAPST
EIN KOENIG FOLGT IHM NACH UND DER BIN ICH.
ENTSCHEIDUNGSSTUNDE, NICHT ERSCHRECKST DU MICH,
ICH HABE LANGE DICH VORAUS BEDACHT
ENTLARVE MIR DEIN KUEHNES ANGESICHT
DU HEISSEST HEUTE  KAEMMRER, GIB DAS SCHWERT
REIF STEHN DIE ERNTEN UND DIE SICHEL BLITZT.
C SEITE 345
MARSCH, MEINE BANDEN  RICHTET DAS GESCHUETZ
AUF DES KONKLAVE KAMMERN  SUCHST DU MICH,
HAUPTMANN; IM BORGO, SAGST DU, WIRD GEKAEMPFT;
ICH KOMME  ICH VERTAUSENDFACHE MICH
ICH STEIGE MORDEND AUF DAS KAPITOL
UND MIT ITALIENS KRONE KROEN ICH MIR
DIES HAUPT, DAS SEINE FREVEL UEBERRAGT
C
ICH TRAEUME NUR UND KOMME NICHT VOM PLATZ.
STURMLAUFEND, BLEIB ICH EINGEWURZELT STEHN.
GELAEHMTE SEHNEN  MEUCHLERISCHES GIFT
AUF EINEM KRANKENLAGER KRUEMM ICH MICH.
KEIN DIENER HIER  KEIN ARZT AN MEINEM PFUEHL
MIETLINGE  MEINE STUNDE SCHWEBT VORBEI,
MIT FLIEHNDEM FUSS BERUEHRT SIE SPOTTEND MIR
DIE FAUST, DIE EIN ERDICHTET SCHWERT UMKRAMPFT.
VERWEILE, SCHICKSALSSTUNDE ... DOCH SIE SCHWEBT.
ICH FUEHLE MEINER FEINDE HEIMLICH WERK
SIE SCHAUFELN, SIE MINIEREN, WAEHREND ICH,
GESCHLEUDERT AUS DER SCHRANKE, LIEGE... DORT
DIE GRUENE FEUERKUGEL  EIN SIGNAL
VON MEINEN BANDEN; NEIN, EIN METEOR
ZUCKT FLUECHTIG DURCH DIE SCHWUELE SOMMERNACHT.
HIER UEBER ROMAS KUPPELN LOHT ES AUF
NAHN FACKELSCHWINGEND MEINE BANDEN SICH;
NEIN, ES IST BORJAS GLUECK, DAS FLAMMT UND BRENNT,
UND SEINE ZINNEN STUERZEN  WEHE MIR
DEM VALENTINO NETZT DIE WIMPER SICH...
PFUI  IST DAS EINES WEIBES AUGENLID;
C
VERZWEIFLUNG  GOETTIN  STAEHLE MEINEN LEIB
ICH WINDE MICH VON MEINEM LAGER AUF,
C SEITE 346
ICH SCHREITE... QUALVOLL... DOCH ICH SCHREITE. BEI
DER NACKTEN HOELLE, SEHNEN, STRAMMET EUCH ...
VERDAMMNIS ... WIEDER LIEG ICH HINGESTRECKT...
UND EIN ERDOLCHTER KNABE FESSELT MICH
MIT RINGEN AN DEN STEIN... DORT GAFFT EIN WEIB,
DIE HAARE TRIEFEND, MIT GESCHWOLLNEM HALS...
BLUTLOSE BRUT  WEG IN DES TIBERS GRAB ...
AUS ALLEN WAENDEN QUILLT ES SCHWARZ HERVOR
UND DUNKELT UEBER MIR... UNSAGBAR GRAUN...
C
C PAPST JULIUS SEITE 347
2 8
HALB VOM HADES SCHON BEZWUNGEN,
VON LEMUREN SCHON UMSCHWEBT,
HAT ER DOCH SICH LOSGERUNGEN-
SIEH, ER ATMET  SIEH, ER LEBT
HINTER SEINEN GREISEN BRAUEN
FLAMMT'S  JETZT LANGT ER NACH DEM BART,
ZUERNT UND SCHILT DEN TOD MIT RAUHEN
UNGESTUEMEN WORTEN HART
C
)WEG MIR AUS DEM ANGESICHTE,
LARVEN, DIE MIR BLEICH GEDROHT
CHARON, AUS DEM SONNENLICHTE
WEG INS SCHILF MIT DEINEM BOOT
KEINE MACHT IST DIR GEGEBEN,
BIS ICH SELBST DICH RUFEN MAG
HEUTE HAB ICH NOCH ZU LEBEN
EINEN VOLLGEDRAENGTEN TAG
C
ARZT, STATT DEINER FADEN TROPFEN
GIB MIR DES FALERNERS GLUT
LASSE MEINE PULSE KLOPFEN,
WIRF MIR FEUER IN DAS BLUT
AUF DIE TUEREN  WEG DIE KISSEN
MEINE FELDHERRN, TRETET EIN
MEINE MEISTER, LASST SIE WISSEN,
DASS SIE DREIFACH EMSIG SEI'N
C
REGST, BRAMANTE, DIE GESCHICKTEN
HAENDE DU; VOLLENDE DOCH
DIESE AUGEN, SIE ERBLICKTEN
GERNE DEINE KUPPEL NOCH
C SEITE 348
MICHELANGELO, WILLKOMMEN
WARUM SCHAUST DU WIEDER SCHEEL;
DORT ERBLICK ICH MEINEN FROMMEN,
MEINEN SUESSEN RAPHAEL
C
ALS DEN HIRTEN NICHT DES LAMMES,
BILDET MICH ALS MOSEN AB,
DER DEN DRAENGER SEINES STAMMES
NIEDERSCHLUG MIT WUCHTGEM STAB-
WO DIE WASSERSTUERZE TOSEN
IN DIE BRUNNENSCHALE JACH,
SETZET, MEISTER, MICH ALS MOSEN,
DER DIE FELSENWAND ZERBRACH
C
MOSES BIN ICH IN DEM BLITZE
SINAIS, IN RAUCH UND DAMPF
MEINE DONNERNDEN GESCHUETZE
ENDEN FLAMMEND JEDEN KAMPF
MIT DEN NEUGEGOSSNEN STUECKEN
BRING ICH BURG UND STADT ZU FALL,
SCHMETTRE BRESCHEN, BRECHE LUECKEN
IN DEN STAERKSTEN MAUERWALL
C
FALKNER, SPRICH, WAS MACHT MEIN SPERBER,
DER DIE KLAUE SICH ZERSTIESS;
MARSCHALK, SAG, WIE LEBT MEIN BERBER,
DEN ZU SCHARF ICH JAGEN LIESS;
TUMMELT, DIENER, ZUM ERGOETZEN
MIR IM HOF EIN FEURIG TIER
LASST ES SPRINGEN, LASST ES SETZEN
VOR DEN ALTEN AUGEN MIR
C
C SEITE 349
HELMT MIR DIE GEFURCHTE STIRNE
HARNISCHT MIR DIE WELKE HAND
DER ITALIEN MACHT ZUR DIRNE,
JAGT DEN FREMDLING AUS DEM LAND
REICHT EIN SCHWERT  ICH WILL ES RETTEN
RUFT, DROMMETEN, RUFT ZUR SCHLACHT
IN DER FAUST ZERRISSNE KETTEN,
SCHREIT ICH DURCH DES HADES NACHT )
C
C IN DER SISTINA SEITE 35
2 9
IN DER SISTINE DAEMMERHOHEM RAUM,
DAS BIBELBUCH IN SEINER NERVGEN HAND,
SITZT MICHELANGELO IN WACHEM TRAUM,
UMHELLT VON SEINER KLEINEN AMPEL BRAND.
C
LAUT SPRICHT HINEIN ER IN DIE MITTERNACHT,
ALS LAUSCHT' EIN GAST IHM GEGENUEBER HIER,
BALD WIE MIT EINER ALLGEWALTGEN MACHT,
BALD WIEDER WIE MIT SEINESGLEICHEN SCHIER
C
)UMFASST, UMGRENZT HAB ICH DICH, EWIG SEIN,
MIT MEINEN GROSSEN LINIEN FUENFMAL DORT
ICH HUELLTE DICH IN LICHTE MAENTEL EIN
UND GAB DIR LEIB, WIE DIESES BIBELWORT.
C
MIT WEHNDEN HAAREN STUERMST DU FEURIGWILD
VON SONNEN IMMER NEUEN SONNEN ZU,
FUER DEINEN MENSCHEN BIST IN MEINEM BILD
ENTGEGENSCHWEBEND UND BARMHERZIG DU
C
SO SCHUF ICH DICH MIT MEINER NICHTGEN KRAFT
DAMIT ICH NICHT DER GROESSRE KUENSTLER SEI,
SCHAFF MICH- ICH BIN EIN KNECHT DER LEIDENSCHAFT-
NACH DEINEM BILDE SCHAFF MICH REIN UND FREI
C
DEN ERSTEN MENSCHEN FORMTEST DU AUS TON,
ICH WERDE SCHON VON HAERTERM STOFFE SEIN,
DA, MEISTER, BRAUCHST DU DEINEN HAMMER SCHON,
BILDHAUER GOTT, SCHLAG ZU  ICH BIN DER STEIN.)
C
C DER SCHRECKLICHE SEITE 351
21
BENVENUTO, SPRICH, WAS SCHMIEDEST
DU WIE RASEND IN DER WERKSTATT;
WELCHES UNGEHEURE KUNSTWERK;
)MESSER  SCHARFE, FEINE MESSER )
C
BENVENUTO, SPRICH, WAS PRAHLST DU;
WELCHE UNGEHEURE LUEGE
TISCHEST AUF DU DEN GESELLEN;
)ICH BIN STUMMER ALS EIN FISCHCHEN.)
C
BENVENUTO, SPRICH, WAS DROHST DU;
WELCHE UNGEHEURE MORDTAT,
DIE VOR ABEND DU BEGEHN WIRST;
)ICH BIN FROEMMER ALS EIN LAEMMLEIN.)
C
BENVENUTO BRINGT DIE EISEN
MEISTER JAKOB VON PERUGIA,
DER DEN KRANKEN FINGER SCHNEIDET
DEM GEDULDGEN KIND DES GOLDSCHMIEDS.
C
BENVENUTOS GLUEHNDE BLICKE
FOLGEN JEDEM SCHNITT DES STAHLES.
)RAFFAELLA, SCHMERZT MEIN MESSER;)
)NEIN, ES SCHMERZT NICHT, BENVENUTO.)
C
C PERGOLESES STAENDCHEN SEITE 352
211
NINA, LASS DEN SCHLUMMER FAHREN
BIST DU DENN GESTORBEN, ACH;
BIST DU TOT IN JUNGEN JAHREN;
HORCH, DIE LIEBE RUFT  ERWACH
C
AUS DEM SCHLUMMER SIE ZU WECKEN,
DER VOR TOD UND STERBEN GRAUT,
MISCHT DER MEISTER EINEN SCHRECKEN
IN DEN SUESSEN LIEBESLAUT.
C
WILLST DU SCHWEIGEN  HAUCHT'S IM DUESTER,
ICH BIN BLUEHEND, BIN GESUND
KUESSE MICH, SAGT DAS GEFLUESTER,
FUEHLE MEINEN FRISCHEN MUND
C
UND DER WOHLLAUT DES GESANGES
WARD VON STADT UND LAND BELOBT,
UND DIE MACHT DES LIEBEZWANGES
WARD VOM JUNGEN VOLK ERPROBT
C
NINA, LASS DEN SCHLUMMER FAHREN
BIST DU DENN GESTORBEN, ACH;
BIST DU TOT IN JUNGEN JAHREN;
HORCH, DIE LIEBE RUFT  ERWACH
C
DA GESCHAH'S, DASS EINE SCHWARZE
WOLKE UEBER NAPEL GLITT
UND DER TOD SICH EINE VOLLE
GARBE BLUEHNDER JUGEND SCHNITT.
C
C SEITE 353
SANT' AGNESE FLAMMT VON KERZEN,
NINA SCHLUMMERT AM ALTAR,
PERGOLESE SPIELT DAS REQUIEM
AUF DER ORGEL WUNDERBAR.
C
IN DAS HALLEN DER POSAUNEN,
IN DAS RUFEN, IN DAS DROHN,
IN DAS ZUERNEN MISCHT DER MEISTER
EINEN SUESSEN LIEBESTON
C
NINA, LASS DEN SCHLUMMER FAHREN
BIST DU DENN GESTORBEN, ACH;
BIST DU TOT IN JUNGEN JAHREN;
HORCH, DIE LIEBE RUFT  ERWACH
C
C AUF PONTE SISTO SEITE 354
212
SUESS IST DAS DUNKEL NACH GLUTEN DES TAGS  AUF DAEMMERNDER BRUECKE
SCHAU ICH DIE UFER ENTLANG DIESER UNSTERBLICHEN STADT.
BURGEN UND TEMPEL VERWACHSEN ZU EINER GEWALTIGEN SAGE
UNTER MIR HUETET DER STROM MANCHEN VERSCHOLLENEN HORT.
DORT IN DER FLUT EINES NACHENS GESPENST  IST'S EIN FLUECHTIGER KAISER;
IST ES DER )JAKOB VOM KAHN), DER BUONARROTI GEFUEHRT;
GELLEND ERHEBT SICH GESANG IN DEM BOOT ZUM RUHME DES LIEBCHENS.
HORCH  EIN LEBENDIGER MUND FORDERT LEBENDIGES GLUECK.
C
C CHOR DER TOTEN SEITE 355
213
WIR TOTEN, WIR TOTEN SIND GROESSERE HEERE
ALS IHR AUF DER ERDE, ALS IHR AUF DEM MEERE
WIR PFLUEGTEN DAS FELD MIT GEDULDIGEN TATEN,
IHR SCHWINGET DIE SICHELN UND SCHNEIDET DIE SAATEN,
UND WAS WIR VOLLENDET UND WAS WIR BEGONNEN,
DAS FUELLT NOCH DORT OBEN DIE RAUSCHENDEN BRONNEN,
UND ALL UNSER LIEBEN UND HASSEN UND HADERN,
DAS KLOPFT NOCH DORT OBEN IN STERBLICHEN ADERN,
UND WAS WIR AN GUELTIGEN SAETZEN GEFUNDEN,
DRAN BLEIBT ALLER IRDISCHE WANDEL GEBUNDEN,
UND UNSERE TOENE, GEBILDE, GEDICHTE
ERKAEMPFEN DEN LORBEER IM STRAHLENDEN LICHTE,
WIR SUCHEN NOCH IMMER DIE MENSCHLICHEN ZIELE-
DRUM EHRET UND OPFERT  DENN UNSER SIND VIELE
C
C IX MAENNER SEITE 357
C
C LUTHERLIED SEITE 359
214
EIN KNABE WANDERT UEBER LAND
IN EINEM SCHLICHTEN VOLKSGEWAND,
GEWOELKE QUILLT AM HIMMEL AUF,
ER BLICKT EMPOR, ER EILT DEN LAUF,
STRACKS FAEHRT EIN BLITZ MIT JAEHEM LICHT
UND RAUCHT AN SEINER FERSE DICHT-
SO WARD GETAUFT AN JENEM TAG
DES BERGMANNS SOHN VOM WETTERSCHLAG.
C
SCHMAL IST DER KLOSTERZELLE RAUM,
DRIN LEBT EIN JUENGLING DUMPFEN TRAUM,
ER FLEISSIGT SICH DER MOENCHEREI,
DASS ER DURCH WERKE SELIG SEI,
EIN VOEGLEIN BLICKT ZU IHM INS GRAB,
)LUTHERE), SINGT'S, )WIRF AB, WIRF AB
ICH FLATTRE DURCH DIE LICHTE WELT,
DERWEIL MICH GOTTES GNADE HAELT.)
C
IN AUGSBURG WAR'S, DASS DER LEGAT
EIN MOENCHLEIN AUF DIE STUBE BAT,
ER WAR EIN GRUNDGELEHRTES HAUS,
DOCH KANNT' ER NICHT DIE GEISTER AUS,
DES MOENCHLEINS AUGEN BRANNTEN TIEF,
DASS ER  )ES IST DER DAEMON ) RIEF-
DU BEBST VOR DIESEM SCHARFEN STRAHL;
SO BLICKT DIE WAHRHEIT, KARDINAL
C
C SEITE 36
JETZT TRITT AM WITTENBERGER TOR
EIN MOENCH AUS ALLEM VOLK HERVOR
DIE FLAMME STEIGT AUF SEINEN WINK,
DIE BULLE SCHMEISST HINEIN ER FLINK,
WIE PAULUS SCHLENKERT' IN DEN BRAND
DEN WURM, DER IHM DEN ARM UMWAND,
UND UEBER DEUTSCHLAND EINEN SCHEIN
WIE NORDLICHT WIRFT DAS FEUERLEIN.
C
IN WORMS SPRACH MARTIN LUTHER FRANK
ZUM KAISER UND ZUR FUERSTENBANK
)SUCH, MENSCHENHERZ, WO DU DICH LABST
DAS LEHRT DICH NICHT KONZIL NOCH PAPST
DIE QUELLE STROEMT AN TIEFEM ORT
DER LAUTRE BORN, DAS REINE WORT
STILLT UNSRER SEELEN HEILSBEGIER-
HIER STEH ICH UND GOTT HELFE MIR )
C
HERR KAISER KARL, DU WARST ZU FEIN,
DEN LUTHER FANDEST DU GEMEIN-
GEMEIN WIE LIEB UND ZORN UND PFLICHT,
WIE UNSRER KINDER ANGESICHT,
WIE HOF UND HEIM, WIE SALZ UND BROT,
WIE DIE GEBURT UND WIE DER TOD-
ER ATMET TIEF IN UNSRER BRUST,
UND DU BEGRUBST DICH IN SANKT JUST.
C
C SEITE 361
)EIN FESTE BURG) - IM LANDE STEHT,
DRIN WACHT DER LUTHER FRUEH UND SPAET,
BIS REDLICH ER UND SPRUCH UM SPRUCH
VERDEUTSCHT DAS LIEBE BIBELBUCH.
HERR DOCTOR, SPRECHT  WO NAHMT IHR HER
DAS DEUTSCHE WORT SO VOLL UND SCHWER;
)DAS SCHOEPFT' ICH VON DES VOLKES MUND,
DAS SCHUERFT' ICH AUS DEM HERZENSGRUND.)
C
HERR LUTHER, GUT IST EURE LEHR,
EIN FRISCHER QUELL, EIN STARKER SPEER
DER GLAUBE, DER DEN ZWEIFEL BRICHT,
DER EWGEN DINGE ZUVERSICHT,
DES HEUCHELWERKES NICHTIGKEIT
EIN BLANKES SCHWERT IN OFFNEM STREIT -
IHR BLEIBT GETREU TROTZ NOT UND BANN
UND JEDER ZOLL EIN DEUTSCHER MANN.
C
MIT FREUDENPULSEN HUEPFT DAS HERZ,
MIT JEBELSCHLAEGEN DROEHNT DAS ERZ,
KEIN TAL ZU FERN, KEIN DORF ZU KLEIN,
ES FAELLT MIT SEINEN GLOCKEN EIN-
)EIN FESTE BURG) - SINGT JUNG UND ALT,
DER KAISER MIT DER VOLKSGEWALT
)EIN FESTE BURG IST UNSER GOTT,
DRAN WIRD DER FEIND ZU SCHAND UND SPOTT )
C
C HUSSENS KERKER SEITE 362
215
ES GEHT MIT MIR ZU ENDE,
MEIN SACH UND SPRUCH IST SCHON
HOCH UEBER MENSCHENHAENDE
GERUECKT VOR GOTTES THRON,
SCHON SCHWEBT AUF EINER WOLKE,
UMRINGT VON SEINEM VOLKE,
ENTGEGEN MIR DES MENSCHEN SOHN.
C
DEN KERKER WILL ICH PREISEN,
DER KERKER, DER IST GUT
DAS FENSTERKREUZ VON EISEN
BLICKT AUF DIE FRISCHE FLUT,
UND ZWISCHEN SEINEN STAEBEN
SEH ICH EIN SEGEL SCHWEBEN,
DAROB IM BLAU DIE FIRNE RUHT.
C
WIE NAH DIE FLUT ICH FUEHLE,
ALS LAEG' ICH DREIN VERSENKT,
MIT WUNDERSAMER KUEHLE
WIRD MIR DER LEIB GETRAENKT-
AUCH SEH ICH EINE TRAUBE
MIT EINEM ROTEN LAUBE,
DIE TIEF HERAB INS FENSTER HAENGT.
C
C SEITE 363
ES IST DIE ZEIT ZU FEIERN
ES KOMMT DIE GROSSE RUH
DORT LENKT EIN ZUG VON REIHERN
DEM EWGEN LENZE ZU,
SIE WISSEN PFAD UND STEGE,
SIE KENNEN IHRE WEGE-
WAS, MEINE SEELE, FUERCHTEST DU;
C
C DER LANDGRAF SEITE 364
216
MIR SITZT ZU HAUSE, JUNG GEZAEHMT
UND LEICHT GELAEHMT,
EIN STEINAAR IM VERLIESSE,
DER MARTERT SICH DEN HALS ZU DREHN,
INS BLAU ZU SEHN,
AUS DEM ER GERNE STIESSE.
C
SO STRECK ICH LANDGRAF EBENFALLS
DEN KOPF UND HALS
WOHL DURCH DAS KERKERGITTER,
OB ETWAS AUF DER STRASSE ZIEHT
FUER MEIN GEMUET,
EIN SCHUELER ODER RITTER.
C
DER KAISER, DER VERGICHTET IST,
DRUM GERNE MISST
DIE KOST DER HARSCHEN LUEFTE,
VERGASS, WIE SCHWER EIN GANZER MANN
ENTRATEN KANN
DAS JAGDHORN AN DER HUEFTE.
C
ICH WURDE HINTERRUECKS GEFAELLT,
EIN NETZ GESTELLT
WARD MIR MIT FALSCHEN SCHRIFTEN
WER MIR MIT LAECHELNDEM GESICHT
DIE TREUE BRICHT,
DER KANN MICH AUCH VERGIFTEN
C
C SEITE 365
WAER' ICH EIN ROEMISCH BLOEDER MANN,
ICH WAEHNTE DANN
DAMIT HAETT' ICH'S VERBROCHEN,
DASS TRIUMPHIEREND ICH HINAUS
ZUM GOTTESHAUS
SCHMISS MUEHMCHEN LISBETHS KNOCHEN
C
JUENGST WARF ICH AUF DEN FESTUNGSRAIN
EIN STUEBERLEIN
DEM BETTLER HIN, DEM LAHMEN
DEN SCHLUG DER SPANIER BIS AUFS BLUT-
MICH FRASS DIE WUT-
DER TEUFEL HOL' IHN  AMEN
C
WOHL LAEG' ICH BESSER AUF DEM FELD-
ADE, DU WELT -
GEWUNDET UND ERSTOCHEN
WIE MEISTER ULRICH ZWINGLI LAG
AM GRUENEN HAG,
DEN HELLEN BLICK GEBROCHEN
C
NUR TROESTET MICH DAS EINE DOCH
DAS PAEPSTLICH JOCH
IST IN DEN DRECK GETRETEN
WIR DUERFEN OHNE KLERISEI
UND HEUCHELEI
GETROST ZUM HERRGOTT BETEN
C
C DER RAPPE DES KOMTURS SEITE 366
217
HERR KONRAD SCHMID LEGT' UM DIE WEHR,
MAN FUEHRT' IHM SEINEN RAPPEN HER
)DEN ZWINGLI LASS ICH NICHT IM STICH,
UND KOMMT IHR MIT, SO FREUT ES MICH.)
DA GRIFFEN MIT DEM HERREN WERT
VON KUESSNACH DREISSIG FRISCH ZUM SCHWERT
MIT MANN UND ROSS IM MORGENROT
STIESS AB DAS KRIEGBELADNE BOOT.
TRAEG SCHLICH DER TAG  DANN DURCH DIE NACHT
FLOG KUNDE VON VERLORNER SCHLACHT.
VON DRUEBEN RIEF DER HORGNERTURM,
BALD STOEHNTEN ALLE GLOCKEN STURM,
UND WAS GEBLIEBEN WAR ZU HAUS,
DAS STAND AM SEE, LUGT' ANGSTVOLL AUS.
AM HIMMEL KAEMPFTE LICHTER SCHEIN
MIT SCHWARZGEBALLTEN WOLKENREIHN.
)HILF GOTT, EIN NACHTGESPENST ) SIE SAHN
ES DROHEND DURCH DIE FLUTEN NAHN.
WO BREIT DES MONDES SILBER FLOSS,
DA RANG UND RAUSCHT' EIN MAECHTIG ROSS,
UND WILDER SCHNAUBT'S UND NAEHER FUHR'S...
)HILF GOTT, DER RAPPE DES KOMTURS )
NUN TRAT DAS SCHLACHTROSS FESTEN GRUND,
DIE BLEICHE MENGE STAND IM RUND.
ZUR ERDE STARRT' SEIN AUGENSTERN,
ALS SUCHT' ES DORT DEN TOTEN HERRN...
EIN KNABE HUB DEM EDELN TIER
DIE MAEHNE LIND  )DU BLUTEST HIER )
C SEITE 367
DIE WUNDE BADETE DIE FLUT,
JETZT UEBERQUILLT SIE NEU VON BLUT,
UND JEDER TROPFEN SCHWER UND ROT
VERKUENDET EINES MANNES TOD.
DIE KOMTUREI MIT TURM UND CHOR
RAGT WEISS IM MONDENGLANZ EMPOR.
HEIM SCHRITT DER RAPP DAS DORF ENTLANG,
SEIN HUF WIE UEBER GRUEFTEN KLANG,
UND ALTER, WITWE, KIND UND MAID
ZOG SCHLUCHZEND NACH WIE GRABGELEIT.
C
C DIE SPANISCHEN BRUEDER SEITE 368
218
)DA FIND ICH DICH  IN WINTERGRAUS
HAELT DICH EIN DEUTSCHES DONAUNEST,
EIN SCHNEEBELASTET GIEBELHAUS,
KIND EINER HEISSEN SONNE, FEST.
C
WAS TREIBST DU HIER; MIT TOLLER BRUNST
BOHRST DU DICH IN FOLIANTEN EIN;
VOM TEUFEL KOMMT DIE SCHWARZE KUNST
GRIECHISCH; DIE KIRCHE SPRICHT LATEIN
C
DARUEBER SITZEST, NACHT UM NACHT,
DU AUF; NOCH QUALMT DER LAMPE DOCHT
AUCH SIEHST DU BLEICH UND UEBERWACHT,
DER SONST SO WEIDLICH RITT UND FOCHT
C
DU DARBST; DU MEIDEST JEDE LUST;
VON ALLEM DENKEN MACH DICH FREI
VERBRENN AN EINER WARMEN BRUST,
ERTRAENK IN WEIN DIE KETZEREI
C
ERGREIFE SCHWERT UND EISENHUT
DEM SPANIER WARD DIE WELT ZUM RAUB
NACH FLANDERN  EH DEIN EDELBLUT
VERSIEGT IN EKELM BUECHERSTAUB
C
MEIN BRUDER JUAN, KOMM MIT MIR,
BEFLECKE NICHT DER DIAZ RUHM
ERSAEUF IM GUADALQUIVIR
DAS GOTTVERDAMMTE LUTHERTUM
C
C SEITE 369
IN WITTENBERG HAST DU- ABSURD -
AUF EINER SCHULE BANK GEHOCKT
BEI DIESEM DOLCH AN MEINEM GURT,
ICH MORDE DEN, DER DICH VERLOCKT
C
DER VATER IST EIN ALTER CHRIST
UND SAEHE LIEBER DICH IM GRAB
DIE MUTTER, WELCHE GLAEUBIG IST-
DER MUTTER DRUECKST DAS HERZ DU AB
C
NIE HAT EIN DIAZ FALSCH GEGLAUBT
NICHT WAHR; UNS TUST DU NICHT DIE SCHMACH,
GELIEBTER BRUDER, TEURES HAUPT
ICH EILTE DEINEN SCHRITTEN NACH
C
JUAN, ICH REISSE DICH HERAUS
MIT DIESER MEINER ARME KRAFT
DIE ROSSE STAMPFEN VOR DEM HAUS,
GEFUEHRT VON MEINER DIENERSCHAFT.
C
DU SCHWEIGST; BEKENN MIR, OB'S GESCHAH
TATST DU DEN SCHRITT; DU SCHUETTELST  NEIN
WIRST DU IHN TUN; JA; DU NICKST  JA;...
JUAN, ES MUSS GESCHIEDEN SEIN )
C
ENG HAELT DEN BRUDER ER UMFASST,
BANG STOEHNEND SENKT ER BLICK IN BLICK,
KUESST, KUESST IHN NOCH EINMAL IN HAST-
UND STOESST DEN DOLCH IHM DURCHS GENICK.
C
ER HAELT DEN BRUDER LANG IM ARM,
MIT UNERSCHOEPFTEN TRAENEN NETZT
UND BADET ER DEN TOTEN WARM
)NOCH STARBEST ALS EIN CHRIST DU JETZT )
C
C DAS AUGE DES BLINDEN SEITE 37
219
DURCH DAS MARKTGEDRAENG VON NAMUR
STELZT EIN NARBGER ARMER KRUEPPEL.
)LEUTE, BRINGT MICH ZU DON JUAN )
)SCHWEIGST DU WOHL, DA IST DON JUAN
C
SCHWEIGST DU WOHL, DA IST DON JUAN )
IN DES VOLKES GASSE REITET
EIN GESPENST AM HELLEN TAGE
DON JUAN DER OESTERREICHER-
C
DON JUAN DER OESTERREICHER,
DER IM WEIN DAS GIFT GETRUNKEN
KOENIG PHILIPPS, SEINES BRUDERS,
UND DON JUAN KENNT DEN MOERDER.
C
SEINEN MOERDER KENNT DON JUAN,
AUCH DEN ARMEN KRUEPPEL KENNT ER,
DER DEN BUEGEL IHM BETASTET,
DER DIE HAND IHM DECKT MIT KUESSEN-
DER IHM DECKT DIE HAND MIT KUESSEN
)BIN ZERFETZT WIE EINE FAHNE
WOHNE JETZT IN BARCELONA-
BRAVES VOLK, BEI MEINER EHRE
C
BRAVES VOLK, BEI MEINER EHRE
'ALTER, LEERE DIESES GLAS MIR '
' ALTER, KANNTEST DU DON JUAN;'
'SPRICH UNS IMMER VON DON JUAN '
C
C SEITE 371
IMMER SPRECH ICH VON DON JUAN
IN DEN SCHENKEN AN DEM HAFEN
GAB ICH TAUSENDMAL ZUM BESTEN
DIE VIKTORIE VON LEPANTO
C
DIE VIKTORIE VON LEPANTO
GAB ICH TAUSENDMAL ZUM BESTEN...
HERGESTELZT BIN ICH NACH FLANDERN
ZU DEM ABGOTT MEINES LEBENS
C
O DU FREUDE MEINES LEBENS
SOHN DES KAISERS  KIND DES GLUECKES
DEINES VOLKES HELD UND LIEBLING
RUHMGEKROENTER JUNGER FELDHERR
C
RUHMGEKROENTER JUNGER FELDHERR
MIT DEN GOLDNEN RINGELHAAREN,
MIT DEN STRAHLEND BLAUEN AUGEN,
EIA SCHOENER ENGEL GOTTES
C
EIA SCHOENER ENGEL GOTTES...)
DURCH DIE MENGE, DIE DES TODES
BILD BETRACHTET, GEHT EIN SCHAUDER.
JUAN DER GESPENSTIG BLEICHE,
C
JUAN DER GESPENSTIG BLEICHE
SUCHT ERSTAUNT DAS AUG DES KRUEPPELS-
IST ES TRUNKEN; LOHT'S IM WAHNSINN;
ES IST LEER. ES IST ERLOSCHEN.
C
ES IST LEER. ES IST ERLOSCHEN.
DON JUANS ZERSTOERTE JUGEND
BLUEHT IN EINES BLINDEN AUGE
FORT IN UNVERSEHRTER SCHOENHEIT.
C
C DIE VERSTUMMTE LAUTE SEITE 372
22
SIE MOCHTE GERN AN SEINER SCHULTER LEHNEN
IN EINEM WEICHEN ABENDDAEMMERLICHT,
SIE BARG VOR IHM DAS RIESELN IHRER TRAENEN,
DEN HALBENTHUELLTEN REIZ DER SEELE NICHT
)FREUND, EINZGER FREUND AUF DIESEM DUESTERN EILAND,
ICH WELKE  CHASTELARD, AUCH DU BIST BLEICH
SCHLAG DEINE LAUTE  SINGE MIR VON WEILAND
VON MEINEM ERSTEN KOENIGREICH )
C
ER STUERMTE DURCH DIE SAITEN  )JENER TAGE
INS MEER GESUNKNE SONNEN SIND VERBLASST
MARIA STUART  ICH ERHEBE KLAGE,
DASS DU GESCHLUCHZT AN MEINEM HERZEN HAST
MIT DEINEN TRAENEN BADE HIER DEM REINEN,
ENTSEELTEN GOTT DIE MARMORFUESSE BLEICH-
WEIB, SUENDLICH IST'S VOR EINEM MENSCHEN WEINEN
MIT DIESEN AUGEN WARM UND WEICH
C
WAS WAR ICH DIR; DER NICHTIGE VERTRAUTE
EIN ECHO, DAS VON DEINEN SEUFZERN SCHOLL
EIN SPIEGEL, DRIN SIE EITEL SICH BESCHAUTE,
DIE ZAEHRE, DIE DIR AN DER WIMPER QUOLL
WAR DIR DIE LAUTE NUR, DARAUF ZU BREITEN
DIE FINGERSPITZEN, UND ICH HALLTE SCHOEN-
ICH HASSE DICH ) ER RISS ENTZWEI DIE SAITEN
MIT EINEM GELLEN MISSGETOEN.
C
C SEITE 373
ER FLOH DAVON, HINAUS IN WALD UND WILDNIS,
DOCH WO ER LECHZEND SCHLUERFT' AUS EINEM QUELL,
SAH ER IM BRUNNEN EIN GELIEBTES BILDNIS
AUS NAHER TIEFE SCHIMMERN DUNKELHELL,
SAH ER EIN BLASSES ANGESICHT IN ZAEHREN,
ES SCHWAND UND BLICKTE WIEDERUM EMPOR,
VON SEHNEN UND ERFUELLEN UND GEWAEHREN
RAUSCHT'S UM DEN BORN IN SCHILF UND ROHR.
C
)MARIA ) SO BEGINNT IN IHRER KAMMER
AM LAGER KNIEEND SIE DAS NACHTGEBET,
)MARIA ) WIEDERHOLT VOLL GLUT UND JAMMER
EIN MUND, DER NEBEN IHR IM DUNKEL FLEHT.
SIE SCHREIT. MAN KOMMT. VON FACKELGLUT GEROETET
BEBT SIE VOR ZORN  )EIN MOERDER  FESSELT IHN )
ER LAECHELT  )IST SIE SCHOEN  AUCH WENN SIE TOETET )
UND GIBT DEN SCHERGEN SICH DAHIN.
C
ER SCHREITET SEINEM BLUTGERUEST ENTGEGEN
IN EINEM KLAREN KUEHLEN MORGENROT,
MIT HOHLEN BLICKEN FLUESTERT ANGELEGEN
ALS HAGRER PATER DER VERMUMMTE TOD
)FREUND, DU BEKOMMST ES GUT  DU WIRST ENTLASTET
ICH ABSOLVIERE DICH VON LUST UND PEIN
VON KEINER WEICHEN WEISSEN HAND BETASTET,
WIRST DU DIE STUMME LAUTE SEIN )
C
C DAS WEIB DES ADMIRALS SEITE 374
221
AUF MONDENHELLEM LAGER WAELZT EIN WEIB,
EIN SCHLUMMERLOSES, SICH  )O BANGER PFUEHL
AUCH DU, MEIN SORGENDER GEMAHL, DU WACHST
WER DUERFTE SCHLAFEN; HORCH, DIE FOLTER STOEHNT...
ERWUERGTE MODERN OHNE LEICHENTUCH,
SIEH UNSER LINNEN, CHATILLON, WIE FEIN
GEN HIMMEL SCHREIT DER MAERTRER FROMMES BLUT,
ICH SCHREIE, HERR, IN DEINEN ARMEN MIT
MEIN HELD, ICH REDE ZEUGNIS GEGEN DICH
VOR GOTT, ENTROLLEST DU DEIN BANNER NICHT )
SIE SCHWEIGT IN DUESTRER GLUT. ER SINNT UND SAGT
)ERWAEGE, WEIB, DIE SCHRECKEN, DIE DU WAEHLST
DIES HAUS IN RAUCH UND TRUEMMERN  DIES MEIN HAUPT
VERFEMT, DEM MEUCHELMORD GEZEIGT- GERAUBT
ENTEHRT DIES WAPPEN VON DES HENKERS HAND
DU MIT DEN KNABEN BETTELND AUF DER FLUCHT
WAEHLST DU DIR SOLCHES; NIMM DREI TAGE FRIST )
)DREI TAGE FRIST; SIE SIND VORBEI. BRICH AUF )
C
C HUGENOTTENLIED SEITE 375
222
IN DIE SCHULE BIN ICH GANGEN
BEI DEM MEISTER HANS CALVIN,
LEHRE HAB ICH DORT EMPFANGEN
VORBESTIMMT IST ALLES EWIGHIN
JEDER VOLLE WURF IM WUERFELSPIELE,
JEDER DIEBESTRITT AUF LIEBCHENS DIELE,
JEDER KUSS-
SCHICKSALSSCHLUSS
C
DANN BIN ICH ZU ROSS GESTIEGEN
MIT DEM HAUPTMANN DES ADRETS,
DER DAS KINDLEIN IN DER WIEGEN
WUERGT UND SICH ERGOETZT AN QUAL UND WEH
JEDER FRIST, DER RAUCHT UND DAMPFT UND LODERT,
JEDER TOTE, DER IM GRABEN MODERT,
JEDER SCHUSS-
SCHICKSALSSCHLUSS
C
C DIE KARYATIDE SEITE 376
223
IM HOF DES LOUVRE TRAEGT EIN WEIB
DIE ZINNE MIT DEM MARMORHAUPT,
MIT EINEM ALLERLIEBSTEN HAUPT,
ALS MEISTER GOUJON SIE GEFORMT
IN FEINEN LINIEN, UEBERSCHLANK,
UND STENEND AUF DEM BAUGERUEST
DIE LETZTE LOCKE MEISSELTE,
ERSCHOSS DEN MEISTER HINTERRUECKS
&AM TAG DER SAINT- BARTHELEMY_
EIN UEBERZEUGTER KATHOLIK.
VORSTUERZEND UEBERFLUTET' ER
DEN FEINEN BUSEN GANZ MIT BLUT,
DANN SANK ER RUECKLINGS IN DEN HOF.
DIE MARMORMAGD ENTSCHLUMMERTE
UND SCHLIEF DREIHUNDERT JAHRE LANG,
EIN FEUERSCHEIN ERWAERMTE SIE
&AM TAG, DA DIE KOMMUENE FOCHT_,
SIE GAEHNT' UND BLICKTE RINGS SICH UM
WO BIN ICH DENN; IN WELCHER STADT;
SIE MORDEN SICH. ES IST PARIS.
C
C MOURIR OU PARVENIR  SEITE 377
224
HERR HEINRICH GUISE SCHRIEB. DA RAUSCHT' GEWAND-
ES WAR SEIN LIEB, DAS AUS DER KIRCHE KAM,
SEIN ZAERTLICH LIEB, DEM SCHAEKERND AUS DER HAND
ER DAS MIT GOLD BESCHLAGNE MESSBUCH NAHM.
ER BLAETTERT' DRIN. HELL WAR'S VON FARBENGLUT
UND KECKVERSCHLUNGNER ARABESKENZIER-
)GELIEBTER, DICH VERDIRBT DEIN UEBERMUT
HINWEG  ENTFLIEH VON HIER
C
DU BIST ZU HOCH  DER KOENIG, FEIG UND SCHLAU,
BEBT WIE EIN KIND VOR DEINEN MAECHTGEN BRAU'N
DICH HASST ER TOEDLICH- GLAUB ES EINER FRAU
IHN SAH ICH LAECHELN JUENGST- MICH SCHUETTELT GRAUN )
ZUR FEDER GRIFF ER. )FLORA, SCHLANKE FEI
WIE KOENNT' ICH LEBEN), SEUFZT' ER, )FERN VON DIR;)
UND SCHRIEB INS MESSBUCH, WO DIE ZEILE FREI
MOURIR-
C
)VERSUCHE GOTT NICHT  DAS VERDERBEN REIFT
HINWEG AUS BLOIS  MEIN ALLES, SCHMERZ UND LUST
ICH WEISS  IN DIESEM AUGENBLICKE SCHLEIFT
DER MEUCHELMORD EIN SCHWERT FUER DEINE BRUST )
IN IHREM BUECHLEIN SCHRIEB ER RUHIG FORT,
SOVIEL IHM RAUM GEWAEHRTE DAS PAPIER,
ALS WAER'S EIN AUFERBAULICH BIBELWORT
- OU PARVENIR
C
C SEITE 378
)MICH SO ZU QUAELEN  SCHLIMM HAT MIR GETRAEUMT
MEIN GOTT  DU WANDEST DICH IN TODESSCHMERZ
HINWEG  JETZT  HEUTE  HOERST DU; NICHT GESAEUMT )
DIE BANGE ZOG ER KOSEND AN DAS HERZ,
SIE SENKTE DES BETRAENTEN AUGES GLANZ-
IN KUEHNEN ZUEGEN STAND DER SPRUCH VOR IHR,
UMRANKT VON EINEM UEPPGEN BLUMENKRANZ
MOURIR OU PARVENIR
C
C DAS REITERLEIN SEITE 379
225
DAS BAECHLEIN NIMMT NACH DER LOIRE DEN GANG,
AN BEIDEN SEITEN
AUF UND AB, DIE UFER ENTLANG
SPAEHN SIE UND REITEN.
SIE SIND SICH SO NAHE  SIE SIND SICH SO FERN
)BON JOUR, MEINE HERRN )
GRUESST KECK EINE STIMME.
C
EIN FEURIG UNBAENDIG REITERLEIN
SPRINGT AB BEHENDE,
SETZT RECHTS EIN BEIN UND LINKS EIN BEIN
IN BEIDE GELAENDE
)GROSS IST DER SONNE GLUT-
HERRN, MEINT IHR'S GUT,
SCHAFFT EINS ZU TRINKEN )
C
RECHTS KOMMT EIN POKAL UND LINKS EIN POKAL
VON VERSCHIEDENER HELLE,
DER  SCHAEUMENDER CHAMPAGNERSTRAHL,
DER ANDERE  PURPURWELLE-
)KATHOLIK; CALVINIST;
HIER EIN CHRIST  DORT EIN CHRIST )
ER SCHLUERFT AUS BEIDEN BECHERN.
C
)MIT STREITENDER THEOLOGIE
MACH ICH MIR NICHTS ZU SCHAFFEN,
DEN GUISEN UEBERLASS ICH SIE,
DEN WEIBERN UND DEN PFAFFEN
PRED'GERROCK; MESSGEWAND;
STICH UND SCHUSS  MORD UND BRAND
INS MEER GESCHWEMMTE LEICHEN
C
C SEITE 38
BEKENNT MIR, HERREN, FREI UND FRANK
WIE TUT IHR, WANN IHR DUERSTET;
IHR SETZT EUCH RITTLINGS AUF DIE BANK
UND RUFT NACH WEIN UND BUERSTET
ZUG UND SCHLUCK  SCHLUCK UND ZUG
NOCH EIN TRUNK  NIE GENUG
DIE EINEN WIE DIE ANDERN.
C
GENIESST IHR WONN'GE MINNELUST
NACH DOGMEN ODER SCHULEN;
KOST ALLE NICHT IHR BRUST AN BRUST
MIT EUREN TRAUTEN BUHLEN;
TOERT IHR NICHT; TRUEGT IHR NICHT;
SCHWOERT IHR NICHT; LUEGT IHR NICHT;
DIE EINEN WIE DIE ANDERN.
C
DRUM LASSEN WIR AUF SICH BESTEHN
DIE LEHREN, DIE UNS TRENNTEN,
DA WIR ERBAULICH EINIG GEHN
IN ALLEN ELEMENTEN
ERNTEFEST  WINZERTANZ
AEHRENKRANZ  TRAUBENKRANZ
FELDRUHM UND EDLE WAFFEN )
C
SPRICHT'S UND ES FAEHRT EIN ELEKTRISCHER SCHLAG
RUNDUM UND SETZT ALLES IN FLAMMEN
FRANKREICH HOCH  FREUDETAG
HEUT WAECHST ES ZUSAMMEN
SIE SPRINGEN INS WASSER, SIE WATEN IM FLUSS,
SIE SPITZEN DIE BAERTIGEN LIPPEN ZUM KUSS,
SIE FALLEN SICH ALL IN DIE ARME.
C
C SEITE 381
DER KLEINE DRUECKT UND KUESST UND HERZT
SIE ALLE WIE ALTE BEKANNTE.
)WIE ABER, HERREN, STEHT ES), SCHERZT
ER, )MIT DEM PROVIANTE;
ALLES HER  FLEISCH ODER FISCH
IHR SEID GELADEN HEUT ZU TISCH
BEI HEINRICH VON NAVARRA.)
C
C DIE FUESSE IM FEUER SEITE 382
226
WILD ZUCKT DER BLITZ. IN FAHLEM LICHTE STEHT EIN TURM.
DER DONNER ROLLT. EIN REITER KAEMPFT MIT SEINEM ROSS,
SPRINGT AB UND POCHT ANS TOR UND LAERMT. SEIN MANTEL SAUST
IM WIND. ER HAELT DEN SCHEUEN FUCHS AM ZUEGEL FEST.
EIN SCHMALES GITTERFENSTER SCHIMMERT GOLDENHELL
UND KNARREND OEFFNET JETZT DAS TOR EIN EDELMANN...
C
)ICH BIN EIN KNECHT DES KOENIGS, ALS KURIER GESCHICKT
NACH NIMES. HERBERGT MICH  IHR KENNT DES KOENIGS ROCK )
)ES STUERMT. MEIN GAST BIST DU. DEIN KLEID, WAS KUEMMERT'S MICH;
TRITT EIN UND WAERME DICH  ICH SORGE FUER DEIN TIER )
DER REITER TRITT IN EINEN DUNKELN AHNENSAAL,
VON EINES WEITEN HERDES FEUER SCHWACH ERHELLT,
UND JE NACH SEINES FLACKERNS LAUNENHAFTEM LICHT
DROHT HIER EIN HUGENOTT IM HARNISCH, DORT EIN WEIB,
EIN STOLZES EDELWEIB AUS BRAUNEM AHNENBILD...
DER REITER WIRFT SICH IN DEN SESSEL VOR DEM HERD
UND STARRT IN DEN LEBENDGEN BRAND. ER BRUETET, GAFFT...
LEIS STRAEUBT SICH IHM DAS HAAR. ER KENNT DEN HERD, DEN SAAL...
DIE FLAMME ZISCHT. ZWEI FUESSE ZUCKEN IN DER GLUT.
C
DEN ABENDTISCH BESTELLT DIE GREISE SCHAFFNERIN
MIT LINNEN BLENDEND WEISS. DAS EDELMAEGDLEIN HILFT.
EIN KNABE TRUG DEN KRUG MIT WEIN. DER KINDER BLICK
HANGT SCHRECKENSSTARR AM GAST UND HANGT AM HERD ENTSETZT...
DIE FLAMME ZISCHT. ZWEI FUESSE ZUCKEN IN DER GLUT.
)VERDAMMT  DASSELBE WAPPEN  DIESER SELBE SAAL
DREI JAHRE SIND'S... AUF EINER HUGENOTTENJAGD...
EIN FEIN, HALSSTARRIG WEIB... 'WO STECKT DER JUNKER; SPRICH '
SIE SCHWEIGT. 'BEKENN ' SIE SCHWEIGT. 'GIB IHN HERAUS ' SIE SCHWEIGT.
ICH WERDE WILD. DER STOLZ  ICH ZERRE DAS GESCHOEPF...
C
C SEITE 383
DIE NACKTEN FUESSE PACK ICH IHR UND STRECKE SIE
TIEF MITTEN IN DIE GLUT... 'GIB IHN HERAUS '... SIE SCHWEIGT...
SIE WINDET SICH... SAHST DU DAS WAPPEN NICHT AM TOR;
WER HIESS DICH HIER ZU GASTE GEHEN, DUMMER NARR;
HAT ER NUR EINEN TROPFEN BLUTS, ERWUERGT ER DICH.)
EINTRITT DER EDELMANN. )DU TRAEUMST  ZU TISCHE, GAST...)
C
DA SITZEN SIE. DIE DREI IN IHRER SCHWARZEN TRACHT
UND ER. DOCH KEINS DER KINDER SPRICHT DAS TISCHGEBET.
IHN STARREN SIE MIT AUFGERISSNEN AUGEN AN-
DEN BECHER FUELLT UND UEBERGIESST ER, STUERZT DEN TRUNK,
SPRINGT AUF  )HERR, GEBET JETZT MIR MEINE LAGERSTATT
MUED BIN ICH WIE EIN HUND ) EIN DIENER LEUCHTET IHM,
DOCH AUF DER SCHWELLE WIRFT ER SEINEN BLICK ZURUECK
UND SIEHT DEN KNABEN FLUESTERN IN DES VATERS OHR...
DEM DIENER FOLGT ER TAUMELND IN DAS TURMGEMACH.
C
FEST RIEGELT ER DIE TUER. ER PRUEFT PISTOL UND SCHWERT.
GELL PFEIFT DER STURM. DIE DIELE BEBT. DIE DECKE STOEHNT.
DIE TREPPE KRACHT... DROEHNT HIER EIN TRITT;... SCHLEICHT DORT EIN SCHRITT;...
IHN TAEUSCHT DAS OHR. VORUEBERWANDELT MITTERNACHT.
AUF SEINEN LIDERN LASTET BLEI UND SCHLUMMERND SINKT
ER AUF DAS LAGER. DRAUSSEN PLAETSCHERT REGENFLUT.
C
ER TRAEUMT. )GESTEH ) SIE SCHWEIGT. )GIB IHN HERAUS ) SIE SCHWEIGT.
ER ZERRT DAS WEIB. ZWEI FUESSE ZUCKEN IN DER GLUT.
AUFSPRUEHT UND ZISCHT EIN FEUERMEER, DAS IHN VERSCHLINGT...
)ERWACH  DU SOLLTEST LAENGST VON HINNEN SEIN  ES TAGT )
DURCH DIE TAPETENTUER IN DAS GEMACH GELANGT,
VOR SEINEM LAGER STEHT DES SCHLOSSES HERR- ERGRAUT,
DEM GESTERN DUNKELBRAUN SICH NOCH GEKRAUST DAS HAAR.
C
C SEITE 384
SIE REITEN DURCH DEN WALD. KEIN LUEFTCHEN REGT SICH HEUT.
ZERSPLITTERT LIEGEN AESTETRUEMMER QUER IM PFAD.
DIE FRUEHSTEN VOEGLEIN ZWITSCHERN, HALB IM TRAUME NOCH.
FRIEDSEL'GE WOLKEN SCHWIMMEN DURCH DIE KLARE LUFT,
ALS KEHRTEN ENGEL HEIM VON EINER NAECHTGEN WACHT.
DIE DUNKELN SCHOLLEN ATMEN KRAEFTGEN ERDGERUCH.
DIE EBNE OEFFNET SICH. IM FELDE GEHT EIN PFLUG.
DER REITER LAUERT AUS DEN AUGENWINKELN  )HERR,
IHR SEID EIN KLUGER MANN UND VOLL BESONNENHEIT
UND WISST, DASS ICH DEM GROESSTEN KOENIG EIGEN BIN.
LEBT WOHL. AUF NIMMERWIEDERSEHN ) DER ANDRE SPRICHT
)DU SAGST'S  DEM GROESSTEN KOENIG EIGEN  HEUTE WARD
SEIN DIENST MIR SCHWER... GEMORDET HAST DU TEUFLISCH MIR
MEIN WEIB  UND LEBST ... MEIN IST DIE RACHE, REDET GOTT.)
C
C DIE ROSE VON NEWPORT SEITE 385
227
SPRENGENDE REITER UND FLATTERNDE BLUETEN,
EINER VORAUS MIT GESCHEITELTEN LOCKEN-
IST ES DER LENZ AUF GEFLUEGELTEM RENNER;
KARL IST'S, DER JUENGLING, DER ERBE VON ENGLAND,
UND DIE SICH NAEHERN IN GOLDENER MAILUFT,
DAS SIND DIE GIEBEL UND TORE VON NEWPORT,
DRUEBER DAS WAPPEN DER STADT  EINE ROSE
JUBELNDE GASSEN UND JUBELNDE WIMPEL
UND EIN VON TREIBENDER JUGEND GESCHWELLTES,
JUBELNDES HERZ IN DEM BUSEN DES STUART...
UNTER DEN BLUEHENDEN LINDEN DES MARKTES
SCHREITET EIN REIGEN VON BLUEHNDEN GESTALTEN,
UND EINE SCHOENSTE MIT HERZLICHEM BEBEN
BIETET DEM PRINZEN DIE ROSE VON NEWPORT
)SELIGES GESTERN UND MORGEN UND HEUTE,
HERR, DIR DIE ROSE VON NEWPORT BEDEUTE )
C
MORGEN ERZAEHLEN DIE LINDEN DAS MAERCHEN
VON DER ENTBLAETTERTEN ROSE VON NEWPORT.
C
SPRENGENDE REITER UND WIRBELNDE FLOCKEN,
EINER VORAUS MIT VERWILDERTEN HAAREN-
IST ES DER WINTER, DER FINSTRE GESELLE;
KARL IST'S, DER FLUECHTLING, DER KOENIG VON ENGLAND.
SEIT ER DAS BLUT SEINES VOLKES VERGOSSEN,
REITET ER NEBEN ZERSCHMETTERNDEM ABGRUND...
UND DIE SICH NAEHERN IN WEISSEM GESTOEBER,
DAS SIND DIE GIEBEL UND TORE VON NEWPORT,
DRUEBER DAS WAPPEN DER STADT  EINE ROSE
C SEITE 386
NIRGEND EIN JUBEL UND NIRGEND EIN WIMPEL,
POLTERNDE HAEMMER UND KREISCHENDE FEILEN-
UND EIN VON EISERNEN FAEUSTEN GEPRESSTES,
AECHZENDES HERZ IN DEM BUSEN DES STUART...
UNTER DEN FRIERENDEN LINDEN DES MARKTES
BETTELT EIN KIND MIT VERSCHATTETEN AUGEN,
BIETET DEM KOENIG EIN DORRENDES ROESCHEN
)SELIG GESTERN UND MORGEN UND HEUTE,
HERR, DIR DIE ROSE VON NEWPORT BEDEUTE )
KARL, DER DIE ZUEGE DES KINDES BETRACHTET,
SCHMAL UND GESPENSTIG IM SPIEGEL DES ELENDS
SIEHT ER DAS EIGENE ANTLITZ UND SCHAUDERT.
C
MORGEN ERZAEHLEN DIE LINDEN DAS MAERCHEN
VON DEM ENTHAUPTETEN KOENIG IN ENGLAND.
C
C DER STERBENDE CROMWELL SEITE 387
228
VOR DER KOENIGSBURG IN NAECHTGER STUNDE
KNICKT DER TOD DIE EICHEN IN DIE RUNDE,
DRINNEN SUCHT ER DANN EIN ZAEHER LEBEN
AUS DEN WURZELN ALLGEMACH ZU HEBEN-
WHITEHALL IST CROMWELLS STERBESTAETTE,
EIN WALDENSER KNIET AN SEINEM BETTE
)HERR, ICH KOMM, EIN KIND DES WELSCHEN TALES,
WO DU BIST DER SCHUTZGOTT JEDES MAHLES,
UNSERN DANK AUF DEINE KNIE' ZU LEGEN,
LEBEN, CROMWELL, MUSST DU UNSERTWEGEN
ROM BEFEHDET UNS MIT SEINEN PFAFFEN,
UNSER HERZOG RUESTET FREVLE WAFFEN
GEGEN UNSER TAL, DEN LAUTERN GLAUBEN
WILL ER ODER UNS DAS LEBEN RAUBEN
DOCH DU SAHST IN DEINEN SCHMERZENSNAECHTEN
UNS GEFOLTERT SCHON VON HENKERSKNECHTEN,
UND DU HOBEST DICH IN FIEBERSCHWUELE,
AUF DEN ARM GESTUETZT, EMPOR VOM PFUEHLE
UND DU DROHTEST, UEBER MEER GEWENDET-
PFAFFEN, HENKER BLIEBEN UNGESENDET.
WENN WIR, CROMWELL, DEINE SOEHNE WAEREN,
HERBER KOENNTEN WIR DICH NICHT ENTBEHREN
DEINE BANGEN ATEMZUEGE GEBEN
UNS DEN ODEM, FRISTEN UNS DAS LEBEN.
DENNOCH- WIE DU LEIDEST, HERR- UNSAEGLICH-
DEINE QUALEN WERDEN UNERTRAEGLICH;
DENNOCH- OB UNS HARTES SEI BESCHIEDEN-
FRIEDESTIFTER, FAHRE HIN IN FRIEDEN )
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UND DIE SICH NAEHERN IN WEISSEM GESTOEBER,
DAS SIND